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Ausgabe:

November/2004

Spalte:

1180–1182

Kategorie:

Bibelwissenschaft

Titel/Untertitel:

1) Vetus Latina 2003. 47. Arbeitsbericht der Stiftung. 36. Bericht des Instituts. Hrsg. v. der Stiftung Vetus Latina. Red.: R. Gryson.

2) Vetus Latina. Die Reste der altlateinischen Bibel. Nach Petrus Sabatier neu gesammelt und hrsg. von der Erzabtei Beuron unter der Leitung von R. Gryson. 26/2: Apocalypsis Johannis. Hrsg. von R. Gryson. 7. Lfg.: Apc 13,1-16,2.

3) Vetus Latina. Die Reste der altlateinischen Bibel. Nach Petrus Sabatier neu gesammelt und hrsg. von der Erzabtei Beuron unter der Leitung von R. Gryson. 7/3: Hester. Hrsg. v. J.-C. Haelewyck. Fasc. 1: Introduction.

Verlag:

1) Freiburg: Herder 2003. 46 S. 8.

2) Freiburg: Herder 2002. S. 641-720. 4. Kart. Euro 64,00. ISBN 3-451-00135-7.

3) Freiburg: Herder 2003. 80 S. 4. Kart. Euro 64,00. ISBN 3-451-00291-4.

Rezensent:

Gert Haendler

Der 47. Bericht bestätigt das Bild, das ThLZ 128 (2003), 115-121, von den Arbeitsbedingungen der Vetus Latina gezeichnet hatte. Die wirtschaftliche Bilanz erzwingt einerseits Sparmaßnahmen, da die Spendeneinkommen rückläufig sind, doch ist die Lage der Stiftung insgesamt günstig einzuschätzen. Auch der Institutsbericht von Roger Gryson urteilt positiv: "Allgemein schreitet die Arbeit zügig voran" (8). Freilich nennt Gryson Probleme: Die Mitarbeit an der Vetus Latina erfordert ein hohes Maß an philologischer Spezialisierung, die "im Hinblick auf etwaige Karrierechancen eher von Nachteil ist". Er fragt, ob "eine Professur gestiftet werden kann, die die Arbeit an der Vetus Latina zum Gegenstand hat" (8). Sie könnte an einer Ordensschule formaljuristisch einfacher anzusiedeln sein als an einer deutschen Universität.

Mehrere Projekte sind in Vorbereitung: Bonifatia Gesche berichtet von der Vorbereitung für Band 4/5, der das Buch Ruth bringen soll. Es besteht "eine eigenartige Quellenlage" (11). Früheste Zitate finden sich in Kommentaren des Ambrosius, der nächste Zeuge ist jedoch erst Claudius von Turin, der "für seinen Kommentar einen Text verwendet, der deutlich von dem der Vulgata abweicht, wobei er gleichzeitig die Vulgata verwendet. Ihm standen also zwei unterschiedliche Bibelversionen zur Verfügung" (12). Weiter ist bemerkenswert: "Die altlateinische Übersetzung folgt wie üblich weitgehend dem griechischen Text, während Hieronymus ungewöhnlich frei übersetzt und sich keineswegs genau an den hebräischen Text hält, wie es seinen Grundsätzen entspräche " (14). Jean-Marie Auwers bereitet Band 7/1 vor, der dem Buch Tobit gilt. "Es waren mehrere Rezensionen im Umlauf: im Westen hat die Übersetzung des Hieronymus die altlateinischen Formen nur langsam endgültig überwunden; die Vetus Latina folgt dem langen Text, dessen griechische Vorlage durch den Sinaiticus überliefert wird" (15).

Eva Schulz-Flügel, zuständig für Band 10/3 (Canticum), kritisiert Augustins Urteil über die älteren lateinischen Bibelübersetzungen. Einem an Cicero geschulten Ohr bot jenes Latein gewiss "Anlaß zur Klage und Ablehnung, aber als leichtfertige oder gedankenlose Arbeit stellt sich die frühere Vetus Latina einer genaueren Betrachtung nicht dar " (24). Die Sirach-Edition von Walter Thiele ist bis Kapitel 24 gediehen, das für die Zukunft besonders wichtige theologische Aussagen enthält. Thiele hält dieses Kapitel für das literarische Zentrum des Sirach-Buches, bemerkt aber dazu, dass für die Texte der altlateinischen Bibel, deren Erforschung und Darstellung die Aufgabe des Vetus Latina Instituts und seiner Edition ist, andere Fragen den Vorrang haben (25).

Zwei bedeutende neutestamentliche Projekte stehen offenbar erst ganz im Anfang. Philipp Burton (Birmingham) berichtet über die Vorbereitungen zu Vetus Latina Band 19: Johannes (29-32). Wilhelm Blümer (Mainz) schildert die Bereitstellung seines Handwerkszeugs für den Band 20, der die Apostelgeschichte bieten soll (32-34). Hugo Eymann hat die Arbeit am Römerbrief (Band 21) wieder aufgenommen. Bei manchen Stellen stellt er fest, "daß im Vergleich zur Länge ihres Textes die Masse der Zitate enorm groß ist" (34). In solchen Fällen will er nach dem Grundsatz handeln: "Immer wenn ein Autor einen Vers häufig zitiert, werden nur die besonders charakteristischen Zitate im Zeugenapparat aufgeführt" (35). So zitiert Augustin 95 Mal Röm 1,3 "Christus factus est semine David secundum carnem"! Man kann sich zur Überprüfung aller Zitate "der Vetus Latina Database bedienen" (36). Für die Arbeit an den Korintherbriefen besteht Aussicht auf eine Fortsetzung der ersten Lieferungen aus den Jahren 1995-98. Der in den USA lehrende Jeff Kloha beschließt zurzeit eine Dissertation zum Text des 1. Korintherbriefes und wird danach "voraussichtlich im Sommer 2004 ... die Edition des 1. Korintherbriefes fortsetzen" (36).

Die größten Fortschritte hat 2003 die von Roger Gryson betriebene Edition der Apokalypsis Johannis gemacht, deren Faszikel 7 bis 9 erschienen. Die letzte Lieferung 10 soll außer dem restlichen Text (Apc 21,12-22,21) ein Nachwort und Register bringen (36-40). Zur gleichen Zeit sollen noch sechs Kommentare zur Offenbarung im CCSL 107 herauskommen, auf die Gryson eingeht (37-39). Größte Bedeutung hat der Kommentar des Apringius, des Bischofs von Beja (Portugal) aus der Mitte des 6. Jh.s. Er wirkte nach u. a. bei Isidor von Sevilla durch Reichtum des Vokabulars, raffinierte Sprache, eindringliche Exegese und subtile Theologie auch zur Trinität und Christologie (37). Dagegen kann ein Kommentar des Cassiodor "tomber dans l'oubli" (37). Der Text "De monogramma" geht der Zahl 666 in Apc 13,18 nach und stützt sich vor allem auf Tyconius. In den Umkreis von Hieronymus gehört ein anonymes Commemoratorium. Dessen Tradition wirkt auch noch nach in einem von Theodulf von Orléans kompilierten Text, der bald in der Continuatio medievalis des CC erscheinen soll.