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Ausgabe:

November/2004

Spalte:

1179 f

Kategorie:

Bibelwissenschaft

Autor/Hrsg.:

Mittmann, S. u. S. Schmitt [Hrsg.]

Titel/Untertitel:

Tübinger Bibelatlas. Auf der Grundlage des Tübinger Atlas des Vorderen Orients (TAVO).

Verlag:

Stuttgart: Deutsche Bibelgesellschaft in Zusammenarbeit m. d. Dr. Ludwig Reichert Verlag (Wiesbaden) 2001. 12 S., 29 Kartenblätter, 97 S. Register. 4. Geb. Euro 66,00. ISBN 3-438-06022-1.

Rezensent:

Siegfried Kreuzer

Der hier vorzustellende Bibelatlas basiert auf dem seit 1969 erarbeiteten TAVO, der in einem geographischen (A) und einem historischen Teil (B) insgesamt ca. 300 Kartenblätter umfasst und sich auf den gesamten Vorderen Orient bezieht. Die Zusammenstellung der für den biblischen Bereich relevanten Karten ist äußerst erfreulich und macht das in seiner Gesamtheit schwer zugängliche Werk fruchtbar für die Erschließung der Welt der Bibel.

Konkret handelt es sich bei den 27 Karten auf 29 Kartenblättern um 24 Karten aus dem TAVO, ergänzt um drei Karten, "die in einem Bibelatlas nicht fehlen dürfen: eine Karte Vorderasiens mit den wichtigsten archäologischen Stätten der Bronzezeit, erstellt auf der Grundlage der physikalischen Karte A I des TAVO; das Thema Orte der Paulusreisen und -briefe, zusätzlich in die TAVO-Karte B VI 2 Das Christentum im 1.-4. Jahrhundert eingefügt; schließlich die neu erstellte Karte Sinai: Archäologie und Geschichte" (Einführung). Bei der Auswahl fällt auf, dass nur eine einzige, nämlich die erwähnte, bearbeitete Karte A I 1 aus der geographischen Serie übernommen wurde. Hier würde man sich vielleicht etwas mehr wünschen, insbesondere eine Karte zu den Niederschlägen und zu den Bodenschätzen - zwei Bereiche, die für die kulturelle wie auch für die historische Entwicklung der biblischen Welt von großer Bedeutung sind. Die Karten aus der Reihe B (die übrigens - nur! - mit der Originalnummerierung bezeichnet werden) reichen von "Palästina und Syrien zur Zeit der ägyptischen Vorherrschaft" (B III 3) und "Palästina: Israelitisches Siedlungsgebiet und Davidisches Großreich" (B IV 5) bis "Palästina in spätrömisch-byzantinischer Zeit (ca. 300-640 n. Chr.)" (B VI 10) und - eine sehr interessante Ergänzung - "Palästina um 1920" (B X 12). Dazwischen wird - passend zu den jeweiligen Epochen der Geschichte Israels und des Christentums - der Bereich auf den gesamten Vorderen Orient (bis hin zu einer Karte des Iran und einer Karte Südarabiens) bzw. auf den Mittelmeerraum ausgeweitet. Weiter gibt es unter "Jerusalem: Baugeschichte" (B IV 7) eine Karte, die in vier Teilen die Entwicklung Jerusalems von "1. Von der frühen Bronzezeit bis zur Zerstörung durch Nebukadnezar II (3100-587/586 v. Chr.)" bis hin zu "4. Von der Ankunft der Kreuzfahrer bis in frühosmanische Zeit (1099-1750 n. Chr.)" darstellt.

Diese Karten aus dem TAVO werden schließlich ergänzt durch die neue erstellte Karte "Sinai: Archäologie und Geschichte", die - im Unterschied zu den anderen Karten - verbunden ist mit einem "Begleittext zur Karte Sinai. Von Götz Schmitt", in dem die wichtigsten bibelwissenschaftlich relevanten Probleme vorgestellt werden, um "Erklärungen zu geben und Entscheidungen zu begründen oder auf wesentliche Veröffentlichungen hinzuweisen."

Insgesamt bietet der Tübinger Bibelatlas in seinen meist sehr detailreichen Karten eine enorme Fülle an Informationen zur historischen Geographie, zur Prosopographie und zu geschichtlichen Ereignissen sowie zur Identifikation von Ortslagen und zu den Ergebnissen der Archäologie. Der Informationsreichtum ist bestens erschlossen durch ein ausführliches, separat herausnehmbares Register. Das Register ist in zwei Teile geteilt, weil in den großräumigen Karten die geographische Länge und Breite zur Angabe des Ortsnamens verwendet werden, während für die Palästinakarten die Koordinaten des Palestine Grid die Orte auffindbar machen. Eine insbesondere für den Fachmann/die Fachfrau wichtige weiterführende Information ist, dass in den Legenden zu den einzelnen Karten die jeweils relevanten Vorarbeiten und Begleitstudien aus der (insgesamt ca. 140 Bände umfassenden) Reihe der "Beihefte zum Tübinger Atlas des Vorderen Orients" (BTAVO) genannt sind, in denen einzelne Probleme weiter verfolgt werden können.

Die Herkunft des Tübinger Bibelatlas vom TAVO zeigt sich auch im ungewöhnlichen Format. Die ursprünglich 72 x 50 cm messenden Karten wurden in sehr geschickter Weise in drei Spalten gefaltet, so dass ein Einbandformat von 27,5 x 50,5 cm entstand. Das macht zwar den Atlas etwas unhandlich und schwer aufzubewahren, erlaubt aber die Wiedergabe der Karten in Originalgröße bei gleichzeitig schonender Faltung. Dass das Register im gleichen Format gedruckt wurde, ist verständlich, eine Halbierung der Höhe hätte dessen Handhabung jedoch erleichtert, auch wenn es dadurch doppelt so dick geworden wäre. Leider nicht ganz der Vorlage entsprechend ist die drucktechnische Qualität der Reproduktion. Jedenfalls das Exemplar des Rezensenten zeigt bei genauerem Hinsehen eine gewisse Unschärfe, durch die feinere Details wie etwa kleiner geschriebene Ortsnamen oder die Höhenschichtlinien etwas verschwommen erscheinen, was deren genaue Auswertung beeinträchtigt. Diese- nach Kenntnis des Rezensenten jenseits des Einflusses der Herausgeber entstandene - Beeinträchtigung sollte in einer künftigen Auflage beseitigt werden.

Mit dem Tübinger Bibelatlas liegt ein äußerst informatives Werk vor, das seinen Nutzern die - in einem Atlas darstellbare - Quintessenz der geographischen und archäologischen Erforschung der biblischen Welt erschließt. Man kann dem Tübinger Bibelatlas wünschen, dass er wirklich zu einem für die Bibelwissenschaft ähnlich bedeutsamen Werk wird, wie es der Bibelatlas von Hermann Guthe von 1926 lange Zeit war, auf dessen Vorbild und Bedeutung sich die Herausgeber ausdrücklich beziehen. Den Herausgebern und Bearbeitern ist zu danken für die Leistung, die in diesem Atlas steckt, und dem Verlag für dessen Publikation.