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Ausgabe:

Oktober/2004

Spalte:

1115–1143

Kategorie:

Literatur- und Forschungsberichte

Autor/Hrsg.:

Dalferth, Ingolf U.

Titel/Untertitel:

Schleiermacher: Die Kritische Gesamtausgabe 1994-2004*

Schleiermacher:
Die Kritische Gesamtausgabe 1994-2004*


Nachdem 1984 in der Theologischen Literaturzeitung ein erster und 1994 ein zweiter Bericht über die Kritische Schleiermacherausgabe (KGA) erschienen ist, folgt nun nach wiederum zehn Jahren ein dritter Bericht. Anders als die beiden vorangehenden konnte er nicht mehr, wie geplant, von K. Nowak verfasst werden. Sein allzu früher Tod hat ihn daran gehindert, die begonnene Arbeit fortzusetzen. Zwar hatte er die Lektüre der bis zu seinem Tod erschienenen Bände aufgenommen, sie auch mit Anstreichungen und Anmerkungen versehen, die deutlich machen, dass er sie für seine Schleiermacher-Biographie (K. Nowak, Schleiermacher. Leben, Werk und Wirkung, Göttingen 2002) ausgewertet hat, die als Vermächtnis seiner langen und intensiven Beschäftigung mit Schl. angesehen werden kann. Doch der erhoffte kritische Literaturbericht ist nicht mehr zustande gekommen. Die Aufgabe ist an mich übergegangen. Angesichts der 13 seit 1994 erschienenen Bände (zwei davon in Teilbänden) stellt sie auf dem zur Verfügung stehenden Raum vor kaum adäquat zu bewältigende Herausforderungen.

1.

Vom editorischen Gesamtplan der KGA hat es gegenüber dem ursprünglichen Konzept (vgl. ThLZ 109 [1984], 918 f.) nur geringfügige Abweichungen gegeben. In fünf auf Werkgattungen konzentrierten Abteilungen (= Abt.) - I.Schriften und Entwürfe, II. Vorlesungen, III. Predigten, IV. Übersetzungen, V. Briefwechsel und biographische Dokumente - sollen die von Schl. zu seinen Lebzeiten publizierten Schriften, seine nachgelassenen Werke und Briefe sowie der dazu jeweils gehörende handschriftliche Nachlass publiziert werden. In der I. Abt. wird in den ersten fünf Bänden das Material bis zur Hallenser Zeit (1804-1807) chronologisch-werkgeschichtlich veröffentlicht, während es für die Berliner Zeit (1807-1834) in thematischer Ordnung geboten wird. KGA I/11 sollte die Akademieabhandlungen und verschiedene Schriften umfassen. Der Umfang des Materials nötigte dazu, diesen Band zu teilen. Der 2002 veröffentlichte Band I/11 umfasst jetzt ausschließlich die "Akademievorträge", die Schl. zwischen 1810 und 1834 als Mitglied und Sekretär der Preußischen Akademie der Wissenschaften gehalten hat. Ein neu hinzugekommener, 2003 erschienener Band I/14 "Kleine Schriften 1786-1833" bietet das übrige Material, fasst allerdings, abweichend von den anderen Bänden dieser Abt., Texte beider sonst unterschiedener Perioden zusammen. Auch die 2. Auflage der Glaubenslehre wurde 2003 wegen ihres Umfangs in zwei Teilbänden publiziert (KGA I/13.1 und 13.2), und aus entsprechenden pragmatischen Gründen werden auch in der V. Abt. die vermutlich noch 2004 erscheinenden Briefe aus der Stolper Zeit in zwei Bänden vorgelegt werden (KGA V/6 und V/7).

2.

Nach den in ThLZ 119 (1994), 718 f. berichteten Änderungen hat es auch in den vergangenen zehn Jahren wieder eine Reihe personeller und institutioneller Veränderungen gegeben. Die KGA ist ein Projekt des Verlags de Gruyter, das durch den Herausgeberkreis geleitet wird. Die Editionsarbeit wird an den beiden Schleiermacher-Forschungsstellen in Kiel (unter der Leitung von G. Meckenstock) und Berlin (unter der Leitung von K.-V. Selge) durch einige wenige angestellte Editoren und einen wechselnden Kreis von externen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen durchgeführt. Die Akademien von Göttingen und Berlin-Brandenburg sind nicht direkt, sondern vorrangig subsidiär an der Herausgabe der KGA beteiligt, indem sie Geld für Editorenstellen bereitstellen. Diese Konstellation kann, zumal in Zeiten knapper Finanzmittel, mancherlei Anlass für Friktionen geben. Stehen die Leiter der Forschungsstellen doch in einer doppelten Verantwortlichkeit einerseits gegenüber dem Herausgeberkreis und dem Verlag, andererseits gegenüber den Akademien. Aus gutem Grund sind die Leiter beider Forschungsstellen in den Kreis der Herausgeber eingebunden. So wurde im Mai 1994 G. Meckenstock, der Direktor der Schleiermacher-Forschungsstelle der Theologischen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, als Nachfolger von H. J. Birkner in den Herausgeberkreis berufen. Nachdem sich im Mai 1995 G. Ebeling und im Oktober 1996 H. Kimmerle aus der Herausgeberkommission der KGA zurückgezogen hatten, wurden 1997 U. Barth (Halle) und K. Cramer (Göttingen) hinzugewählt. Seither wird das Flagschiff der kritischen Editionen der evangelischen Theologie in Deutschland von H. Fischer in Gemeinschaft mit U. Barth, K. Cramer, G. Meckenstock und K.-V. Selge kompetent und - die Zahl und die editorische Qualität der publizierten Bände belegt es - trotz aller Schwierigkeiten der letzten Jahre effizient geleitet.

Das gilt vor allem für die in Kiel unter der Leitung von Meckenstock betreute I. Abt. Die editorische Arbeit in Kiel wurde seit 1984 von der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen im Rahmen des Akademien-Programms der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung getragen. Im vergangenen Jahrzehnt wurden hier zehn Bände ediert und publiziert, nämlich KGA I/4 (2002), KGA I/5 (1995), KGA I/6 (1998), KGA I/8 (2001), KGA I/9 (2000), KGA I/11 (2002), KGA I/12 (1995), KGA I/13,1 und 13,2 (2003), und KGA I/14 (2003). Die Arbeit an den insgesamt 14 Bänden in 17 Teilbänden dieser Abt. konnte so 2002 termingerecht abgeschlossen werden - eine nicht hoch genug zu würdigende Leistung. Das noch ausstehende Gesamtregister der I. Abt. soll noch 2004 erscheinen. - Mit dem Jahresbeginn 2003 konnte in Kiel als neues Projekt die Arbeit an der Edition der Predigten (III. Abt.) aufgenommen werden. In den nächsten Jahren sollen unter der Leitung Meckenstocks in 12 Bänden die bisher bekannten 583 Predigten und Predigtentwürfe sowie 750 bisher unbekannte Predigten, nämlich 238 Predigtentwürfe aus den Jahren 1794-1808 und 512 mitgeschriebene Predigten aus der Zeit von 1809 bis 1833, veröffentlicht werden. Die dafür zur Verfügung stehenden zwei Editorenstellen werden aus Drittmitteln des Akademienprogramms finanziert.

Größere Schwierigkeiten sowohl finanzieller als auch institutioneller Art hat es dagegen in Berlin gegeben. Die 1992 gegründete Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften hatte zum 1. Januar 1994 die Berliner Schleiermacher-Forschungsstelle unter der Leitung von K.-V. Selge in ihre Obhut genommen und die editorische Arbeit an der II. Abt. (Vorlesungen) und der V. Abt. (Briefwechsel und biographische Dokumente) getragen. Nachdem die Evangelische Kirche der Union und die Evangelische Kirche in Berlin-Brandenburg ihre 20-jährige Unterstützung der Berliner Schleiermacher-Forschungsstelle zum Ende des Jahres 1998 aus finanziellen Gründen einstellen mussten, wurde die Arbeit an der V. Abt. in das Akademienprogramm der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung überführt und konnte so fortgesetzt werden. Die Förderung der Arbeit an der II. Abt. dagegen wurde mit dem Erscheinen der "Vorlesungen über die Lehre vom Staat" (KGA II/8) im Dezember 1998 eingestellt. Seither liegt der Fortgang der Arbeit in dieser Abt. allein in der Verantwortung des Herausgeberkreises und ist auf andere Förderungsmöglichkeiten und private Initiativen angewiesen, um externe Mitarbeiter finden und finanzieren zu können.

Wie kompliziert sich das gestaltet, dokumentieren die geradezu unterkühlt knappen Hinweise des Editors der "Vorlesungen über die Dialektik", der einzigen weiteren Vorlesung, die seither erschienen ist (KGA II/10.1, LXXXVII). Dass die Arbeit dennoch weitergeht, belegt der druckfertige Band KGA II/16 "Kirchliche Geographie und Statistik", dessen Edition durch die DFG gefördert wurde und mit dessen Erscheinen gegen Ende 2004 zu rechnen ist. Von der Thyssen-Stiftung wird derzeit die Arbeit an der "Kirchengeschichte" (KGA II/6) unterstützt, die als nächster Band erscheinen dürfte. Ohne klar geregelte Finanzierung wird in Berlin an der "Hermeneutik" (KGA II/5) und in Jena an der "Pädagogik" (KGA II/12)1 und der "Psychologie" (KGA II/13) gearbeitet. Unter schwierigen Bedingungen versuchen die Herausgeber also, die Arbeit an der II. Abt. fortzusetzen. Angesichts der allgemeinen Finanzmisere bestehen kaum Aussichten, dass die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften die Arbeit auch in dieser Abt. durch die Finanzierung einer Editorenstelle bald wieder unterstützen dürfte. Dennoch ist zu hoffen, dass sie sich ihrer Verantwortung Schl. gegenüber bewusst bleibt und sich in der Editionsarbeit an den Schriften ihres nach Leibniz wohl einflussreichsten Mitglieds auch weiterhin, und wenn möglich noch intensiver, finanziell engagiert. Ohne geregelte Finanzierung wird die Arbeit in dieser wichtigen Abt. der KGA trotz beachtlicher Anstrengungen kaum auf verlässliche und vor allem kontinuierliche Weise weitergehen können.

In den in Berlin betreuten Abteilungen II. und V. sind im Berichtsraum nur vier Bände erschienen, nämlich KGA II/8 (1998) und KGA II/10.1 und 10.2 (2002) sowie KGA V/4 (1994) und KGA V/5 (1999). Die Großzahl der Veröffentlichungen erfolgte demgegenüber in Abt. I. Nach der Publikation der letzten Bände 2003 liegt mit ihr der erste abgeschlossene Teilbereich der KGA vor. Im gleichen Jahr wurde die Arbeit an der Edition der Predigten (III. Abt.) aufgenommen. Noch immer nicht eröffnet ist dagegen die Abt. IV. (Übersetzungen). Dass die Arbeit in der III. Abt. endlich anfangen konnte, ist zu begrüßen, dass sie in der IV. Abt. immer noch nicht begonnen hat, zu bedauern. Weder sind Schl.s theologische Arbeiten wirklich zu verstehen, wenn man ihn nicht als Prediger kennt, noch können seine literarischen Leistungen wirklich beurteilt werden, wenn man seine lebenslange Übersetzungsarbeit nicht beachtet. So erfreulich die inzwischen vorliegende Zahl zuverlässig edierter Texte ist und so anregend sie auf die Forschung und die Qualität der Schl. gewidmeten Promotionsschriften wirkt, so einseitig bleibt diese Forschung doch, solange Schl.s Predigten und Übersetzungsarbeiten nicht ebenfalls in verlässlicher Edition vorliegen und das ihnen gebührende Gewicht in der Schleiermacherforschung erhalten. Die immer wieder zu beobachtende Tendenz, Schl. auf einen theologisierenden Philosophen oder philosophierenden Theologen zu verkürzen, hat auch darin einen Grund. Doch Schl. war ein Theologe, der von sich selbst sagte, dass er den Beruf des Predigers "enthusiastisch fast liebe"2, und der vom Predigen auch als akademischer Theologe nicht ablassen wollte und konnte.3 Ähnliches gilt für seine Tätigkeit als Übersetzer. Nicht zuletzt der Briefwechsel bis 1802 dokumentiert eindrücklich, wie sehr Schl. in diesen Jahren und weit darüber hinaus mit Übersetzungsplänen und -arbeiten beschäftigt war. Das belegen nicht nur seine Platon-Übertragungen, sondern auch Projekte wie der (nicht realisierte) Plan einer Sophokles-Übersetzung oder die Übersetzungen englischer Predigtliteratur. Es ist ein forschungsgeschichtliches Desiderat, diese wichtige Seite der wissenschaftlichen und literarischen Arbeit Schl.s in der KGA zu präsentieren. K. Nowak hat das schon 1994 deutlich zum Ausdruck gebracht und begründet. Auch nach zehn weiteren Jahren, in denen kaum mehr als erste Schritte in diese Richtung unternommen wurden, ist dieses Anliegen nachdrücklich zu unterstreichen. Immerhin ist die Arbeit an der Edition der Predigten jetzt aufgenommen, so dass auf ihre Publikation jetzt begründet gehofft werden kann.

3.

In seinem Bericht über die Brief-Abt. der KGA erwähnt Nowak 1994, dass ein "weiterer Briefband ... noch in diesem Jahr erwartet" wird (ThLZ 119 [1994], 725). Das ist mit KGA V/4 in der Tat geschehen. Der Band schließt mit dem Briefwechsel 1800 (Briefe 850-1004) nahtlos an KGA V/3 (Briefwechsel 1799-1800) an. Der fünf Jahre später erschienene zweite Band dieser Abt. im Berichtsraum (KGA V/5) setzt das fort mit dem Briefwechsel 1801-1802 (Briefe 1005-1245). Beide Bände sind, wie schon ihre Vorgänger, von A. Arndt und W. Virmond vorzüglich ediert. Sie können hier zusammen besprochen werden, weil sie in chronologischer Folge eine kontinuierliche Geschichte dokumentieren.

Formal sind beide Bände nach bewährtem Schema aufgebaut. Nach einem Verzeichnis der Briefe folgt die Einleitung der Bandherausgeber. In einem ersten Teil bietet diese zunächst eine "Historische Einführung", die über das Leben und Werk Schl.s im jeweiligen Zeitraum (Ende April bis Ende Dezember 1800, Januar 1801 bis Ende Mai 1802) knapp und stichwortartig Auskunft gibt. In beiden Bänden werden dann bestimmte Hintergründe erhellt, deren Kenntnis zum Verständnis wichtiger Briefe im jeweiligen Band unabdingbar sind. In KGA V/4 sind das zwei Sachverhalte, nämlich einerseits der komplizierte und weit ausufernde Streit um die Jenaische Allgemeine Literaturzeitung, der mit mannigfachen Zerwürfnissen zwischen den Brüdern Schlegel, Schelling und Fichte endete, und andererseits die schon in KGA I/3, 103-128 (vgl. die Historische Einführung von G. Meckenstock, ebd. XLVI f.) dokumentierte Tatsache, dass Schl. Hörer der Chemievorlesungen Martin Heinrich Klaproths war, sich also bei einem der bedeutendsten Vertreter der empirischen Experimentalchemie seiner Zeit Kenntnisse aus erster Hand über die Anwendung quantitativ-analytischer Verfahren in der Naturforschung aneignete. - In KGA V/5 werden Dokumente zu Schl.s Berufung nach Stolp geboten. Da diese sich in den Archiven nicht mehr finden lassen, sondern seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs verschollen sind, werden sie nach den im Nachlass Dilthey befindlichen Abschriften hier erstmals ediert.

Im Anschluss an diese Hintergrundinformationen werden in beiden Bänden die einzelnen Briefwechsel genauer beschrieben und die Briefpartner vorgestellt. Es ist kaum verwunderlich, dass dies in beiden Bänden oft dieselben Personen sind - die Familie: die Geschwister Carl und Charlotte Schleiermacher sowie der Onkel S. E. T. Stubenrauch; die Freunde und Projektpartner: C. G. von Brinkmann, A. W. Schlegel, F. Schlegel; die Freundinnen: Eleonore Grunow, Henriette Herz, Dorothea Veit. Beachtenswert ist allerdings, dass sich der Kreis der Briefpartnerinnen und Briefpartner in KGA V/5 erheblich ausweitet. Sieht man vom amtlichen Briefwechsel ab, dann hat Schl. 1800 mit 18, 1801-1802 dagegen mit 32 Personen korrespondiert. Dabei werden zum Teil früher wichtige, aber inzwischen abgebrochene Kontakte wieder aufgenommen (etwa mit F. S. G. Sack), zum Teil aber auch folgenreiche neue Beziehungen geknüpft (mit dem Verleger G. A. Reimer etwa, dem Schl. die meisten seiner Werke zur Veröffentlichung anvertraute, oder mit J. E. T. von Willich, dem ersten Mann von Schl.s späterer Frau).

In einem zweiten Teil folgen in beiden Bänden dann der "Editorische Bericht" und ein Verzeichnis der einzelnen Briefwechsel. Schon die dort leicht festzustellende Häufigkeit des Briefwechsels mit einzelnen Partnerinnen und Partnern lässt das unterschiedliche Gewicht dieser Korrespondenzen erkennen. Dieses Verzeichnis ist eine wichtige Hilfe, um bestimmte Dialogfäden in den chronologisch edierten und fortlaufend nummerierten Briefwechseln verfolgen zu können. In beiden Bänden konnten nicht alle bekannten Schreiben an und von Schl. geboten werden, viele ließen sich vielmehr nur aus anderen Belegen erschließen. Diese werden durch ein Sternchen gekennzeichnet. In KGA V/4 sind so von 157 Briefen (80 an und 77 von Schl.) 47 nur erschließbar gewesen (13 an ihn und 34 von ihm). Während von den übrigen nur 42 (21 an und 21 von Schl.) schon vollständig gedruckt vorlagen, waren 18 (14 an und vier von Schl.) bislang nur gekürzt zugänglich, während 50 (32 an und 18 von Schl.) hier erstmals ediert werden. Ähnlich ist die Situation in KGA V/5. Von den insgesamt 241 Briefen dieses Bandes (128 an und 113 von Schl.) konnten 91 (41 an ihn, 50 von ihm) nur erschlossen werden, nur 61 (29 an und 32 von Schl.) waren schon gedruckt, 33 (24 an und neun von Schl.) waren nur gekürzt zugänglich, während 54 (34 an und 20 von Schl.) überhaupt zum ersten Mal gedruckt werden. In beiden Bänden wird also eine beträchtliche Zahl von Dokumenten ganz neu oder erstmals in verlässlicher Form geboten. Schon das macht diese Bände zu einer unschätzbaren Quelle nicht nur für die Erforschung der Lebens- und Werkgeschichte Schl.s, sondern auch für die Rekonstruktion eines bestimmten Ausschnitts der kulturellen Situation Berlins zu Beginn des 19. Jh.s.

Dass trotz der gründlichen Recherchen der Editoren und ihrer Funde vor allem im Brinkmann-Archiv (Trolle-Ljungby) und im Archiv der Humboldt-Universität zu Berlin noch keineswegs alles Material erschlossen oder alle Fragen geklärt werden konnten, belegen beide Bände. So wird im Nachtrag der Editoren in KGA V/4 (481) die in KGA V/3 nur als Faktor Fink bezeichnete Person anhand neuer Aktenfunde im Archiv der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften eindeutig identifiziert. Und im Nachtrag zu KGA V/5 werden nicht nur neu entdeckte Ergänzungen zu den Briefen 849 und 965 in KGA V/3 und V/4 aufgeführt (519 f.), sondern es wird ein der Schleiermacher-Forschung bisher unbekannter Privatdruck von 25 Briefen an Schl. angezeigt (521 f.), auf den M. Pockrandt im Zuge seiner Recherchen zu F. S. G. Sack gestoßen war. Die fünf von Antoinette Charlotte Viktoria Bamberger geb. Sack zwischen 1800 bis 1802 und die 20 von ihrer Tochter Lucie, verheiratete Eichmann, seit 1798 geschriebenen Briefe und Billets stellen Nachträge zu KGA V/2 bis V/4 dar und sollen in KGA V/6 abgedruckt werden.

Nach diesen editorischen Einleitungsteilen werden im Corpus beider Bände die Briefe nach den bewährten Grundsätzen dieser Abt. abgedruckt, also vollständig und in Schreibweise und Zeichensetzung unverändert nach den Handschriften bzw., falls diese fehlen, nach den besten Abschriften oder Drucken. Abkürzungen werden kursiv ergänzt, Chiffren kursiv aufgelöst, Quellen und notwendige Herausgeberkorrekturen (Entstehungsvarianten) im Textapparat nachgewiesen. Die beiden Apparate (Textkritik und Sachapparat) bieten präzis und konzis die notwendigen Informationen, um die Form der gedruckten Texte beurteilen und ihre Ausführungen und Anspielungen verstehen zu können. Nur gelegentlich geraten die Sachinformationen etwas (zu) ausführlich, etwa - um mich auf einige Beispiele aus KGA V/5 zu beschränken - wenn in Nr. 1093 F. H. C. Schwarz' freie Kantparaphrase detailliert durch Zitate belegt oder in Nr. 1119 im Brief an Willich eine Anspielung auf öffentliche Urteile über Schl.s Predigten sehr ausführlich entfaltet wird. Andererseits ist man als Leser darauf angewiesen, dass die Editoren Hinweise wie die in Nr. 1083 auf eine bevorstehende Veröffentlichung in der Erlanger "Litteratur-Zeitung" nicht nur quellenmäßig belegen, sondern die einschlägigen Ausführungen auch wiedergeben, da diese anders heute nicht mehr zugänglich sind. Insgesamt kann man den Apparaten trotz gewisser Tendenzen zur Kommentierung ein Niveau bescheinigen, das sich kaum steigern lässt.

Im Schlussteil jedes Bandes findet sich ein Verzeichnis der Abbildungen, die der Edition beigegeben sind und die Schwierigkeiten erahnen lassen, vor der die Entzifferung der Schreiben stand. Dem folgen eine Auflösung der Abkürzungen und editorischen Zeichen, ein Literaturverzeichnis und ausführliche Register der Namen und Werke, die in den Brieftexten, der Einleitung und den Sachapparaten des jeweiligen Bandes genannt oder zitiert werden. All das kann nur mustergültig genannt werden und bestätigt den Standard dieser kritischen Edition.

Inhaltlich dokumentieren beide Bände nicht nur kontinuierliche, sondern auch sich verändernde Schwerpunkte in Schl.s Korrespondenz. Breiten Raum nimmt in ihnen der Briefwechsel mit der Familie, insbesondere mit Charlotte Schl. ein. Ihr gegenüber hat sich Schl. so vertraut wie sonst kaum einer anderen Person gegenüber auch über seine persönlichen Verhältnisse und Probleme, insbesondere auch seine Beziehung zu E. Grunow geäußert. Deshalb dürften manche dieser Briefe von den Angehörigen aus dem Nachlass entfernt und vernichtet worden sein (vgl. etwa Nr. 917 in KGA V/4, ein Brief, der Dilthey noch vorlag und sich jetzt nicht mehr finden lässt). Dennoch ist der Briefverkehr mit seiner Schwester eine der wichtigsten Quellen zur Biographie Schl.s. Auch wenn Schl.s Briefe an sie oft nur erschlossen werden können, konnten umgekehrt von ihren Briefen an ihren Bruder in KGA V/4 sechs und in KGA V/5 zwölf erstmals vollständig veröffentlicht werden. Schl.s Verhältnis zu E. Grunow spielt aber nicht nur in diesen Briefen eine erhebliche Rolle. Der ganze Berliner Freundeskreis scheint an diesem Drama Anteil genommen zu haben, das Schl.s Position in Berlin immer unhaltbarer werden ließ. Immer wieder machte er sich Hoffnungen auf eine eheliche Verbindung mit E. Grunow, die er ihr spontan angetragen hatte (KGA V/3 Nr. 726) und die auch sie ihm zugesagt hatte. Sein Wechsel nach Stolp dürfte mit durch diese Hoffung veranlasst gewesen sein. Sie zerschlug sich definitiv erst 1805, als E. Grunow endgültig auf eine Trennung von ihrem Mann verzichtete.

Ein zweiter wichtiger Schwerpunkt beider Bände ist der umfängliche Briefwechsel mit den Brüdern Schlegel. Ein großer Teil der Korrespondenz von 1800 nimmt auf den Streit um die Jenaische "Allgemeine Literaturzeitung" Bezug, der von den Editoren in der Einleitung zu KGA V/4 ausführlich dargestellt wird. Auch wenn Schl. in dieser Auseinandersetzung eher eine Randfigur war, teilt er als Freund der Brüder Schlegel auch inhaltlich die Kritik der Frühromantiker an den Absolutheitsansprüchen der spekulativen Systeme Schellings und Fichtes. Seine kritische Rezension von Fichtes "Die Bestimmung des Menschen" belastete das Verhältnis zwischen ihnen dauerhaft. Dass es bei all diesen Auseinandersetzungen aber keineswegs nur um sachliche Kontroversen, sondern auch um sehr persönliche Verletzungen ging, belegen ausführlich die vielen Briefe, in denen die Spannungen zwischen den Brüdern Schlegel (Nr. 1065), aber auch mit Schelling (wegen Caroline Schlegel) zur Sprache kommen. Schl. selbst war mit F. Schlegel enger befreundet und nahm auch nach dessen Weggang nach Jena, wo er mit Dorothea Veit lebte, an dessen Privatleben intensiv teil. So sind für das Jahr 1800 insgesamt 31 Briefe zwischen ihnen belegt, für das folgende Jahr 38 (dazu kommt in beiden Jahren noch eine große Zahl von Briefen, die mit Dorothea Veit oder mit beiden zusammen gewechselt wurden). Dennoch lassen die Briefe dieser beiden Jahre eine wachsende Entfremdung zwischen Schl. und F. Schlegel erkennen, vor allem wegen dessen mangelhaften Engagements bei der Platon-Übersetzung (Nr. 1097; Nr. 1115; Nr. 1143 u. ö.). Was sich hier abzeichnet, hat schließlich zu Schlegels Ausscheiden aus diesem Projekt geführt. Umgekehrt ist die Korrespondenz mit A. W. Schlegel weniger von persönlichen Themen, sondern stärker von den gemeinsamen literarischen Interessen und Projekten bestimmt, auch wenn sich der intensive Briefwechsel im Jahr 1800 (28 Briefe zwischen beiden) nach A. W. Schlegels endgültiger Trennung von Caroline und seiner Rückkehr nach Berlin im Jahr 1801-1802 aus nahe liegenden Gründen nicht fortsetzte (vier Briefe).

Aufschlussreich zu verfolgen durch die Briefe beider Bände ist Schl.s intensive Arbeit an seinen literarischen Projekten. Dazu gehören nicht nur die "Kritik der Moral" (1803 als "Grundlinien einer Kritik der bisherigen Sittenlehre" erschienen), sondern auch die von Dorothea Veit betreute Drucklegung seiner "Vertrauten Briefe über Friedrich Schlegels Lucinde", seine Rezensionen von J. G. Fichtes "Die Bestimmung des Menschen", J. J. Engels "Der Philosoph für die Welt", Schillers Übersetzung von Shakespeares "Macbeth" und viele andere wichtige Besprechungen für verschiedene wissenschaftliche Organe, seine dem Onkel Stubenrauch wider dessen Willen ausdrücklich gewidmete Predigtsammlung, seine Arbeit an der Platon-Übersetzung (Phaidros, Protagoras) und nicht zuletzt seine geplante "Siedlungsgeschichte Neuhollands" (also Australiens), von deren kurz bevorstehendem Abschluss noch im letzten der hier abgedruckten und vor seiner Abreise nach Stolp abgeschickten Brief an den Verleger J. C. P. Spener die Rede ist (Nr. 1245), ohne dass es dazu gekommen wäre.

Und schließlich gehört zu den wichtigen Briefen beider Bände der meist unerfreuliche, aber gerade so auch aufschlussreiche "Amtliche Schriftwechsel". In KGA V/4 geht es ausschließlich um Schl.s Auseinandersetzung mit dem Armendirektorium anlässlich der Renovierung der Predigerwohnung in der Charité, bei der Schl. sogar erwogen hat, vor Gericht zu gehen, ehe eine Einigung zustande kam. Dennoch erhielt er wegen unfriedfertigen Betragens und eines Hangs zu Beschwerden einen förmlichen Verweis (Nr. 960). Man kann verstehen, warum Schl. - wie die Editoren in KGA V/5, LXXVII f. berichten - "amtliche Schreiben im Unterschied zu privaten Briefen nicht aufzubewahren pflegte, sondern gewöhnlich als Konzeptpapier verwendete". Auf diese Weise wurden sie doch noch einem erinnerungswürdigen Zweck zugeführt.

Besonders hervorzuheben sind im Jahr 1801-1802 die neu sich anbahnende Beziehung zu G. A. Reimer (drei Briefe, zwei werden hier erstmals gedruckt) und die spontane und offenherzige Freundschaft mit J. E. T. von Willich (28 Briefe). Schl. hatte ihn im Mai 1801 kennen gelernt und sah in ihm sogleich die gesuchte Ergänzung und Alternative zu F. Schlegel (Nr. 1148). Nach seinem frühen Tod im Jahr 1807 kümmerte sich Schl. fürsorglich um seine beiden kleinen Kinder und die verwitwete Henriette, die er schließlich am 18. Mai 1809 heiratete. Von besonderem Gewicht für einen Einblick in das theologische Selbstverständnis Schl.s ist schließlich der im Jahr 1801-1802 wieder aufgenommene Briefwechsel mit F. G. S. Sack. Zwischen ihnen war es zu Verstimmungen gekommen, u. a. wegen Schl.s Verkehr im Salon der Henriette Herz, seiner Ablehnung der angetragenen Hofpredigerstelle in Schwedt an der Oder, seines engen Umgangs mit F. Schlegel und der Reden "Über die Religion", die dem Aufklärungstheologen Sack unzugänglich blieben. Nach längerem Schweigen entwarf Sack im Winter 1800/ 1801 ein Schreiben an Schl., in dem er ihm seine Bedenken mitteilte (Nr. 1005, mit dem KGA V/5 eröffnet wird). Er schickte ihn aber zunächst nicht ab, sondern tat das erst, nachdem ihm Schl. seine zur Ostermesse 1801 erschienene Predigtsammlung zugesandt hatte. Auf die in Sacks Brief geäußerten Spinozismusbedenken antwortete Schl. in einem ausführlichen Verteidigungsschreiben Ende Mai/Anfang Juni (Nr. 1065). Beide Briefe sind seit 1850 bekannt, belegen im Kontext der zehn weiteren Briefe in diesem Zeitraum aber, dass es im Gefolge dieser Schreiben zwar zu keiner Überwindung der theologischen und philosophischen Differenzen, wohl aber zu einer Wiederherstellung des persönlichen Verhältnisses zwischen beiden gekommen ist.

4.

Ein wichtiges Ereignis in der Geschichte der KGA im vergangenen Jahrzehnt ist die Eröffnung der II. Abt. (Vorlesungen). In ihr sind im Berichtszeitraum zwei Werke erschienen: Schl.s "Vorlesungen über die Lehre vom Staat" (KGA II/8) und seine "Vorlesungen über die Dialektik" (KGA II/10.1 und 10.2).

1. Die von W. Jaeschke 1998 edierten "Vorlesungen über die Lehre vom Staat" eröffnen diese Abt. der KGA. "Bei der Arbeit an ihm", so heißt es, seien "die editorischen Grundsätze entwickelt worden, die für die Bände der II. Abt. gelten sollen" (VII). Dass dies tatsächlich so geschehen ist, ist wenig wahrscheinlich, wenn man die Abweichungen des Bandeditors von diesen Grundsätzen betrachtet. Diese sind seinen Ausführungen in einer Einleitung der Herausgeber vorangestellt (VII-XVI), die über die vorgesehene Konzeption der II. Abt. sowie deren editorische Grundsätze Auskunft gibt.

Fest geplant sind vorläufig 17 Bände (u. U. mit Teilbänden), deren Zahl sich aber erheblich vermehren dürfte, wenn es zur Publikation des umfangreichen Nachlasses von Schl.s exegetischen Vorlesungen kommen sollte. Jeder Band soll für jede Disziplin, die von Schl. in Vorlesungen (oft mehrmals) behandelt wurde, die vorhandenen Manuskripte vollständig sowie Vorlesungsnachschriften in Auswahl bieten, vor allem dann, wenn es keine oder nur unzulängliche Manuskripte Schl.s gibt. Allerdings sollen Nachschriften eines mehrfach gehaltenen Kollegs aus verschiedenen Jahren nur dann eigens berücksichtigt werden, "wenn es darum geht, eine bedeutsame Entwicklung zu dokumentieren" (VIII). Der Sinn dieses Grundsatzes ist, das größere Gewicht von Schl.s eigenen Texten gegenüber den Nachschriften seiner Vorlesungen zur Geltung zu bringen. Angesichts des sich unablässig in Fortentwicklung befindlichen Denkens Schl.s sind mit diesem unklaren Grundsatz für Editoren und Leser aber Schwierigkeiten vorprogrammiert. Welche Entwicklungen sollte man denn jeweils für bedeutsam halten und welche nicht? Was wären die dafür in Anschlag zu bringenden Kriterien? Wird man nicht, wie A. Arndt, der Editor der Dialektikvorlesungen, zur Auffassung gelangen, dass "alle von Schl. über die Dialektik gehaltenen Kollegien bedeutende Entwicklungsstufen seiner Konzeption von Dialektik darstellen" (KGA II/10.1, LXXVIII)? Und dürfte das nicht entsprechend für jede Vorlesung Schl.s und ihre Nachschriften gelten?

Geordnet sind die vorgesehenen Bände chronologisch nach dem Semester, in dem Schl. die jeweilige Vorlesung zum ersten Mal gehalten hat. Der Editionsplan sieht dementsprechend folgende Gliederung der II. Abt. vor: Vorlesungen 1. über die Philosophische Sittenlehre (1804/05); 2. über die Theologische Enzyklopädie (1804/05); 3. über die Christliche Glaubenslehre (1804/05); 4. über die Hermeneutik (1805); 5. über die Christliche Sittenlehre (1806); 6. über die Kirchengeschichte (1806); 7. über die Geschichte der griechischen Philosophie (1807); 8. über die Lehre vom Staat (1808/09); 9. über die Geschichte der christlichen Philosophie (1810); 10. über die Dialektik (1811); 11. über die Praktische Theologie (1812); 12. über die Pädagogik (1813); 13. über die Psychologie (1818); 14. über die Ästhetik (1819); 15. über das Leben Jesu (1819/20); 16. über die Kirchliche Geographie und Statistik (1827); und 17. über die Einleitung in das Neue Testament (1829).

Als Akademiemitglied hatte Schl. in Berlin das Recht, nicht nur an der theologischen, sondern auch an der philosophischen Fakultät Vorlesungen zu halten. Er hat das extensiv genutzt, wie die Regelmäßigkeit dieser Vorlesungen sowie die Breite der dabei behandelten Themen belegen. Auch wenn es primär aus pragmatischen Gründen geschehen sein mag, ist es durchaus passend, dass die editorische Arbeit an dieser Abt. mit der Veröffentlichung zentraler philosophischer Vorlesungen begonnen wird. Die exegetischen Vorlesungen Schl.s dagegen sind an den Schluss gestellt, weil der große Umfang und die Qualität der im Archiv der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften aufbewahrten Manuskripte vor solche editorischen Probleme stellt, dass sie im Rahmen der gegenwärtigen Möglichkeiten vorläufig noch nicht erschlossen werden können (KGA II/8, IX).

Die editorischen Grundsätze lehnen sich an die der I. (vgl. KGA I/1) und V. Abt. (vgl. KGA V/1) an, wollen aber ausdrücklich "den Besonderheiten der Vorlesungsedition Rechnung" tragen (IX). Wiederum sind jeweils eine Historische Einführung und ein Editorischer Bericht der Bandherausgeber vorgesehen, dazu neben dem textkritischen Apparat ein Sachapparat sowie die nötigen Verzeichnisse und Register (Abkürzungsverzeichnis, Literaturverzeichnis, Namenregister und ggf. ein Register der Bibelstellen). Für die Gestaltung von Text und textkritischem Apparat wird bei den drei zu beachtenden Textsorten der Vorlesungen (Manuskripte Schl.s, Vorlesungsnachschriften, sekundäre Überlieferungen) ein gestuftes Editionsverfahren gelten. Manuskripte werden auch hier in ihrer letztgültigen Textgestalt wiedergegeben, und es werden im textkritischen Apparat alle Belege für den Entstehungsprozess mitgeteilt, während bei Vorlesungsnachschriften lediglich die letztgültige Textgestalt geboten wird ohne detaillierten Nachweis des Manuskriptbefunds. Entsprechend werden sämtliche Vorlesungsmanuskripte Schl.s in chronologischer Folge kritisch ediert, während im Fall mehrerer Vorlesungsnachschriften in der Regel nur die beste als Leittext ediert werden soll, andere aber nur zur Verbesserung und Ergänzung dieses Leittextes herangezogen werden sollen.

Dass angesichts "der umfänglichen Materialien ... eine restriktive Berücksichtigung der Vorlesungsnachschriften unumgänglich" ist (VIII), wird niemand bestreiten wollen. Ebenfalls nachvollziehbar ist es, wenn der Vorrang von Schl.s eigenen Texten gegenüber den Nachschriften gewahrt und die Fiktion eines vom Editor erstellten Mischtextes vermieden werden soll. Doch die vorgeschlagene Leittext-Regel dürfte sich faktisch als nicht praktikabel erweisen, zumindest konnte sie in den beiden bislang publizierten Bänden dieser Abt. nicht eingehalten werden. Liegt überhaupt nur eine Nachschrift vor, wie etwa im Fall der Nachschrift Twesten des Dialektik-Kollegs von 1811, "läßt sich die Qualität der Nachschrift nur schwer beurteilen", wie A. Arndt zu Recht feststellt (KGA II/10.1, LXXIX). Aber selbst wenn mehrere Nachschriften einer ganzen Vorlesung vorliegen, dürfte nur in Ausnahmefällen eine davon anderen gegenüber an jedem Punkt eindeutig vorzuziehen sein. In der Regel wird man an verschiedenen Punkten auf verschiedene Nachschriften zurückgreifen müssen, um den besten Text zu bieten. Damit aber ergibt sich das Dilemma - das beide vorliegenden Editionen dieser Abt. belegen -, dass man entweder an entscheidender Stelle die Leittext-Regel aufgeben muss (wie es W. Jaeschke bei der Wiedergabe der Nachschriften der Staatslehrevorlesung von 1829 von Heß und Willich tut: KGA II/8, 493-749) oder die eindeutig besseren Nachschriften in den textkritischen Apparat verbannt, um die Regel zu wahren (wie es A. Arndt bei Lücken in dem von ihm gewählten Leittext des Dialektik-Kollegs von 1818/19 tut: KGA II/10.2, 316) - ganz zu schweigen davon, dass nach den editorischen Grundsätzen der II. Abt. ein textkritischer Vergleichsapparat der verschiedenen vorliegenden Nachschriften nicht vorgesehen ist. So bietet Jaeschke den Text des Staatslehrekollegs von 1829 "auf der Grundlage der Nachschriften von Heß und Willich, unter Berücksichtigung der Nachschriften Horter und Schubring" (KGA II/8, LVI). Da die beiden Letztgenannten aber nur "punktuell herangezogen" werden (LX), kann der Leser nicht entscheiden, ob sie im Einzelfall nicht doch bessere Lesarten geboten hätten als die abgedruckten Nachschriften. Kurz, die editorische Leittext-Regel scheint schon bei so umsichtigen Editoren wie Jaeschke und Arndt nur eingehalten werden zu können, indem man sie im konkreten Fall außer Kraft setzt oder mit einer Konsequenz praktiziert, die sie als absurd erweist. Man sollte sie als allgemeinen Grundsatz aufgeben und es stattdessen den Bandeditoren überlassen, je nach Art und Qualität der ihnen vorliegenden Vorlesungsnachschriften zu entscheiden, welche die beste Version der Vorlesung (an dieser Stelle) bietet - zumal sie diese Entscheidung faktisch ohnehin zu treffen haben.

2. Wie W. Jaeschke jedenfalls schon auf der ersten Seite seiner Einleitung als Bandherausgeber von KGA II/8 ausdrücklich klarstellt, konnte (oder wollte?) er die editorischen Grundsätze der Herausgeber schon im ersten publizierten Band dieser Abt. nicht einhalten (XVII; vgl. auch LX). So werden nicht nur in einem ersten Teil sämtliche Manuskripte Schl.s über "Die Lehre vom Staat" aus den Jahren 1808/09, 1813, 1817/18, 1829 und 1833 abgedruckt (zum Kolleg von 1817 haben sich keine handschriftlichen Materialien erhalten), sondern in einem umfangreichen zweiten Teil werden all diese Vorlesungen durch Nachschriften aus den Jahren 1817, 1817/18, 1829 und 1833 lückenlos dokumentiert. Damit bietet dieser Band gegenüber der bisher einzigen Edition dieser Vorlesungen durch Chr. A. Brandis in Schl.s "Sämmtlichen Werken", die sich am Manuskript von 1829 sowie an einer Nachschrift desselben Kollegs orientiert, in großem Umfang neue und bisher unbekannte Texte, stellt für die Erschließung von Schl.s Staatslehre also eine erheblich erweiterte Grundlage zur Verfügung.

Schl. verstand die Lehre vom Staat als eine technische Disziplin auf der Basis der Ethik. Seine Vorlesungen über philosophische Sittenlehre in Halle sowie das "Brouillon zur Ethik" (1805/06) bilden mit der Ausarbeitung des Schemas der vier Grundsphären sittlichen Handelns (Arbeit/Wirtschaft, Privateigentum/Privatsphäre, Wissen/Wissenschaft, Kunst/Religion) und ihrer institutionellen Formen (Staat, freie Geselligkeit, Akademie, Kirche) die Basis für seine Staatslehre, die er nach dem Wechsel nach Berlin im Winter 1808/09 zum ersten Mal als Privatkolleg vorgetragen hat. Aus dieser Frühphase liegen keine eindeutig datierbaren Quellen vor. Jaeschke vermutet aber, dass das hier erstmals veröffentlichte "Fragment eines frühen Heftes" (33-43) sowie die vermutlich etwas später als diese erste Vorlesung zu datierende (aber als Erste abgedruckte) Skizze "Frühe Aphorismen" (3-32) aus diesen Anfängen stammen könnten. Auch die anschließend wiedergegebenen "Frühen Notizen" (45-51) sind nicht exakt datierbar, könnten aber Jaeschke zufolge zeitlich noch vor dem "Fragment eines frühen Heftes" anzusetzen sein, das er der Vorlesung von 1813 zuordnet, die in der Forschung trotz der Ankündigungen im Vorlesungsverzeichnis des Semesters bisher aus Mangel an eindeutigen Zeugnissen noch nicht einmal als Faktum zur Kenntnis genommen worden ist.

Klar datierbar sind erst die folgenden Manuskripte. Schl. hat die Lehre vom Staat zunächst 1813, 1817 und 1817/18 vorgetragen und dann, nach 10-jähriger Pause, wieder 1829 und 1833. Für die Ausbildung seiner Staatslehre dürften die Jahre 1813 bis 1818 entscheidend gewesen sein. Das belegen auch die inzwischen in KGA I/11 publizierten Akademievorträge zu diesem Themenkomplex von 1814 ("Über die Begriffe der verschiedenen Staatsformen" und "Über den Beruf des Staates zur Erziehung") und 1820 ("Über die verschiedene Gestaltung der Staatsverteidigung").4 Durch Vorlesungsnachschriften ausführlich dokumentiert ist jedenfalls erstmals das Kolleg von 1817. Dass Schl. im darauf folgenden Wintersemester das Kolleg gleich noch einmal vorgetragen hat, wurde allerdings in der Forschung bisher nicht beachtet. Jaeschke kann demgegenüber die "Notizen zum Kolleg 1817/18" (53-64) eindeutig dieser Vorlesung zuordnen. Diese wurde bislang infolge eines Missverständnisses ignoriert, das Jaeschke überzeugend korrigiert. Im Zusammenhang der hochschulpolitischen Auseinandersetzungen im Gefolge des Wartburgfestes 1817 war gegen Schl. als staatsgefährdenden Professor ein allgemeines, nicht nur seine Politikvorlesung betreffendes Lehrverbot angestrengt worden. Der König erwog sogar eine Schließung der gesamten Universität, Schl.s Predigten wurden polizeilich überwacht, und noch 1820 gab es Pläne, Schl. zu entlassen oder nach Königsberg zu versetzen. Dazu ist es durch Altensteins Verschleppungstaktik nicht gekommen. Auch wenn Schl. von den gegen ihn gerichteten Plänen im Einzelnen nichts gewusst haben dürfte, wird man die Wiederholung der Staatslehrevorlesung im Winter 1817/18 im Zusammenhang dieser Vorgänge zu verstehen haben.5 Die 10-jährige Pause bis 1829 dagegen dürfte nicht durch das drohende Lehrverbot, sondern vor allem durch die Verlagerung seiner Forschungsinteressen auf die Psychologie, Ästhetik und das Leben Jesu bedingt sein, mit denen er sich in den 1820ern intensiv befasste.

Neu ausgearbeitet hat Schl. das Kolleg 1829, und auf dieses Manuskript hat er sich auch 1833 gestützt. Es wird deshalb abgedruckt als "Die Lehre vom Staat 1829-1833" (65-169). Das Kolleg von 1829 ist quellenmäßig weitaus am besten belegt, sowohl durch das ausführliche Manuskript als auch durch die Zahl der Vorlesungsnachschriften. Gesondert abgedruckt werden schließlich zusätzliche "Notizen zum Kolleg 1833" (171-198), die Brandis in seiner Ausgabe nur als Anmerkungen dem Manuskript von 1829 beigegeben hatte, sowie ein (nicht eindeutig zuzuordnendes) "Fragment zum Kolleg 1833" aus den frühen 1830ern (199-201).

In diesen Texten von 1829 und 1833 werden die Anliegen der Staatslehre von Schl. am deutlichsten. Er verstand sie nicht als Kommentar zum Zeitgeschehen, sondern als prinzipielle Reflexion auf das Verhältnis des Staates zu anderen Sphären der Gesellschaft. Das belegen nicht nur die stetigen Bezugnahmen auf die politischen Philosophien von Aristoteles und Platon, sondern auch sein Bemühen, die Struktur des Staates im Horizont der Ethik in seinem Verhältnis zu den Sphären der Geselligkeit, der Wissenschaft und der Kirche darzustellen. Dabei kommt es aber immer wieder zu Überlegungen, die im Kontext der Zeit eine deutliche Pointe haben. Staat gibt es erst, so Schl., wo Gesetz ist und der Gegensatz von Obrigkeit und Untertan (77). Aber der Staat ist niemals alles. Wir sollten "eine absolute Zulänglichkeit des Staates zur Vollendung des menschlichen Daseins nicht annehmen, weil hiezu auch die anderen Bestandtheile des höchsten Gutes mitwirken müssen: sondern nur Zulänglichkeit für den Trieb des NaturBildungsProzesses. Jene andern Organisationen aber Wissenschaft Kirche Geselligkeit postuliren ein Hinausgehn über die Volkseinheit, und der Staat genügt also seinen Bürgern nicht wenn er dieses hemmt" (86). Es kann von hier aus auch zu deutlicher Kritik an Zeitgenossen wie Fichte kommen, dessen Staatskonzeption eine Verwandtschaft mit dem religiösen Kastenwesen bescheinigt wird (122). Und es werden scharfsichtige Analysen zeitgenössischer politischer Systeme vorgetragen, etwa des nordamerikanischen Freistaats (318 f.), der Problematik des Universalstaates (554 f.) oder der Probleme eines Bundes der Europäischen Staaten (556 ff.). Gerade weil die Staatslehre als technische Disziplin verstanden wird, werden ihre prinzipiellen Erwägungen in diesen Vorlesungen immer wieder an der Erschließungskraft konkreter politischer Phänomene erprobt, ohne zum unmittelbaren Reflex der Tagespolitik zu werden.

Den weitaus umfangreicheren zweiten Teil dieses Bandes bilden die Vorlesungsnachschriften. Da Schl. in der Regel frei vorgetragen hat und seinen Manuskripten zwar die Thematik und verschiedene Details, aber nicht der genaue Gedankengang der einzelnen Vorlesungen zu entnehmen ist, sind die Nachschriften als ein fortlaufender Kommentar zu lesen, der das Verständnis der oft sehr knapp formulierten Manuskripte erst wirklich erschließt. Geboten wird für die dokumentierten Vorlesungen jeweils eine Nachschrift. So wird für das Kolleg 1817 die Nachschrift Varnhagen abgedruckt (es handelt sich freilich genauer um die Nachschrift einer Nachschrift, da sich Varnhagen zur Zeit der Vorlesung gar nicht in Berlin, sondern in Karlsruhe aufhielt und eine heute nicht mehr zugängliche Nachschrift abgeschrieben hat); für das Kolleg 1817/18 wird die Nachschrift Goetsch wiedergegeben, für 1829 die Nachschriften Heß und Willich, für 1833 die Nachschrift Waitz. Entgegen den Editionsrichtlinien entschied sich Jaeschke für das Kolleg von 1829 nicht für einen Leittext, da die ausführliche Reinschrift der Vorlesung von Heß in der 14. Stunde abbricht und in der Folge durch die unmittelbare und insofern besonders gewichtige Mitschrift des Kollegs durch Willich fortgeführt wird. Diese editorische Entscheidung ist angesichts der erheblichen Divergenzen in Sprache und Formulierung im gemeinsamen ersten Teil der Nachschriften nachvollziehbar und begründet. Problematisch ist, wie gesagt, nicht diese editorische Entscheidung, sondern die vorgegebene Leittext-Regel. Um den Vergleich der wiedergegebenen Nachschriften mit dem Manuskript Schl.s zu erleichtern, sind vom Editor die Stundenzählungen und die Datierungen am Außenrand des Textes angegeben. Mit den abschließenden, gewohnt akkuraten Verzeichnissen ist mit diesem Band ein hoher Standard für die Veröffentlichungen der II. Abt. gesetzt. (Aufgefallen ist mir nur ein Druckfehler in der 4. Zeile der Anmerkung auf Seite 21, wo es Arbei-ten statt Arbeiten heißt.)

3. Vier Jahre nach dem ersten Band in der II. Abt. folgte mit den von A. Arndt in zwei Teilbänden edierten "Vorlesungen über die Dialektik" (KGA II/10.1 und 10.2) die zweite Veröffentlichung in dieser Abt. Die Lage hatte sich inzwischen gewandelt. Mit dem Abschluss der Arbeit an der Staatslehre hatte die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, wie erwähnt, ihre Unterstützung der Editionsarbeit in der II. Abt. eingestellt. W. Jaeschkes Editorenstelle fiel damit weg und er wechselte zur Hegel-Ausgabe. Seither kann die Arbeit in der II. Abt. nur mit Hilfe anderer Geldquellen und externer Mitarbeiter fortgesetzt werden. Das dokumentieren auch die Vorlesungen über die Dialektik. Wie H. Peiter wohl zu Recht vermutet hat, konnte A. Arndt die Ausgabe der Dialektikvorlesungen neben seiner Arbeit an der Briefedition nur deshalb fertig stellen, weil dies sein eigentliches Arbeitsgebiet ist, wie seine zweibändige Studienausgabe der Dialektik von 1986 und 1988 belegt. Als die "weltweit erste philologische Autorität" (M. Frank) hat er mit dieser historisch-kritischen Ausgabe der Auseinandersetzung mit Schl.s philosophischem Hauptwerk eine so bislang nicht vorhandene zuverlässige Textgrundlage gegeben.

Arndt hat das Material in zwei Teilbänden publiziert. Der erste Teilband gibt alle Manuskripte, Aufzeichnungen und Notizen Schl.s in chronologischer Reihenfolge wieder, die dieser im Zusammenhang seiner Arbeit an der Dialektikvorlesung zwischen 1811 und 1831 verfasst hat. Der zweite Teilband bietet Vorlesungsnachschriften des Kollegs 1811 (Nachschrift Twesten), des Kollegs 1818/19 (Nachschrift Anonymus) und des Kollegs 1822 (Nachschrift Kropatschek). In einem Anhang werden zudem zum Kolleg 1811 ein nicht eindeutig zuzuordnendes Manuskript Twesten abgedruckt sowie zum Kolleg 1828 (Nachschrift Schubring) und Kolleg 1831 (Nachschrift Erbkam) zwei Texte, die Ludwig Jonas in den Anmerkungen seiner Dialektikausgabe veröffentlich hat. Da sie als Nachschriften nicht mehr zugänglich sind, werden sie hier nach dieser Quelle, aber neu geordnet nach der Abfolge der Vorlesungsstunden abgedruckt. Abgeschlossen wird die Ausgabe mit den üblichen, beide Teilbände umfassenden Verzeichnissen. (Auf der letzten Seite des Personenverzeichnisses lautet der Kolumnentitel abweichend von den vorangehenden Seiten nicht mehr "Personen", sondern "Namen".)

In seiner "Historischen Einführung" beschreibt Arndt kenntnisreich und präzis die "Vorgeschichte der Dialektik bis 1811", danach die "Entwicklung der Dialektik seit 1811", die (wenigen) "Zeitgenössischen Zeugnisse zur und Auseinandersetzungen mit der Dialektik" und schließlich die vorliegenden "Ausgaben der Dialektik". Trotz der unnötigen Wiederholung wörtlicher Zitate (vgl. etwa XIII und XVII) sind die Ausführungen inhaltlich überzeugend. Arndt kann plausibel machen, dass Schl. trotz der Suche nach einer philosophischen Grundlegung der Physik und Ethik nicht von vornherein eine Dreiteilung der Philosophie in Physik, Ethik und Dialektik im Blick hatte, dass sich seine Dialektikkonzeption in ihren Anfängen daher auch nicht der Beschäftigung mit Platon, sondern der Auseinandersetzung mit Fichtes Wissenschaftslehre verdankt (IX-XII) und dass er erst im Zusammenhang der Ausarbeitung seiner Berliner Dialektikvorlesung von 1811 und im Zuge seiner Platon-Studien einen Anknüpfungspunkt für sein Konzept der Dialektik als "Kunstlehre bzw. Organon des realen Wissens" bei Platon fand (XVIII-XXIV).

Mit der Dialektikvorlesung begann Schl. im Sommersemester 1811 seine Lehrtätigkeit an der philosophischen Fakultät. Sie war nicht nur in der Konzeption als Alternative zu Fichtes Wissenschaftslehre angelegt, sondern Schl. scheint sie auch mit Absicht auf dieselbe Zeit wie Fichtes Vorlesung gelegt zu haben. Der ließ seine Vorlesung daraufhin wegen einer "Kollision" ausfallen (XXVI f.). Schl. wiederholte diese Vorlesung noch fünf Mal 1814/15, 1818/19, 1822, 1828 und 1831. Wie im Editorischen Bericht - wiederum mit wörtlichen Wiederholungen (vgl. LVII und LIX) - detailliert dargelegt wird, dachte Schl. dabei schon früh an die Abfassung eines Lehrbuchs und machte sich dafür verschiedentlich überarbeitete Aufzeichnungen. Deren Schichten werden vom Editor rekonstruiert und den jeweiligen Vorlesungen von 1811, 1814/15 und 1818/19 zugeordnet. Der Abdruck beginnt mit "Notizen zur Dialektik (1811)", denen als zweiter Text "Aufzeichnungen zum Kolleg 1811" folgen. Schon für 1814/15 verfasste Schl. eine kompendienartige Darstellung in Paragraphen, die als "Ausarbeitung zur Dialektik (1814/15) mit späteren Zusätzen" neben den ebenfalls wiedergegebenen "Notizen zum Kolleg 1814/15" abgedruckt wird. Auch für die Vorlesung von 1818/19 werden sowohl "Notizen" als auch "Aufzeichnungen zum Kolleg" abgedruckt. Für die folgenden Vorlesungen wird dagegen stets nur ein Text geboten: "Ausarbeitung zum Kolleg 1822", "Aufzeichnungen zum Kolleg 1828" und "Aufzeichnungen zum Kolleg 1831". Von der 1832/33 noch begonnenen Ausarbeitung der Dialektik für den Druck, die über die ersten fünf Paragraphen der Einleitung nicht hinauskam, werden zum einen "Vorarbeiten zur Einleitung in die Dialektik" abgedruckt, zum anderen die "Einleitung (Reinschrift)".

Trotz einer Reihe einleuchtender textkritischer Entscheidungen, die zur differenzierten Zuordnung verschiedener Notizen zu den ersten drei Vorlesungen führen und damit eine verlässlichere Textgrundlage schaffen, bieten die in diesem ersten Teilband abgedruckten Texte sachlich nichts wirklich Neues. Offenkundig stand mit der ersten Vorlesung von 1811 der dreiteilige Aufbau der Vorlesung in einen einleitenden, einen transzendentalen und einen technischen bzw. formalen Teil fest, auch wenn die inhaltlichen Ausführungen in den einzelnen Entwürfen sehr unterschiedlich ausfallen können. Der transzendentale Teil behandelt im Wesentlichen stets die traditionellen Themen der rationalen Metaphysik, nämlich die Entsprechung von Begriff und Urteil im Sein (Ontologie), Subjektivität (Psychologie), die Idee der Welt (Kosmologie) und die Idee Gottes (Theologie). Der technische Teil dagegen umfasst einerseits die Konstruktion (die Theorie der Begriffs- und Urteilsbildung), andererseits die Kombination (das heuristische und das architektonische Verfahren). Trotz mancher Variationen hat sich Schl., jedenfalls bis 1828, in seinen Überlegungen zum transzendentalen Teil immer wieder auf das Kompendium von 1814/15 bezogen, während der technische Teil, der dort nur unvollständig ausgearbeitet war, auch in den folgenden Jahren inhaltlich kaum verändert wurde (XLV). Die Dialektik war deshalb bis zu Schl.s Tod nicht wirklich fertig, sondern stets im Werden - die Texte belegen es detailliert.

Um so wichtiger und hilfreicher sind die von Arndt gebotenen Vorlesungsnachschriften. Dem Editor waren von den insgesamt 16 bekannten Nachschriften zehn zugänglich - nämlich eine für das Kolleg 1811 (Twesten), drei für das Kolleg 1818/19 (Anonymus, Bernhardy, Zander) und sechs für das Kolleg 1822 (Bonnell, Hagenbach, Klamroth, Kropatschek, Saunier, Szarbinowski). Die wohl wichtigste Neuerung ist die erst vor kurzem bekannt gewordene anonyme Nachschrift (vgl. XXXIII; LXXIX-LXXXII), die alle bisher bekannten anderen Nachschriften des Kollegs von 1818/19 übertrifft und als Leittext dieser Vorlesung abgedruckt wird. Durch ihre Ausführlichkeit macht sie eine ganze Reihe von Grundgedanken der Dialektik Schl.s verständlicher, als es die übrigen Texte vermochten. Sie vor allem wird bei der Auseinandersetzung mit Schl.s Dialektik künftig zu beachten sein. Für das Kolleg 1822 wurde die Nachschrift Kropatschek als Leittext gewählt, auf den sich auch schon Odebrechts Ausgabe gestützt hatte. Der Hinweis des Editors, dass dieser Text "ggf. durch Auszüge aus den anderen Nachschriften im Sachapparat ergänzt" wird (LXXXII), macht noch einmal die Problematik einer editorischen Regel deutlich, die das, was man im textkritischen Apparat erwarten müsste, dem Sachapparat zuzuweisen nötigt.

5.

Die größte Zahl neuer Bände im Berichtszeitraum ist in der I. Abt. erschienen, nämlich KGA I/4 (2002); I/5 (1995); I/6 (1998); I/8 (2001); I/9 (2000); I/11 (2002); I/12 (1995); I/13.1 und 13.2 (2003); und I/14 (2003). Da die "Allgemeinen editorischen Grundsätze für die I. Abteilung" (KGA I/1, IX-XIII) sowie die "Besonderen Grundsätze für die Edition von Handschriften" (KGA I/1, XIII-XVI) nach wie vor gelten, braucht hier nur an sie erinnert zu werden (vgl. ThLZ 109 [1984], 920): Jeder Band wird mit einer Einleitung eröffnet, die einerseits eine "Historische Einführung" mit Informationen über Entstehungs- und Überlieferungsgeschichte der Drucke bzw. Handschriften sowie der zeitgenössischen Rezeption umfasst, andererseits einen "Editorischen Bericht", der auch über die der jeweiligen Materie entsprechenden zusätzlichen Editionsregeln Auskunft gibt. Am Ende eines jeden Bandes finden sich ein Abkürzungs- und Literaturverzeichnis, ein Namensregister und ein Register der Bibelstellen. Ich bespreche die Bände nicht nach ihrem Erscheinungsjahr, sondern nach ihrer Abfolge in der Abt., also zunächst die Schriften aus der Zeit vor der Rückkehr nach Berlin im Dezember 1807, dann die Berliner Schriften.

1. Schl.s "Schriften aus der Stolper Zeit (1802-1804)" (KGA I/4) setzen nach 14 Jahren die 1988 erschienenen "Schriften aus der Berliner Zeit 1800-1802" (KGA I/3) fort. Der Band enthält nicht nur sehr unterschiedliche Texte, die "Gedichte und Charaden (ab 1803)", die "Grundlinien einer Kritik der bisherigen Sittenlehre (1803)" - das Hauptstück des Bandes -, "Zwei unvordenkliche Gutachten in Sachen des Protestantischen Kirchenwesens zunächst in Beziehung auf den Preußischen Staat (1804)" sowie eine Rezension von Schellings "Vorlesungen über die Methode des akademischen Studiums (1804)". Er ist anders als KGA I/3 auch nicht von einem Editor, sondern von dreien (E. Herms, G. Meckenstock und M. Pietsch) herausgegeben. Das gibt einen Hinweis auf die offenkundig komplizierte Editionsgeschichte: Seit 1988 wurden von E. Herms die "Grundlinien" und von G. Meckenstock die anderen Texte selbständig nebeneinander bearbeitet, seit 1999 wurde E. Herms durch M. Pietsch in der Kieler Schleiermacher-Forschungsstelle unterstützt, dem die kritische Textfassung der "Grundlinien" zu verdanken ist (XCI), deren vollständiger Text hier erstmals seit der Erstausgabe wieder zugänglich gemacht wird. M. Pietsch hat insbesondere den Variantenapparat der 2. Auflage von 1834 erstellt, den textkritischen Apparat festgelegt und zusammen mit E. Herms den Sachapparat verfasst. Die Historische Einführung zu den von ihnen edierten Texten schrieben G. Meckenstock und E. Herms, den Editorischen Bericht und das Literaturverzeichnis verfassten G. Meckenstock und M. Pietsch. Die Ausführungen der Editoren sind präzis und informativ und beschränken sich auf das, was zum Verständnis der vorgelegten Texte notwendig ist.

Allerdings belegt auch dieser Band, dass die editorische Entscheidung, Schl.s Arbeiten bis 1807 nicht thematisch, sondern bezogen auf ihre Entstehungszeit zu publizieren, nur bedingt überzeugt. Es wäre durchaus sinnvoll gewesen, die Schelling-Rezension den "Universitätsschriften" (KGA I/6) oder die Gutachten zum Kirchenwesen den "Kirchenpolitischen Schriften" (KGA I/9) zuzuordnen. Wer sich mit diesen Texten beschäftigt, wird auf die hier publizierten Texte zurückkommen müssen. Im Übrigen wird das Prinzip, die Texte nach ihrer Entstehungszeit geordnet zu publizieren, nicht durchgehalten. Offenkundig ist die Textzusammenstellung der einzelnen Bände auch an deren Umfang und damit noch an anderen Gesichtspunkten orientiert als den chronologisch-biographischen, die der jeweilige Bandtitel nahe legt.

Im vorliegenden Fall hat das zudem die Folge, dass der wichtige Text der "Grundlinien", der sachlich und biographisch den Wendepunkt zwischen dem Denken des frühen Schl. und den durch seine Publikation mit bedingten Veränderungen in dessen weiterer Karriere markiert, kaum zureichend zur Geltung kommt. Zwar stellt die von E. Herms verfasste "Historische Einführung" (XX-LXXI) eine höchst lesenswerte Studie dar, die der Bedeutung des Textes Rechnung trägt. Doch der hätte es von Umfang und Gewicht verdient, nach 200 Jahren wieder selbständiger und in einem Band unter eigenem Titel wissenschaftlich verfügbar gemacht zu werden.

2. Die editorische Problematik einer Orientierung nicht an thematischen, sondern an chronologischen Gesichtspunkten belegen auch die 1995 erschienenen "Schriften aus der Hallenser Zeit 1804-1807" (KG I/5), die H. Patsch herausgegeben hat. Sie enthalten neben zwei Monographien ("Die Weihnachtsfeier. Ein Gespräch" [1806] und "Über den sogenannten ersten Brief des Paulos an den Timotheos. Ein kritisches Sendschreiben an J. C. Gaß" [1807]) fünf Rezensionen (darunter die große Rezension zu J. G. Fichte: "Die Grundzüge des gegenwärtigen Zeitalters"), von denen vier von W. Dilthey veröffentlicht wurden, während eine Rezension (zu F. S. G. Sack: "Ein Wort der Ermunterung an meine Mitbürger") hier zum ersten Mal seit ihrem Erscheinen 1813 wieder abgedruckt wird. Der Band umfasst aber nicht alle in dieser Zeit entstandenen Schriften Schl.s. Ausgeschlossen sind nicht nur seine Vorlesungsmanuskripte (etwa die Hermeneutik), gedruckte Predigten und die Bände der Platon-Übersetzung aus dieser Zeit, sondern auch die in Halle verfassten, aber erst nach dem Wechsel nach Berlin erschienenen "Gelegentlichen Gedanken über Universitäten in deutschem Sinn", die zusammen mit einer Rezension zum gleichen Thema in den "Universitätsschriften" (KGA I/6) veröffentlicht wurden. Auch die 2. Auflage der Reden "Über die Religion" von 1806 wird nicht hier, sondern in KGA I/12 wiedergegeben.

Die Aufteilung der Texte aus dieser Zeit auf verschiedene Bände zeigt, dass die auf die Etappen von Schl.s Leben bezogene Einteilung der ersten Bände dieser Abt. nur ein oberflächliches Gliederungsprinzip darstellt. Sie stößt deutlich an Grenzen und nötigt zu einer thematischen Wiedergabe des Materials. Die Verteilung der Hallenser Texte auf verschiedene Bände ist so nachvollziehbar, auch wenn die vorgenommene Lösung kein völlig klares Prinzip erkennen lässt und eben nicht nur KGA I/5 Druckschriften aus der Hallenser Zeit enthält. Die "Einleitung des Bandherausgebers" informiert zwar am Anfang über die Aufteilung der Texte (VII-VIII), aber wer sich ein umfassendes Bild über die vom Editor tabellarisch gebotene Übersicht über Publikationen und Arbeiten Schl.s aus dieser Zeit machen will (CXXVII-CXXVIII), muss sich auch innerhalb der I. Abt. auf verschiedene Bände konzentrieren.

In einer überaus gründlichen, monographische Ausmaße annehmenden "Historischen Einführung" informiert der Bandherausgeber über "Schleiermachers literarische Pläne und Unternehmungen 1804-1807" (VIII-XXVIII). K. Nowak hat das gebotene Material für seine Biographie ausgewertet. Die wichtigsten Texte dieses Bandes sind zweifellos die beiden abgedruckten Monographien sowie die Fichte-Rezension Schl.s. Vor besondere editorische Herausforderungen hat dabei die "Weihnachtsfeier" gestellt. Textgrundlage bildet die 1. Auflage von 1806. Deren Seitenzahlen werden am Rand recte angegeben, die der 2. Auflage von 1826 kursiv mit dem Buchstaben B wie auch die - aus druckgeschichtlichen Gründen gebotenen - Seitenangaben der "Sämmtlichen Werke". Textabweichungen der 2. Auflage sowie des Abdrucks der "Sämmtlichen Werke" werden in einem ersten Apparat als Varianten geboten. Die eigentliche editorische Herausforderung war aber, das für diesen Text entscheidende "dichte Netz von Bezügen auf Personen, zeitgenössische Geschehnisse und Gedanken" (L) zu erkennen und zu entschlüsseln. Der Editor konzentriert sich im Sachapparat vernünftigerweise auf diejenigen Bezüge, die sich durch zeitgenössische Äußerungen oder durch Selbstkommentare Schl.s eindeutig klären ließen. Das lässt den Interpreten noch ein weites Feld. Die vom Editor als "Dialognovelle" (L) apostrophierte Schrift war ein - nach dem Urteil der Frühromantiker literarisch misslungenes - Formexperiment, das Schl. aus gutem Grund so nicht fortgesetzt oder wiederholt hat. Gewirkt hat dieses am häufigsten gedruckte Werk Schl.s weniger durch seine Form als durch sein christologisches Thema, auch wenn dieses durch seine Fortführung in den beiden Ausgaben des "Christlichen Glaubens" überdeckt wurde.

Wie die "Weihnachtsfeier" ist auch Schl.s Buch über den 1. Timotheus-Brief ein Formexperiment, nämlich ein über 239 Druckseiten sich hinziehender Brief an J. C. Gaß. Der kaum strukturierte Text stellt an die Leser beträchtliche Konzentrationsanforderungen, und dem Editor ist für seinen Gliederungsvorschlag zu danken (XCVI). Anders als mit der "Weihnachtsfeier" hat Schl. mit diesem Text aber Wissenschaftsgeschichte geschrieben. Das gilt sowohl formal für die erstmals konsequent vorgenommene Anwendung der zunächst an den Werken Platons erprobten inneren bzw. "höheren" Kritik auf einen neutestamentlichen Text als auch inhaltlich für die Entdeckung des Deuteropaulinismus im Neuen Testament. Schl. argumentiert konsequent nicht von den altkirchlichen Zeugnissen her, sondern hält sich an linguistische Beobachtungen (Hapaxlegomena) und briefvergleichende Studien, um seine These von der nichtpaulinischen Verfasserschaft dieses Briefes zu erhärten. Auch wenn sich diese Argumente in der sich anschließenden wissenschaftlichen Diskussion nicht in jeder Hinsicht als haltbar erwiesen haben, ist Schl.s Ansatz in der von Johann Gottfried Eichhorn in seiner "Einleitung in das Neue Testament" (1812) gegebenen radikalisierten Form bis in die Gegenwart virulent geblieben.

Mit am folgenreichsten für Schl. selbst war seine umfangreiche kritische Fichte-Rezension von 1807. Fichte war ihm durch die Grundzüge, wie er sagte, "so ekelhaft geworden", dass er Weiteres von ihm nicht lesen mochte (Brief an Friedrich von Raumer, in: Lebenserinnerungen und Briefwechsel, Bd. 1, Leipzig 1861, 84). Fichte blieb der Verfasser der anonym veröffentlichten Rezension nicht unbekannt. "Die spätere Gegnerschaft der beiden Männer an der Universität Berlin", so meint der Editor mit Recht, "hat ihren Grund auch in der Rezension der Grundzüge durch Schl. und deren Rezeption durch Fichte" (LXXXVII). Die kritische Edition des Textes belegt, dass Fichtes Verärgerung nicht ganz unberechtigt war. Nur selten genügen Schl.s "Zitatmontagen und Anspielungen aus gänzlich verschiedenen Zusammenhängen und Gedankenreihen" heute üblichen Standards (LXXXVIII). Gerade deshalb ist dieser Text weniger für das Verständnis Fichtes, sondern vor allem für das von Schl.s Verhältnis zu Fichte ein wichtiges Dokument.

Zwar ist die "Historische Einführung" überlang geraten, die Texte selbst aber sind vorzüglich ediert. Schreibweisen und Zeichensetzung der Originaldrucke werden beibehalten, nur offensichtliche Druckfehler korrigiert und im textkritischen Apparat nachgewiesen (CXXIX). Beigegeben ist dem Band neben dem übl

3. Der von D. Schmid edierte Band "Universitätsschriften. Herakleitos. Kurze Darstellung des theologischen Studiums" (KGA I/6) eröffnet die Publikation der Schriften und Entwürfe Schl.s aus der Berliner Zeit von 1807 bis 1834 in der I. Abt. Der Band enthält unter dem Titel "Universitätsschriften" zwei Rezensionen Schl.s von 1807 ("Zwey Schreiben die Errichtung einer akademischen Lehranstalt in Berlin betreffend") und 1808 ("Sendschreiben an Herrn G. S. über die Verlegung der Universität Halle nach Berlin und Soll in Berlin eine Universität seyn?") und seinen eigenen Beitrag zur bildungspolitischen Diskussion dieser Jahre "Gelegentliche Gedanken über Universitäten in deutschem Sinn" von 1808. Nicht nur seine Gliederungsüberlegungen (Schulen, Universitäten, Akademien), sondern auch seine Beschreibungen der zentralen universitären Konfliktfelder oder sein Hinweis, "die natürliche Richtung der Universitäten" müsse dahin gehen, "den allmählig vorherrschend gewordenen Einfluß des Staates wieder in seine natürlichen Grenzen zurückzuweisen" (66 f.), machen diesen Text bis in die gegenwärtigen Debatten hinein zu einer lohnenden Lektüre.

Das gilt in anderer Weise auch für die zweite wichtige Schrift dieses Bandes "Herakleitos der dunkle, von Ephesos" (1808). Diese umfangreiche altphilologische Studie, die innerhalb Schl.s uvre singulär dasteht, dürfte auf die Bekanntschaft mit seinem einstigen Lehrer und Hallenser Kollegen Chr. W. Fr. A. Wolf zurückgehen. Sie wurde noch in Halle begonnen und hat mit ihrer Methode detaillierter historischer Rekonstruktion auf dem Weg der philologischen Kritik Maßstäbe für die historische Erforschung der Vorsokratiker gesetzt.

Die wohl gewichtigsten Texte dieses Bandes sind aber die beiden von Schl. selbst veranstalteten Auflagen seiner theologischen Enzyklopädie "Kurze Darstellung des theologischen Studiums" von 1811 und 1830. Erstmals seit dem Urdruck wird auch die 1. Auflage der "Kurzen Darstellung" wieder verfügbar gemacht, überhaupt zum ersten Mal gedruckt werden Schl.s handschriftliche Marginalien aus seinem Handexemplar der 2. Auflage. Die "Historische Einführung" des Editors legt umsichtig in der Konzentration auf das Wichtigste und unter Berücksichtigung wesentlicher Linien der zeitgenössischen Diskussion den Entstehungsprozess und die Wirkungsgeschichte dieser Schrift dar, über deren Thematik Schl. zwischen 1804/5 und 1831/32 elf Mal gelesen hat. In diesem Band wurde (anders als in einigen anderen) vom Editor erfolgreich der Versuchung widerstanden, die Historische Einführung zur historischen Monographie werden zu lassen. Auch in dieser Hinsicht ist der Band vorbildlich ediert. Besondere editorische Herausforderungen stellten sich nicht nur beim "Herakleitos", da der Wortlaut der von Schl. benutzten Ausgaben mit den heutigen oft nicht übereinstimmt (die Differenzen werden im Apparat jeweils notiert). Auch die beiden Fassungen der "Kurzen Darstellung" nötigten zu besonderen Entscheidungen. So wurde neben dem textkritischen Apparat und dem Sachapparat beiden Auflagen noch ein Verweisungsapparat beigegeben, der auf die entsprechenden Paragraphen der anderen Auflage hinweist und die Arbeit mit beiden Texten erheblich erleichtert. Deutlich verschieden ist der Sachapparat beider Texte gestaltet.

Angesichts der vielen enigmatischen Anspielungen der oft aphoristisch knapp formulierten Erstauflage hätte es nahe liegen können, einen sehr ausführlichen Sachapparat zu bieten, um die Anspielungen Schl.s aufzuschlüsseln. Der Editor wählt den umgekehrten Weg. Er erläutert eigentlich nur zwei Stellen etwas ausführlicher (279.297) und achtet konsequent darauf, die Differenz zwischen editorischer Sacherläuterung und historischer Interpretation bzw. Kommentierung nicht zu verwischen. Ausführlicher dagegen ist der Sachapparat zur 2. Auflage, deren Text genauer ausformuliert ist und daher auch stärkeren Anlass bietet, ausdrücklich angesprochene Sachverhalte knapp zu erläutern. Über diese und weitere Entscheidungen informiert der "Editorische Bericht" (LXXXI-LXXXIX). Insgesamt ist es in diesem Band exemplarisch gelungen, Schl.s Texte editorisch so zu präsentieren, dass den Lesern die nötigen Informationen und Hilfsmittel zum Verständnis der Texte zur Verfügung gestellt werden, ohne ihnen die Arbeit der Interpretation abzunehmen oder ihre Auslegung inhaltlich zu bevormunden. Man wird künftig bei der Beschäftigung mit der "Kurzen Darstellung" auf keine andere Edition mehr zurückgreifen wollen. Es ist daher zu begrüßen, dass die beiden Auflagen der "Kurzen Darstellung" separat als Studientext veröffentlicht und damit einem breiteren Kreis zu erschwinglichem Preis zugänglich gemacht wurden: Fr. Schleiermacher, Kurze Darstellung des theologischen Studiums zum Behuf einleitender Vorlesungen (1811/1830), hrsg. v. D. Schmid, Berlin: de Gruyter 2002.

4. H. Patsch und D. Schmid haben auch den Band "Exegetische Schriften" (KGA I/8) ediert. Er enthält mit Ausnahme der schon in Halle entstandenen Monographie über den Ersten Timotheusbrief (KGA I/5) alle exegetischen Werke, die Schl. selbst zum Druck befördert hat. H. Patsch ist für die Bearbeitung der Monographie "Ueber die Schriften des Lukas ein kritischer Versuch. Erster Theil" (1817) und die bislang unbekannte und hier erstmals veröffentlichte "Einleitung in den geplanten zweiten Teil über die Schriften des Lukas (Über die Apostelgeschichte)" verantwortlich, D. Schmid für die Edition der beiden wissenschaftlichen Aufsätze "Über Kolosser 1,15-20" und "Über die Zeugnisse des Papias von unsern beiden ersten Evangelien".

Auch dieser Band besticht durch die sachbezogene und ausgewogene Einleitung der Bandherausgeber. Ihre "Historische Einführung" zeichnet nicht nur die Entstehung und die Rezeption der Texte anhand von Rezensionen, Auseinandersetzungen, Übersetzungen und Nachdrucken nach, sondern loziert sie auch in der zeitgenössischen Fachdiskussion. Dabei wird nicht nur deutlich, wie direkt diese Texte aus Schl.s exegetischen Vorlesungen heraus erwachsen sind, sondern auch, wie gezielt dieser damit in bestimmte aktuelle Diskussionen eingriff. Die Widmung seiner Lukas-Monographie an de Wette etwa, um nur ein Beispiel zu nennen, war der Versuch, diesen ihm nicht besonders nahe stehenden Kollegen gegen die gegen ihn gerichteten Vorwürfe der "Irrlehre" und der damit drohenden Entlassung aus dem Lehramt zu verteidigen und gegenüber König, Innenministerium und Öffentlichkeit für die Freiheit der wissenschaftlichen Forschung einzutreten. Sachlich setzt Schl. in dieser Schrift den gegensätzlichen Entstehungs- und Abhängigkeitstheorien der Evangelien von J. G. Eichhorn und J. L. Hug die durchgeführte These entgegen, die Kritik der einzelnen Evangelien müsse abgeschlossen sein, ehe ein Vergleich sinnvoll sein könne. Deshalb untersucht er das Lukas-Evangelium für sich und ist dabei mehr am Verhältnis dieses Evangeliums zur Apostelgeschichte desselben Autors als am Vergleich mit den anderen Evangelien interessiert. Ehe man einen Autor mit einem anderen vergleicht, sollte man verschiedene Werke eines Autors untersuchen. So war er bei Paulus und Platon vorgegangen, und so konnte er unter allen Evangelien allein auch bei Lukas vorgehen. In seiner Schrift versteht er Lukas allerdings nicht als eigenständigen Theologen, sondern als einen Sammler und Ordner vorgegebener Einzeltraditionen. Sein Ansatz ist als Fragmenten- oder Diegesenhypothese in die Forschungsgeschichte eingegangen und ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur späteren Zwei-Quellen-Theorie, ohne diese selbst erreicht zu haben. Schl.s Lukas-Projekt sah zwei weitere Bände vor: Die Weiterführung der Analyse auf die Apostelgeschichte, deren Einleitung, vermutlich vom Sommer 1817, jetzt erstmals gedruckt wird, und ein dritter Band, in dem er die am 1. Timotheusbrief erprobte philologische Methode auf die Sprache der Lukasschriften anwenden wollte. Dass er Lukas dabei in viel deutlicherer Weise auch als eigenständigen Theologen in den Blick bekommen hätte, dürfte zu vermuten sein.

Die beiden von D. Schmid edierten Aufsätze Schl.s erschienen 1832 in "Theologische Studien und Kritiken", dem Organ der Vermittlungstheologie. Der Aufsatz über Kol 1,15-20 (195-226) widmet diesem Text erstmals überhaupt eine eigenständige Abhandlung und macht hermeneutisch vor allem auf den parallelen Aufbau des Textes aufmerksam. Der Aufsatz "Ueber die Zeugnisse des Papias von unsern beiden ersten Evangelien" (227-254) ist der neben der Lukas-Monographie zweite wichtige Beitrag Schl.s zur Frage der Entstehung der neutestamtlichen Evangelien. Insgesamt bieten die in diesem Band publizierten und von den Herausgebern hervorragend eingeleiteten Texte den Kernbestand dessen, was Schl. zur Evangelienexegese publiziert hat. Da die Publikation seiner umfänglichen exegetischen Vorlesungen aus dem Nachlass noch vermutlich lange Zeit auf sich warten lassen wird, liegt damit der bis auf weiteres maßgebliche Band zur Beurteilung seiner Evangelienbeiträge vor.

5. Eine Fundgrube lesenswerter Texte zu kirchlichen Struktur- und Ordnungsfragen bietet der von G. Meckenstock unter Mitwirkung von H.-F. Traulsen edierte Band "Kirchenpolitische Schriften" (KGA I/9). Schon in seinen Reden "Über die Religion" hatte Schl. sich für die strikte Unabhängigkeit der Kirche vom Staat ausgesprochen, und während seiner Stolper Zeit hatte er sich anonym in die kirchliche Reformdebatte eingeschaltet (vgl. KGA I/4, 359 ff.). Kirchenpolitisch wirksam wurde er damit noch nicht. Das änderte sich in seiner Berliner Zeit. Seine hier versammelten Schriften und Entwürfe von 1808-1830 zeigen, wie engagiert sich Schl. an den Debatten um die staatliche Kirchenpolitik und die kirchlichen Reformbemühungen (Kirchenunion, Kirchenverfassung, Gottesdienstreform) beteiligt hat.

Zum Abdruck kommen neun Druckschriften und elf Manuskripte. Eine Druckschrift wurde erst bei der Arbeit an diesem Band wieder entdeckt ("Ordnung bei den Verhandlungen der Synode" [1818]), vier Manuskripte werden hier zum ersten Mal überhaupt veröffentlicht ("Reskript an die Geistlichen und Schuldeputationen sowie an die Universitäten [Entwurf vom 2. Januar 1813]"; "Notizen zur Anleitung zum Entwurf der Kirchenordnung" [1818]; "Zur Agende" [1825]; "Entwurf zum Memorandum"). Die ursprünglich zum Teil anonym erschienenen Texte spiegeln deutlich die Schwerpunkte von Schl.s kirchenpolitischen Aktivitäten: Es geht um die Rechtsstrukturen der evangelischen Konfessionskirchen ("Vorschlag zu einer neuen Verfassung der protestantischen Kirche für den preußischen Staat vom 18. November 1808"), um die Einführung einer Synodalverfassung ("Synodalordnung für die protestantischen Geistlichen in sämtlichen Provinzen", "Ordnung bey den Verhandlungen der Synode"), um die Union der beiden protestantischen Konfessionskirchen ("Amtliche Erklärung der Berliner Synode über die am 30. October von ihr zu haltende Abendmahlsfeier"; "An die Mitglieder beider zur Dreifaltigkeitskirche gehörigen Gemeinden"), um die preußische Kirchenagende ("Zur Agende", "Erklärung des Unterzeichneten vom 13. September 1825 wegen der Agende", "Memorandum der zwölf unterschriebenen Berliner Prediger vom 1. März 1826 an den König Friedrich Wilhelm III.") und immer wieder um Maßnahmen zur Belebung der Frömmigkeit (Liturgiereform, Katechismus, Gesangbuch).

In einer bemerkenswerten, 1824 pseudonym unter dem Namen Pacificus Sincerus publizierten Schrift "Ueber das liturgische Recht evangelischer Landesfürsten" bestreitet Schl. energisch das Recht des Königs, liturgische Festsetzungen vorzunehmen. Als Friedrich Wilhelm III. selbst anonym unter Berufung auf die Autorität Luthers in den sich hinziehenden Agendenstreit eingriff, antwortete Schl. ebenfalls anonym mit satirischer Polemik in einem "Gespräch zweier selbst überlegender evangelischen Christen". Die 1829 erfolgte Einführung einer modifizierten einheitlichen Agende in allen Berliner Kirchen konnte das nicht aufhalten. Beide Schriften machen aber in nach wie vor lesenswerter Weise die theologischen Gründe für eine strikte Unabhängigkeit der Kirche vom Staat deutlich.

6. Neben den "Kirchenpolitischen Schriften" dokumentieren die von M. Rössler unter Mitwirkung von L. Emersleben edierten "Akademievorträge" (KGA I/11) einen weiteren wichtigen Bereich von Schl.s wissenschaftlicher Arbeit während der Berliner Zeit. Am 7. April 1810 wurde er als ordentliches Mitglied in die Königlich-Preußische Akademie der Wissenschaften zu Berlin aufgenommen, zunächst in die philosophische Klasse (damit war das Recht verbunden, an der philosophischen Fakultät der Universität Berlin Vorlesungen zu halten), ab November 1812 auch in die historisch-philologische Klasse. Schl. war maßgeblich an der wissenschaftlichen Reorganisation der Akademie beteiligt und bis zu seinem Lebensende auf mannigfaltige Weise in ihr tätig: als langjähriger Sekretär in der Selbstverwaltung und Leitung der Akademie, durch regelmäßige Vortragstätigkeit in den Klassensitzungen und öffentlichen Sitzungen der Akademie, durch seine Mitarbeit an verschiedenen Langzeitprojekten - dem (später so genannten) Corpus inscriptionum Graecarum oder der von ihm angeregten Aristoteles-Ausgabe. Wie kein anderer nach Leibniz hat er die Struktur und Arbeit der Akademie geprägt und in der philosophischen und philologischen Klasse in den Jahren 1810-1834 "der Akademie den Stempel seines Geistes aufgedrückt".6

Der umfangreiche Band versammelt alle 53 erhaltenen wissenschaftlichen Abhandlungen, Eröffnungsreden und Klassenberichte für die öffentlichen Sitzungen, die Schl. als Mitglied und Sekretär der Akademie zwischen 1810 und 1834 gehalten hat. Von den 27 wissenschaftlichen Abhandlungen und 26 Reden werden sechs hier erstmals veröffentlicht, nämlich Nr. 15: "Über die Todesfurcht" (1818); verschiedene Berichte über die Preisaufgaben der philosophischen Klasse (Nr. 19 [1819]; Nr. 22 [1822]; Nr. 36 [1827]); Nr. 49: "Antwort an Herrn Ritter" (1832) und Nr. 50: "Anrede an Herrn Eichhorn" (1832). Nicht "alle von ihm gehaltenen Vorträge (XXIX: nicht "Vorträgen") konnten allerdings gefunden werden. Mindestens zehn weitere sind in den Sitzungsprotokollen erwähnt (sie werden vom Herausgeber XXIX f. aufgelistet). Sie beschäftigen sich alle mit Themen der griechischen Philosophie, die auch sonst einen Schwerpunkt seiner Vortragstätigkeit bilden: Diogenes von Apollonia (Nr. 2); Anaximander (Nr. 3); Demokrit (Nr. 7); Sokrates (Nr. 10); Aristoteles (Nr. 11; 14); Hippon (Nr. 18); Platon (Nr. 29; 33). Besonders hervorzuheben sind daraus seine Sokrates-Studie (Nr. 10: "Über den Wert des Sokrates als Philosophen"), die bis heute als Klassiker der Sokrates-Deutung gelten kann, sowie seine kritischen Analysen der Eudemischen Ethik des Aristoteles (Nr. 14 u. 14a: "Über die ethischen Werke des Aristoteles"), mit der die moderne wissenschaftliche Diskussion der aristotelischen Ethik eingeleitet wird.

Einen zweiten Schwerpunkt bilden die staatspolitischen Untersuchungen (Nr. 5: "Über die Begriffe der verschiedenen Staatsformen"; Nr. 6: "Über den Beruf des Staates zur Erziehung"; Nr. 13: "Über die Auswanderungsverbote"; Nr. 20: "Über die verschiedene Gestaltung der Staatsverteidigung"), die als Begleittexte zu seiner politischen Arbeit im Departement für Cultus und öffentlichen Unterricht und zu seinen Vorlesungen über die Lehre vom Staat zu verstehen sind.

Von besonderem Gewicht ist ein dritter Komplex: die sechs Ethik-Abhandlungen, die Schl. selbst als Ersatz für seine nie veröffentlichte Ethik verstanden und entsprechend systematisch angelegt hat: Nr. 16: "Über die wissenschaftliche Behandlung des Tugendbegriffes"; Nr. 26: "Versuch über die wissenschaftliche Behandlung des Pflichtbegriffes"; Nr. 27: "Über den Unterschied zwischen Naturgesetz und Sittengesetz"; Nr. 31: "Über den Begriff des Erlaubten"; Nr. 34 und 43: zwei Abhandlungen "Über den Begriff des höchsten Gutes". Dass diese Texte im Zusammenhang zur Kenntnis zu nehmen sind, zeigt sich u. a. daran, dass sie explizit aneinander anknüpfen. Mit ihnen liegt die deutlichste Gestalt von Schl.s Ethik vor, die er selbst zum Druck befördert hat.

Eine letzte und wichtige Gruppe bilden die Abhandlungen zur Hermeneutik und zur Kunst: Nr. 4: "Über die verschiedenen Methoden des Übersetzens"; Nr. 40 und Nr. 41: die beiden Abhandlungen "Über den Begriff der Hermeneutik"; Nr. 42: "Über den Begriff und Einteilung der philologischen Kritik"; und Nr. 47, 51 und 52: die drei Abhandlungen "Über den Umfang des Begriffs der Kunst in Bezug auf die Theorie derselben". Mit ihnen liegen auch hier die maßgeblichen Texte zu Schl.s Hermeneutik und Kunsttheorie vor, die er wissenschaftlich zur Diskussion gestellt hat.

Von eher historischem und biographischem Interesse sind die Reden, die Schl. anlässlich der öffentlichen Sitzungen der Akademie, der Berichte über ausgeschriebene Preisaufgaben, der Begrüßung neuer Mitglieder und des Gedenkens an Verstorbene zu halten hatte. Sie dokumentieren auch den rhetorischen Stil Schl.s und sollten im Blick darauf im Vergleich mit seinen Predigten und sonstigen Reden einmal wissenschaftlich ausgewertet werden.

Auch dieser Band wird durch eine ausgezeichnete Einleitung des Editors eröffnet. Anders als sonst informiert die "Historische Einführung" aber nicht chronologisch über die edierten Texte, sondern wählt ein anderes Darstellungsverfahren. In einem ersten Teil wird in knappen Zügen Schl.s Verhältnis zur Akademie der Wissenschaften im Allgemeinen dargestellt (XII- XX), um den Kontext seiner Abhandlungen und Reden zu verdeutlichen. In einem zweiten Teil (XX-LXXV) werden die Vorträge in drei Gruppen vorgestellt, zunächst seine wissenschaftlichen Abhandlungen, dann seine Gelegenheitsreden bei öffentlichen Sitzungen und schließlich seine Präsentationen der Preisaufgaben und der darauf eingegangenen Antworten. In jeder dieser drei Abteilungen wird unterschieden zwischen den Texten, die Schl. selbst zur Drucklegung befördert hat, den Texten, bei denen nur ein Manuskript erhalten ist, und den Texten, für die weder das eine noch das andere gilt. Die Beschreibung der Texte folgt also nicht der chronologischen Ordnung, in der sie abgedruckt sind. Das ist nicht nur angesichts des unterschiedlichen Charakters dieser Texte sinnvoll, sondern auch angesichts der begründeten Entscheidung des Herausgebers, die Texte nach dem Vortragsdatum abzudrucken, auch wenn sie erst später publiziert wurden oder die endgültige Textgestalt erst zu einem späteren Zeitpunkt entstanden ist. Die übrigen Beigaben des Bandes (Editorischer Bericht, Verzeichnisse, Register) folgen dem bekannten Muster und sind auf dem hohen Niveau der übrigen Bände. Ob das Bibelstellenregister (833) in diesem Fall nötig gewesen wäre, kann man sich allerdings fragen.

7. 1984 in KGA I/2, 185-326 hatte G. Meckenstock die 1. Auflage von Schl.s Reden "Über die Religion",7 1988 in KGA I/3, 1-61 die der "Monologen" veröffentlicht. Sieben Jahre später hat er 1995 in KGA I/12 beide Druckschriften in der Letztfassung der jeweils 4. Auflage vorgelegt. Die jeweils abweichenden Lesarten der 2. und 3. Auflage sind in einem Variantenapparat mitgeteilt, so dass jetzt alle Druckfassungen dieser beiden wichtigen Schriften Schl.s lückenlos dokumentiert sind. Die editorische Entscheidung, die erste Fassung der Reden und der Monologen gesondert zu veröffentlichen, hatte seinerseits kritische Rückfragen ausgelöst (vgl. M. Trowitzsch, Göttingische Gelehrte Anzeigen 234 [1982], 297-305). Doch die jetzt vorliegende Lösung überzeugt - jedenfalls unter Voraussetzung der ihrerseits nicht unproblematischen editorischen Grundentscheidung, die Schriften der I. Abt. bis zu Beginn der (zweiten) Berliner Zeit in biographisch-chronologischer (KGA I/1-5), danach in thematischer Zusammenstellung zu publizieren. Beide Schriften haben nicht nur in der 1. Auflage verbreitet gewirkt (vor allem im 20. Jh.), so dass es gut ist, diese Texte in kritischer Edition verfügbar zu haben. Beide wurden auch von Schl. selbst in der 2. und 3. Auflage so stark (in der 4. Auflage dann nur noch geringfügig) umgearbeitet, dass sie nicht - oder jedenfalls nicht ohne komplizierte Apparate - als einheitlicher Text hätten präsentiert werden können. Indem die KGA die Erst- und die Letztfassung als Referenztexte bietet, gelingt es, diese für die Entwicklung von Schl.s Theologie so bedeutenden Texte nicht nur in jeweils definitiver Gestalt und bestens lesbarer Form, sondern auch unter kritischer Berücksichtigung der ganzen Variantenbreite zu präsentieren.

Besonders hinzuweisen ist auf die gelungene "Historische Einführung" des Editors. Während über die "Monologen" nur Knappes zu berichten ist (LXIII-LXIX), u. a. da für die 3. und 4. Auflage keine eigenen Rezensionen vorliegen, fällt der Bericht über die "Reden" umfangreich aus (VIII-LXIII). Meckenstock hebt nicht nur die wichtigsten Akzentverlagerungen der 2. Auflage von 1806 gegenüber der Erstfassung der Reden pointiert heraus - die Neufassung der Wesensbestimmung der Religion (XIX), das Zurücktreten zentraler Leitbegriffe ("Anschauen des Universums") zu Gunsten des Gottes- und Gefühlsbegriffs (XX), die Fortbestimmung der Duplizität von Metaphysik und Moral in der 1. Auflage zur Entfaltung des Grundgegensatzes des Theoretischen (in der Wissenschaft des Seins und des Sollens) und des Praktischen (in Leben und Kunst) in der 2. Auflage (XXI f.). Er weist auch im Blick auf die 3. Auflage darauf hin, dass Schl.s 1821 beigefügte Erläuterungen nicht mehr primär rhetorisch, sondern wissenschaftlich-argumentativ sind und deutlich unter dem Einfluss der parallel erfolgenden Ausarbeitung des zweiten Teils seiner Glaubenslehre stehen (XXIII ff.). Und er bietet eine ausführliche Darstellung der kontroversen Rezeption der "Reden" im 19. Jh., die von begeisterter Zustimmung bis zur Polemik und Schmähung reicht (XXVI-LXIII).

Auch dieser Band ist perfekt ediert und mit seinen klar gestalteten Apparaten erfreulich leserfreundlich. Die Titelblätter der Letztfassungen der beiden Schriften sind jeweils auf der Rückseite der edierten Titelseite im Faksimile wiedergegeben. Und schließlich sind zwei Karikaturen in sechs Abbildungen bzw. Ausschnitten beigefügt (LXXIV-LXXIX), die dem Band einen besonderen Reiz verleihen.

8. Die Kritische Gesamtausgabe war 1980 mit dem von H. Peiter edierten Musterband der Erstausgabe der "Glaubenslehre" von 1821/22 eröffnet worden (KGA I/7.1 u. 2), der seit 1984 auch als Studienausgabe verfügbar ist (Fr. Schleiermacher, Der christliche Glaube 1821/22. Studienausgabe, hrsg. v. H. Peiter, Berlin: de Gruyter 1984). Als letzter großer Text der I. Abt. ist 2003 der von R. Schäfer herausgegebene Doppelband der 2.Auflage 1830/31 von Schl.s Glaubenslehre erschienen (KGA I/13.1 u. 2). Damit liegt die definitive Ausgabe des theologischen Werkes vor, das Schl. selbst als die Summe seiner Theologie verstand. Vor allem ihm verdankt sich sein Ruhm als Kirchenvater des 19. Jh.s, gerade an ihm macht sich aber auch immer wieder die Kritik an seiner Theologie fest.

Die von R. Schäfer kompetent edierte und eingeleitete Ausgabe hat aus mehreren Gründen besondere Bedeutung. Zum einen legt sie gegenüber der 7. Auflage der Glaubenslehre von M. Redeker, die noch 1999 unverändert nachgedruckt wurde, durchgehend den Text des Originaldrucks von 1830 (Bd. 1) bzw. 1831 (Bd. 2) zu Grunde. Sie präsentiert damit nicht nur die ursprüngliche Schreibweise vieler Wörter, die in späteren Ausgaben aktualisiert wurden und zu Bindestrichungetümen wie "Sich-seiner-selbst-als-in-Beziehung-mit-Gott-bewußt-Sein" geführt haben, die manche mit Schl.s Stil verwechselt haben. Sie bietet vor allem auch durchgängig die Interpunktion des Originaltextes und verabschiedet sich so von den zum Teil stark interpretierenden Eingriffen der Redeker-Ausgabe in die bekanntlich sparsame und keinen klaren Regeln folgende Zeichen- und insbesondere Kommasetzung Schl.s. Allerdings weicht die Textgestalt des Drucks, an die sich die neue Ausgabe konsequent hält, ihrerseits von der Interpunktion von Schl.s Manuskript mannigfach ab - offenkundig hatte der Setzer seine eigenen, ihrerseits nicht klar geregelten Vorstellungen von Zeichensetzung. Die Interpretation wird das zu beachten haben, und die im textkritischen Apparat präzis dokumentierte Interpunktion des Manuskripts bietet dabei eine unerlässliche Hilfestellung.

Denn - und das ist das Zweite - der hier abgedruckte Text konnte durchgängig mit Schl.s erst 1980 im Archiv des Verlags de Gruyter (als Rechtsnachfolger des Verlags von Georg Reimer) wieder aufgefundenem eigenhändigen Manuskript der 2. Auflage der "Glaubenslehre" verglichen werden. Dieses ist zwar nicht vollständig erhalten: Vom Manuskript des ersten Bands, das ursprünglich 60 Blatt im Quartformat umfasste, fehlen 16 Seiten, und auch von den 71 Blatt des zweiten Bandes liegen im Verlagsarchiv nur noch 55 Blatt vor - über das Manuskript und die fehlenden Abschnitte wird in der Einleitung des Bandherausgebers informiert (XXXIX-XLV). Aber das vorliegende Material erlaubte doch, einen Text zu erstellen, der allen bekannten Fassungen gegenüber klar überlegen ist und manche Konjekturen früherer Ausgaben bestätigt bzw. überflüssig macht. Es werden daher nur noch die Konjekturen von Clemen, Wehrung und Kaftan mitgeteilt, die Letzteren nach dem Handexemplar von Georg Wehrung, das im Besitz der Schleiermacher-Forschungsstelle der Universität Kiel ist (LXXXIII).

Um nur einige der Präzisierungen und Korrekturen aus den ersten Paragraphen der "Glaubenslehre" anzudeuten, die auf das Manuskript zurückgehen: In 3.5 spricht der Text nicht von solchen, "die Frömmigkeit nur beschreiben als ein Handlungen erzeugendes Wissen" (Redeker, 23), sondern "die Frömmigkeit nun beschreiben als ein Handlungen erzeugendes Wissen" (KGA I/13.1, 31,14 f.): Es wird keine Einschränkung, sondern eine Folgerung genannt. In 4.1 beginnt die Erklärung des Leitsatzes nicht "In keinem wirklichen Bewußtsein ..." (Redeker, 24), sondern, wie schon öfter vermutet wurde, "In keinem wirklichen Selbstbewußtsein ..." (KGA I/13.1, 33,6).

Wenig später kann die bisher unverständliche Aussage über das Selbstbewusstsein, es "könnte jedes nur Selbsttätigkeit aussagen" (Redeker, 24) korrigiert werden in die verständliche Folgerung "dann könnte es also nur Selbstthätigkeit aussagen" (KGA I/13.1, 34,11 f.). Noch wichtiger ist die in 4.2 mitgeteilte Korrektur, dass das Abhängigkeitsgefühl nicht dann erhebend sein kann, "wenn das mitausgesagte Sogewordensein sich als ein vollkommenes ankündigt" (Redeker, 26), sondern wenn es sich "als ein wilkommnes ankündigt" (KGA I/13.2, 35,18 f.) - ein zweifellos überzeugenderes Argument. Im Zusatz von 5 geht es nicht um "die höchste Stärke" (Redeker, 41), sondern um "die höchste Stuffe des gegenständlichen Bewusstseins" (KGA I/13.1, 52,24-53,1). Und in 10.2 wird nicht davon geredet, dass "in jeder wirklich eigentümlichen frommen Gemeinschaft das Selbstbewusstsein" (Redeker, 67), sondern "das Gottesbewußtsein selbst ein anders bestimmtes sein muß" (KGA I/13.1, 84,15). Diese und weitere Korrekturen tragen erheblich zu einem korrekten Verständnis der Argumentation Schl.s bei. Welchen Schwierigkeiten sich Setzer und Editoren angesichts des nicht einfach zu lesenden Manuskripts Schl.s gegenübersahen, dokumentieren sechs Faksimileseiten, die den beiden Bänden beigegeben sind (I/13.1, 6.10.198.300; I/13.2, 6.588). Die (soweit sich das anhand dieser Beispiele prüfen lässt) Sorgfalt der Lektüre und die Präzision des textkritischen Apparats bestätigen die Qualität der jetzt vorliegenden Textausgabe.

Neben dem textkritischen Apparat, der die Ergänzungen, Streichungen und Korrekturen aus dem Manuskript dokumentiert, werden als Apparat H im ersten Band die 1873 durch Carl Thönes veröffentlichten Randbemerkungen aus dem Handexemplar Schl.s wiedergegeben, die aus dessen letzter Vorlesung über den ersten Band der Glaubenslehre im Sommersemester 1830 stammen (das Handexemplar ist heute verschollen). Und schließlich bietet ein Sachapparat neben den üblichen knappen Informationen zu Bibelstellen, Kirchenväterzitaten und Anspielungen in den 1-13 Erläuterungen aus der einzigen bisher bekannten Kollegnachschrift der Vorlesung von 1830 aus der Feder von Johann Heinrich Wichern. Diese wird hier nur zitiert, nicht kritisch ediert - das ist für eine spätere Dokumentation der Dogmatikvorlesungen vorgesehen.

Die "Historische Einführung" des Herausgebers informiert detailliert über den schwierigen und langwierigen Prozess, in dem Schl. seine Glaubenslehre von Grund auf umgestaltete, nicht um seinen Ansatz zu korrigieren, sondern um ihn verständlicher, und das heißt vor allem: weniger missverständlich zu machen. Der Stoff der 190 Paragraphen der 1. Auflage wurde so in 172 Paragraphen umgegossen und vor allem im Einleitungsteil ganz neu angeordnet. Im Anhang von KGA I/13.2 wird eine Synopse der Leitsätze beider Auflagen geboten (533-587), die anders als die bei Redeker abgedruckte Synopse nicht die 1., sondern die 2. Auflage als Referenztext bietet (auf der linken Seite) und dieser die Leitsätze der 1. Auflage (auf der rechten Seite) zuordnet. Damit wird der Blick von der Endfassung auf die Erstfassung gerichtet und die Frage ins Zentrum gestellt, "wie es zu dieser neuen Disposition und zu diesen neuen Formulierungen gekommen ist" (KGA I/13.2, 533). Die umgekehrte Blick- und Fragerichtung hat allerdings auch ihre Pointen. Es legt sich daher nahe, bei der Arbeit mit dem Text beide Synopsen zu verwenden, da beide auf je ihre Weise aufschlussreiche Beobachtungen zu machen erlauben.

Auch wenn es sehr zurückhaltend geschieht, gibt R. Schäfer in seiner Einführung eine Reihe bedenkenswerter Hinweise zur Lektüre und Interpretation von Schl.s opus magnum. Mit Recht wird daran erinnert, dass Schl. vor allem einen Leitfaden für seinen Dogmatikunterricht schreiben wollte, das Werk also gewissermaßen aus zwei Texten besteht: zum einen aus den Leitsätzen, die einen Leitfaden bilden, der relativ eigenständig ist und aus sich selbst verstehbar sein sollte - analog zu den "Hauptsätzen" der "Kurzen Darstellung", die in den Vorlesungen erläutert wurden; zum anderen aus den Erläuterungen, die die Paragraphenleitsätze interpretieren und gewissermaßen der Vorlesungsersatz für nicht anwesende Leser sind. Das ganze Werk ist in Form und Inhalt eng mit den Dogmatikvorlesungen Schl.s verbunden, die er zwischen 1804/05 und 1830 13 Mal hielt. Aber es ist auch deutlich, dass den Leitsätzen größeres Gewicht zukommt als den Erläuterungen. Auch wer diese für unbefriedigend hält, wird sich theologisch immer noch mit den Leitsätzen auseinander zu setzen haben.

Inhaltlich ruft R. Schäfer den doppelten Ausgangspunkt von Schl.s theologischem Denken in Erinnerung. Negativ setzt Schl. Kants Kritik an jeder objektiven Erkenntnis Gottes voraus, die es für ihn unmöglich machte, Dogmatik als Darlegung objektiver Gotteserkenntnis zu verstehen. Positiv dagegen baut er auf der Einsicht auf, dass die Alternative von Wissen und Moral, Denken und Wollen abstrakt und unzulänglich ist und über eine dritte Größe vermittelt sein muss. Anders als seine spekulativen Zeitgenossen sah er diese Vermittlung aber nicht in einem höheren Wissen oder spekulativen Begriff, sondern im "Gefühl" oder "unmittelbaren Selbstbewusstsein", das sich im Lebensprozess auf eigentümliche Art äußert und im Glaubensleben fassbar wird. Da Schl. hierin "den ausschließlichen Zugang zur Dogmatik sah" (VIII), konzipierte er die Dogmatik als Disziplin der historischen Theologie, deren Aufgabe nicht darin besteht, als Wissenschaft von Gott objektive Gotteserkenntnis darzulegen, sondern als "Glaubenslehre" den Inhalt des christlich geformten "schlechthinigen Abhängigkeitsgefühls" zu entfalten, wie dieses sich je und je in der Geschichte der christlichen Kirche ausprägt.

Dass dabei nicht mehr von Gott, sondern nur noch vom menschlichen Bewusstsein Gottes die Rede sei, ist der in vielen Variationen immer wieder wiederholte Vorwurf gegen Schl.s Ansatz. Er spiegelt sich auch in den Reaktionen auf die 2. Auflage, die R. Schäfer dokumentiert, allerdings vernünftigerweise beschränkt auf die Rezeption der "Glaubenslehre" bis zum Todesjahr Schl.s 1834 (L-LXXVII). Die Neugestaltung der "Einleitung" in der 2. Auflage der "Glaubenslehre" mit der deutlichen Abhebung der in dieser verhandelten "Lehnsätze" von den dogmatischen Sätzen in den beiden Hauptteilen des Werkes kann auch als Reaktion auf diese von Anfang an geäußerte Kritik verstanden werden. Wenn Gott in 4.4 als das im Selbstbewusstsein "mit gesetzte Woher unseres empfänglichen und selbstthätigen Daseins" bezeichnet wird (39,1), heißt das nicht, wie R. Schäfer mit Recht betont, dass damit einem subjektivistischen Individualismus das Wort geredet würde, weil es ein schlechthinniges Abhängigkeitsgefühl nicht als Gefühl "des individuellen Menschen für sich" gibt, sondern nur "mit der Welt zusammen, indem der Mensch ... das gemeinsame Woher seiner selbst und der Welt einschließlich seiner Freiheit und Abhängigkeit erfährt" (X). Doch nicht ob man unabhängig von der Wechselwirkung mit der Welt auf der Basis des Selbstbewusstseins von Gott reden kann, ist der Streitpunkt, sondern ob man so - oder in welchem Sinn man denn - "aus der Perspektive und in den Grenzen der Glaubenserfahrung" von "Erkenntnis Gottes" (XI) reden kann, wenn man von Kants Kritik aller "objektiven Erkenntnis Gottes" (VIII) ausgeht. R. Schäfers mehrfach wiederholter Hinweis, "daß Schleiermacher das schlechthinige Abhängigkeitsgefühl gerade nicht aus dem individuellen Befinden, sondern aus dem im Wechselverhältnis zur Welt erweiterten Mitgefühl abgeleitet hat" (LXIV), ist zwar richtig, verfehlt aber die Pointe der Kritik, bei Schl. könne nicht mehr ernsthaft von einer "Erkenntnis Gottes" die Rede sein. Nicht die Berücksichtigung des Wechselverhältnisses zur Welt in der Explikation des schlechthinnigen Abhängigkeitsgefühls ist das Problem, sondern dass auch dann unklar bleibt, was mit der Rede von der "Erkenntnis Gottes" gemeint sein könnte und wie der dabei verwendete Erkenntnisbegriff zu verstehen ist.

Dass hier Fragen offen bleiben, verwundert nicht. Sie zu behandeln ist nicht Aufgabe der Einleitung des Bandherausgebers, sondern muss der theologischen Auseinandersetzung mit der "Glaubenslehre" (im Zusammenhang der übrigen Werke Schl.s, insbesondere seiner Dialektikvorlesungen) überlassen bleiben. Dafür liegt mit dieser gelungenen Ausgabe der künftig verbindliche Text vor. Es ist zu wünschen, dass sie bald als Studienausgabe verfügbar gemacht wird. Nur dann wird sie auch weiterhin in Lehre und Studium die Rolle spielen können, die diesem großen Werk gebührt.

9. Mit dem ebenfalls 2003 publizierten, von M. Wolfes und M. Pietsch edierten Band "Kleine Schriften 1786-1833" (KGA I/14) liegt die I. Abt. abgeschlossen vor. Der Band wurde, wie erwähnt, nachträglich in diese Abt. aufgenommen, da sich zeigte, dass das für KGA I/11 vorgesehene Material zu umfangreich und disparat für einen Band war. Er weicht von der Konzeption der übrigen Bände dieser Abt. darin ab, dass er höchst unterschiedliche Texte aus beinahe der ganzen Zeit von Schl.s literarischer Wirksamkeit vereinigt. So umfasst der Band 15 von Schl. selbst zum Druck gegebene Texte, die ihrerseits in Form und Inhalt so verschieden sind wie die Anlässe ihrer Entstehung (Briefe an Zeitungen, Nachrufe, Streitschriften, Bittschriften, Charaden usf.); 106 Beiträge aus der Berliner Tageszeitung "Der Preußische Correspondent", an der Schl. ab Juni 1813 mitgearbeitet hat und für die er von Juli bis September 1813 als Redakteur und Herausgeber verantwortlich war; 21 Manuskripte höchst unterschiedlicher Art (Vorstudien, Skizzen, Exzerpte, Materialsammlungen) und einen Anhang mit "Nachschriften zu Vorträgen Über den Stil (1791)" aus der Schlobittener Hauslehrerzeit, die eine Ergänzung der in KGA I/1, 363-390 veröffentlichten Manuskripte dieser Vorträge darstellen.

Mit Ausnahme des ersten Textes "Die Wasserfahrt" (aus der Zeit in Barby, vermutlich 1786) werden alle Manuskripte hier erstmals aus dem Nachlass veröffentlicht. Elf von ihnen hat M. Pietsch ediert und eingeleitet, für die Edition und Einleitung aller übrigen Manuskripte und Druckschriften des Bandes ist M. Wolfes verantwortlich (vgl. CLXXXIX f.). Auch von den Druckschriften waren bisher nur drei (die Streitschrift gegen Schmalz von 1815, der kritische Beitrag über Heindorf und Wolff von 1816 und die Gedenkrede auf G. A. L. Hanstein von 1821) in den Sämmtlichen Werken verfügbar. Und nur ein einziger Artikel aus dem ersten Jahrgang des "Preußischen Correspondenten" wurde später noch einmal abgedruckt. Insgesamt bietet der Band also umfangreiches neues Material.

Auf Grund seiner Form und Disparatheit hat dieses aber auch vor ungewöhnliche editorische Probleme gestellt. In der "Einleitung der Bandherausgeber" (IX-CXCI) werden diese präzis beschrieben und die getroffenen Entscheidungen im Einzelnen begründet. Das Resultat ist allerdings eine Einleitung, die beinahe ein Drittel des gesamten Bandes umfasst und überlang geraten ist. Ähnliches gilt gelegentlich auch für den Sachapparat. Gewiss sind die edierten Texte oft fragmentarisch oder beziehen sich kommentierend auf Texte anderer Autoren, deren Kenntnis zum Verständnis der Ausführungen Schl.s erforderlich ist. Bei einigen Druckschriften, die entsprechende Texte anderer Autoren einschließen, ist es eine durchaus sinnvolle Entscheidung, auch diese Fremdtexte - durch einen kleineren Schriftgrad von Schl.s Texten abgesetzt - abzudrucken. Das gilt für eine Reihe von Texten im "Preußischen Correspondenten" (vgl. die Liste CLXXXVI, Anm. 566), aber auch für den einleitenden Beitrag von Philipp Karl Buttmann zur Broschüre "Über Heindorf und Wolf" (215,1- 217,16) oder die einleitende "Erklärung" von Twesten und Falck zu Schl.s Aufruf zur Unterstützung der verarmten Verwandten Luthers (305,3-21). Sowohl im Sachapparat zu den Texten aus dem "Preußischen Correspondenten" als auch in der "Historischen Einführung" der Herausgeber wird des Guten gelegentlich aber zu viel getan. Während die von Pietsch verantworteten Darlegungen vorbildlich knapp und präzis sind, wird in den übrigen Ausführungen die Lust zur Darlegung interessanter Informationen und zur Wiedergabe aufschlussreicher Funde und Zitate nicht immer in wünschenswerter Weise gezügelt. Man erfährt viel, aber manchmal mehr als das Notwendige.

Der Großteil des Materials (32 Texte) wird in chronologischer Reihenfolge geboten (1-367), vier nicht datierbare Texte ("Aristoteles Metaphysik. Auszug"; "Exzerpt aus Aristoteles: Physik"; "Philosophische Sprache Aristoteles"; "Über einen Kupferstich") stehen am Schluss (369-394). 106 vom Editor mit Überschriften versehene und nummerierte Texte aus dem "Preußischen Correspondenten" von 1813 werden nicht chronologisch eingeordnet, sondern auf Grund ihres besonderen literarischen Charakters en bloc nachgestellt (395-500). Da Schl. sich nur bei einem Text als Autor nennt, waren die ihm zugeschriebenen Texte vom Editor zu erschließen - eine besonders zu würdigende Leistung. Die verwendeten formalen und inhaltlichen Kriterien sowie die mit deren Hilfe identifizierten Texte, die auf Schl. als Verfasser zurückgeführt werden können, werden in der "Historischen Einführung" detailliert aufgeführt (CLI-CLVI). Da Schl. als verantwortlicher Redakteur vom 1. Juli bis zum 30. September 1813 aber nicht nur für seine eigenen Texte verantwortlich war, sondern alle Beiträge redaktionell betreute und bearbeitete, sind in weiterem Sinn alle 52 Ausgaben der Zeitung in diesem Zeitraum zu seinen literarischen Produktionen zu rechnen. Das sich damit stellende editorische Problem haben die Herausgeber dadurch zu lösen versucht, dass sie dem Band eine CD-ROM beigegeben haben, die das Gesamtcorpus der von Schl. mitgestalteten und verantworteten Ausgaben von Juni bis September 1813 reprographisch zugänglich macht. Mit Hilfe eines Acrobat Reader lassen sich die Texte gut und problemlos lesen. Sie sind nicht kritisch editiert, aber immerhin verfügbar und erlauben es, die Schl. selbst zugeschriebenen, kritisch edierten Texte in ihrem ursprünglichen Textumfeld zur Kenntnis zu nehmen.

Die abgedruckten Manuskripte umfassen Notizen und Entwürfe, die Schl. über Jahrzehnte hinweg aus unterschiedlichen Anlässen gemacht hat. Neben naturrechtlichen ("Über das Testationsrecht") und staatstheoretischen ("Notizen zu Aristoteles: Politik") Überlegungen sowie Auseinandersetzungen mit der praktischen Philosophie Kants ("Entwurfsfragment zu dem Text Über die Freiheit") aus der Frühzeit stehen u. a. Aufzeichnungen zur "Geometrie (Vermutlich 1800-1803)" (mit Faksimiles der von Schl. gezeichneten Figuren), ein "Botanisches Journal 1808", Notizensammlungen zu theologischen Themen ("Aus Bengels Archiv [1815/16]", "Gedankenheft 1817-1819") oder eine "Kleine Charadensammlung (Vor 1829)". Insgesamt zehn Manuskripte beschäftigen sich mit Philosophen der Antike (vor allem Aristoteles, aber auch Xenophon und Demokrit), einige wie "Text zu Demokrit (Vermutlich 1814/15)", "Über die Scholien zur Nikomachischen Ethik A und B (1816)" oder "Zu Aristoteles Ethik (1816/17)" stehen im Zusammenhang mit den entsprechenden Akademievorträgen und ergänzen das in KGA I/11 publizierte Material.

Auch die neu edierten Drucktexte sind durchweg Gelegenheitsschriften. Neben Nachrufen auf Graf Ludwig Moritz Achatius zu Dohna (1814), F. S. G. Sack (1817), G. A. L. Hanstein (1821), Caroline Gräfin zu Dohna (1825) und Fürst Radziwill (1833) stehen Texte wie die "Bittschrift an Kaiser Napoleon (1808)", ein von Schl. mit unterzeichneter Appell früherer Hallenser Professoren; eine "Erklärung gegen die Redaktion der Neuen Leipziger Literatur-Zeitung (1806)" über eine Schl. fälschlich zugeschriebene Verfasserschaft des von J. C. A. Grohmann anonym veröffentlichten Buches "Über Offenbarung und Mythologie"; der "Plan zum Besten der Verwandten unseres Reformators Doktor M. Luthers (1819)", eine Unterstützungsinitiative für die verarmten Nachkommen Luthers; oder eine Sammlung von Charaden (1829). Theologisch wichtig ist vor allem seine in Briefform verfasste Stellungnahme zum Pantheismusvorwurf gegenüber seiner Theologie, den J. F. F. Delbrück besonders nachdrücklich vorgetragen hatte ("Erklärung des Herrn D. Schleiermacher über die ihn betreffenden Stellen der Streitschrift. Aus einem Brief an einen Freund am Rhein [1827]"). Und für seine politische Haltung aufschlussreich ist seine Streitschrift "An den Herrn Geheimenrat Schmalz. Auch eine Rezension (1815)", in der sich Schl. entschieden der Kampagne der politischen Reaktion widersetzte, die politischen Mitgestaltungsrechte des Bürgertums zurückzuweisen, und nachdrücklich für die politische Rolle des Bürgertums Partei ergriff.

Dieses politische Engagement Schl.s, seine intensive Verwicklung in den politischen Befreiungskampf gegen die französische Besatzung Preußens und die Verbindung seines antinapoleonischen Patriotismus mit der Forderung einer umfassenden Neugestaltung des preußischen Staates belegen viele Texte dieses Bandes, vor allem aber die Beiträge aus dem "Preußischen Correspondenten". Sie waren der Anlass für langwierige Auseinandersetzungen mit der Zensur, die Schl.s Stellung in Berlin und die Haltung der Berliner Regierung ihm gegenüber nachhaltig beeinflussten. Sie erinnern damit nachdrücklich an den politisch-gesellschaftlichen Kontext, der bei der Interpretation von Schl.s theologischen, kirchenpolitischen und philosophischen Arbeiten dieser Jahre nicht aus den Augen verloren werden darf. Insofern bietet dieser abschließende Band der I. Abt., bei aller Disparatheit der in ihm mitgeteilten Materialen, nicht nur einen exemplarischen Einblick in die Weite der literarischen Tätigkeiten Schl.s, sondern stellt gerade so auch eine wichtige Ergänzung zum Verständnis seines Denkwegs dar.

Formal entspricht auch dieser Band dem hohen Standard der gesamten Ausgabe. Neben den üblichen (und üblich perfekten) Registern sind ihm Faksimiles der Titelblätter von Schl.s Streitschrift gegen Schmalz (126), seines gemeinsam mit Buttmann veröffentlichten Heftes über Heindorf und Wolf (214) und der Broschüre zum Ehrengedächtnis von Hanstein (312) beigefügt. Sechs weitere Faksimiles der jeweils ersten Manuskriptseite der "Wasserfahrt" von 1786 (2), der "Notizen zu Aristoteles: Politik" von 1793/94 (26), der "Texte zu Demokrit" von 1814/15 (120), der Notizen "Zu Aristoteles Ethik" von 1816/17 (224) und der undatierten "Exzerpte aus Aristoteles: Physik" (378) sowie des zweiten Blattes aus dem "Gedankenheft" von 1817- 1819 (274) belegen eindrücklich, wie sich Schl.s Handschrift über die Jahre verändert hat, ohne eine andere zu werden. Das ließe sich durchaus auch von Schl.s Denken sagen. Und - so ist man versucht hinzuzufügen - auch von der KGA. Sie wurde auf höchstem editorischem Niveau begonnen, und sie hat das Kunststück fertig gebracht, das unter schwieriger werdenden Bedingungen auch in den vergangenen zehn Jahren nicht nur durchzuhalten, sondern zu steigern.

Man kann den Herausgebern und Mitarbeitern der bisher erschienenen Bände nur die größte Hochachtung für ihre exzellente Arbeit aussprechen. Die Kritische Gesamtausgabe der Werke Schl.s nimmt mit Recht den unbestrittenen Spitzenplatz unter den theologischen Editionsprojekten in Deutschland zu Beginn des 21. Jh.s ein. Ihre Bände sind nicht nur editorisch vorbildlich, sondern auch ästhetisch ein Genuss, der Lust zur Lektüre macht. Theologisch, das zeigt jeder neu erscheinende Band, ist bei Schl. noch viel Überraschendes zu entdecken. Immer wieder nötigen seine Texte dazu, das über seine Theologie verbreitete Lehrbuchwissen zu revidieren. Es bleibt zu hoffen, dass die Editionsarbeit auch in den kommenden Jahren so kompetent und konsequent weitergeführt werden kann, wie es in den bisher vorliegenden Bänden der KGA geschehen ist. Und es ist zu wünschen, dass nicht nur weiterhin die Mittel und Mitarbeitenden gefunden werden, um die begonnene Arbeit fortzusetzen, sondern diese möglichst zügig auch auf die Bereiche von Schl.s literarischem Werk und Wirken auszuweiten, deren kritische Erschließung und Edition die wissenschaftliche und theologische Öffentlichkeit mit Spannung erwartet.

Fussnoten:

* Schleiermacher, Friedrich Daniel Ernst: Akademievorträge. Hrsg. v. M. Rössler unter Mitwirkung v. L. Emersleben. Berlin-New York: de Gruyter 2002. LXXXII, 833 S. gr.8 = F. D. E. Schleiermacher Kritische Gesamtausgabe. I. Abt., 11. Lw. Euro 268,00. ISBN 3-11-017129-5.

Ders.: Briefwechsel 1800 (Briefe 850-1004). Hrsg. v. A. Arndt u. W. Virmond. Berlin-New York: de Gruyter 1994. XCIII, 481 S. gr.8 = F. D. E. Schleiermacher Kritische Gesamtausgabe. 5. Abt., 4. Lw. Euro 168,00. ISBN 3-11-011020-2.

Ders.: Briefwechsel 1801-1802 (Briefe 1005-1245). Hrsg. v. A. Arndt u. W. Virmond. Berlin-New York: de Gruyter 1999. XC, 522 S. gr.8 = F. D. E. Schleiermacher Kritische Gesamtausgabe. V. Abt., 5. Lw. Euro 198,00. ISBN 3-11-016218-0.

Ders.: Der christliche Glaube nach den Grundsätzen der evangelischen Kirche im Zusammenhange dargestellt. 2. Aufl. (1830/31). Hrsg. v. R. Schäfer. Berlin-New York: de Gruyter 2003. Teilbd. 1: LXXXIV, 529 S. gr.8; Teilbd. 2: VIII, 618 S. m. Abb. gr.8 = F. D. E. Schleiermacher Kritische Gesamtausgabe. I. Abt., 13/1-2. Lw. Euro 348,00. ISBN 3-11-016610-0.

Ders.: Exegetische Schriften. Hrsg. v. H. Patsch u. D. Schmid. Berlin-New York: de Gruyter 2001. LVII, 282 S. gr.8 = F. D. E. Schleiermacher Kritische Gesamtausgabe. I. Abt., 8. Lw. Euro 98,00. ISBN 3-11-016893-6.

Ders.: Kirchenpolitische Schriften. Hrsg. v. G. Meckenstock. Berlin-New York: de Gruyter 2000. CXVIII, 580 S. gr.8 = F. D. E. Schleiermacher Kritische Gesamtausgabe. I. Abt., 9. Lw. Euro 218,00. ISBN 3-11-016894-4.

Ders.: Kleine Schriften 1786-1833. Hrsg. v. M. Wolfes u. M. Pietsch. Berlin-New York: de Gruyter 2003. CXCII, 577 S. m. Abb. u. 1 CD-ROM. gr.8 = F. D. E. Schleiermacher Kritische Gesamtausgabe. I.Abt., 14. Lw. Euro 248,00. ISBN 3-11-017658-0.

Ders.: Schriften aus der Hallenser Zeit 1804-1807. Hrsg. v. H. Patsch. Berlin-New York: de Gruyter 1995. CXXXII, 290 S. gr.8 = F. D. E. Schleiermacher Kritische Gesamtausgabe. I. Abt., 5. Lw. Euro 138,00. ISBN 3-11-014614-2.

Ders.: Schriften aus der Stolper Zeit (1802-1804). Hrsg. v. E. Herms, G. Meckenstock u. M. Pietsch. Berlin-New York: de Gruyter 2002. XCII, 520 S. gr.8 = F. D. E. Schleiermacher Kritische Gesamtausgabe I. Abt., 4. Lw. Euro 168,00. ISBN 3-11-017464-2.

Ders.: Über die Religion. (2.-)4. Aufl. Monologen. (2.-)4. Aufl. Hrsg. v. G. Meckenstock. Berlin-New York: de Gruyter 1995. LXXIII, 411 S. gr.8 = F. D. E. Schleiermacher Kritische Gesamtausgabe I. Abt., 12. Lw. Euro 148,00. ISBN 3-11-014473-5.

Ders.: Universitätsschriften. Herakleitos. Kurze Darstellung des theologischen Studiums. Hrsg. v. D. Schmid. Berlin-New York: de Gruyter 1998. LXXXIX, 474 S. gr.8 = F. D. E. Schleiermacher Kritische Gesamtausgabe I. Abt., 6. Lw. Euro 178,00. ISBN 3-11-015638-5.

Ders.: Vorlesungen über die Dialektik. Hrsg. v. A. Arndt. Berlin-New York: de Gruyter 2002. Teilbd.1: LXXXVIII, 426 S. gr.8. Teilbd. 2: VI, 815 S. gr.8 = F. D. E. Schleiermacher Kritische Gesamtausgabe. II.Abt., 10/1-2. Lw. Euro 368,00. ISBN 3-11-017209-7.

Ders.: Vorlesungen über die Lehre vom Staat. Hrsg. v. W. Jaeschke. erlin-New York: de Gruyter 1998. LXIII, 968 S. gr.8 = F. D. E. Schleiermacher Kritische Gesamtausgabe II. Abt.: Vorlesungen, Bd. 8. Lw. Euro 248,00. ISBN 3-11-015644-X.

1) Vgl. vorläufig Fr. Schleiermacher, Texte zur Pädagogik. Kommentierte Studienausgabe, hrsg. v. M. Winkler u. J. Brachmann, Frankfurt a. M. 2000.

2) Schl. an Brinkmann am 26.11.1803 aus Stolp, s. H. Meisner, Schleiermacher als Mensch. Sein Werden und Wirken. Familien- und Freundesbriefe, 2 Bde., Bd. I, 332 f.

3) Deshalb sind Arbeiten so wichtig wie die von A. Reich, Friedrich Schleiermacher als Pfarrer an der Berliner Dreifaltigkeitskirche 1809- 1834, Berlin-New York 1992; I. Seibt, Schleiermacher und das Berliner Gesangbuch von 1829, Göttingen 1998; R. Stroh, Schleiermachers Gottesdiensttheorie. Studien zur Rekonstruktion ihres enzyklopädischen Rahmens im Ausgang von "Kurze Darstellung" und "Philosophische Ethik", Berlin 1998; oder jüngst vor allem B. Schmidt, Lied - Kirchenmusik - Predigt im Festgottesdienst Friedrich Schleiermachers. Zur Rekonstruktion seiner liturgischen Praxis, Berlin-New York 2002 (vgl. ThLZ 129 [2004], 451-454).

4) Jaeschke verweist in der Einleitung des Bandherausgebers (KGA I/8, XXVI) eigenartigerweise nur auf diese drei Vorträge, während er den 4. einschlägigen Akademievortrag "Über die Auswanderungsverbote" (KGA I/11, 251-269) nicht erwähnt, obwohl auch dieser vor Erscheinen von KGA I/11 in SW III/2, 327-349 zugänglich war.

5) Dass die Debatte um dieses Problem keineswegs abgeschlossen, sondern allenfalls eröffnet ist, belegen die Arbeiten von D. Reetz, "Staatslehre mit politischer Tendenz? Schleiermachers Politik-Vorlesung des Sommersemesters 1817", ZNThG 7 (2000), 205-250; ders., Schleiermacher im Horizont preußischer Politik. Studien und Dokumente, Waltrop 2002, 71-223.

6) A. Harnack, Geschichte der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, 3 Bde., Berlin 1900, Bd. I/2, 848.

7) Auch dieser Text ist in einer erschwinglichen Studienausgabe zugänglich: Fr. Schleiermacher, Über die Religion. Reden an die Gebildeten unter ihren Verächtern (1799), hrsg. v. G. Meckenstock, Berlin: de Gruyter 2001.