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Ausgabe:

Juni/1998

Spalte:

508 f

Kategorie:

Kirchengeschichte: Mittelalter

Autor/Hrsg.:

Losek, Fritz

Titel/Untertitel:

Die Conversio Bagoariorum et Carantanorum und der Brief des Erzbischofs Theotmar von Salzburg.

Verlag:

Hannover: Verlag Hahnsche Buchhandlung 1997. XVI, 184 S. gr.8 = Monumenta Germaniae Historica. Studien und Texte, 15. Geb. DM 40,-. ISBN 3-7752-5415-3.

Rezensent:

Lutz E. v. Padberg

Die Conversio Bagoariorum et Carantanorum aus dem Jahr 870 und der Brief des bayerischen Episkopates unter Federführung von Erzbischof Theotmar von Salzburg an Papst Johannes IX. aus dem Jahr 900 werden in diesem Band in vorbildlicher kritischer Edition und neuer deutscher Übersetzung vorgelegt. Für die Zusammenstellung der in der Überlieferung nirgends und in Quellensammlungen selten verknüpften Texte sprechen gute Gründe. Denn mit ihnen endet "die ,ruhmvolle Salzburger Historiographie’ (A. Lhotsky) des 8. und 9. Jh.s; und wenn man von der Echtheit beider Quellen und einer möglichen Verfasserschaft Erzbischof Theotmars für den Brief ausgeht, sind die beiden Quellen wichtige Denkmäler für die kirchliche, politische und literarische Bedeutung des Salzburger Erzstiftes und seiner obersten Repräsentanten" (3). Darüber hinaus verfolgen beide Texte "ähnliche Intentionen, nämlich die Verteidigung der salzburgisch-bayerischen Ansprüche im südöstlichen Alpen- und Donauraum. Zu diesem Zweck schreiben beide Texte nicht Geschichte, sondern vermitteln ihre Sicht dieser Geschichte" (3).

Die Conversio, nach Hans-Dietrich Kahl "die mit Abstand wichtigste Quelle zur Geschichte und Kirchengeschichte des weiteren Ostalpenraumes für das 7.-8. Jahrhundert" (Lexikon des Mittelalters 3, 1986, 208), entstand offensichtlich zur Information König Ludwigs des Deutschen in der Auseinandersetzung um den 869 zum Erzbischof von Sirmium erhobenen Slavenapostel Methodius. Nachhaltig vertritt ihr Verfasser, in dem Herwig Wolfram niemand anderen als den Salzburger Erzbischof Adalwin selbst vermutet, in raffinierter Einseitigkeit und mit gezielten Auslassungen den Salzburger Rechtsstandpunkt gegenüber der Mission des Methodius sowie weiteren Selbständigkeitsbestrebungen und Ansprüchen. Dementsprechend wird der Salzburger Anteil an der Mission des Südostraumes herausgestellt und alle anderen, als Konkurrenz empfundenen Aktivitäten wie etwa die der Iren und des Bonifatius schlicht weggelassen. Da der Conversio indes nichts Vergleichbares an die Seite gestellt werden kann, bleibt sie eine zentrale Quelle. - Theotmar, fünfter Erzbischof von Salzburg mit langer Amtszeit (873-907), war trotz seiner Funktion als Erzkaplan und Leiter der Hofkapelle weniger an der großen Politik denn an den Belangen seiner Kirchenprovinz interessiert. Als Wortführer des bayerischen Episkopates auf der Synode von Reisbach im Juli 900 reagierte er entschieden ablehnend auf eine Entscheidung von Papst Johannes IX. bezüglich der Kirchenorganisation in Mähren. In dem Brief mußte sich der Papst von Theotmar "eine Lektion im kanonischen Recht" (59) erteilen lassen. Das keineswegs additive, wie behauptet wurde, sondern durchkomponierte Schreiben belehrt den Papst überaus selbstbewußt über die Salzburger und bayrischen Ansprüche in den umstrittenen Gebieten im Osten.

L. ist für das Editionsvorhaben durch seine Wiener Dissertation von 1982 bestens ausgewiesen, die sich bereits mit der kritischen Aufarbeitung der Conversio befaßt hat. Darüber hinaus konnte er auf Herwig Wolframs Ausgabe und Übersetzung von 1979 ebenso zurückgreifen wie auf dessen jüngste Gesamtwürdigung der Quellenlage (Salzburg, Bayern, Österreich. Die Conversio Bagoariorum et Carantanorum und die Quellen ihrer Zeit, Wien 1995). L.s Ausgabe bietet für beide Texte jeweils ein knappes Referat der Forschungsgeschichte und der historischen Umstände, ist jedoch vornehmlich der philologischen Methode verpflichtet (Conversio: 5-53; Theotmar: 55-87). Dementsprechend werden Überlieferungs- und Wirkungsgeschichte (bes. die Handschriftensituation einschließlich Stemma; Verzeichnis der bisherigen Drucke und Übersetzungen), Quellen und Vorlagen sowie Sprache und Stil eingehend erörtert. Intensiv behandelt werden das Verhältnis der Conversio zur Vita Ruperti (der Text der Geta Hrodberti ist der Edition beigegeben) und wegen der Echtheitsproblematik die Stellung des Theotmar-Briefes zu denjenigen von Hatto und Pilgrim.

Edition und Übersetzung (Conversio: 90-135; Theotmar: 138-157) mit kritischem Apparat und erläuternden Anmerkungen entsprechen dem gewohnt hohen MGH-Niveau. Quellen- und Literaturverzeichnis, Namen- und Sachregister (daß bei der Edition wohl nur die in den Anmerkungen erscheinenden Namen registriert worden sind, wäre einer Erwähnung wert gewesen) sowie ein Wortverzeichnis machen den sorgfältig verlegten Band (7, 2. Zeile ist das ,zu’ zu tilgen; die Bischofsnamen S. 59 Z. 2 f. fehlen im Register; S. 168 muß der letzte Registereintrag lauten 14735) zu einem wertvollen Arbeitsinstrument.