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Ausgabe:

September/2004

Spalte:

932

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Werlitz, Jürgen

Titel/Untertitel:

Die Bücher der Könige.

Verlag:

Stuttgart: Verlag Katholisches Bibelwerk 2002. 364 S. m. Abb. u. Tab. 8 = Neuer Stuttgarter Kommentar. Altes Testament, 8. Kart. Euro 30,90. ISBN 3-460-07081-1.

Rezensent:

Winfried Thiel

Das "Vorwort" stimmt den Leser auf das Folgende ein: Die Bücher der Könige werden mit dem Ereignis des 11.9.2001 in losen Zusammenhang gebracht und pointiert "in weiten Teilen (als) ein Zeugnis solch religiöser Intoleranz" beurteilt. Die die Texte beherrschende Gewaltdarstellung sei "auch eine Ausdrucksform des Ausschließlichkeitsanspruchs der Verehrung JHWHs" (11). Diese fragwürdige, weil allzu pauschale Einschätzung macht sich in der Kommentierung, abgesehen von einigen kritischen Urteilen, nur wenig bemerkbar. Aber eine Distanzierung des Vf.s von seinem Stoff ist doch unschwer spürbar.

In der "Einleitung" legt der Vf. u. a. auch seine Sicht des DtrG dar: Ein Werk, das Dtn bis 2Kön umfasste, hat es wohl nie gegeben. Eher ist ein ursprünglicher Zusammenhang mit den Samuel-Büchern anzunehmen. In der Darstellung der Salomo-Zeit sind Tatbestände und Verhältnisse des nordisraelitischen Omriden-Reiches auf dem Wege judäischer Aneignung auf die salomonische Epoche projiziert worden (mit E. A. Knauf).

Wie in derartigen Kurzkommentaren kaum anders möglich, beschränkt sich auch diese Kommentierung - zu Grunde liegt die Einheitsübersetzung - auf eine Nacherzählung des Inhalts und auf mehr oder weniger knappe interpretierende Bemerkungen. Fünf Exkurse sind zu thematischen Schwerpunkten eingeschaltet: zum hörenden Herz, zu Göttinnen in Israel (Aschera als Paredra JHWHs), zum syrisch-efraimitischen Krieg (lokaler Kleinkrieg), zum 14. Jahr Hiskias (ein Irrtum; Thronbesteigung Hiskias: 728 v. Chr.) und zum Abzug Sanheribs von Jerusalem im Jahre 701 v. Chr. Auch in der Kommentierung finden sich gelegentlich exkursartige Ausführungen.

Der Kommentar will wegen der Komplexität der Textprobleme im Wesentlichen synchron verfahren. Dennoch werden immer wieder - in ihrer Streuung etwas beliebig wirkende - diachrone Gesichtspunkte einbezogen. So wird etwa 1Kön 11,29- 39 als durchweg deuteronomistische Bildung erklärt und Kap. 13 als nach-deuteronomistisch bestimmt (entsprechend auch 2Kön 23,15-18.20). 2Kön 16,5.9-17 habe eine schriftgelehrte Fortschreibung in Jes 7,1-17 erfahren. Den ganzen Kommentar durchziehen Urteile, die den geschichtlichen Quellenwert der Texte negativ qualifizieren. Da die Forschungsdiskussion und die Pro- und Contra-Argumente nicht aufgeführt werden können, wird dem in der Materie unbewanderten Leser ein Konsens vorgetäuscht, der in der Mehrheit der Fälle nicht existiert. Er sollte also noch einen anderen Kommentar zu Rate ziehen.

Der Vf. bemüht sich um einen volkstümlichen Ausdruck, rutscht aber manchmal in den Jargon und in unsachgemäße Modernismen ab (z. B. 1Kön 1,5-10 als "Wahlkampfveranstaltung"). Auch einige Irrtümer sind unterlaufen: Der Wunderheilungstyp von 1Kön 17,21; 2Kön 4,34 etwa heißt "Synanachrosis" (167). Was bedeutet "Salomo XXL" (70.72)? Die mokante Bemerkung zur Heym-Rezension des Alttestamentlers Wolfgang Dietrich (335, richtig: Walter D.) empfinde ich als höchst unangemessen.

Das Buch endet mit einem Abschnitt zur Nachwirkung (besonders Salomos und Elias), Ausführungen zur Chronologie (mit Tabellen), einer Karte, 14 Abbildungen und einer Auswahl-Bibliographie.