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Ausgabe:

Juli/August/2004

Spalte:

824 f

Kategorie:

Systematische Theologie: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Boeve, L., and L. Leijssen [Eds.]

Titel/Untertitel:

Sacramental Presence in a Postmodern Context.

Verlag:

Leuven: University Press; Leuven: Peeters 2001. XIV, 386 S. gr.8 = Bibliotheca Ephermeridum Theologicarum Lovaniensium, 160. Kart. Euro 60,00. ISBN 90-5867-186-0 (University Press); 90-429-1067-4 (Peeters).

Rezensent:

Friederike Nüssel

Vom 3. bis 6. November 1999 fand in Löwen der zweite Kongress der im Zweijahresrhythmus angesetzten "Leuven Encounters in Systematic Theology" (LEST II) statt. Nachdem der erste Kongress der Christologie im Kontext des religiösen Pluralismus gewidmet war, beschäftigt sich der in dem hier angezeigten Band dokumentierte zweite Kongress mit dem Verständnis sakramentaler Präsenz in postmodernem Kontext. Die zu Beginn des Bandes wiedergegebene Eröffnungsansprache des Erzbischofs von Mechelen-Brüssel, Kardinal Danneels, markiert die Bandbreite der zur Verhandlung stehenden Themen: Es geht um die Frage, wie Gott in seiner Transzendenz Erlösung unter irdischen Bedingungen vermitteln kann, um die Kompatibilität von Sakramentenfrömmigkeit und gegenwärtigem wissenschaftlich-technologischem Denken, um die Art sakramentaler Realität, um die Rolle der Kulturanthropologie, um die adäquate liturgische Sprache und um pastoraltheologische Probleme (vgl. XI-XIV).

Die erhellende Einführung von Lieven Boeve präsentiert sodann das in Löwen 1996 ins Leben gerufene Projekt einer postmodernen "sacramento-theology", wobei dieser Neologismus keine neue Sakramententheologie bezeichnen soll, sondern vielmehr eine spezifische Perspektive für den theologischen Zugriff, der zufolge jede Äußerung über Gott in Wort oder Tat als sakramental zu interpretieren sei (4). Das Ziel solcher Interpretation bestehe in der Rekontextualisierung der theologischen Reflexion auf die Sakramentalität des Lebens (5) unter den durch unreduzierbare Pluralität und unbestreitbare Partikularität gekennzeichneten postmodernen Bedingungen (vgl. 14-17). Unter besonderer Bezugnahme auf Überlegungen von François Lyotard sieht B. die Chance für eine Neufassung des dialektischen Verhältnisses von Transzendenz und Immanenz Gottes mitsamt einer entsprechenden Deutung sakramentaler Gegenwart als Unterbrechung durch den Ruf Gottes. Solche sakramentale Gegenwart werde in den Sakramenten kondensiert, geklärt und zelebriert. Sie sei dabei nicht mehr als Teilhabe an einem göttlichen Wesen oder als Antizipation einer der dem Menschen zugedachten Bestimmung zu denken. Vielmehr bestehe die durch sakramentale Präsenz qualifizierte Sakramentalität des Lebens in der Spannung, die aus dem Einbruch des göttlichen Anderen in unsere menschlichen "narratives" erwachse und von dem das "Christian narrative" von jeher zeuge.

Die in dem Band gesammelten sieben Hauptreferate von Georges de Schrijver (Löwen), Maria Clara Luchetti Bingemer (Rio de Janeiro), Paul Moyaert (Löwen), David N. Power (Washington, D. C.), Graham Ward (Manchester), Jean-Yves Lacoste (Paris) and Louis-Marie Chauvet (Paris) bieten Konkretionen des Programms von LEST II in recht verschiedener Richtung. Die Vielfalt der Perspektiven wird ergänzt durch eine Auswahl von sieben aus insgesamt 30 auf dem Kongress neben den Hauptreferaten präsentierten Beiträgen von Schülern. Besondere Aufmerksamkeit wird dabei immer wieder Thomas von Aquin und Martin Heidegger zuteil. Insgesamt dokumentiert der Band einen interessanten Ansatz zur Transformation des Verständnisses sakramentaler Präsenz, wobei weiter zu diskutieren wäre, ob er das soteriologische Anliegen der traditionellen, von den Autoren als vormodern eingestuften Sakramentenlehre vollständig aufzunehmen in der Lage ist.