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Ausgabe:

Juli/August/2004

Spalte:

780 f

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Boer, Roland [Ed.]

Titel/Untertitel:

Tracking The Tribes of Yahweh. On the Trail of a Classic.

Verlag:

London-New York: Sheffield Academic Press 2002. X, 205 S. gr.8 = Journal for the Study of the Old Testament. Supplement Series, 351. Lw. £ 50,00. ISBN 0-8264-6050-X.

Rezensent:

Stefan Timm

Selbst aus dem Untertitel des vorliegenden Bandes wird nur andeutungsweise deutlich, dass es sich um einen Sammelband von Aufsätzen handelt, die anlässlich dessen zusammengestellt wurden, dass Norman K. Gottwalds Buch The Tribes of Yahweh. A Sociology of the Religion of Liberated Israel 1250-1050 B.C.E., Maryknoll 1979, vor zwanzig Jahren erstmals erschien (inzwischen nachgedruckt mit neuem Vorwort: Sheffield 1999). Gottwalds Buch gilt als ein marxistischer Klassiker (vgl. 1) und so rekurriert der Herausgeber R. Boer im Vorwort kurz auf den geistesgeschichtlichen Hintergrund Mitte der sechziger Jahre des letzten Jh.s in den USA und den Bezug, den die Verfasser der nachfolgenden Artikel zu Gottwalds The Tribes of Israel ... haben.

Im Einzelnen sind hier folgende Beiträge vorgelegt: D. Jobling, Specters of Tribes: On the Revenance of a Classic (10- 16), F. S. Frick, Norman Gottwald's The Tribes of Yahweh in the Context of Second-Wave Social-Scientific Biblical Criticism (17-34), Carol Myers, Tribes and Tribulations: Retheorizing Earliest Israel (35-45), Ch. E. Carter, Powerful Ideologies, Challenging Models and Lasting Changes: Continuing the Journey of Tribes (46-58), J. Berlinerblau, The Delicate Flowers of Biblical Sociology (59-76), I. Mosala, The Politics of Debt and the Liberation of the Scriptures (77-84), G. West, The Tribes in Africa: The Impact of Norman Gottwald's The Tribes of Yahweh on African Biblical Hermeneutics (with an Emphasis on Liberation and Inculturation Paradigms) (85-97). Schließlich erörtert der Herausgeber R. Boer nochmals lang und breit die Methodologie Gottwalds "Marx, Method and Gottwald" (98-156) und N. K. Gottwald antwortet dem allen in einem "Response to Contributors" (172-185). Eine Bibliographie, ein "Index of References" und ein "Index of Authors" sind am Schluss beigegeben.

Es ist bezeichnend für diesen Band, dass in ihm Friedrich Engels mehr als sechs Mal angeführt wird, Karl Marx noch viermal mehr, ein Index altorientalischer Texte jedoch nicht beigegeben ist (derer bedarf es wohl nicht) und sich der "Index of References" (202) in sechs Bibelstellen erschöpft, worunter so erhellende Angaben sind wie "Ex 21-23" und "Isaiah 40-55". Es versteht sich auch, dass in einem Kreis von Autorinnen und Autoren, der zu nichts anderem zusammengerufen war, als "a classic" Referenz zu erweisen (1), von grundsätzlicher Kritik an den Thesen Gottwalds und der Durchführung seines "Programmes" nicht die Rede ist. Gewiss, A. F. Raineys Dicta, dass "his [d. h. Gottwalds] book could safely and profitably be ignored" und dass das Ganze nur dazu diene, "to make the early Israelites into some kind of idealized peasants bearing the torch for the New Left under the banner of Yahweh", es im Übrigen "merely an amateur's attempt at pseudo-Marxism" sei (A. F. Rainey, Rezension von N. K. Gottwald, The Tribes of Israel ..., JAOS 107 [1987], 541-543 [541.543], auf die Zitate wird mehrfach hingewiesen), waren kaum eine Sachauseinandersetzung. Da N. P. Lemche die aber längst geliefert hat (N. P. Lemche: Early Israel. Anthropological and Historical Studies on the Israelite Society Before the Monarchy, VT.S 37, Leiden 1985), ist nicht verständlich, warum darauf in keinem Beitrag substantiell eingegangen wird.

Die weiterhin anstehende Aufgabe, die Ursprünge Israels zu erforschen, führt der Beitrag von Carol Myers am instruktivsten fort. Hier wird unter Rückgriff auf die Dissertation von R. D. Miller für sechs verschiedene Regionen des ephraemitisch-judäischen Berglandes aufgewiesen, dass sich in ihnen während des 12./11. Jh.s v. Chr. auch sechs wirtschaftlich und sozial (d. h. hierarchisch) verschiedene "Gesellschaftsformen" herausgebildet haben, ohne dass auch nur eine der sechs Regionen bzw. deren "Gesellschaftsformen" in das bisherige Bild der Anfänge Israels passe (R. D. Miller, A Social History of Highland Israel in the 12th and 11th Century B.C.E., 1998 Diss. University of Michigan Microfilm). Carol Myers versucht dem beizukommen mittels des (soziologisch vorgeprägten) Begriffes "Heterarchy" - worüber noch zu debattieren wäre. Man wünschte, in den übrigen Artikeln wäre die anstehende Forschungsaufgabe ähnlich innovativ weitergeführt.