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Ausgabe:

Juni/2004

Spalte:

695 f

Kategorie:

Praktische Theologie

Autor/Hrsg.:

Kießling, Klaus

Titel/Untertitel:

"Nützlich und notwendig". Psychologisches Grundwissen in Theologie und Praxis.

Verlag:

Freiburg (Schweiz): Universitätsverlag 2002. 163 S. m. Abb. gr.8 = Praktische Theologie im Dialog, 24. Kart. Euro 19,80. ISBN 3-7278-1408-X.

Rezensent:

Uta Pohl-Patalong

Dass psychologisches Grundwissen für Theologinnen und Theologen "nützlich und notwendig" ist, dürfte heute unumstritten sein. Der katholische Theologe und Psychologe Klaus Kießling unternimmt in diesem Buch einen Versuch, die eine seiner beiden Wissenschaften den Vertreterinnen und Vertretern der anderen zu vermitteln. Das Buch ist aus einer Vorlesung entstanden und hat den an der Lehre orientierten Charakter behalten, wobei dies an vielen Stellen lebendig und mit Szenen aus der Alltagswelt verknüpft geschieht.

Aufgebaut ist das Buch in drei "Schritten": "Psychologische Disziplinen ... in (praktisch-)theologischen Zusammenhängen ... nach welchen Kriterien?" Das durch den Titel suggerierte Fortschreiten eines Gedankenganges löst das Buch allerdings nicht ein; die drei Teile bilden eher eigene Einheiten mit unterschiedlichen Bearbeitungsgegenständen.

Der erste und ausführlichste Teil stellt die wesentlichen psychologischen Disziplinen dar (mit Verbindungslinien zur Theologie): die Grundlagenfächer Allgemeine Psychologie, Entwicklungspsychologie, Persönlichkeitspsychologie und Sozialpsycho- logie sowie als exemplarisches Anwendungsfach die Klinische Psychologie. Die Teile sind unterschiedlich aufgebaut: Mal geben zentrale Begriffe die Gliederung vor, mal der wichtigste Vertreter (Jean Piaget für die Entwicklungspsychologie), mal erfolgt eine historische Herleitung und werden exemplarische Theorieansätze vorgestellt. Für Leser und Leserinnen mit psychologischen Grundkenntnissen bietet diese Variabilität der Darstellungsmodi eine zusätzliche interessante Perspektive auf die jeweilige Disziplin, ohne diese Grundkenntnisse dürfte dies jedoch eher verwirrend wirken. Die Darstellung selbst zeichnet sich dann allerdings durch eine bemerkenswerte Konzentration auf Wesentliches und eine große Fähigkeit aus, komplexe Sachverhalte in einfacher Sprache und Diktion zusammenzufassen. Vieles kann nur angerissen werden, aber ein Überblick wird vermittelt und Literaturhinweise ermöglichen ein gezieltes Weiterlesen.

Der zweite Teil stellt die Gebiete Pastoralpsychologie und Religionspsychologie als zwei die beiden Wissenschaften verbindende Arbeitsfelder dar. Dabei erstaunt, dass sich die Vorstellung von "Pastoralpsychologie" auf Supervision und Gemeindeberatung beschränkt. Die Pastoralpsychologie als eigener Ansatz der Poimenik, für den die psychologischen Grundkenntnisse ja in der Tat von größter Relevanz wären, ist nicht im Blick - dies wird nicht nur der Pastoralpsychologie nicht gerecht, sondern verschenkt auch eine Chance. Die Religionspsychologie wird dann wiederum anhand exemplarischer Forschungen vorgestellt.

Im dritten Teil nennt der Vf. kurz die vier Kriterien "Konvergenz inhaltlicher Optionen", "anthropologische Vereinbarkeit", "erkenntnistheoretische Vereinbarkeit" und "empirische Forschung" (130 f.) als Weg, psychologische Erkenntnisse theologisch weder zu vereinnahmen noch ihnen gegenüber abständig zu bleiben. Dieses Anliegen unterstreicht der Vf. mehrfach, wie dies konkret aussehen kann, ist mir jedoch nicht recht deutlich geworden. Nach diesem auf zwei Seiten beschränkten Teil folgen dann - unter der Kapitelüberschrift "Kriterien" erneut überraschend - längere Ausführungen über Seelsorge mit Depressiven, inhaltlich wiederum nicht uninteressant, aber ohne klaren Zusammenhang mit den vorigen Teilen.

Fazit: Nützlich ist das Buch als Nachschlagewerk, wenn man sich knapp und einführend über die psychologischen Disziplinen informieren möchte. Um es gern als gesamtes Buch zu lesen, wäre eine stringentere Gesamtkonzeption notwendig.