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Ausgabe:

Juni/2004

Spalte:

622–624

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Mettinger, Tryggve N. D.

Titel/Untertitel:

The Riddle of Resurrection. "Dying and Rising Gods" in the Ancient Near East.

Verlag:

Stockholm: Almquist & Wiksell International 2001. 272 S. gr.8 = Coniectanea Biblica. Old Testament Series, 50. Kart. SEK 238,00. ISBN 91-22-01945-6.

Rezensent:

Peter Welten

Die vorliegende Studie ist dem Alten Orient gewidmet, hat aber mit dem Thema "Tod und Auferstehung" eine Art übergreifendes Thema, das hintergründig den Charakter von JHWH und vor allem Jesu Auferstehung verfolgt. Damit ist die gesamte Theologie angesprochen. Das übergreifende Thema wird freilich allein in der Einleitung und im Epilog explizit angesprochen. Es ist im Korpus eine detaillierte, auch philologische Fragen behandelnde Studie, die ausführlich Forschungsgeschichte und Methodik berücksichtigt und mit dieser Grundlegung künftig auch weitere Arbeiten am Alten und Neuen Testament zu befruchten vermag, wie zum Schluss aufgezeigt wird.

Die Vorstellung vom "sterbenden und auferstehenden Gott" verdankt sich J. G. Frazer 1906 und einigen Vorläufern, die nach einer Phase einer umfassenden Blütezeit unter der klaren Kritik von R. de Vaux 1933 zunehmend an Einfluss verloren hat bis hin zur völligen Ablehnung durch M. S. Smith (1998). Hatte Frazer 1906 und ausgeführter 1914 in seiner Untersuchung Osiris, Tammuz, Adonis und Attis als Ausprägungen des altorientalischen Typus des sterbenden und aufstehenden Vegetationsgottes verstanden, widmet sich W. W. Graf Baudissin 1911 Adonis, Esmun und Tammuz mit einem ausführlicheren Abschnitt zur alttestamentlichen Religion, in wesentlicher Übereinstimmung mit Frazer. In seiner forschungsgeschichtlichen Übersicht (23-37) verfolgt M. im Anschluss an die Grundlegung durch Frazer und Baudissin die Fragen um Dumuzi-Tammuz, Adonis und Baal und zeigt, dass im Lauf der Zeit zunehmend von der Vorstellung eines "sterbenden und aufstehenden Gottes" Abstand genommen wird. Am Ende des Jahrhunderts verleiht Mark S. Smith (1998) dieser Hypothese den Todesstoß. Auf der Linie von Mark S. Smith ergibt sich die Vorstellung eines allein in die Unterwelt gehenden Gottes. Andere verstehen den hinabfahrenden Gott als Stellvertreter. Dabei ist auffallend, dass die Ugarittexte relativ spät mit in die Debatte einbezogen worden sind. Aus der forschungsgeschichtlichen Darstellung ergibt sich die Fragestellung der vorliegenden Arbeit, nämlich zu einer Entscheidung zu kommen, ob der Typus des sterbenden und auferstehenden Gottes belegbar ist oder nicht (39-53). Methodisch bedeutet das z. B., zwischen dem Reich des Todes und dem des Lebens im Orient und in Griechenland zu unterscheiden, wo die Trennung ungleich schärfer ist. Methodisch wichtig ist zudem die Unterscheidung zwischen der narrativen Gattung des Mythos und dem Ritual.

Ein erster Untersuchungsgang gilt dem ugaritischen Baal (55- 81). Sowohl im Mythus wie auch im Ritual ist Baal als "hinuntergehender bzw. sterbender und wieder auferstehender Gott" gut belegt, verbunden mit dem Wechsel der Jahreszeiten (Trockenzeit als Zeit des Todes, die Zeit der Winter- und Frühjahrsregen als Zeit des Lebens [KTU 1,4-6; KTU 1.12, Baalzyklus]). Die Vorstellung, dass das Geschick des Königs von Ugarit Vorbild für die Vorstellung vom sterbenden und auferstehenden Baal sei, ist schwerlich zu belegen.

Ein zweiter Untersuchungsgang gilt Melqart-Herakles (83- 111). Auch er erweist sich als sterbender und auferstehender Gott (Josephus Ant. VIII 5,3 [144-146], vgl. dazu eine Vase aus Sidon (Eretz Israel 9.6-13) und die Inschrift von Pyrgi [KAI 277]). Dabei ist Melqart-Herakles als chthonische Gottheit und Stadtgott von Sidon nicht als direkter Abkömmling von Baal zu verstehen.

Dasselbe Bild zeigt sich bei Adonis/Adon (113-165). Während der Adonis der klassischen Antike als Heros zu qualifizieren ist, gilt für den Adonis der Levante, dass er eindeutig eine Gottheit darstellt. Die Gestalt ist über Jahrtausende zurückzuführen (cf. "Damu" in EA 84 bis hin zu De Dea Syria 6). Trotz der Belege bei Origenes und Hieronymus kann die Vorstellung von Tod und Auferstehung nicht als christliches Motiv gekennzeichnet werden. Hinweise auf einen Charakter als Sturm- und Wettergott existieren nicht. - Als ursprünglicher Heilgott dürfte auch Eschmun in den Jahrhunderten v. Chr. bereits als sterbender und auferstehender Gott bezeichnet werden. Eine Nähe zu Melqart ist nicht zu übersehen.

Ein Vergleich zwischen Osiris und den westsemitischen Gottheiten (167-183) zeigt einerseits die Eigenart einer ägyptischen Gottheit, die stirbt und aufersteht, und andererseits eine gewisse Nähe zu Adonis und erst recht zum tyrischen Melqart - ein später Synkretismus. - Ein zweiter Vergleich gilt Dumuzi-Tammuz und westsemitischen Gottheiten (185-215). Dumuzi ist erst seit dem Ende des 3. Jt. eine Gottheit, vorher ein tragischer, vergöttlichter König, als Gottheit sterbend und auferstehend. Auch wenn gegenseitige Beeinflussungen von Gottheiten im Vorderen Orient vielfach belegt sind, ist eine Beziehung zu Baal nicht evident zu machen, eher schon zu Adonis und Melqart.

Ein kurzer Exkurs zum "Triduum" beschließt die Untersuchung (214 f.). Anknüpfend an Hos 6,2 und Jona 2,1 verfolgt M. Hinweise auf das "Triduum" im Alten Orient und findet solche bei Baal, bes. deutlich - mit Baudissin - bei Adonis (De Dea Syria 6). Die Vorstellung einer solchen Dreitagefrist im Orient kann aber nicht als erhärtet gelten. In einem Epilog (217-222) fasst M. seine Ergebnisse zusammen. Entgegen der Tendenz des 20. Jh.s, von der Vorstellung des "sterbenden und auferstehenden Gottes" Abstand zu nehmen, findet sich M. wieder bei Frazer und Baudissin, freilich auf einer höheren Ebene, indem die verschiedenen Gottheiten nicht einem Typus folgen, sondern je einzeln sterbende und auferstehende Gottheiten sind, verbunden auf verschiedene Weise mit den Jahreszeiten und dem Rhythmus der Vegetation. Eine kurze Beobachtung zu JHWH folgert, dass er ein Gott des Lebens ist. Obschon in der Zeit Jesu Vorstellungen einer solchen Gottheit präsent sind, ist nach M. Jesus kein Gott, sondern ein Mensch, seine Auferstehung ist ein historisches Faktum (leeres Grab) und sein Tod stellvertretendes Leiden. Jesus ist damit in der Welt der Religionen doch einzigartig. Seine Auferstehung bleibt auch nach der Untersuchung von M. ein Rätsel (221).

Ein Abkürzungsverzeichnis und eine bewundernswerte und nützliche Bibliographie beschließen die Arbeit.

Die notwendige und wichtige Untersuchung hat ihren Wert in sich. Der Versuch freilich, sich mit Jesu Tod und Auferstehung auseinanderzusetzen, ist gewiss "Hintergrundthema" dieser Studie. Die Andeutungen zum Neuen Testament, zu den Jüngern und zu Paulus bewegen sich leider nicht ganz auf dem Niveau der übrigen Arbeit. Eine sorgfältigere Erarbeitung der neutestamentlichen Tatbestände vor dem Hintergrund hiesiger und heutiger Diskussionen hätte einen erheblichen Gewinn bedeutet. Im Anschluss an M. könnte eine Studie zur Auferstehung Jesu höchst fruchtbar sein. So ist die Arbeit entgegen ihrer Intention doch vor allem eine Studie für Spezialisten des Alten Orients. Dafür ist sie in ihren Grenzen wichtig und auch weiterführend.