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Ausgabe:

Mai/2004

Spalte:

509–513

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Lemaire, A. [Ed.]

Titel/Untertitel:

Congress Volume Basel 2001.

Verlag:

Leiden-Boston: Brill 2002. VIII, 409 S. m. 1 Porträt. gr.8 = Supplements to Vetus Testamentum, 92. Lw. Euro 108,00. ISBN 90-04-12680-5.

Rezensent:

Rüdiger Bartelmus

Der gediegen ausgestattete und mit einer Fotografie des Kongress-Präsidenten Ernst Jenni geschmückte Band enthält nach einem Vorwort des Herausgebers A. Lemaire (VII) die Presidential Address (1-16) und die Hauptvorträge (17-397), die auf dem 17. Kongress der International Organization for the Study of the Old Testament in Basel (5. bis 10. August 2001) gehalten wurden; ein Biblical Index (399-409) schließt den Band ab.

Es ist gewiss kein Zufall, dass sowohl die Presidential Address von E. Jenni, "Höfliche Bitte im Alten Testament", als auch der abschließende Beitrag von T. Willi, "Hebraica veritas in Basel. Christliche Hebraistik aus jüdischen Quellen" (375-397) aus der Feder von Basler Forschern stammen und Fragen der Hebraistik gewidmet sind - Basler Beiträge zur Hebraistik bilden seit 500 Jahren so etwas wie das A und O aller Forschung an der Sprache des Alten Testaments. Die diesbezügliche Geschichte so zusammenzufassen, dass nicht nur Namen wie S. Münster, J. Buxtorf (d. Ä. u. d. J.), W. M. L. de Wette oder W. Baumgartner ins Bewusstsein des Lesers gehoben werden, sondern ein plastisches Bild von dem in Basel beheimateten christlich-jüdischen Ringen um eine wissenschaftliche Erschließung der althebräischen (und -aramäischen) Grammatik und Syntax entstanden ist, ist Willi in beispielhafter Weise gelungen.

Dass und wie man die in Basel beheimatete sprachwissenschaftliche Akribie mit lebenspraktischen Anliegen so verbindet, dass eine unterhaltsame und lehrreiche Hebräischstunde den Auftakt zu einem alles andere als trockenen Empfang bilden kann, belegt die Presidential Address: Schade, dass dem Band keine CD beigelegt ist, auf der die unnachahmlich trockene Diktion dokumentiert ist, mit der E. Jenni seine Überlegungen zur höflichen Bitte im Alten Testament zu artikulieren wusste.

Dem Basler genius loci huldigen denn auch die ersten sechs Beiträge: M. O'Connor, "Discourse Linguistics and the Study of Biblical Hebrew" (17- 42), St. A. Kaufmann, "Recent Contributions of Aramaic Studies to Biblical Hebrew Philology and the Exegesis of the Hebrew Bible" (43-54), A. Wagner, "Die Stellung der Sprechakttheorie in Hebraistik und Exegese" (55-83), E. Ulrich, "The Text of the Hebrew Scriptures at the Time of Hillel and Jesus" (85-108), C. McCarthy, "Moving from the Margins: Issues of Text and Context in Deuteronomy" (109-137) und G. Dorival, "Septante et texte massorétique. Le cas des psaumes" (139-161).

Im Beitrag von O'Connor geht es um eine Verhältnisbestimmung von Linguistik und Exegese: "The proposal is fairly simple: that they are independent activities that do not profit from being merged" (38). "Linguistics is, in fact, a science and therefore commited to a modern horizon ... it is also, unlike biblical studies, oriented away from the unique. Reading, in contrast, is devoted to the unique ... It can be, as linguistics cannot be, naive or canny" (42).

Im Zentrum des Aufsatzes werden dann elementare Fragen der satzübergreifenden Syntax im Zusammenhang mit Verben des Sagens, insbesondere mit dem "prototypical" und "non-prototypical" Gebrauch von l'mr verhandelt. Der diskurslinguistische Zugang zu der Exegeten wie Linguisten gleichermaßen interessierenden Frage, wie "quotations" in hebräischen Texten eingeführt werden, den jüngst C. L. Miller bzw. S. A. Meier und P. Trummer vorgelegt haben, kann nach O'C. zwar wichtige Aspekte aufdecken, die in der konventionellen Grammatikforschung unberücksichtigt bleiben, aber er kann Letztere nicht ersetzen. Im Blick auf das "chief problem" der hebräischen Grammatik muss festgehalten werden: "The interaction of aspect, time reference, and mode needs to be accounted for, and it is impossible to do so in a linguistic study oriented only to the clause" (28).

Im Übergangsbereich zwischen Grammatikforschung und Erforschung der Frühgeschichte Kanaans ist der Aufsatz von St. A. Kaufmann zu verorten: Es geht zunächst um "background materials" wie die Inschriften von Tell Dan, Deir 'Alla, Tell Fakhariyeh und Bukân "in its provision of external, primary evidence helping to fix the chronological literary and rhetorical context of biblical materials" (48). Der rhetorische Stil der Dokumente des "Priestly Code" entspricht nach K. dem gemeinwestsemitischen Stil "of the late ninth to late eighth centuries BCE" (ebd.). Nach diesem Grundlagen der Pentateuchforschung berührenden Statement werden noch kurz weitere "background materials for specific biblical books", Fragen der "Aramaic dialectololgy" (sic!), der ältesten Orthographie, sowie der Grammatik und Sprache des Bibeltextes verhandelt.

Was den Aufsatz von A. Wagner betrifft, kann sich der Rez. im Gegensatz zu seinem Sujet kurz fassen, handelt es sich doch im Wesentlichen um eine Zusammenfassung der Ergebnisse der Dissertation Wagners (1995), die bereits in ThLZ 125 (2000), 738 ff. vorgestellt worden ist. Neu ist nur ein Teil der zitierten Literatur, so die Einbeziehung von A. Gardt, Die Geschichte der Sprachwissenschaft (1999), eines Buchs, dem auch der hypertroph wirkende Terminus "Fahnenwörter" der Pragmatik (d. h. Kommunikation, Handlung, Sprechakt, Sprachgebrauch und Situation") entnommen ist (63). Exemplarisch vorgestellt wird die Sprechakttheorie - unterstützt von einer Tabelle mit "Beobachtungen zur Sprecherstruktur, Rollenverteilung und Themenfolge" (74 f.) am Beispiel von Ps 2.

Auch E. Ulrich referiert im Wesentlichen Ergebnisse, die er schon andernorts publiziert hat, dies freilich in einer Form, die im Rahmen eines Kongresses, an dem nicht nur Spezialisten der jeweiligen Teilwissenschaft beteiligt sind, ausgesprochen hilfreich ist: Am Beginn jedes Unterabschnitts wird thesenartig das zusammengefasst, was im Folgenden dann argumentativ entfaltet wird. Zudem holt U. den Leser in der ersten These dort ab, wo ein gewisser Konsens in der Wissenschaft besteht, um den so in den Denkprozess eingebundenen Leser im Folgenden hin zur eigenen spezifischen Sicht der Textgeschichte des Alten Testaments zu führen.

Dass praktisch alle biblischen Bücher das Resultat eines längeren Überlieferungsprozesses darstellen (so These 1), wird kein kritischer Alttestamentler bestreiten. Von der zentralen (aus der Sicht des Rez. überzeugenden) These 3 wird man Ähnliches kaum sagen können: Die Forschung muss sich von der lieb gewordenen Überzeugung lösen, der in der BHS überlieferte Text sei das eigentliche Alte Testament und die übrigen - sämtlich älteren - Textüberlieferungen wie Qumran-Texte, LXX und Samaritanus bzw. die Zitate bei Josephus und im Neuen Testament seien "sectarian, or vulgar, or nonbiblical" (92). Wenn z. B. Samaritanus und LXX übereinstimmen, kann der betreffende Text schwerlich mit der herkömmlichen Textkritik als schlechter bezeugt, also als wenig relevant gewertet werden. Von daher ergibt sich fast zwangsläufig These 6: In der Zeit des Zweiten Tempels gab es schlicht noch keinen Standardtext der Bibel ("in fact, no Bible as such"), weshalb der MT als "a chance collection from a wide pool of circulating texts" zu werten sei. In These 8 und 9 werden dann noch zwei Fundamente des "canonical approach" ins Visier genommen und destruiert: a) Es gibt zwei Hauptperioden der Textgeschichte - die der Komposition und des Wachstums der Texte, deren Ende frühestens 70 CE anzusetzen ist (möglicherweise aber erst 132-135), und die der Uniformierung der Texte, die in der Arbeit der Masoreten zu ihrem Ende kam. b) Es gibt Texte, die gemeinhin als "nonbiblical" gelten, aber dennoch als biblisch bezeichnet werden können.

Mit Fragen der Textgeschichte bzw. der Textkritik setzen sich auch C. McCarthy und G. Dorival auseinander. In dem Aufsatz von McCarthy geht es um die Vorstellung des Projekts der Biblia Hebraica Quinta (BHQ), also um die Grundlage künftiger hebraistischer Forschung - eine Basis, die dank der Einbeziehung vieler in der BHS unberücksichtigter Quellen wesentlich verbreitert sein wird. In drei Abschnitten - "Aramaic Mnemonics, The nature and usefulness of tefillin and mezuzot for issues of textual criticism, Some Text-Critical Issues in Deuteronomy 33,2" - werden, unterstützt von tabellarischen Auflistungen, die Prinzipien der neuen Textedition an Beispielen aus dem Deuteronomium vorgestellt.

Dass man (im Fall der Psalmen) auch zu einer ganz anderen Sicht der Dinge kommen kann, als sie Ulrich skizziert hat, belegt der Beitrag von G. Dorival. Er meint zeigen zu können, dass die Abweichungen zwischen der LXX und dem MT in dem Sinne zu deuten sind, dass die Übersetzer der LXX - nicht anders als die der Targume - ihre (mit dem MT weitgehend übereinstimmende) Textvorlage von ihren religiösen, kulturellen und sprachlichen Vorgaben her interpretierend (und damit auch ein Stück weit verändernd) übersetzt haben; bei den Angaben in den Psalmentiteln, die sich auf liturgisch-musikalische Fragen beziehen, spiegelt ihre Interpretation allerdings eine ältere Tradition.

Eine Art Brücke zwischen den "typisch baslerischen" und den übrigen exegetischen, theologischen und archäologischen Beiträgen bildet der Aufsatz von H. Weippert, "Der Lärm und die Stille. Ethno-archäologische Annäherungen an das biblische Alltagsleben" (163-184). Ausgehend von eher allgemeinen anthropologischen Beobachtungen nähert sie sich über sehr spezifische sprachliche Beobachtungen zunächst einer genaueren Beschreibung der rituellen Elemente, die im Zusammenhang mit Hochzeit und Tod als den "beiden herausragenden familiären Ereignisse[n] von hoher öffentlicher Bedeutung" in alttestamentlicher Zeit eine Rolle spielten. Die im Titel erwähnten Begriffe Lärm und Stille bilden dann die Brücke zu archäologischen Ausführungen betreffs der altisraelitischen Wohnkultur, innerhalb derer den Frauen als den "Herrinnen" über den akustischen Bereich eine besonders wichtige Rolle zugekommen ist.

Einen vermittelnden Beitrag zu einem zentralen Problem in der disparaten Forschung bietet U. Rüterswörden: "Dtn 13 in der neueren Deuteronomiumforschung" (185-203). Ausgehend vom Rassam-Zylinder Assurbanipals und der Diskussion um die sog. Loyalitätseide Asarhaddons (VTE), deren Einfluss auf Dtn 28 H. U. Steymans nachgewiesen hat, verhandelt R. drei Punkte: die Stellung von Dtn 28 und 13 im Kontext des Deuteronomiums, die Frage nach der Beziehung zu den Vasallenverträgen Asarhaddons und schließlich "eine mögliche Lösung" (187). Es ist unmöglich, hier Einzelheiten aus der vorsichtig abwägenden Argumentation R.s vorzustellen, lediglich das Ergebnis sei mitgeteilt: "Es ist vorstellbar, dass bei dem Thema der Loyalität auch bodenständig westliche Vorstellungen" (Sfire- und Hadad-Inschrift) "eine Rolle gespielt haben. Wie diese die VTE komplementiert haben ..., ist ein offenes Problem. Es dürfte aber keinem Zweifel unterliegen, dass wir hier zeitlich vor dem Exil liegen ..." (203).

Dem Titel nach lässt der Aufsatz von H. Schüngel-Straumann, "Feministische Exegese ausgewählter Beispiele aus der Urgeschichte. Rückblick auf ein Vierteljahrhundert feministische Auslegung von Gen 2 und 3" (205-223) einen forschungsgeschichtlichen Beitrag erwarten. Diese Erwartung wird nur partiell erfüllt: Einleitend wird die missliche Ausgangslage von Exegetinnen mit feministischer Ausrichtung zwischen der Scylla der Radikalfeministinnen (z. B. M. Daly) und der Charybdis christlich-konservativ geprägter Frauen kurz angesprochen. Gen 2-3 ist als textliche Basis gewählt, weil es sich bei den ersten Kapiteln der Genesis um "Schicksalstexte von Frauen" handelt (205), vor allem wenn man die christliche Auslegung in Betracht zieht, die von "der Entgegensetzung Eva-Maria" belastet ist. Damit ist der Horizont auf 2000 Jahre Forschungsgeschichte ausgedehnt, aber zugleich ein Bruch in der Argumentation angedeutet - historisch-kritische Exegese der Gegenwart als Konterpart der feministischen Exegese ist ja in aller Regel nicht von den frühchristlichen Deutungsmustern bzw. vom Neuen Testament her beeinflusst. Dennoch setzt sich S. fast ausschließlich mit der antiken Wirkungs- und Rezeptionsgeschichte auseinander, ist sie doch "das eigentliche Problem der Auslegungsgeschichte" (207). Es folgt eine an "Wortspiele[n] und Stichwortverknüpfungen" orientierte Kurzexegese von Gen 2-3, in der ältere Arbeiten S.s verarbeitet sind (207-212), sowie eine Auseinandersetzung mit besonders frauenfeindlichen Aspekten bzw. Motiven, die in der Tradition eine Rolle gespielt haben (212-221). Anders als im ersten Teil werden hier immerhin gelegentlich Kolleginnen (auch Kollegen) erwähnt - was der Titel versprochen hat, wird nur peripher gestreift.

In impliziter Abgrenzung gegen die "Zürcher Schule" um O. H. Steck, aber ohne jede ernsthafte Auseinandersetzung mit ihr, verhandelt H. M. Barstad das Thema "Isa. 40,1-11. Another Reading" (225-240) im Sinne einer synchronen Endtextexegese: "The whole text of Isa. 40-55 is one literary creation", "self-propagating and cumulative, spatial, rather than linear" (226). Intertextuelle Bezüge über Jes 40-55 hinaus werden damit erklärt, dass "the author of Isa. 40-55 frequently quotes from other texts" (228). Im Übrigen wird dafür plädiert, die Eingangsverse des Buchs im Gespräch mit später folgenden Aussagen zu deuten. Dabei ergibt sich als "one result of the present reading of Isa. 40,1-11 ... that 40,3-5, contrary to scholarly consensus, does not at all refer to Exodus" (237). "The frequence of the occurrence of Exodus motifs in Second Isaiah has ... been widely overestimated" (238).

Eine uralte und zugleich hochaktuelle Frage diskutiert B. Janowski unter dem Titel: "Theologie des Alten Testaments. Plädoyer für eine integrative Perspektive" (241-276). Es geht um eine Präzisierung des Theologiebegriffs "nicht nur angesichts der Herausforderungen durch die Religionsgeschichte Israels, sondern auch im Blick auf die Biblische Theologie sowie den christlich-jüdischen Dialog" (242). Dies geschieht in zwei Schritten: Begonnen wird "mit einem Rückblick auf die neuere Forschung der letzten 40 Jahre (I), um daraus Argumente für einen Neuansatz zu gewinnen (II)" (ebd.). In Teil I geht es zunächst um Theologie des Alten Testaments als "Nacherzählung", d. h. um die Auseinandersetzung der Forschung mit G. von Rad (243-249), dann wird die "Religionsgeschichte Israels als zusammenfassende Disziplin" diskutiert (249-254). Die Lösung des Problems, die J. in Teil II vorschlägt, umfasst wiederum zwei Teile. Im ersten geht es um "die Korrelation von Religionsgeschichte und Theologie" (255-269), weil "eine Theologie des Alten Testaments nicht losgelöst von der geschichtlichen Wirklichkeit Israels, d. h. nicht losgelöst von seiner Religions- und Sozialgeschichte plausibilisiert werden kann, weil sie sonst ihr fundamentum in re verlöre" (255). Hier finden sich u. a. Einzelanalysen sowie tabellarische Zusammenfassungen zu wichtigen Aspekten. Im zweiten Teil wird "die hermeneutische Funktion des Kanons" diskutiert (270-274). "Tübinger" Denken - vernetzt mit transatlantischem Gedankengut (B. Childs) - begegnet in den kurzen Schlussbemerkungen: "Die Aufgabe für uns Christen" liegt "darin, die zweigeteilte christliche Bibel als den einen kanonischen Text zu lesen".

Mit C. L. Meyers, "From Household to House of Yahweh: Woman's Religious Culture in Ancient Israel" (277-303), kommen noch einmal feministische Fragestellungen in den Blick. Dass hier eine radikalere feministische Sicht vertreten wird als im Beitrag von Schüngel-Straumann, ahnt der Leser schon bei der Lektüre der "Introduction": "For one thing, feminist biblical study, whether conducted by women or by men, still tends to represent masculinized approaches" (278). Dennoch ist es nach M. den feministischen Theologinnen und Theologen gelungen, bewusst zu machen, dass "women were not much more disadvantaged in their participation in communal religious activity than were non-priestly males" (279). Der Aufsatz selbst gliedert sich in vier Teile - "An Anthropological approach" (280- 285), "Archaeological Evidence" (285-289), "Ethnohistorical Information" (289-294) und "Ethnographic Evidence" (294-297) - und eine "Discussion" (297-303). Die Grundlage für die Einzelausführungen M.s bildet die Überzeugung: "Ancient Israel had multiple religions" (281). Vor diesem Hintergrund wird "women's religious culture" in Israel entfaltet. Summa: "Women's lives in ancient Israel were replete with opportunities for religious expression and experience" (303).

Ob der Beitrag von J. D. Levenson, "The Resurrection of the Dead and the Construction of Personal Identity in Ancient Israel" (305-322) unter "Religionsgeschichte" oder "Theologie" zu verorten ist, hängt vom Standpunkt des Lesers ab: Aus jüdischer Sicht geht es um eine "Theologie", aus christlicher Sicht um "Religionsgeschichte" - beginnt der Aufsatz doch mit einem Reflex auf die rabbinische Lehre von der Auferstehung; sogar die Mekhilta des R. Ishmael zu Ex 15,1 wird in die Argumentation mit einbezogen. Zitiert werden sowohl die präteritale Lesart des yascîr im Haupttext der Mekhilta als auch eine abweichende futurische Lesart des yasîr, die auf R. Judah Ha-Nasi zurückgeht. Dazu wird resümiert: "This interpretation makes for exceedingly bad philology, to be sure, but also for rich and powerful theology" (307). Auch das Neue Testament wird herangezogen, um die "theological profundity" der angesprochenen Lesart zu unterstützen (308). Dieser Sicht werden in einem zweiten Abschnitt Texte gegenübergestellt, in denen die Realität und Irreversibilität des Todes artikuliert werden. Der dritte Abschnitt bringt dann die Synthese: "the doctrine of resurrection upholds both realities - the fact of death and the promise of life" (322).

Zu dem Beitrag von I. Finkelstein, "Archaeology and Text in the Third Millennium: A View from the Center" (323-342) sei hier nur so viel gesagt, dass er gegenüber den zahlreichen anderen Publikationen des Autors kaum Neues bietet: "the Albrightian chains" werden ein weiteres Mal zerbrochen und der so befreiten Archäologie wird ein weiteres Mal "a leading position in the quest for biblical history" zugesprochen (342). Und es ist natürlich klar, dass die Archäologie "absolutely no sign of a great 10th century territorial state ruled from Jerusalem" zeigt (339), ja es besteht kein Zweifel daran, dass praktisch alle die Frühzeit betreffenden Überlieferungen Verhältnisse der späten Königszeit widerspiegeln.

Dass es Th. Chr. Römer am Ende seines Beitrags: "Le Pentateuque toujours en question. Bilan et Perspectives après un quart de siècle de débat" (343-374), gewagt hat, vor den in Basel anwesenden vielen kleinen Napoleons der Pentateuchkritik überhaupt "un compromis possible pour un document de compromis" anzudenken (373), verdient Bewunderung. Ebenso steht der Rez. staunend vor dem Phänomen, dass man in den Wust der neueren Pentateuchtheorien so etwas wie Ordnung bringen kann - jedenfalls im Blick auf deren Darstellung. Dementsprechend übernimmt er schlicht die klar strukturierenden Überschriften R.s und verweist den an Einzelheiten interessierten Leser auf den Aufsatz selbst. "Le débat sur P", mit der R. beginnt, ist gegliedert in die Unterpunkte "Source ou rédaction?" und "Le problème de la fin de Pg" (346-354). Danach verhandelt R. "La renaissance de l'Hexateuque", wiederum untergliedert in Teilabschnitte: "De la contestation de l'histoire dtr à la redécouverte de l'Hexateuque", "Un Hexateuque à la Wellhausen?", "Un Hexateuque à l'époque perse?" und "Le Deutéronome entre Hexateuque et Tétrateuque" (355-360). Erst an dritter Stelle erscheint die am meisten umstrittene Größe J: "Yahwiste, composition D ou théorie des fragments?", untergliedert in die Teilabschnitte "Yahwiste et composition D: le problème de leurs sources et de leur profile", "Le rétour d'une théorie des fragments?" und "Unités autonomes et rédacteurs englobants" (360-369). Schließlich wagt sich R. noch an "Quelques considérations et suggestions méthodologiques", unterteilt in "La fin des théories globales?", "Fortschreibung dans le livre des Nombres" und "Pour une prise en compte de la diversité rédactionelle des livres du Pentateuque" (369-372).

Unbeschadet der gelegentlich angedeuteten Kritikpunkte - bei einem Kongress dieser Größe können nicht alle Beiträge "Spitze" sein - repräsentiert der Band einmal mehr den aktuellen Stand der alttestamentlichen Wissenschaft: Den im Hintergrund wirkenden Basler Organisatoren Klaus Seybold, Hans-Peter Mathys und Beat Huwyler und - last not least - dem Herausgeber André Lemaire ein großes Kompliment!