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Ausgabe:

Mai/2004

Spalte:

498 f

Kategorie:

Bibelwissenschaft

Autor/Hrsg.:

Scott, James M. [Ed.]

Titel/Untertitel:

Restoration. Old Testament, Jewish, and Christian Perspectives.

Verlag:

Leiden-Boston-Köln: Brill 2001. XIII, 600 S. gr.8 = Supplements to the Journal for the Study of Judaism, 72. Lw. Euro 155,00. ISBN 90-04-11580-3.

Rezensent:

Jesper Høgenhaven

Dieser dem Gedächtnis von Odil Hannes Steck (1935-2001) gewidmete Band enthält Beiträge zum Begriff "Restauration" in alttestamentlichen, jüdischen und christlichen Zusammenhängen. Eine kurze Einleitung zeigt "Restauration" als ein Thema von grundlegender Bedeutung für die gesamte Antike auf.

Nicht ganz durchschaubar ist der Aufbau des Buches. Die Aufsätze sind in vier Hauptabschnitte eingeteilt unter den Überschriften: "Formative Period", "Graeco-Roman Period", "Formative Judaism", "Early Christinaity". Es leuchtet ein, dass dieser Einteilung kein chronologisches Prinzip zu Grunde liegt. Hinter den Überschriften "Formative Period" (Beiträge zum Alten Testament) und "Formative Judaism" (Beiträge zu rabbinischen Texten) scheinen bestimmte Auffassungen zu stecken, die dem Leser nicht deutlich werden. Besonders der zweite Hauptabschnitt ("Graeco-Roman Period"), der Altes Testament, jüdische Apokalyptik und Eschatologie sowie Qumran-Texte umschließt, scheint sich weniger gut in den Gesamtaufbau einzufügen.

J. G. McConville analysiert die verschiedenen "Restaurations"-Ideen im Deuteronomium wie im deuteronomistischen Geschichtswerk. Dabei wird konzis und klar über die redaktionsgeschichtlichen Fragestellungen und deren wichtigste Lösungsvorschläge informiert. Der Autor betont das vorexilische Traditionselement als Voraussetzung für die Entstehung der komplexen "restaurativen" Theologien in der deuteronomistischen Tradition. "Restauration" in der alttestamentlichen prophetischen Tradition ist das Thema eines Aufsatzes von Konrad Schmid und Odil Hannes Steck. Hier wird - vor allem auf der Linie früherer Arbeiten von Steck - das "Corpus propheticum" als ein literarisches und theologisches Ganzes betrachtet. Dieses "Corpus" bemüht sich um eine besondere theologische Anschauung der nachexilischen Zeit: Die entscheidende "Wende" des Heils wird als schon eingetroffen aufgefasst, die volle Verwirklichung des (eschatologisch verstandenen) Heils wird aber als ein noch verlaufender Prozess gesehen. Der hauptsächlich historisch orientierte Aufsatz von Lester L. Grabbe fasst die drei "Neugründungen" nach dem Exil (die mit Joshua-Zerubbabel, Ezra und Nehemia verbunden werden) ins Auge und unternimmt eine kritische Sichtung der verschiedenen Überlieferungen und literarischen Gestaltungen jener geschichtlichen Wiederherstellung.

Shemaryahu Talmon beschäftigt sich breit mit den Motiven "Exil" und "Restauration/Wiederherstellung" im antiken Judentum und zwar überwiegend im alttestamentlichen Bereich. David E. Aune und Eric Stewart zeigen die komplexen Motive bei der Vorstellung einer eschatologischen "Wiederherstellung" (Restauration von Land, Königtum und Volk sowie Wiederherstellung des verlorenen Paradieszustandes und des gefallenen Kosmos) in jüdischer Apokalyptik auf. Johannes Tromp analysiert messianische Vorstellungen in antiken jüdischen Texten und setzt sich für ein Verständnis der Messiaserwartung als einer relativ späten Erscheinung (des 2.-1. Jh.s v. Chr.) im antiken Judentum ein. "Restauration" als theologisches Thema in den Qumran-Texten wird von Lawrence H. Schiffmann behandelt, während Louis H. Feldmann die Darstellung der nachexilischen Wiederherstellung der jüdischen Gesellschaft in den Schriften des Josephus analysiert.

Die Kombination verschiedener Motive einer "Restauration" (Wiederkunft Elijas, messianisches Königtum, endzeitlicher Krieg und kommende Welt) in Seder Olam wird von Chaim Milikowski behandelt als Beispiel für die Theologie der rabbinischen Texte. Der Beitrag von Stefan C. Reif weist auf "Restaurations"-Motive in rabbinischen Gebetstexten hin, und Gary G. Porton zeigt das Ezra-Bild der rabbinischen Tradition in seiner Vielfältigkeit auf. Bruce Chilton geht auf das Thema Wiederherstellung des Tempels in Targum Jonathan ein und orientiert dabei auch über die verschiedenen redaktionellen Schichten des Targums und deren theologischen Charakter.

John P. Meier liefert - in Auseinandersetzung mit neueren Positionen der neutestamentlichen Forschung - eine Argumentation dafür, dass die Verbindung Jesu mit "den Zwölf" ein altes, ursprüngliches Element der Überlieferung darstellt, das auf eine Idee der Wiederherstellung Israels hinweist. Sean Freyne bringt die oft besprochene Polarität Galiläa-Jerusalem in den Evangelien mit verschiedenen Vorstellungen von einer Wiederherstellung Gesamtisraels in Verbindung. Die lukanische Idee von einer "Restauration" Israels (wie sie besonders in Lk 1-2 zum Ausdruck gebracht wird) ist das Thema von Richard Bauckhams Aufsatz, während James M. Scott die paulinische Vorstellung von einer "Rettung" Israels (Röm 11,26) exegetisch behandelt. Außerhalb des neutestamentlichen Bereiches steht schließlich der Beitrag von F. Stanley Jones, der die "chiliastisch" verstandene Restauration Israels in den pseudoclementinischen "Recognitionen" untersucht. Der Aufsatz liefert einen wertvollen Beitrag zu einer genaueren, auf bestimmten Texten und Motiven basierenden Analyse des vielfach debattierten Begriffs "Judenchristentum".

Der Gebrauch, der von den verschiedenen mit einer Wiederherstellung Israels verbundenen Motiven in der antiken christlichen Literatur der nachapostolischen Zeit gemacht wird, hätte mehr als einen Beitrag verdient. Der vorliegende Band, der gewissermaßen die Linie des früher erschienenen Bandes "Exile: Old Testament, Jewish, and Christian Perspectives" (ed. James M. Scott, Journal for the Study of Judaism Supplement Series 56, Leiden 1997) fortsetzt, stellt aber insgesamt einen sehr willkommenen Beitrag zur Diskussion über die Hauptlinien der biblischen Theologie wie der antiken jüdischen und christlichen Gedankenbildungen dar.