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Ausgabe:

April/2004

Spalte:

395 f

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Autor/Hrsg.:

1) Bullinger, Heinrich 2) Bullinger, Heinrich

Titel/Untertitel:

1) Briefe des Jahres 1538. Bearb. v. H. U. Bächtold u. R. Henrich. Unter Benützung der Abschriften von E. Egli u. T. Schieß. Philologische Beratung durch R. Jörg u. M. Lienhard ().

2) Briefe des Jahres 1539. Bearb. v. H. U. Bächtold u. R. Henrich.

Verlag:

1) Zürich: Theologischer Verlag Zürich 2000. 311 S. gr.8 = Heinrich Bullinger Werke. Zweite Abtl.: Briefwechsel, 8. Lw. Euro 80,00. ISBN 3-290-17211-2.

2) Zürich: Theologischer Verlag Zürich 2002. 295 S. gr.8 = Heinrich Bullinger Werke. Zweite Abtl.: Briefwechsel, 9. Lw. Euro 80,00. ISBN 3-290-17220-1. 2)

Rezensent:

Ernst Koch

Der Briefwechsel der Jahre 1538 und 1539 umfasst insgesamt 245 Schreiben, von denen 113 auf das Jahr 1538 fallen und insgesamt 50 Bullinger als Absender aufweisen.

Wie nicht anders zu erwarten, prägen die bewegenden politischen Ereignisse dieser Jahre die Inhalte der Briefe. Der Zürcher Antistes hatte inzwischen unter seinen Korrespondenzpartnern bewährte Informanten gefunden, die ihn mit Nachrichten versorgten. 1538 kommen wichtige Mitteilungen aus England über Rudolf Gwalther an ihn (234-237). 1539 war Post aus Rom eingetroffen, von der Bullinger berichtet (107). Mit Recht bemerken die Bearbeiter dieses Bandes, der Briefwechsel werde "europäischer" (11). Einige Briefpartner tauchen seit 1538 erstmals auf, so z. B. in der Lausitz (Zittau und Görlitz).

Unter den innereidgenössischen Problemen melden sich 1538 große Spannungen zwischen Bern und Basel einerseits und Zürich andererseits zu Wort, die durch das Verhältnis zu Wittenberg in der Abendmahlsfrage ausgelöst sind. In diesem Zusammenhang ist auf die dichte Korrespondenz mit Oswald Myconius zu verweisen, aber auch auf die Vermittlungsbemühungen Martin Bucers, von dem ein umfangreiches, bisher unveröffentlichtes Schreiben vom 25. Februar 1538 vorliegt (62-94). 1539 gewinnt der Konflikt um die Basler Universitätsreform großes Gewicht, an dem Andreas Karlstadt starken Anteil hat. Bern ist weiterhin von den Spannungen zwischen den Anhängern Martin Bucers und denen Zwinglis in der Abendmahlsfrage bewegt. Für Zürich und die künftige Tätigkeit Bullingers im Verhältnis zwischen Kirche und Stadt gewinnen die Kontakte mit Johannes Haab, dem späteren Bürgermeister, an Bedeutung.

Im außenpolitischen Feld des Jahres 1539 zeigen sich die Meinungen über den Frankfurter Anstand sehr geteilt, der auch für die religionspolitische Orientierung des eidgenössischen Protestantismus als entscheidend gelten muss. Ambrosius Blarer spricht im Juni des Jahres von "Verrat" (158, 10). Unruhe verbreitet das für Nürnberg geplante Religionsgespräch. Mit alledem differenzieren sich die historischen Einblicke in das politische Kräftespiel am Ende des vierten Jahrzehnts des 16. Jh.s vor allem hinsichtlich der Kommunikation zwischen den eidgenössischen Protestanten. Liturgiegeschichtlich einschlägig ist der Bericht vom 10. August 1539 über die in Ostfriesland seit 1531 praktizierte Abendmahlsfeier und ihre theologischen Implikationen (188-192). Im Bereich von Bullingers Privatkorrespondenz entwickelt sich 1538 ein relativ dichter Briefwechsel mit dem in Basel studierenden Gwalther, der Bullinger omnium studiosorum Moecenas nennt und auch nicht mit Kritik am Basler Lehrbetrieb spart (234).

Die Edition der Texte lässt nur wenige Wünsche offen. Der Arbeitsaufwand, der für die Kommentierung geleistet worden ist, lässt sich beispielhaft an aus archivalischen Quellen recherchierten Biogrammen ablesen (1538: 177, Anm. 5, 1539: 106, Anm. 3). Die auch in diesen Bänden der Edition enthaltenen Feststellungen von verlorenen Briefen regen dazu an, den Bearbeitern vorzuschlagen, eine Liste solcher verlorener Stücke zu erstellen.

Dass nur einige, eher geringfügige Druckfehler kritisch angemerkt werden müssen, spricht für die hohe Qualität auch dieser Bände der Edition des Bullinger-Briefwechsels. Den Bearbeitern ist wiederum zu ihrer Leistung zu gratulieren.