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Ausgabe:

April/2004

Spalte:

378 f

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Weber, Beat

Titel/Untertitel:

Werkbuch Psalmen I. Die Psalmen 1 bis 72.

Verlag:

Stuttgart-Berlin-Köln: Kohlhammer 2001. 357 S. gr.8 Kart. Euro 25,00. ISBN 3-17-016312-4.

Rezensent:

Bernd Janowski

Der Vf., ein seit Jahren ausgewiesener Psalmenforscher und zurzeit Pfarrer in Linden bei Bern/CH, legt mit diesem "Werkbuch" den ersten Band seiner zweiteiligen Psalmenkommentierung vor, die laut Vorwort in wesentlichen Teilen auf seine Zeit als Mitglied des von K. Seybold geleiteten Psalmenprojekts an der Universität Basel zurückgeht. Geboren aus dem "notvolle[n] Umstand, dass die an der Universität betriebene wissenschaftliche Theologie einerseits und die kirchliche bzw. pfarramtliche Praxis andererseits immer stärker auseinanderdriften" (5), unternimmt der Vf. den Versuch, mit Hilfe einer umsichtigen, die Ergebnisse der historisch-kritischen Psalmenforschung berücksichtigenden Exegese die Brücke zur Praxis, d. h. zur Bibellektüre wie zum persönlichen Gebet zu schlagen. Dem Charakter eines "Werkbuchs" gemäß, "Hilfestellungen zu geben, Ressourcen bereitzustellen und Anstöße zu vermitteln" (5), beschränkt sich der Vf. in bescheidener Zurückhaltung darauf, "Textbeobachtungen philologischer, poetologischer und kanon- bzw. bibeltheologischer Art bereitzustellen" (ebd.) - allerdings auf vorbildliche Weise.

Den elementaren Charakter des "Werkbuchs" unterstreicht zunächst die "Einführung" (17-47), die in vier Abschnitten Grundkenntnisse der Psalmenexegese und zugleich Grundergebnisse der gegenwärtigen Psalmenforschung vermittelt. Nach einer knappen Skizze der Eigenart und Gestalt des vorliegenden "Werkbuchs" (s. im Folgenden) werden zunächst einige Eigenheiten der Psalmen(sprache) wie Metrik, Poetik, Strophik, Gattungen und Bildsprache dargestellt, um sodann den Psalter hinsichtlich seiner kompositorischen Anlage, seiner Entstehung und seiner Kanonisierung ("im 3. oder 2. Jh. v. Chr.") in den Blick zu nehmen. Hinweise auf die kanonische Psalmenlesung (45 f.) sowie die Wirkungsgeschichte der Psalmen (46 f.) beschließen die Einführung. Sehr hilfreich ist dabei, dass der Vf. anmerkungsweise immer wieder in das (kritische) Gespräch mit der Forschung eintritt, ohne seine Ausführungen zu einem Forschungsbericht werden zu lassen.

Den Hauptteil des Buchs bilden naturgemäß die Auslegungen der Psalmen 1 bis 72, d. h. bis zum Ende des 2. Psalmenbuchs (48-330). Die Kommentierung folgt dabei einem einheitlichen Raster, das die Schritte: Übersetzung, Vokabular (hilfreich für die Arbeit in Seminaren und Vorlesungen), Sprache und Form, Poesie und Struktur, Kontexte (altorientalische Umwelt leider nur sporadisch, der Psalter als näherer und der gesamtbiblische Kanon als weiterer Kontext) und Anregungen für die Praxis (mit Angaben zur Rezeption des jeweiligen Psalms in den deutschsprachigen Gesangbüchern) umfasst (vgl. 17 ff.). Da für die Kommentierung der 72 Psalmen etwa 280 Seiten, also pro Text durchschnittlich drei bis vier Seiten zur Verfügung standen, galt es, sich kurz zu fassen, ohne in Stenogrammstil zu verfallen. Das ist dem Vf. durchgängig gelungen. Die Sprache ist durchsichtig, die Kommentierung gehaltvoll und die theologische Urteilsbildung immer hilfreich.

Besonders hervorzuheben sind aus der Sicht des Rez. die zuverlässigen Übersetzungen, die die Struktur des jeweiligen Textes transparent machen (Tempusgebrauch, Beachtung der hebräischen Wortfolge u. a.), und die sorgfältige Beschreibung der poetischen Eigenheiten der Psalmen (vgl. 25 ff.), die den Anfänger wie den Fortgeschrittenen davor schützen, allzu schnell "inhaltlich" zu werden, d. h. sich hurtig von der "Eigenbegrifflichkeit" (B. Landsberger) der hebräischen Poesie und ihrer Bild- und Gedankenwelt zu entfernen. Ein ausführliches, nach bestimmten Gesichtspunkten gegliedertes Literaturverzeichnis (331-357) beschließt das Buch, das zum intensiven Gebrauch in Studium, Pfarramt und Schule wärmstens empfohlen werden kann.