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Ausgabe:

März/2004

Spalte:

268 f

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Kiuchi, Nobuyoshi:

Titel/Untertitel:

A Study of Hata' and Hatta't in Leviticus 4-5.

Verlag:

Tübingen: Mohr Siebeck 2003. X, 145 S. gr.8 = Forschungen zum Alten Testament. 2. Reihe, 2. Kart. Euro 34,00. ISBN 3-16-148055-4.

Rezensent:

Henning Graf Reventlow

Das Bändchen ist eine Untersuchung der beiden Begriffe in den Kapiteln Leviticus 4-5 (Kap. 1, 5-50). Anschließend zieht Kiuchi Belege außerhalb des Pentateuchs zum Vergleich heran (Kap. 2, 51-84) und sucht abschließend (Kap. 3, 85-99) vom Ergebnis her die beiden Opferarten ht't und 'sm neu zu definieren. K., der sich bereits früher mit dem Themenbereich beschäftigt hat (vgl. ders., "The Purification Offering in the Priestly Literature", Sheffield 1987), erforscht hier neue, vielversprechende Wege zum Verständnis der fremdartigen Texte.

Um dem Gedankengang zu folgen, ist eine sehr genaue Lektüre nötig. K. zitiert versweise den hebräischen Text, in dem die Begriffe ht' oder ht't vorkommen, zunächst in Lev 4-5, später außerhalb des Pentateuchs, und geht dann jeweils auf ihre Verwendung ein. Parallelbegriffe wie sgg/sgh (von K. mit "go astray" wiedergegeben, 14 f.) und m'l ("commit a breach of faith", "act unfaithfully", 21) und vor allem der Kontext, in dem häufig ein zweites Verbum des Handelns folgt, während die Wurzel ht' höchstens ein inneres Objekt trägt, also intransitiv ist, führen zu dem Schluss, dass das Verbum ht' und die dazu gehörigen Substantiva keine Aktion (übliche Übersetzung "sin" [im Englischen Verbum und Nomen]), sondern eine Haltung bezeichnen. K. schließt daraus, "that hata' is a matter of human heart, at least, it starts from human heart" (66). Der Begriff bezeichnet "nicht konkrete Handlungen, sondern ist die Beschreibung der ganzen Person" (Überschrift, 60). Taten sind nicht immer damit verknüpft (83).

Als Wiedergabe des Begriffs ht' schlägt K. "hide himself" vor (24 u. ö.), wörtlich übersetzt "sich verbergen vor", man könnte auch umschreiben "sich getrennt halten von". Damit ist eine innere Einstellung, bewusst oder unbewusst, gemeint, in der sich der Mensch innerlich von Gott abgekehrt hat. Dies kann auch bei Handlungen geschehen, die Gottes Willen zuwider sind, ohne dass dem Täter dies zunächst bewusst ist (bsggh: Lev 4,2.22.27; 5,15; vgl. 1.1, 5-7) - so in Lev 4 , während in 5,1-4 die Tat bewusst begangen wird. Wenn ein Täter sich später selbst oder durch andere über die Bedeutung der Tat klar wird, bringt er ein entsprechendes Opfer dar: ht't. Ein solches Opfer, "redresses the hiding of self, and not the particular wrong act that was done" (29). Das Opfertier repräsentiert den Opfernden, der sich damit Gott darbringt. Die Bezeichnung "Reinigungsopfer" möchte K. nur noch provisorisch gebrauchen und später durch eine bessere ersetzen, in der die Bedeutung "aufdecken" (uncovering - seiner selbst vor Gott) als Sinn des Opfers deutlich wird (42).

Kap. 3 (85-96) untersucht die Opferarten ht't und 'sm ("reparation offer"). Aus 5,17-18 ergibt sich, "that the reparation offering deals with direct offences against the Lord while the purification offering deals with less direct offences ..." (90). Deshalb sind beim 'sm die Opfer wertvoller. Aber durch ht't gesühnte Taten verunreinigen das Heilige, durch 'sm gesühnte nicht. Dafür wird hier die Wiedergutmachung des Schadens verlangt.

Im Ganzen ist dies eine sehr anregende Untersuchung. Die Neudefinition von 'sm und ht't eröffnet eine wichtige theologische Einsicht. Bemerkt sei, dass "sündigen" auch im Deutschen in der Grundbedeutung "sich absondern" bedeutet. Auch die Reflexion über die Opferarten verdient Aufmerksamkeit. Lästig ist, dass im Text der Arbeit für hebräische Wörter eine Umschrift benutzt wird, während die Texte im Original zitiert werden.