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Ausgabe:

Juli/August/1998

Spalte:

746–748

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Hainz, Josef, u. Alexander Sand [Hrsg.]

Titel/Untertitel:

Münchener Theologisches Wörterbuch zum Neuen Testament.

Verlag:

Düsseldorf: Patmos 1997. 484 S. gr.8. Lw. DM 68,-. ISBN 3-491-77014-9.

Rezensent:

Hermann von Lips

Dieses einbändige "Bibeltheologische Wörterbuch" versteht sich von seinem Titel her bewußt als Ergänzung zum "Münchner Neuen Testament", das als Übersetzung 1988 in 1. Auflage, 1994 in 4. Auflage erschien (1991 folgte eine Synopse). Diese Übersetzung hat Leser im Blick, "die mit der Bibel intensiv arbeiten wollen, aber wegen fehlender oder zu geringer Griechischkenntnisse auf Übersetzungen angewiesen sind". Der gleichen Zielgruppe gilt jetzt auch das von Josef Hainz und Alexander Sand herausgegebene "Münchener Theologische Wörterbuch zum Neuen Testament". Gedacht sind also Leser ohne Kenntnis der alten Sprachen, die Auskunft über "wichtige Begriffe und Aussagen des Neuen Testaments" bekommen wollen, ohne dazu erst Kommentarliteratur heranziehen zu müssen.

Das "MThW" (so die von den Herausgebern selbst vorgeschlagene Abkürzung des neuen Wörterbuchs) hat, was ein gutes Wörterbuch auszeichnet: einen standardisierten Aufbau der einzelnen Artikel. Jeder Artikel umfaßt 4 Teile, von denen der 1. einführende Funktion hat, indem in unterschiedlicher Weise die jeweilige Thematik vorgestellt wird. Teil 2 widmet sich der Vorgeschichte der Begriffe, das bedeutet in erster Linie den Blick in die alttestamentlich-frühjüdische Tradition, gelegentlich auch in die hellenistisch-römische Welt (z. B. beim Artikel "Aufseher" - episkopos).

Der jeweils umfangreichste Teil 3 hat mit seinem Bezug auf die neutestamentlichen Befunde das Hauptgewicht. Hier wird das Vorkommen in den einzelnen Schriften und Schriftengruppen des NT dokumentiert und interpretiert, beginnend meist mit Jesus bzw. den synoptischen Evangelien. Ein kurzer Teil 4 befaßt sich dann mit der Wirkungsgeschichte eines Begriffs oder auch mit seiner Gegenwartsbedeutung. Insgesamt kann man feststellen, daß diese Vierteilung der Artikel sich zur Darstellung der einzelnen Begriffe und Themen bewährt. Nicht zu vergessen ist die Erwähnung der zu jedem Artikel abschließend angefügten Literatur

Die Zahl der Artikel umfaßt ungefähr 200 als wichtig eingestufter Stichworte. Dabei werden häufig mehrere Begriffe unter einem Sammelbegriff zusammengefaßt, sofern sich das von der Sache her anbietet, z. B. unter dem Buchstaben "A": Almosen, Erbarmen, Barmherzigkeit; Apostel, Gesandter, Sendung; Auferstehung, Auferweckung, Erhöhung. Im einzelnen bleibt es natürlich Ermessensfrage, welchem Begriff als Titelbegriff jeweils der Vorzug gegeben wird. Ein hilfreiches Register (Anhang II) listet alle als Titel oder Untertitel der Artikel begegnenden Begriffe auf. Freilich vermißt man dort den einen oder anderen Begriff, der einem für den neutestamentlichen Befund doch wichtig erscheint: Unter dem in der heutigen Exegese üblichen Begriff der "Gottesherrschaft" sucht man vergeblich nach dem Zentralbegriff der Verkündigung Jesu (stattdessen unter König/in, Königtum, Reich Gottes); der Oberbegriff "Amt" fehlt, der einen zu den Artikeln "Ältester", "Aufseher" und "Diener" (für Diakon) führen könnte.

Der Inhalt der Artikel garantiert, wie schon die Namen der Mitarbeiter besagen, in der Regel eine Darstellung auf der Höhe gegenwärtiger exegetischer Diskussion. So läßt der Artikel "Apostel" sowohl die Ableitungsproblematik des Begriffs wie auch seine unterschiedliche Verwendung im NT erkennen. Der Artikel "Auferstehung" macht vertraut mit der traditionsgeschichtlich-formgeschichtlichen Entwicklung von der eingliedrigen Formel bis hin zu den ausgeführten Erscheinungserzählungen. Der Artikel "Versöhnung, Sühne" informiert gut über die notwendige Unterscheidung zwischen Versöhnung und kultischer Sühne. Es gibt aber auch Artikel, die aus exegetischer Sicht unbefriedigt lassen, so z. B. der über "Jesus". Während in Teil 4 zwar auf die notwendige Rückfrage nach dem irdischen Jesus hingewiesen wird, stellt der Hauptteil 3 überwiegend nur bibelkundliche Befunde zusammen und spricht bezüglich dem bei Mt und Lk zu findenden Geburtsort Bethlehem von "biographischen Daten". Mehrfach lassen die Artikel auch das wohl unvermeidbare Problem erkennen, knapp zu formulieren und doch exegetisch korrekt zu bleiben: z. B. daß die Frauen (Art. "Frau/Mann") nach den Evangelien "die einzigen und ersten Zeugen der Osterbotschaft" seien, wird mit Mk 16,1-8 parr begründet, wo doch in Mk 16,8 die Frauen gerade darüber schweigen!

Auch wenn dies nicht ausdrücklich formuliert wird, läßt das MThW deutlich erkennen, daß es vor allem einen katholischen Leserkreis im Blick hat. Das wird vielfach an den in Teil 4 enthaltenen Gegenwartsbezügen sichtbar: unter "Besessenheit" wird auf die geltenden Exorzismusbestimmungen der katholischen Kirche verwiesen; unter "Bruder" wird das strittige Thema der Brüder und Schwestern Jesu angesichts der Jungfrauschaft Marias benannt; unter "Aufseher" und "Bund" wird auf jeweils relevante Dokumente des Vaticanum II Bezug genommen; unter "Gericht" werden die konfessionell unterschiedlichen Akzente in katholischer und protestantischer Theologie betont.

In ökumenischer Hinsicht enttäuschend ist die Behandlung der "Rechtfertigung" im Artikel "Recht, Gerechtigkeit, Rechtfertigung". Zwar wird in Teil 3 der paulinische Befund korrekt referiert, doch fehlt unter Teil 4 das Stichwort "Rechtfertigung" und damit jeder Hinweis auf die Wirkungsgeschichte oder die Gegenwartsbedeutung dieser Thematik. Muß man folgern, daß die gegenwärtig zwischen den Kirchenleitungen stattfindende Diskussion um die "Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre" an der Interessenlage katholischer Leser (bzw. Autoren) völlig vorbeigeht? Positiv herauszuheben ist dagegen der Artikel "Gemeinde". Hier wird klar auf die Problematik von Mt 16,18 hingewiesen: "Weder Kirche noch Papsttum lassen sich so einfach aus dieser Stelle deduzieren" und es wird in Teil4 ausdrücklich die ökumenische Perspektive formuliert und die Konsequenz aus dem exegetischen Befund gezogen: "Schluß mit dem Streit über Jesus und Kirche: Kirche ist das Ergebnis einer nachösterlichen Entwicklung, ausgelöst durch Jesu ,Sammlung Israels’ und bestimmt von seiner bleibenden Gegenwart als erhöhter Herr der Kirche, ein neues Gottesvolk aus allen Völkern (vgl. Mt 28,18-20)".

Von der genannten Zielsetzung und der intendierten Leserschaft her erfüllt dieses Wörterbuch sicher gut seinen Zweck. Wer sich mit den genannten Einschränkungen (auch der engen sprachlichen Bindung an das "Münchner NT") zufrieden gibt, findet hier ein gutes und zuverlässiges Nachschlagewerk.