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Ausgabe:

Februar/2004

Spalte:

194

Kategorie:

Systematische Theologie: Dogmatik

Autor/Hrsg.:

Dettwiler, Peter

Titel/Untertitel:

Wem gehört Jesus? Kirche aus reformierter Sicht.

Verlag:

2. Aufl. Frankfurt a. M.: Lembeck 2002. 175 S. 8. Kart. Euro 16,00. ISBN 3-87476-394-3.

Rezensent:

Stefan Tobler

Die Frage nach der Kirche ist die Kernfrage der Ökumene. Reformierte Christen mit ihrer tendenziell reservierten Haltung gegenüber den Institutionen haben es besonders schwer, ihre diesbezügliche Identität einzubringen. Allzu oft bleibt man in den alten Abgrenzungen gegen Rom stecken, womit sich aber weder Ökumene gestalten noch Kirche überhaupt aufbauen lässt.

Das für einen breiteren Leserkreis geschriebene Buch von D. versucht konsequent, dieser Negativ-Falle zu entgehen, und das nötigt zu kreativem Denken. Es ist ein buntes und eigenwilliges Kompendium des reformierten Glaubens, der Leitfrage entlang, wie sich Kirche als Gemeinschaft von Glaubenden begründen und beschreiben lässt, wie der "Schritt vom Ich zum Wir" (47) immer wieder gewagt werden kann. In zwölf Kapiteln kreisen eine Fülle von Gedanken und Zitaten in wechselnden Perspektiven um dieses Thema. "Wie viel Einheit brauchen wir?" (68), so formuliert D. das ökumenisch und innerreformiert drängende Problem, weist auf Calvins Leidenschaft für die Einheit hin (81) und formuliert dann: "Einheit hat einen Namen: Jesus in unserer Mitte" (85), allerdings nicht ohne diese Mitte letztlich kreuzestheologisch zu bestimmen (97 ff.). Dass es um "Kirche ohne Grenzen" und damit um die Kirche in der Welt geht ("Liebe muss Kreise ziehen", 51), bedeutet keine Aufgabe eigener Identität, sondern bedingt vielmehr eine klare Verwurzelung. Christen sind immer "Doppelbürger", zur einen Kirche Christi und zu einer konfessionellen Gestalt gehörend (58). Bei-sich-selbst-Sein und Beim-Andern-Sein gehören unlöslich zusammen.

Klassische reformierte Themen (der Bundesgedanke unter dem Titel "Kirche dreidimensional", 27 ff.; das Wort in seiner lebendigen Fülle, 107 ff.) kommen ebenso zur Sprache wie solche, die sich erst aus der ökumenischen Begegnung ergeben ("Maria für Reformierte", 131 ff.). Gelegentlich kann D. provozieren, wie etwa mit der Frage, "... ob die reformierte Kirche in ihrem Selbstverständnis nicht ebenso sehr eine Bewegung als eine Kirche ist und sein will?" (26), oder auch mit der Bemerkung, dass man "von der prophetischen Kritik allein nicht leben" kann (128). Manchmal sind seine Gedanken allzu knapp (wie etwa zum Thema Trinität und Gemeinschaft, 35 f., und Freiheit und Liebe, 39 f.). Immer aber stößt man auf interessantes Material, und so dient das Buch auf jeden Fall als Anregung zum Dialog in Kirchgemeinden oder als Steinbruch für eigenes Nachdenken zum Thema. Es kann die Freude an der Theologie und vielleicht sogar ein Stück Liebe zur eigenen Kirche wecken- und das wäre ja wahrhaftig viel!