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Ausgabe:

Dezember/2003

Spalte:

1349–1351

Kategorie:

Praktische Theologie

Autor/Hrsg.:

Neijenhuis, Jörg [Hrsg.]

Titel/Untertitel:

Liturgie lernen und lehren. Aufsätze zur Liturgiedidaktik.

Verlag:

Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt 2001. 291 S. 8 = Beiträge zu Liturgie und Spiritualität, 6. Kart. Euro 13,80. ISBN 3-374-01856-4.

Rezensent:

Martin Stuflesser

Der von Jörg Neijenhuis herausgegebene Sammelband "Liturgie lernen und lehren. Aufsätze zur Liturgiedidaktik" aus dem Jahr 2001 beinhaltet Beiträge des so genannten dritten liturgiewissenschaftlichen Fachgespräches (1. bis 3. März 1999) und des fünften liturgiewissenschaftlichen Fachgespräches (5. bis 7. März 2001). Diese vom Liturgiewissenschaftlichen Institut Leipzig der Vereinigten Evangelisch-lutherischen Kirche Deutschlands organisierten Liturgiegespräche widmeten sich Fragen in der Liturgiedidaktik, vornehmlich der Frage, welche methodischen und didaktischen Gesichtspunkte zu beachten sind in der Ausbildung der Theologie-Studierenden, um diesen "zureichende Kompetenzen im Bereich der Liturgik" (17) zu vermitteln. Standen beim ersten liturgiewissenschaftlichen Fachgespräch mehr die Fragen des Curriculums für die liturgische Bildung und eine Ausbildung im Theologiestudium im Allgemeinen im Vordergrund - Zielrichtung war hierbei auch, einen möglichen postgradualen Studiengang "Liturgiewissenschaft" zu entwickeln -, so widmet sich das zweite Fachgespräch mehrheitlich den Fragen der Liturgiedidaktik.

Die Ergebnisse dieser Gespräche sind nun in dem von Neijenhuis herausgegebenen Sammelband ediert, der sich in vier große Abschnitte gliedert. Ein erster Teil widmet sich der Frage der "liturgischen Ausbildung" (11-92): In diesem Abschnitt präsentiert Jörg Neijenhuis die Ergebnisse einer Umfrage zur Lage der evangelisch-liturgischen Aus- und Fortbildung im deutschen Sprachraum (13-26). Benedikt Kranemann fragt nach der liturgischen Bildung im römisch-katholischen Theologiestudium (27-42). Klaus Raschzok untersucht das Verhältnis von Kirchengebäude und liturgischer Ausbildung (43-70), Konrad Klek untersucht den Stellenwert, den Kirchenmusik und Hymnologie im Speziellen innerhalb des Theologiestudiums haben (71-84). Und ein weiterer Artikel von Jörg Neijenhuis stellt eine Übung in liturgischem Handeln vor, bei der es vornehmlich um das Sprechen, das Singen, das Gehen, das sich Verbeugen, etc. geht.

Der zweite große Teil des Sammelbandes trägt die Überschrift "Erwägungen zur Liturgiedidaktik". In diesem Teil äußern sich zunächst Christoph Bizer zur Liturgie als religionsdidaktischer Kategorie (95-118), Peter Cornehl stellt die Frage nach der "liturgischen Kompetenz" und nimmt dabei besonders die Situation der evangelischen Kirche und die Berücksichtigung der Erneuerten Agende in den Blick. Michael Meyer-Blank legt ein engagiertes Plädoyer für den "Gottesdienst als Zentrum praktisch-theologischer Didaktik" vor (141-150), dies unter der Überschrift: "Wie lehren wir Liturgie?", und Martin Nicol schließlich untersucht die Dramaturgie von Gottesdienst und Predigt unter der Überschrift "Gestaltete Bewegung" (151- 164).

Der dritte Teil des Sammelbandes stellt nun konkrete Fragen zur Erstellung eines liturgiewissenschaftlichen Curriculums. Wolfgang Ratzmann legt Überlegungen vor zu einem liturgiedidaktischen Curriculum im Studium der evangelischen Theologie (167-180), Matthias von Kriegstein geht aus von der Verbindung "Öffentliche Rede und gottesdienstliche Feier" und plädiert für eine phasen-übergreifende theologische Ausbildung (181-206). Christian Grethlein stellt das Curriculum für die pastoralliturgische Fort- und Weiterbildung der Evangelischen Kirche von Westfalen vor (207-216). Wolfgang Ratzmann erläutert den geplanten Aufbaustudiengang Liturgiewissenschaft unter der Überschrift "Vom zentralistischen zum partnerschaftlichen Modell" (217-222) und Jörg Neijenhuis schließlich legt eine Auswertung der vorangegangenen Überlegungen vor für ein phasen-übergreifendes Curriculum im Fach Liturgiewissenschaft/Liturgik, das auch die liturgiedidaktischen Aspekte besonders berücksichtigt (223-234).

Der vierte Teil des Sammelbandes umfasst eine Auswahl von "Dokumenten zur liturgischen Bildung" in Auszügen. Beispielhaft seien hier genannt die Memoranden der ständigen Konferenz für Kirchenmusik in der EKD aus dem Jahr 1978 sowie der Lutherischen Liturgischen Konferenz Deutschlands von 1979 bis hin zur Kundgebung der Evangelischen Kirchen in Deutschland von 1997 zum Thema "Der Gottesdienst - eine Ermutigung". Neben dieser Dokumentation an Memoranden und Konzepten aus dem Bereich der evangelischen Kirche werden aus dem Bereich der römisch-katholischen Kirche an Dokumenten und Äußerungen zur liturgischen Ausbildung etwa Auszüge aus der Grundordnung für die Ausbildung der Priester (Ratio fundamentalis 1983) vorgelegt sowie Auszüge aus dem Kommentar zur "Standortbestimmung der Liturgiewissenschaft" von Albert Gerhards und Birgit Osterholt-Kootz sowie Auszüge aus den Äußerungen des Münsteraner Theologen Klemens Richter über "Die Liturgiewissenschaft im Studium der Theologie heute".

Dem Rez. ist es an dieser Stelle nicht möglich, die vielfältigen und tief greifenden Anregungen, die der Sammelband für die Fragen der liturgiewissenschaftlichen Ausbildung im Rahmen des Theologiestudiums bietet, "en detail" aufzulisten. Es handelt sich hier um einen Sammelband, dem es wirklich gelingt, dem Titel "Liturgie lernen und lehren" gerecht zu werden. Der Rez. hat selten zur Thematik Äußerungen auf so komprimiertem, knappem Raum gefunden, die eine solche Fülle von Anregungen sowohl für das liturgiewissenschaftliche Studium im Allgemeinen als auch für die konkreten Fragen der Liturgiedidaktik enthalten. Dabei ist der Band sicher nicht nur im Hinblick auf die Genese des "Aufbaustudiengangs Liturgiewissenschaft" (postgraduales Studium), der mittlerweile als Kooperation der Universitäten in Erfurt, Halle, Jena und Leipzig angeboten wird, von höchstem Interesse - es handelt sich gleichsam um die theologischen und liturgiedidaktischen Vorarbeiten für jenen Studiengang -, sondern das Buch bietet auch in einer Zeit, da an den deutschsprachigen theologischen Fakultäten allenthalben im Rahmen von Stellenkürzungen und Sparmaßnahmen über den Stellenwert des Faches Liturgiewissenschaft im Allgemeinen und das konkrete Curriculum dieses Faches im Besonderen gestritten wird, eine Fülle wertvoller Anregungen. In diesem Kontext erscheinen besonders die Überlegungen von Benedikt Kranemann (bes. 39 ff.), Peter Cornehl (bes. 128 ff.) und Christian Grethlein (bes. 213 ff.) wertvoll und weiterführend. In diesen aktuellen Diskussionsprozessen ist der von Jörg Neijenhuis herausgegebene Sammelband nicht nur eine wichtige Dokumentation des Ist-Standes, sondern weist auch gewichtige theologische und didaktische Perspektiven für die Zukunft auf.