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Ausgabe:

Oktober/2003

Spalte:

1011–1013

Kategorie:

Bibelwissenschaft

Autor/Hrsg.:

Corley, Jeremy

Titel/Untertitel:

Ben Sira's Teaching on Friendship.

Verlag:

Providence: Brown University 2002. XIX, 297 S. 8 = Brown Judaic Studies, 316. Geb. US$ 39,95. ISBN 1-930675-09-7.

Rezensent:

Otto Kaiser

Jeremy Corley behandelt in seiner von der Catholic University in Washington, D.C. angenommenen und von Alexander A. Di Lella betreuten Dissertation nach einer Einführung (1-35) die sieben Freundschaftsperikopen des Sirachbuches (6,5-17 und 37,1-6; 9,10-16; 13,15-23; 19,23-17 und 27,16-21 sowie 22,19-26, S. 35-218) und in einem Anhang seine beiläufigen Bezugnahmen auf die Freundschaft (219-228). Dabei erklärt sich die Zusammenstellung des ersten und des letzten Textpaares durch ihre wörtlichen und konzeptuellen Entsprechungen. Die Einführung bietet die nötigen Grundinformationen über die zurückliegende Erforschung des Themas, seine Verbreitung in der Alten Welt, die Hellenisierung Palästinas unter den Ptolemäern und Seleukiden, Person und soziale Einbettung Ben Siras, die Grundthemen seiner Lehre und die Überlieferung seines Weisheitsbuches. Bei der Behandlung der Weisheitsperikopen setzt der Vf. jeweils mit einer kurzen Einführung ein, welche auf die Besonderheiten der Perikope hinweist, um sie dann abzugrenzen und den kritisch emendierten hebräischen oder auf Grund seiner griechischen, syrischen und lateinischen Bezeugung zurückübersetzten und anschließend durch textkritische Noten begründeten Text vorzulegen und zu übersetzen. Es folgt jeweils eine ausführliche, zumal auf Leitworte, signifikante Wiederholungen, Inklusionen, Endreime und thematische Verschiebungen achtende poetische Analyse, die abschließend die kontextuelle Verbindung und besondere Beziehungen zu anderen Perikopen untersucht. Die anschließende, nicht minder gründliche Auslegung berücksichtigt der biblischen Verwurzelung Ben Siras gemäß vor allem die innerbiblischen Parallelen und Bezüge. Dabei zeigt sich, dass er weitgehend thematisch an die einschlägigen Proverbien anknüpft, um das Problem im Horizont der gegenwärtigen Situation gemäß seiner Absicht, seine Schüler zur Gottesfurcht anzuleiten, neu zu behandeln.

Eine knappe Zusammenfassung stellt die erzielten Ergebnisse unter besonderer Betonung des religiösen und ethischen Aspektes vor. Aus ihnen ergibt sich zwanglos das abschließend entworfene Gesamtbild (213-218): Ben Sira hat sich bei seinen Freundschaftstexten nicht sklavisch an die biblischen Vorgaben gehalten, sondern seine Lehren unter Adaption aus der Umwelt übernommener Aspekte erweitert, um auf diese Weise die Wahrheit der biblischen Überlieferung in einer zunehmend hellenisierten Gesellschaft zu vertreten. Seine Leistung besteht mithin in einer schöpferischen Synthese, in der er seine Lehren über die Freundschaft unter die Leitgedanken ihres Charakters als eines Gutes, der in ihr zu bewahrenden Vorsicht, Zuverlässigkeit und Furcht Gottes stellt, wobei Letztere hier wie in dem ganzen Buch das Leitmotiv bildet. Dieses Gesamtbild wird auch durch die beiläufigen Erwähnungen der Freundschaft bei Ben Sira bestätigt. Mag sich der Leser gelegentlich fragen, ob die von Ben Sira aufgenommenen Stichworte tatsächlich der biblischen Tradition und nicht vielmehr der lebendigen Umgangssprache entstammen (vgl. z. B. 13,15 mit Gen 1,24 und 7,13-16), bietet das Buch insgesamt einen ebenso umfassenden wie zuverlässigen Kommentar zu den Freundschaftstexten des Sirachbuches, die ihrer Entstehung in einer sozialen Krisenzeit entsprechend auch eine Botschaft für unsere eigene Zeit enthalten.