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Ausgabe:

September/2003

Spalte:

902 f

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Titel/Untertitel:

Lutherjahrbuch. 68. Jahrgang 2001. Organ der internationalen Lutherforschung. Im Auftrag der Luther-Gesellschaft hrsg. von H. Junghans.

Verlag:

Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2001. 208 S. 8. Geb. Euro 28,00. ISBN 3-525-87433-2.

Rezensent:

Ernst Koch

Eine von Rudolf Mau verfasste Würdigung des am 8. Juni 2000 verstorbenen Kirchenhistorikers Joachim Rogge, der von 1986 bis 1995 als Bischof der Evangelischen Kirche der Schlesischen Oberlausitz wirkte, eröffnet diesen Jahrgang. Sie macht u. a. auf die vom Verstorbenen ausgeübte Leitungstätigkeit in unterschiedlichen Bereichen aufmerksam und stellt sein Leben und seine kirchenhistorischen Aktivitäten aus der Erfahrung langjähriger Begleitung vor.

"Luthers Katechismustheologie" wird in Diskussion mit vorliegenden Deutungen durch Wichmann von Meding entfaltet. Er wehrt die Charakterisierung des Katechismus als systematisch-theologischen Entwurf bzw. als Laiendogmatik ab und hebt seine Rolle als pädagogisch strukturierte Meditationsvorlage hervor. Als "Wegtheologie" beginnt sie mit dem Gebotenen, das nach Hinnahme verlangt. Das gilt außer für den Dekalog auch für den Glauben. "Glaube bleibt als Angebot geboten ohne Spitze gegen das Gesetz ... Der Gegensatz liegt nicht in dem Gebotensein, sondern nur in der Gnade" (35 f.). Somit stellt sich das dritte Hauptstück über das Gebet als Konsequenz ein, und auch hier ist der Gebotscharakter bestimmend. Bei den Sakramenten überwiegt im Gebotenen der Charakter der Gabe. "Der katechetische Weg erweist sich als existenzieller Glaubensweg getaufter Heiden zum Mahl des Herrn" (42). Er ist "ein Geführtwerden, wohin wir nicht wollen" (45). Das ist einer der Gründe dafür, dass im Katechismus wichtige Elemente von Luthers Theologie fehlen.

"Luthers Schrift Von der Freiheit eines Christenmenschen im Spiegel der ersten Kritiken" geht Reinhard Schwarz nach. Neben Jakob von Hoegstraeten mit einer eigenen Schrift gegen Luthers Büchlein werden Partien von Schriften von Kaspar Schwarzgeyer und eine Ingolstädter Disputation von Leonhard Marstaller besprochen. Die letztgenannten beiden Autoren unterscheiden sich von Hoogstraeten dadurch, dass sie den Totalaspekt von Luthers Entwurf kritisch aufgreifen, während Hoogstraeten die Freiheit als Zentralaspekt Luthers bestreitet. Am Schluss fasst Schwarz den theologischen Inhalt von Luthers Traktat zusammen und weist dem Einspruch der zeitgenössischen Kritiker aus der Sicht ihrer Theologie Berechtigung zu, was entscheidende Differenzen zwischen Luther und seinen Gegnern ans Licht bringt.

Eine Quellenedition, vorgelegt von Hans-Peter Hasse, stellt die Veröffentlichung eines im Sächsischen Hauptstaatsarchiv Dresden entdeckten Briefes vom 19. September 1539 dar, der die Zusammenhänge einer Ehesache zum Inhalt hat. Der ausführliche Kommentar, der der Edition beigegeben ist, lässt in der Aufarbeitung der erreichbaren Quellen keine Wünsche übrig. Über "Melanchthon und Frau Luther" schreibt Heinz Scheible und lässt die Behandlung des Themas nicht mit Luthers Tod abbrechen, sondern führt sie fort bis zu Katharina Luthers Tod 1552. Eine eigene neue Deutung erfährt in Anlehnung an die Melanchthonbiographie des Autors Melanchthons Brief an Joachim Camerarius vom 16. Juni 1525 mit den Äußerungen über Luthers Eheschließung. Außer Vorgängen des Alltags erfahren auch Melanchthons Rolle als Vormund Katharinas und ihrer Kinder nach Luthers Tod, die Flucht der Familie nach Nordwestdeutschland 1547 und die letzten Lebensjahre der Witwe eine eingehende Behandlung.

Eine Fortsetzung seines Literaturberichts im Lutherjahrbuch 50 (1983) bietet Scott H. Hendrix unter dem Thema "Martin Luther und die lutherischen Bekenntnisschriften in der englischsprachigen Forschung seit 1983". Er berichtet u. a. vom Abschluss der amerikanischen Lutherausgabe, über amerikanische Lutherbiographien (Eric Gritsch, Heiko Oberman) und Arbeiten über Einzelthemen. Hervorgehoben sei das Referat über die Dissertation von Carolyn Schneider über den besonders durch die finnische Lutherforschung provozierten Vergleich zwischen Athanasius und Luther (Princeton 1999). Einen Markstein setzte die englische Übersetzung des Konkordienbuchs durch Robert Kolb und Timothy J. Wengert. Auf aktuell amerikanischem Hintergrund zu sehen sind Arbeiten über Luthers Schriftverständnis und über die so genannte historische Sukzession der Bischöfe.

Helmar Junghans steuert wiederum unter der Überschrift "Martin Luther und die Welt der Reformation" Rezensionen über einschlägige Neuerscheinungen bei, die pointierte Urteile, Unterstreichungen und Problematisierungen vermerken.

Für die alljährliche Lutherbibliographie sind alle zu Dank verpflichtet, die sich um die Erforschung der Wittenberger Reformation, ihrer Kontexte und ihrer Wirkungsgeschichte bemühen.