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Ausgabe:

September/2003

Spalte:

890

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Schrage, Wolfgang

Titel/Untertitel:

Unterwegs zur Einzigkeit und Einheit Gottes. Zum "Monotheismus" des Paulus und seiner alttestamentlich-frühjüdischen Tradition.

Verlag:

Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag 2002. IX, 195 S. 8 = Biblisch-Theologische Studien, 48. Kart. Euro 24,90. ISBN 3-7887-1862-5.

Rezensent:

Traugott Holtz

Zumindest der Untertitel der Studie macht den Umfang ihres Inhalts nur unzureichend kenntlich. Beinahe ihre Hälfte widmet sich der Erörterung der alttestamentlich-jüdischen Tradition zur Wirklichkeit Gottes (und göttlicher Wesen); und der Paulus-Teil bietet nicht nur Beobachtungen "zum Monotheismus" des Apostels, sondern eine theologisch beeindruckende Analyse zentraler Aussagen in seinen Briefen zur "Theo"logie. Eine umfassende Monographie legt Sch. gleichwohl nicht vor und will das auch nicht; darin müssten etwa die religions-, traditions- und redaktionsgeschichtlichen Fragen und wohl auch solche sozialgeschichtlicher Art ausführlicher als hier behandelt werden. Aber auch bei der von Sch. bewusst eingegangenen Beschränkung bietet das Buch eine weitgehend überzeugende Darstellung der paulinischen Verkündigung des einen und einzigen Gottes, der eschatologisch sein wird, was er ist, des Hintergrunds und des Kontextes solchen Gottesglaubens sowie seiner Vergegenwärtigung in der Christologie. Dabei werden in breitem Umfang die einschlägigen Belege in kritischer Auseinandersetzung mit der Forschung analysiert. Der dichte, präzise Text wird flankiert von einer Fülle von Anmerkungen, die einen souveränen Umgang mit der Literatur dokumentieren; dem entspricht das konzentrierte, sehr hilfreiche Literaturverzeichnis. Leider fehlt ein Stellenregister.

Sch.s Darstellung des paulinischen Glaubens an die Wirklichkeit Gottes und des entsprechenden Glaubens der Welt, in der sein Denken wurzelt - das Alte Testament und das Judentum -, ist deshalb so überzeugend, weil sie einerseits das geschichtsorientierte Verständnis des Seins in den analysierten Quellen herausarbeitet und andererseits solcherart relationales Seinsverständnis dem modernen Denken erschwinglicher ist als ein solches in festen ontologischen Strukturen. Es zeigt sich, dass auf ihren Gegenstand konzentrierte exegetische Arbeit eine eminente Bedeutung für die Theologie insgesamt hat, jedenfalls haben sollte. Sch. hat mit seiner Studie das theologische Gespräch der Gegenwart bereichert!

In einem - zentralen - Punkt scheinen mir die Überlegungen zu dem Bekenntnis "Gott ist einer" indessen ergänzungsbedürftig zu sein. Der Satz bekennt nicht nur die Einzigkeit und die Einheit Gottes, sondern auch sein Einssein mit sich selbst, seine Selbigkeit. Gerade diesem Prädikat aber kommt wegen der Geschichtlichkeit des Seins Gottes eine besondere Bedeutung zu, da mit ihm die Beantwortung der Frage nach dem Verhältnis von Altem Testament - Judentum - Neuem Testament (um es etwas sigelhaft zu sagen) und ebenso der nach einer "Biblischen Theologie" unlöslich zusammenhängt.

Es "ist ... der ihn [sc. Jesus] vom Tode erweckende Gott derselbe und doch nicht derselbe" wie "der lebendige und wahre Gott, den die Juden bekennen"; "Kontinuität und Diskontinuität sind ... nur zugleich festzuhalten und nicht gegeneinander auszuspielen". "Es ist und bleibt derselbe Gott, der sich neu und endgültig in Jesus offenbart. Seine in Lebendigkeit und Wahrheit bestehende Identität ist wie im Frühjudentum keine bloße Theorie oder ein weltanschaulicher Gemeinplatz".

So beschreibt Sch. zutreffend auf S. 49 das hier anstehende Problem. Mir will scheinen, dass es sich auch für Paulus (wie etwa 1Kor 8,6 vorgibt) nicht erst eschatologisch löst, sondern auch schon schöpfungstheologisch und heilsgeschichtlich durchsichtig machen lässt.