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Ausgabe:

September/2003

Spalte:

867–869

Kategorie:

Religionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Hegemonius

Titel/Untertitel:

Acta Archelai (The Acts of Archelaus). Transl. by M. Vermes, with Introduction and Commentary by S. N. C. Lieu and K. Kaatz.

Verlag:

Turnhout: Brepols 2001. XII, 177 S. gr.8 = Manichaean Studies, 4. Geb. Euro 45,00. ISBN 2-503-51156-2.

Rezensent:

Michael Lattke

So sehr diese neue englische Übersetzung zu begrüßen ist, muss gleichzeitig bedauert werden, dass der lateinische Text der Edition von C. H. Beeson nicht abgedruckt werden konnte. Denn wann GCS 16 (Leipzig 1906) vom Verlag W. de Gruyter (nicht mehr vom Akademie-Verlag [vii im Vorwort]) nachgedruckt wird, ist noch ganz ungewiss. Von den ca. 340 Anmerkungen zur gut lesbaren Übersetzung stammen mehr als 50 kürzere vom Übersetzer selbst (gezeichnet mit MJV = Mark Vermes, Senior Research Fellow, Macquarie University).

Weit über 100 Bibelstellen, die sich die Kontrahenten um die Ohren schlagen, und einige Parallelen bei Augustinus wurden von Kevin Kaatz angemerkt. Entgangen ist ihm 2Tim. 4,7-8 (104, Z[eile] 22-26), was im "Index of Scriptural Quotations" (172-173) ebenso nachzutragen ist wie der Hinweis auf 1Thess. 5,1-2 (109, A[nm.] 225). Die Seitenangaben zu 1Kor. 12,18 (172) und 1Joh 5,19 (173) ergeben überhaupt keinen Sinn. Auf den sehr nützlichen "Index of Proper Names and Manichaean Terms" (174-177) folgt leider kein Index moderner Autoren und Herausgeber. Dies ist umso mehr zu bedauern, als etliche Titel nur in den ausführlichen und gelehrten Anmerkungen von Samuel N. C. Lieu zu seiner eigenen Einleitung (1-34) und zu den englischen Übersetzungen erscheinen (35-153 [Hegemonius], 154-159 [Epiphanius]), nicht aber in der zweigeteilten Bibliographie (160-164 [Quellen], 164-171 [Sekundärliteratur]).

Einige Werke erscheinen außerdem bloß im Abkürzungsverzeichnis (ix-xii). Sowohl dort als auch in dem sich damit überschneidenden Literaturverzeichnis vermisst man ältere Autoren wie F. C. Baur oder neuere wie K. Rudolph. Auf zwei nicht herangezogene Veröffentlichungen seien die Leser ausdrücklich hingewiesen. Reinhold Merkelbach bietet nämlich im Vortragsband Mani und sein Religionssystem (RWAW.G 281; Opladen: Westdeutscher Verlag, 1986) nicht nur eine vorzügliche Einführung (7-38), sondern stellt auch nach zwei kenntnisreichen Exkursen (39-58) auf einem übersichtlichen Faltblatt das "Schema des manichäischen Erlösungsdramas" dar. Spezifischer ist der Hinweis auf Winrich Alfried Löhr, der in Basilides und seine Schule (WUNT 83; Tübingen: Mohr Siebeck, 1996) den lateinisch-deutschen Text von Acta Archelai 67,4-12 als Fragment Nr. 19 einstuft und eingehend untersucht (219-249).

In seiner Einleitung zu den wahrscheinlich griechisch im 4.Jh. abgefassten, aber vollständig nur in lateinischer Übersetzung erhaltenen Acta Archelai stützt sich Lieu auf eigene Vorarbeiten, auf die er zum Teil explizit hinweist (6, A. 18; 13, A. 40; 16, A. 55). Er betont - und relativiert zugleich - die Bedeutung dieser weitgehend fiktiven und äußerst langatmigen Disputationsakten. Der Wert dieser Wortgefechte zwischen Mani (Manes) und Archelaus, Bischof von Carchar in Mesopotamien, die durch fabrizierte Briefe noch stärker aufgebläht werden (z. B. 41-43, 111-114, 114-124), liegt außer im genannten Basilides-Fragment in der Zusammenfassung von Manis Lehren (44- 58 [Kap. 7-13]). Darum ist es mehr als gerechtfertigt, in einem Appendix die griechische Zusammenfassung von Manis Lehren durch Epiphanius ebenfalls zu übersetzen (154-159). Die Einleitung behandelt Inhalt (3-6), Ort der Debatte (16-23; warum Charchar [v, 16] statt Carchar?), Bedeutung öffentlicher Disputationen im manichäischen Missionsbetrieb (24-31), Handschriften, Editionen und frühere englische Übersetzungen (32- 34). Auf die polemische Behauptung in Kap. 40,5, dass der Perser Mani keine Griechischkenntnisse besaß (105), hätte Lieu vielleicht noch stärker hinweisen sollen (14).

Die Lektüre der Akten lohnt sich u. a. auch wegen der Bezeugung von vier manichäischen Büchern in dem abenteuerlichen und zeitraffenden Abschnitt Kap. 62-67 (140-148; vgl. den Hinweis auf Flügels kritische Übersicht in M. Lattke, Hymnus [NTOA 19; 1991] 171). Den mythologischen Ausführungen des geschmähten Glaubensfeindes, der den Finger nicht selten auf schwierige Bibelstellen legt, entsprechen auf orthodoxer Seite keineswegs immer klare und überzeugende Argumente. Vielmehr stehen auch in den Beiträgen des Bischofs tolle Geschichten (z. B. Kap. 37 über den Vater des Teufels).

Das sorgfältig hergestellte Buch enthält außer ein paar Unstimmigkeiten in der Zeichensetzung (bes. ix), Trennung (5, Anm. 16) und Rechtschreibung (25, Anm. 94, Z. 2; 51, Anm. 57, Z. 2) nur wenige Druckfehler. Doppelt geschriebene Wörter sind hier und da zu streichen (39, Z. 17; 166, Z. 24). Aus Klein wurde Kelin (13, Anm. 39, Z. 4) und Scher wurde zu Sher (15, Anm. 51). Sonst sind die z. T. elektronisch transportierten Fehler mehr oder weniger leicht zu erkennen und folgendermaßen zu korrigieren (4, Anm. 13, Z. 4 und 167, Z. 11: ersten; 12, Anm. 38, Z. 15: koptisches; 12, Z. 16: badischen; 15, Z. 6: memre; 33, Z. 1: doubtlessly; 39, Anm. 10, Z. 3 und 166, Z. 23: discipulis; 40, Anm. 12, Z. 8: Schriften; 46, Z. 5 und 169, Z. 10: Religionsgeschichte; 52, Anm. 60, Z. 5: Metempsychosis). Statt des Hinweises auf 7.19 (60, Anm. 87) ist auf 42, Anm. 19 hinzuweisen. Dass Manchester in dieser empfehlenswerten Ausgabe umbenannt wurde zu Manichester (142, Anm. 315, Z. 6), ist sicher dem Vater der Druckfehlerteufel zuzuschreiben.