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Ausgabe:

Juli/August/2003

Spalte:

829

Kategorie:

Religionspädagogik, Katechetik

Autor/Hrsg.:

Doyé, Götz, u. Hildrun Kessler [Hrsg.]

Titel/Untertitel:

Konfessionslos und religiös. Gemeindepädagogische Perspektiven. Eckart Schwerin zum 65. Geburtstag.

Verlag:

Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt 2002. 303 S. m. Abb. 8. Kart. ¬ 16,80. ISBN 3-374-02002-X.

Rezensent:

Eberhard Winkler

E. Schwerin trug maßgeblich zur Entwicklung des Konzeptes vom "Konfirmierenden Handeln" in den ostdeutschen Landeskirchen bei. Den Abschluss des ihm zum 65. Geburtstag gewidmeten Bandes bildet ein Aufsatz des Jubilars, dessen Titel mit dem der Festschrift identisch ist. Wie die im Titel enthaltenen Attribute sich faktisch zueinander verhalten und wie sie intentional einander zugeordnet werden können, sind die das Buch bestimmenden Fragen. Wer den Titel im Sinne von "konfessionslos und doch religiös" versteht, lese A. Thol-Haukes Überlegungen zu Berichten von Religionslehrerinnen in Ost-Berlin (185-202).

Alle Verfasser und Verfasserinnen arbeiten in Berlin bzw. Ostdeutschland und gehen von der dortigen differenzierten Situation aus. Der Reiz der Beiträge liegt besonders in ihrer empirischen Orientierung. Was sich für F. Mahlburg aus der Akademiearbeit ergibt, gilt durchweg: "Konfessionslosigkeit" ist ein in vielfacher Hinsicht anregender Sachverhalt.

"Konfessionslos gleich religionslos?" fragt die Soziologin M. Wohlrab-Sahr unter Berücksichtigung der Unterschiede in Ost- und Westdeutschland sowie in den Niederlanden und mit Hinweis auf das Problem, Religion adäquat zu erfassen. H. Kessler und A. Döhnert stellen Ergebnisse einer empirischen Untersuchung zur Konfirmandenarbeit vor. Ch. Wolff beschreibt missionarische Konfirmandenarbeit in der Leipziger Thomasgemeinde und wendet sich gegen eine "Konfirmation light". Als eine solche kritisieren manche die "Jugendfeier zur Lebenswende", über die Ch. Kunz berichtet. Systematische Beiträge zum Verständnis der Gemeindepädagogik steuern R. Degen und G.Doyé bei, während M. Steinhäuser sich zum Thema "Traditionsbruch und vagabundierende Religiosität" in ihrer Bedeutung für die Arbeit mit Kindern und Familien auf eine empirische Untersuchung bezieht. D. Reiher reflektiert biblisches Erzählen in der Säkularität am Beispiel von Gen 12,1-9. F. Kraft dokumentiert den Streit um den RU in Berlin. Ch.-G. Neubert fragt danach, inwiefern der Dialog der Kirche mit den Künsten ein Programm auch für Konfessionslose sein kann. M. Behnisch plädiert für eine missionarische Gemeinde im Bezugsfeld von Theologie und Pädagogik, Mission und Autonomie. A. Chemnitz und A. Böhmer untersuchen, ob Flieges Talkshow Seelsorge ist. H.-J. Neumann berichtet über die Adaption des brasilianischen Kampfsports Capoeira als "eine neue körperbezogene, spirituelle, aktive wie aktivierende Pädagogik". E. Schwerin deutet abschließend den Buchtitel im Sinne von "Konfessionslos, aber religiös" und fordert, religiöse Überzeugungen in eine säkulare Sprache zu übersetzen. An den Theologischen Fakultäten kritisiert er eine vornehme Zurückhaltung gegenüber dieser Aufgabe. Das interessante Buch unterstreicht freilich eher die Schwierigkeit dieser Aufgabe, als dass es sie lösen könnte.