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Ausgabe:

Juni/2003

Spalte:

605 f

Kategorie:

Judaistik

Autor/Hrsg.:

Yadin, Yigael, Greenfield, Jonas C., Yardeni, Ada, and Baruch A. Levine [Eds.]

Titel/Untertitel:

The Documents from the Bar Kokhba Period in the Cave of Letters. Hebrew, Aramaic and Nabatean-Aramaic Papyri. XVIII, 422 S. m. Abb. Geb. = Judean Desert Sudies, 3; dazu Plates. Prepared by Y. Yadin and printed under his supervision in 1963 at Cotswold Collotype Co., Ltd., Gloucesterhire, England. V, 92 Taf.

Verlag:

Jerusalem: Israel Exploration Society 2002. 4. Kart. $ 132,00. ISBN 965-221-046-3.

Rezensent:

Klaus Beyer

In der sogenannten "Briefhöhle" des Nahal Hever zwischen Engedi und Masada fand 1960-61 eine israelische Expedition unter der Leitung von Y. Yadin 59 Papyri mit aramäischen, hebräischen und griechischen Privatverträgen und Briefen (zwei weitere waren schon vorher von Beduinen entdeckt worden). Er berichtet darüber eindrucksvoll, sehr spannend und mit vielen Bildern in seinem Buch Bar Kochba, Hamburg 1971. Als ersten Band der Judean Desert Studies konnte Y. Yadin (1917-1984) The Finds from the Bar Kokhba Period in the Cave of Letters (ohne Papyri) 1963 noch selbst herausgeben. Als zweiter Band erschienen 1989 The Documents from the Bar Kokhba Period in the Cave of Letters. Greek Papyri. Ed. by N. Lewis. Aramaic and Nabatean Signatures and Subscriptions. Ed. by Y. Yadin and J. C. Greenfield (Pap. Yadin 5; 11-35 = mein Ergänzungsband Die aramäischen Texte vom Toten Meer. 1994, nV 12-27).

Nach dem Tode auch von J. C. Greenfield (1926-1995) liegt nun endlich als dritter und letzter Band der Judean Desert Studies die offizielle Edition der restlichen 28 Papyri aus der "Briefhöhle" vor, der rein aramäischen und hebräischen, unter Mithilfe von S. Hopkins, A. Ivry, G. Khan, J. Naveh und L. Schiffman. Angefügt ist die sorgfältige Neuedition der zwei griechischen Briefe aus dem Bar-Kochba-Kreis (Pap. Yadin 52 und 59) durch Hannah M. Cotton (349-366).

Drei Archive wurden in der "Briefhöhle" gefunden. Das größte enthielt 35 aramäische und griechische Privaturkunden der Babata (korrekt aramäisch Babta "der Augapfel":) Pap. 1-35 (93-132/133 n. Chr.), wovon 1-4 und 6-10 aramäisch sind. Das Archiv des Elieser enthielt sechs Privaturkunden, Pap. 42-46 und 47 (132-135 n. Chr.), drei aramäische und drei hebräische. Das dritte Bündel enthielt 15 Briefe des Simon bar Kosiba (Bar Kochba) und seiner Unterführer auf aramäisch, hebräisch (drei) und griechisch (zwei), Pap. 49-63 (undatiert, 134-135 n. Chr.).

Die drei fast unversehrten hebräischen Pachtverträge Pap. 44-46 vom November 134 n. Chr. hat derselbe Schreiber in Engedi in sehr gut lesbarer Quadratschrift (Buchschrift) geschrieben. Die teilweise zerstörten aramäischen Papyri zeigen eine mehr oder weniger kursive bis unentzifferbare nabatäische (Pap. 1-4; 6; 9) oder jüdische Kanzleischrift. Die längsten Texte sind die Doppelurkunden Pap. 1 (81 cm, 66 Zeilen) und 7 (44 cm, 79 Zeilen). Sieben der 15 Urkunden sind Doppelurkunden, d. h. der Text wird zweimal untereinander geschrieben, und der obere Text danach zum Schutz gegen Fälschung eingerollt, verschnürt und versiegelt, während die Unterschriften senkrecht auf der Rückseite des unteren offenen Textes stehen (entsprechend Keilschrifttafel und Tonhülle mit Zweittext und Siegel in Assyrien). Nicht nur die in nabatäischer Schrift geschriebenen sechs Verträge sind nabatäisch-aramäisch, sondern nach meiner Meinung das ganze in Arabia entstandene Archiv der Babata (vgl. 27.73.89 A. Yardeni zur nabataisierenden Schrift von Pap. 7), wenn auch die jüdisch-kursiven vom Jüdisch-Aramäischen der jüdischen Schreiber beeinflusst sind (vgl. meinen oben genannten Ergänzungsband zu "S. 41"). Damit besitzen wir insgesamt 36 nabatäische Papyri - alle vom Toten Meer.

Eine allgemeine Einleitung (1-33) behandelt zunächst einige Punkte der Verträge wie die Lokalisierung von Grundstücken durch Aufzählung der Angrenzer, die Bewässerungszeiten und die Unterschriften von Analphabeten durch Vertreter - andere wie "Fürst Israels" (Bar Kosiba) und QSR/QTR "Quittung" stehen als "Appendices" am Buchende (367-382) -; danach die drei verwendeten semitischen Sprachen (Neu-)Hebräisch, (Jüdisch-)Aramäisch und Nabatäisch-Aramäisch, die in Wirklichkeit vier sind, da das (Jüdisch-)Aramäische zwei umfasst: die Sprache der Urkunden (ich nenne sie Hasmonäisch), die wie das Nabatäische zum nachachämenidischen Reichsaramäisch gehört, und die Sprache der Briefe (ich nenne sie Altjudäisch), den in Judäa damals gesprochenen Dialekt; alle außer der zuletzt genannten sind meiner Meinung nach nur noch Schriftsprachen, denn die Juden sprachen damals längst aramäische Dialekte, die Nabatäer seit je arabische. Die 15 Privatverträge betreffen Pacht (Pap. 6.42-46), Landkauf (2.3.47), Kauf einer Eselin (8), Quittung (9), Schuldverschreibung (1), Schenkung (7), Bürgschaft (4) und Eheschließung (10), die 15 Briefe den Aufstand.

Den meisten Raum (35-366) beanspruchen die Texte samt Kommentar. Die Lesung der Texte und die Abzeichnungen stammen aus A. Yardeni: Textbook of Aramaic, Hebrew and Nabataean Documentary Texts. Vol. A. Jerusalem 2000, 60- 66.93-106.113-118.125-130 (griech.: 135-153). 154-183. 271-289. 293-298 (einschließlich der beiliegenden Loseblätter), dessen hohe Qualität ich in der ThLZ 126, 2001, 630 f. herausgestellt hatte. Die Abzeichnungen sollten immer verglichen werden, da auf den Schwarzweißaufnahmen des Tafelbandes Tintenspuren und Verfärbungen des Papyrus nicht immer klar unterschieden werden können. Leider wurden die sehr hilfreichen Schrifttabellen des Textbooks nicht übernommen. Jedem Text hat Y. eine genaue Beschreibung des Papyrus und eine Charakteristik der Schrift des Schreibers und der bis zu sieben Unterzeichner vorangestellt, dazu eine ausführliche Diskussion von Einzelstellen beigegeben.

Auf diesem soliden epigraphischen Fundament baut die Übersetzung auf und der sehr ausführliche, materialreiche Kommentar, der von der Mithilfe zahlreicher Spezialisten sehr profitiert hat. Ein empfindlicher Schwachpunkt ist allerdings die Grammatik. Da ist von den Transkriptionen bis zur Syntax viel zu verbessern. Versehen und Druckfehler sind selten. Genannt sei nur die viermalige Verschreibung (Pap. 2, 6.26; 3, 6.29) WS..D/WS..R für WS..D/R, das ich WSPYR "und Schönes" lesen möchte. Die üblichen Indices beschließen den Band.