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Ausgabe:

März/2003

Spalte:

340 f

Kategorie:

Ökumenik, Konfessionskunde

Autor/Hrsg.:

Reininger, Dorothea

Titel/Untertitel:

Diakonat der Frau in der Einen Kirche. Diskussion, Entscheidungen und pastoral-praktische Erfahrungen in der christlichen Ökumene und ihr Beitrag zur römisch-katholischen Diskussion. Mit einem Geleitwort von Bischof K. Lehmann.

Verlag:

Ostfildern: Schwabenverlag 1999. 736 S. gr.8. Kart. ¬ 25,00. ISBN 3-7966-0949-X.

Rezensent:

Katrin Gelder

Das vorliegende Werk von Reininger stellt die für den Druck aktualisierte Fassung einer Dissertation dar, die im Wintersemester 1998/1999 vom Fachbereich Katholische Theologie der Universität Mainz angenommen wurde.

In einem der Untersuchung selbst vorangestellten Vorwort weist Bischof Karl Lehmann darauf hin, dass diese sehr umfassende wissenschaftliche Untersuchung eine Thematik aufgreife, die in der römisch-katholischen Kirche gegenwärtig dringend der Bearbeitung bedürfe: das "Diakonat der Frau".

R. selbst erläutert zu Beginn die Zielrichtung ihrer Untersuchung des Näheren dahingehend, dass es ihr um die Förderung eines Ständigen Diakonats gehe, das für Männer wie für Frauen offen sei und ein selbständiges Glied in einem dreistufigen sakramentalen Ordo-Modell darstelle. Im Dienste dieser Zielrichtung untersucht R. die Thematik in ökumenischer Perspektive, d. h. sie fragt nach Impulsen, die von der Praxis und der Reflexion in anderen Kirchen für die Stärkung eines solchen Selbständigen Diakonats ausgehen können.

Die Untersuchung gliedert sich in drei große Kapitel (A-C). In einem ersten Kapitel (A) analysiert R. die geschichtliche Entwicklung des Ständigen Diakonats sowie die dogmatische, pastoral-theologische und kirchenrechtliche Reflexion und Diskussion in der römisch-katholischen Kirche bis in die unmittelbare Gegenwart hinein.

Erste Initiativen im Blick auf ein Diakonat der Frau in der römisch-katholischen Kirche habe es in der ersten Hälfte des 20. Jh.s gegeben. Seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil verstärkten sich solche Bemühungen, sie halten bis in die Gegenwart an. "Grundlage und Hintergrund der theologischen Diskussion über die Möglichkeit, Frauen zum Ständigen Diakonat zuzulassen, bilden die Zeugnisse von Schrift und Tradition der Kirche, die auf Hinweise für bzw. gegen eine Zulassung von Frauen zum sakramentalen Ständigen Diakonat befragt werden" (56). R. weist darauf hin, dass kontrovers diskutiert werde, ob ein Ständiger Diakonat der Frau auf der Linie der Tradition liege. Historisch alleine lasse sich diese Frage nicht beantworten. Bei ihrer Analyse der theologischen Argumentationen unterscheidet R. zwischen kultischen Faktoren, pastoral-theologischen Überlegungen, systematisch-theologischen Fragestellungen und kirchenrechtlichen Aspekten und resümiert: "Es besteht bisher keine einheitliche und tragfähige Theologie des Diakonats" (169). Außerdem werde die Diskussion zu abstrakt, d. h. zu wenig erfahrungsbezogen geführt (170).

In einem zweiten Kapitel (B) entfaltet R. die Entwicklungen zu Theorie und Praxis eines Diakonats der Frau in der Evangelischen Kirche in Deutschland, in der Church of England, in den alt-katholischen Kirchen der Utrechter Union, in der orthodoxen Kirche sowie in multi- und bilateralen ökumenischen Gesprächen.

Dabei lässt sie sich von der Frage leiten: "Welche Erfahrungen haben Kirchen, die Diakoninnen ordinieren, in der pastoralen Arbeit gemacht, und welche haben die Diakoninnen selbst gemacht?" (170) Im Blick auf das Diakonat in der Evangelischen Kirche in Deutschland weist R. auf die koinonische Prägung und den - im Unterschied zum liturgischen Akzent des römisch-katholischen Diakonats - diakonischen Schwerpunkt hin. Die Integration der Frauen in die diakonischen Gemeinschaften sei Erfahrungsberichten zufolge erst begrenzt gelungen. In der Anglikanischen Kirche von England werde seit 1987 in das Amt der Diakonin ordiniert. Es sei Teil des zuvor nur für Männer vorgesehenen Eigenständigen Diakonats. Im Blick auf die Wiederentdeckung des Diakonats in den alt-katholischen Kirchen der Utrechter Union sei die Diskussion zum sakramentalen "apostolischen" Amt von besonderem Interesse. Die Frage der Weihe spiele auch in den Diskussionen der orthodoxen Kirche eine hervorgehobene Rolle.

In einem dritten Kapitel (C) entwickelt R. unter Aufnahme von Impulsen aus Praxis und Reflexion der anderen Kirchen ein Modell für ein Ständiges Diakonat innerhalb der römisch-katholischen Kirche als selbständiges Glied in einem dreistufigen sakramentalen Ordo. Dies Modell mündet in die Skizzierung visionärer Erfahrungen von Frauen im Selbständigen Diakonat ein. Zu Beginn dieses Kapitels weist R. unter Anknüpfung an ihre im ersten Kapitel vorgenommene Analyse der römisch-katholischen Diskussion auf den Dissenz darüber hin, "ob Frauen zu einem sakramentalen Diakonat zugelassen werden könnten, ohne daß diese Entscheidung gleichzeitig auch jene über die Zulassung zur Priesterweihe einschließen würde, und dennoch der sakramentale Ordo in seiner Einheit zu denken wäre" (604).

Die entscheidende Weiche stellt R. anschließend mit einer trinitarisch fundierten ekklesiologischen Reflexion. Hier reflektiert sie die Einheit des Ordo und die Dreigliedrigkeit der Ämter nach dem Denkmodell der Drei-Einheit (605-615). Anschließend hebt sie die "Brückenfunktion" des sakramentalen Diakonats hervor und interpretiert den sakramentalen Diakonat als "sakramentale repraesentatio" des "gemeinsamen Diakonentum[s] aller Gläubigen" (641). R. weist auf die Flexibilität gegenüber Bedürfnissen vor Ort als ein wesentliches Merkmal des auch von Frauen wahrgenommenen Selbständigen Diakonats hin.

Die Untersuchung besticht zuallererst durch die umfassende und sehr kenntnisreiche Gesamtanlage. Auf diese Weise wird erstmals ein Kompendium über Praxis und Theorie des Diakonats in unterschiedlichen Kirchen zur Verfügung gestellt. Sie zeichnet sich außerdem durch eine Argumentationsweise aus, in der systematisch-theologische Argumente, kirchengeschichtliche Reflexionen und kirchenpraktische Erfahrungen aufeinander bezogen werden. Allerdings ist aus protestantischer Sicht festzuhalten, dass das sakramentale Verständnis des Ordo in der römisch-katholischen Theologie die Vergleichbarkeit eines Ständigen Diakonats mit dem Diakonenamt der evangelischen Kirchen auf fundamentale Weise einschränkt.