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Ausgabe:

März/2003

Spalte:

268 f

Kategorie:

Religionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Stolz, Fritz

Titel/Untertitel:

Weltbilder der Religionen. Kultur und Natur, Diesseits und Jenseits, Kontrollierbares und Unkontrollierbares.

Verlag:

Zürich: Pano 2001. IX, 263 S. m. 46 Abb. 8 = Theophil, 4. Kart. ¬ 23,50. ISBN 3-907576-35-7.

Rezensent:

Rainer Flasche

Der vor kurzem plötzlich verstorbene Züricher Religionswissenschaftler hat sich zur Aufgabe gestellt, "die verschiedenen Aussagen über verschiedene Religionen in eine Ordnung [zu] bringen" (IX), er will "die Aufgabe, welche sich die Religionstypologie einmal vorgenommen hatte, nochmals thematisieren, freilich in anderer Art als vormals" (IX). Dazu sollen die "Weltbilder als Ausdruck von Religionen" (1) dienen. Dabei geht er aus von der "ständigen Pluralisierung und Partikularisierung" der Weltbilder in unserer Zeit und wendet sich dann "traditionellen Weltkonzepten" zu, denen er dann Strukturen unterlegt oder - wie er sagt- "Leitdifferenzen vergleichender Weltbildanalyse" (9), nämlich "Diesseits/Jenseits", "Kultur/Natur", "kontrollierbar/unkontrollierbar". Dass es sich dabei um ein Konstrukt handelt, bemerkt Stolz richtigerweise zum Schluss seines Buches (241), eben um eine "eurozentrische Konstruktion". Darüber hinaus ist auch der Gang durch die Religionengeschichte von einer emanatorischen oder evolutionistischen Schematisierung unterlegt, in dem er Sozialgeschichte und Religionsgeschichte parallelisiert, die religiöse Entwicklung im Monotheismus zu ihrem Höhepunkt gekommen sieht, der freilich durch die Aufklärung überwunden zu sein scheint, was schließlich zu einer "Vereinheitlichung und Pluralisierung der Weltbilder" (217 ff.) führt. Nur unter diesem entwicklungsgeschichtlichen Aspekt wird ein solcher Satz verständlich wie "Religionen im eigentlichen Sinne des Wortes, als eigenständige Weisen symbolischer Kommunikation, gibt es also nicht seit eh und je, sondern sie kommen in bestimmten politischen, gesellschaftlichen und kulturellen Konstellationen auf" (246); oder die hin und wieder aufkommende Rede von "echter Religion" oder dass man von "einer bestimmten Epoche an von Religionsgeschichte im eigentlichen Sinne des Wortes sprechen" (108) kann. Religion ist für St. "eine Lebensform, die an einer besonderen Botschaft, an einer besonderen Art symbolischer Kommunikation orientiert ist" (108). Das erinnert freilich in gewisser Weise an ein Wiederaufleben der Uroffenbarungsthese. Ebenso fließen immer einmal wieder schöpfungstheologische Aussagen in die Darstellung der Weltentstehungskonzeptionen anderer Religionen ein, die dort sicherlich nicht das Leitmotiv bilden.

Anhand der oben angesprochenen "Leitdifferenzen", die St. auch als "Grundunterscheidungen" (13) charakterisiert und die er aus "einigen grundsätzlichen anthropologischen Überlegungen gewonnen"" (9) hat, bilden in teils leicht abgewandelter Form (etwa Chaos/Kosmos) die Interpretamente für den Gang durch die Religionengeschichte. Diese beginnt mit den australischen Jäger- und Sammlergesellschaften über die Hackbauern Indonesiens und die agrarwirtschaftlich ausgerichtete mesopotamische Kultur/Religion über China und Indien - wobei hier der Buddha nur sehr sparsam behandelt wird - hin zur Sozial- und Kulturgeschichte Griechenlands, die unter dem Titel Religion und Rationalität abgehandelt wird. Hier wird nun die entwicklungsgeschichtliche Konzeption des Vf.s mehr als deutlich: "in unserem Zusammenhang interessiert das Weltbild des griechischen Polytheismus weniger. Wesentlicher ist die Umformung, der es in der entstehenden Philosophie unterliegt" (121). Und etwas weiter "das Denken führt zur Einsicht, dass es nicht viele Götter geben kann, sondern nur einen Gott, der nicht anthropomorph ist. Einheit des Denkens garantiert die Einheit der Welt und die Einheit Gottes" (125). Hiermit wird der Hinweis verbunden, dass damit "Mittel vorbereitet werden, derer sich später die abendländische Theologie bedient" (125). Folgerichtig werden nun unter der Überschrift "Unterscheidung von Gott und Welt: Monotheismus" Judentum, Christentum und Islam abgehandelt, wobei sich einige theologiegeschichtliche und kirchengeschichtliche Ausführungen anschließen, um dann im Schlusskapitel von der Aufklärung her einige Weltbilder der Neuzeit vorzuführen, wobei hier z. T. kulturkritische, wenn nicht kulturpessimistische Töne mitschwingen.

Das Buch ist ein interessanter Versuch religiöse Weltbilder darzustellen, blendet aber leider die unabänderlich dazugehörigen Menschenbilder aus, in dem das adamistisch-abendländische Menschenbild als selbstverständlich hingenommen wird. Es bietet eine Vielzahl von Einzelinformationen einschließlich etlicher eingeschobener Texte und vor jedem Kapitel Lesehinweise, deren Titel zum Schluss im Literaturverzeichnis zusammengestellt sind. Nach jedem Kapitel sind einige Abbildungen eingeschoben, die mit erklärenden Texten versehen sind und die angesprochenen Leitdifferenzen vertiefen sollen. Dem Leser wird eine Religionengeschichte in Ausschnitten dargeboten, die letztendlich doch eine Geschichte der Religion sein will und dies anhand der binären Systematik von religiösen Weltbildern belegen will.