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Ausgabe:

März/2003

Spalte:

267 f

Kategorie:

Religionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Pfüller, Wolfgang

Titel/Untertitel:

Die Bedeutung Jesu im interreligiösen Horizont. Überlegungen zu einer religiösen Theorie in christlicher Perspektive.

Verlag:

Münster-Hamburg-London: LIT 2001. 223 S. 8 = Theologie, 41. Kart. ¬ 20,90. ISBN 3-8258-5382-9.

Rezensent:

Ludwig Hagemann

Das Buch thematisiert zwei theologische Felder: zum einen die sogenannte "Theologie der Religionen" in ihren drei religionstheologischen Modellen (Exklusivismus, Inklusivismus, Pluralismus), zum anderen die - wie der Vf. sich ausdrückt - "theologische Theorie über Jesus von Nazareth, traditionell Christologie genannt" (9).

Als vehementer Verfechter einer pluralistischen Religionstheologie versucht Pfüller, gegen sie vorgebrachte Einwände zu entkräften (34 ff.). Dabei kommt er zu folgendem Ergebnis: Ungeachtet "aller möglichen relevanten Widersprüche" lasse sich "durchaus eine Gleichrangigkeit mehrerer religiöser Traditionen behaupten" (51). Folglich sei das Konzept der pluralistischen Religionstheologie auf Grund divergierender Wahrheitsansprüche religiöser Überlieferungen "mitnichten gefährdet" (ebd.). Dementsprechend spricht sich Pf. gegen jeden religionstheologischen Monismus aus (53 ff.) und setzt sich für - wie er formuliert- einen "gradualistischen Pluralismus" ein (61 ff.), der "nicht die tatsächliche Gleichwertigkeit der (zentralen) Geltungsansprüche mehrerer religiöser Traditionen" behauptet, sondern "nur deren mögliche Gleichwertigkeit" (ebd.). Der Vf. kommt zu dem Schluss, dass die pluralistische Religionstheologie "notwendige Bedingung des interreligiösen Dialogs" ist (73ff.: "Wahrheitssuche" statt "Wahrheitsbesitz").

Nach diesen religionstheologischen Überlegungen wendet sich der Vf. christologischen Fragestellungen zu, um "einiges von der anstehenden Dekonstruktionsarbeit im Blick auf die traditionelle Christologie zu leisten" (13). Hätte er in der Einführung seine Intention nicht so präzise umrissen, dann hätte sich die Frage gestellt, was die folgenden Ausführungen (89 ff.) mit dem eingangs behandelten Problem verbindet; doch Pf. hat für Klarheit gesorgt: Er will das geschichtlich gewachsene Bekenntnis zu Jesus Christus so bearbeiten (besser: für sich zurechtschneiden), dass es in sein System einer religiösen Theorie passt. Angegangen werden u. a. folgende Themen: Sündlosigkeit Jesu (89 ff.), sein Tod als Stellvertretung (106 ff.) und Sühnopfer (111 ff.) sowie dessen Heilsnotwendigkeit (115 ff.). Die Frage nach der Notwendigkeit des Kreuzestodes Jesu als historische Frage zu stellen, wie Pf. fordert (122 ff.), will nicht einleuchten, handelt es sich doch um eine Deutung des Todes Jesu, nicht um die historische Faktizität. Von einer "soteriologischen Horizonterweiterung" könnte man erst dann sprechen, wenn Pf. neben der christlichen die soteriologischen Auffassungen auch anderer religiöser Traditionen angemessen dargestellt hätte. Diese Aufgabe leistet er leider nicht, er spricht von einem noch zu bearbeitenden Desiderat (122). Stattdessen will er mit der "christlichen Ignoranz" abrechnen (ebd.). Unter diesen Voraussetzungen in einen aufrichtigen Dialog mit Vertretern und Vertreterinnen anderer Religionen treten zu wollen, scheint höchst problematisch. So betrachtet, sieht sich Pf. zu Recht als Außenseiter (vgl. Vorwort).