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Ausgabe:

März/2003

Spalte:

263 f

Kategorie:

Religionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Hutter, Manfred [Hrsg.]

Titel/Untertitel:

Buddhisten und Hindus im deutschsprachigen Raum. Akten des Zweiten Grazer Religionswissenschaftlichen Symposiums (2.-3. März 2000).

Verlag:

Frankfurt/ M.-Berlin-Bruxelles-New York-Oxford-Wien: Lang 2001. 236 S. m. Abb. u. Tab. = Religionswissenschaft, 11. Kart. ¬ 40,00. ISBN 3-361-36973-5.

Rezensent:

Andreas Nehring

Der Band will viel. Auf einem Grazer Symposium "Hindus und Buddhisten im deutschsprachigen Raum: Anpassung - Ablehnung - Alternativen" im März 2000 wurde, so die Aussage des Herausgebers, zum ersten Mal die Präsenz hinduistischer wie buddhistischer Gruppen im deutschsprachigen Raum zum Thema einer religionswissenschaftlichen Tagung gemacht, einer Tagung, von der innovative Anstöße ausgehen sollen (7). Darin liegt auch das besondere Verdienst dieses Bandes, Informationen über verschiedene religiöse Gruppierungen, vor allem in Österreich, zusammengetragen zu haben. Wenn man allerdings die einzelnen Beiträge liest, begegnet einem ein buntes Gemisch von sattsam Bekanntem, aber auch wirklich Neuem.

Die sehr zu begrüßende Intention des Symposiums, den österreichischen Lokalbezug zu einem Schwerpunkt der Forschung zu machen, konnte leider nicht ganz durchgehalten werden, wohl auch, wie der Herausgeber bemerkt, weil bisher Österreich-spezifische religionswissenschaftliche Publikationen zur Religionsgeschichte der Gegenwart weitgehend fehlen. Die Ausweitung des Symposiumthemas auf den gesamten deutschsprachigen Raum lässt den Untersuchungsbereich daher einerseits etwas diffus werden, andererseits beschert sie dem Leser/ der Leserin Einblicke in hinduistische Phänomene in Deutschland, wie etwa das Fest der Göttin Kamadchi Ampal in Hamm-Uentrop, oder buddhistische Rezeptionsvorgänge wie das Verhältnis von Buddhisten und Theosophen vor dem ersten Weltkrieg in Leipzig.

Der Herausgeber hat die unterschiedlichen Beiträge in drei Kategorien eingeteilt, "Hindus", "Buddhisten" und "Rezeptionsvorgänge". Bereits diese Unterteilung ist bezeichnend, sollen doch neben der "religionsgeschichtlichen Bestandsaufnahme" die "Rezeptionsvorgänge östlichen Gedankenguts" dargestellt werden. Ob diese Aufteilung des Buches religionswissenschaftlich wirklich gelungen ist, bleibt hingegen fraglich. Zwar erfährt der Leser Informatives über Mitgliederzahlen, Organisationsstrukturen und rechtliche Stellung der Gruppen in Österreich und Deutschland, muss dann aber auch Sätze über sich ergehen lassen, die deutlich machen, dass die Reflexion der Rezeptionsvorgänge noch in den Kinderschuhen steckt. Etwas ratlos wird der Leser mit Sätzen alleingelassen wie: "in den indischen Kulturkreis eingebettet, bleibt der Guruismus bei uns aber zwangsläufig ein Fremdkörper" (43). Wenn man andererseits z. B. lesen darf: "Im Buddhaya-na-Zentrum wird traditioneller Theravada-Buddhismus praktiziert" (145), fragt man sich schon, wie eigentlich klassischer Theravada-Buddhismus praktiziert wird und vor allem: wo sonst noch?

Religionsgeschichtliche Bestandsaufnahme hinduistischer und buddhistischer Gruppen im deutschsprachigen Raum ist wohl nur als Rezeptionsgeschichte zu schreiben, die sowohl den Kontext bedenkt, aus dem hinduistische oder buddhistische Traditionsströme in den Westen gekommen sind, als auch welche diskursiven Formationen gerade diejenigen im deutschsprachigen Raum heute beheimateten Gruppen und geistigen Rezeptionsvorgänge ermöglicht haben. Wenn in einem Buch österreichische Anhänger von Sri Chinmoy und Flüchtlingstamilen aus Sri Lanka unter dem Überbegriff "Hinduismus" abgehandelt werden, so ist doch zu fragen, was beide eigentlich miteinander zu tun haben. Diese Frage wird in dem Band leider nicht gestellt, ebenso wenig wie die, warum eigentlich zu dem Tempelfest von Hamm, das der Herausgeber als den "Höhepunkt des Hindulebens in Deutschland" bezeichnet (8) so wenige Anhänger von Sathya Sai Baba kommen. Vielleicht liegt es daran, dass die Rezeptionsintentionen bei beiden Gruppen völlig andere sind. Darüber erfahren wir aber leider nichts und daher bleibt die Lektüre einiger Beiträge, auch trotz der Beteuerungen der Autorin des Beitrags über das Tempelfest von Hamm, dass es sich hier um ein "anschauliches Beispiel für die jüngste Entwicklung religiös kulturellen Lebens von tamilischen Hindus" (75) handele, wirklich nur "interessant".

Vor allem zwei Beiträge, zum Zen-Buddhismus im Westen von Ursula Baatz (159-172) und der schon erwähnte zu Buddhismus und Theosophie in Leipzig von Heinz Mürmel (123- 136) machen dagegen deutlich, dass Rezeptionsvorgänge nicht nur als Kontextverschiebungen beschrieben werden können, sondern wie bestimmte Diskurse von Religion Rezeptionsvorgänge beeinflusst haben.

Von diesen Ansätzen können sicherlich die vom Herausgeber intendierten innovativen Impulse des Grazer Symposiums weitergeführt werden, wie nämlich Rezeptionsvorgänge einer Ordnung des Religionsdiskurses im deutschsprachigen Raum folgen und gefolgt sind.