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Ausgabe:

November/2002

Spalte:

1198–1200

Kategorie:

Kirchengeschichte: Mittelalter

Autor/Hrsg.:

Gatz, Erwin [Hrsg.] unter Mitwirkung von C. Brodkorb

Titel/Untertitel:

Die Bischöfe des Heiligen Römischen Reiches 1198-1448. Ein biographisches Lexikon.

Verlag:

Berlin: Duncker & Humblot 2001. CXCII, 926 S. m. 1 farb. Faltkte. im Anhang. 4. Lw. ¬ 149,00. ISBN 3-428-10303-3.

Rezensent:

Gottfried Seebaß

Mit dem vorliegenden Band legt Erwin Gatz den letzten Band seines wahrhaft monumentalen biographischen Lexikons zu den Bischöfen des Heiligen Römischen Reiches vor. Der Band umfasst die Zeitspanne zwischen 1198 und 1448. Dass dieser der letzte Band bleibt, hängt zunächst damit zusammen, dass die Bischöfe des Reiches vor 1198 in der von Odilo Engels und Stefan Weinfurter 1982 veröffentlichten Series episcoporum ecclesiae catholicae occidentalis V, Germania 1, enthalten sind. Wie deren Band mit dem Jahr 1198 endet, so setzt G. mit eben diesem Jahr - übrigens auch entsprechend der Hierarchia catholica ein, weil das Jahr mit dem Beginn des Pontifikats Innocenz III. eine neue Epoche der Papstgeschichte kennzeichnet. Das Jahr 1448 wiederum erinnert an das Wiener Konkordat und die von ihm getroffenen Bestimmungen über die Bistumsbesetzungen im Reich, die bis 1803/06 ihre Gültigkeit behielten. Berücksichtigt sind die Bischöfe und Weihbischöfe aller zum Reich gehörenden Bistümer, wobei eine solche Bestimmung wie in den vorangegangenen Bänden selbstverständlich eine Reihe von Schwierigkeiten mit sich bringt. Zunächst wurden die Bistümer, die ihren Sitz außerhalb des Reiches hatten, aber in das Reich hineinreichten, nicht berücksichtigt. Hingegen sind im Westen die Mitte des 16. Jh.s verlorengegangenen Bistümer ebenso berücksichtigt wie die nur lose mit dem Reich zusammenhängenden Suffragane des Erzbistums Riga. Auch Schleswig und Reval wurden, obwohl Suffragane des Erzbistums Lund aufgenommen.

Anders als in den drei bisherigen Bänden zu den Bischöfen von 1448 bis 1648, von 1648 bis 1803 und von 1785/1803- 1945 folgt die Anordnung in diesem Band nicht der alphabetischen Namensfolge der Bischöfe, sondern der alphabetischen Folge der Diözesen und Erzdiözesen, für die es am Ende des Bandes eine auch das berücksichtigte Baltikum umfassende Karte gibt. Einer jeweils sehr knappen Einleitung zur Geschichte der Diözese folgt zunächst die Liste der Bischöfe und Weihbischöfe, wobei letztere in diesem Band auf Grund der Quellenlage keine eigenen Biogramme erhalten und die bei ihnen genannten Daten im Unterschied zu den bei den Bischöfen genannten keine Amts-, sondern Belegjahre für weihbischöfliche Handlungen bieten. Etwas umständlich ist es, dass man bei den Weihbischöfen, die - durch Fettdruck kenntlich gemacht - als Bischöfe einer anderen Diözese ein Biogramm erhalten haben, die Diözese nur mit dem lateinischen Namen angegeben hat, so dass man angesichts der nicht immer vertrauten lateinischen Ortsnamen oft zusätzlich das Verzeichnis der lateinischen Namen der behandelten Diözesen auf den S. CXC f. heranziehen muss. Der Übersicht über die Bischöfe und Weihbischöfe einer Diözese folgen die Biogramme der Bischöfe in chronologischer Folge. Doch ist dem Band auf den Seiten CLXXVI bis CLXXXVIII auch ein Register der behandelten Personen in alphabetischer Folge beigegeben.

Man kann sich eine ungefähre Vorstellung von der hinter diesem Band stehenden Arbeitsleistung machen, wenn man bedenkt, dass das Verzeichnis der abgekürzt zitierten Quellenwerke und Literatur 124 Druckseiten umfasst, wobei eine ganze Reihe abgekürzt zitierter Quellenwerke und Literatur sich auch im Verzeichnis der Abkürzungen findet, was etwas irritierend ist, da man jeweils in beiden Registern nachsehen muss. Die Biogramme folgen in den mitgeteilten Daten und Stationen eines bischöflichen Lebensweges den Richtlinien der früheren Bände. In den Kopftexten wird mit der Bezeichnung Elekt darauf aufmerksam gemacht, dass es sich um eine vom Papst nicht bestätigte Wahl handelte, wobei gelegentlich die Elektions- und die Bestätigungsdaten weit auseinanderliegen können. Dass man bei strittigen Doppelwahlen auch die unterlegenen Elekten aufgenommen hat, ist erfreulich und erleichtert die Arbeit. Vielleicht hätte man in dieser Weise auch bei den - gelegentlich begegnenden - Gegenbischöfen verfahren sollen, also z. B. den von Gregor XI. nach Mainz transferierten Bischof Ludwig (von Meißen) von Bamberg auch unter Mainz aufführen sollen. Denn immerhin wurde Ludwig von den meisten Kurfürsten als Erzbischof anerkannt, obwohl er das Erzstift nie wirklich in Besitz nehmen konnte. Auf Grund der gegenüber den früheren Bänden völlig anderen Quellenlage sind die üblicherweise mit Daten belegten Stationen auf dem Weg zur Inbesitznahme eines Bistums weitaus spärlicher. Außerdem sind die Biogramme aus dem gleichen Grund von ganz unterschiedlicher Länge und Dichte, spiegeln aber eben damit auch die Quellenlage und den tatsächlichen Forschungsstand, der für die in der Reformationszeit untergegangenen nord- und mitteldeutschen Bistümer of-fenbar deutlich schlechter ist als für die bis zum Ende des Alten Reiches und darüber hinaus bestehenden. Die Biogramme werden im allgemeinen sowohl dem kirchlich-diözesanen wie dem landesherrlichen Wirken der (reichsunmittelbaren) Bischöfe gerecht und zeichnen beides wiederum in die allgemeine und die Kirchengeschichte insgesamt ein. Im Blick darauf ist man dankbar für das dem Band beigegebene Verzeichnis der zeitgenössischen Regenten, das nicht nur Päpste und deutsche Könige, sondern ebenso die Regenten der großen deutschen Fürstentümer und der bedeutenden nichtbischöflichen geistlichen Fürsten wie etwa die Hochmeister des Deutschen Ordens, aber auch die Pröpste und Äbte der großen Klöster und Stifte bietet. Auffällig ist, dass es auch schon in diesem Zeitabschnitt eine Fülle von Transferierungen gibt, erfreulich auch, dass für die Bischöfe nicht nur der Ort der Grablege, sondern auch die erhaltenen Grabplatten erwähnt werden. Und ebenso erfährt man, ob das geführte Siegel bekannt und erhalten ist. Allerdings gibt es im Unterschied zu den späteren Bänden keinerlei Abbildungen, wohl weil man den Darstellungen auf Grabplatten und Siegeln mit Recht keine Porträtähnlichkeit zuerkennen mochte.

Für die Geschichte der Reichskirche stellt das nun vollendete Werk von G., vor allem aber eben auch dieser letzte Band ein ganz unentbehrliches Hilfsmittel dar. Es handelt sich aber darüber hinaus um ein wirkliches Standardwerk zur deutschen Geschichte. Zu bedauern ist eigentlich nur, dass G. und der Verlag darauf verzichtet haben, den hochinteressanten Bericht über die Entstehung des Gesamtwerkes voranzustellen (Römische Quartalsschrift 95, 2000, 1-19), das ja in seinen ersten Planungen bis in die siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts zurückgeht. Deswegen sei darauf an dieser Stelle ausdrücklich hingewiesen.