Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

Oktober/1998

Spalte:

1025 f

Kategorie:

Systematische Theologie: Dogmatik

Autor/Hrsg.:

Tejerina Arias, Gonzalo

Titel/Untertitel:

Revelación y Religión en la Teología Antropológica de Heinrich Fries. Un pensamiento católico al encuentro de la modernidas.

Verlag:

Madrid: Ed. Revista Agustiniana 1996. 601 S. gr.8 = Pensamiento, 1. ISBN 84-86898-43-9.

Rezensent:

Adolfo González-Montes

Der Band, den wir vorstellen, entspricht der Doktorarbeit des Verfassers, Dozent in Madrid und Salamanca. Es handelt sich um die gelungene und aufklärende Synthese des fundamentaltheologischen Denkens von H. Fries, dessen Werk in Spanien ein bemerkenswertes Echo gefunden hat. Die vom Vf. geleistete Forschungsarbeit verfolgt den Weg der deutschen Theologie auf dem Gebiet der Begründung der christlichen Offenbarung und des Glaubens, des Dialogs zwischen Glauben und wissenschaftlicher und philosophischer Rationalität im Laufe eines halben Jahrhunderts.

Das Werk umfaßt dreizehn Kapitel, die in vier Teile untergliedert sind, die der dreifachen Thematisierung der zeitgenössischen Fundamentaltheologie der deutschen Schule entsprechen. 1. Teil: Formale Betrachtung der Wissenschaftlichkeit der Theologie; 2. Teil: Die Offenbarung Gottes, und 3. Teil: Rationale Rechtfertigung der christlichen Offenbarung. Der 4. Teil ist der kritischen Auswertung des Denkens von Fries, das in den drei ersten Teilen artikuliert wurde, gewidmet.

Der erste Teil umfaßt zwei Kapitel, die versuchen, die Wissenschaftlichkeit der Theologie und die Spezifität der Fundamentaltheologie aufzuzeigen. Die formale Untersuchung, die Fries bezüglich der Theologie als Wissenschaft der Offenbarung und des Glaubens macht, entspricht der transzendentalen Strömung und zeigt ihn stark beeinflußt vom christlichen Personalismus und der Auffassung der Theologie als Heilsgeschichte. Die Kapitel drei bis sechs nehmen den 2. Teil ein, in dem die klassische Argumentation der deutschen apologetischen Tradition entwickelt wird: la argumentatio religiosa, die Fries von dem Beweiszwang des apologetischen Rationalismus befreit hat, mit dem Denken Newmans angereichert und in dem existential-personalistischen und transzendentalen philosophischen Rahmen, den wir erwähnten, neu situiert hat. Nachdem der Autor im III. Kapitel an das Wirklichkeitsverständnis von Fries als "Offenbarungsraum" herantritt, beschäftigt er sich im IV. Kapitel mit dem Verhältnis zwischen Religion und Offenbarung, das auf dem Hintergrund der geschichtlichen Entwicklung des Gewissens als menschlichem Existential definiert wird.

Die Dialogpartner von Fries befinden sich im gleichen Kulturfeld, besonders K. Jaspers, mit dem er über die Glaubhaftigkeit der geschichtlichen und personalen Konkretisierung der Offenbarung Gottes diskutiert. Das ist der Kern, der den dritten Teil (Kapitel VII bis X) bestimmt. Der Vf. erklärt die "Rechtfertigung der Offenbarung", d. h., die Begründung ihrer Glaubhaftigkeit gemäß der Auffassung von Fries, und folgt dem Denkprozeß des deutschen Theologen im Rahmen seiner Beteiligung an der Debatte über die Bedeutung Jesu Christi als definitive Offenbarung Gottes (argumentatio christiana) und seinem Verhältnis zu dem religiösen Existential. Er erklärt seine Auffassung über die Beziehung zwischen dem Begriff "geschichtliche Offenbarung" Gottes in Christus und dem "mythologischen" Charakter des Zeugnisses des Neuen Testaments, im Gespräch mit dem existentialistischen Reduktionismus der Geschichtlichkeit der Offenbarung von Bultmann. Zum Schluß - bezüglich der rationalen Begründung der Offenbarung - beendet er diesen Teil mit der Konfrontation von Fries mit dem protestantischen Denken, die der Theologe nach und nach erweitert hat in dem Maße als seine Gesprächspartner in Szene traten: neben Bultmann zunächst E. Brunner und K. Barth; danach E. Jüngel und E. Herms.

Bis hierher reicht die Darstellung der Synthese des deutschen Theologen. Der vierte Teil ist der Auswertung dieser Synthese gewidmet. Die Forschung beschreibt diese Synthese als "Theorie einer anthropologischen Theologie", deren formale Voraussetzungen in der phänomenologischen Beschreibung des christlichen Geschehens implizit enthalten sind. Das bedeutet 1) eine Theorie der Wissenschaftlichkeit der Theologie, von der aus der thomistische Begriff der Theologie teilweise revidiert wird; und 2) eine Theorie der rationalen Begründung der Offenbarung und des Glaubens. Letztere wird begleitet von zwei definierten Referenzen: das "religiöse Existential" des menschlichen Lebens und die "Geschichtlichkeit der Existenz".

Wir befinden uns vor einer gut entworfenen und gut geschriebenen Studie, die das Werk von Fries thematisiert und bemerkenswert erhellt. Sie entdeckt in ihm eine koherente Manifestation der besten theologischen Synthese des deutschen Katholizismus, die die Zeit vom Ende des letzten Weltkrieges bis zum Jahrzehnt der neunziger Jahre umfaßt. Die katholische Identität der fundamentaltheologischen Synthese von Fries kommt klar zum Ausdruck. Fries tritt mit dem Erbe der kantianischen Philosophie - sehr deutlich bei Jaspers - ins Gespräch, und in Übereinstimmung mit Rahner nimmt er in Angriff, was ich als eine "Rehistorisierung" des christlichen Glaubensobjektes verstehe; d. h. die Rückgabe der Offenbarung des Subjekts an das geschichtliche Ereignis Jesus Christus, und eben darum, an die "persönliche" "Selbstoffenbarung" Gottes in Jesus.

Die Leser dieses Werkes werden bald eine weitreichendere biblische und neutestamentliche Erforschung der gebrauchten Begriffe vermissen (Offenbarung und Glaube). Es fehlt in den Texten von Fries eine Annäherung an die Ursprünge des Christentums, die dem Niveau seiner philosophischen Vorbereitung entspricht. Es fehlt nicht eine ausreichende Begründung der Kirchlichkeit des Glaubens, wenn auch vielleicht in zu großer Abhängigkeit von der deutschen Situation der siebziger Jahre. In diesem Sinne wäre hervorzuheben, daß der Vf. mit Fries sagt, daß die Schwierigkeit, das Dogma von der "theologischen Interpretation" zu trennen, dazu zwingt, die "hermeneutische Frage" der Offenbarung im Zusammenhang mit ihrer Kirchlichkeit und dem Lehramt als methodologischem Element zu stellen (cf. 440 ff.): "Die Theologie und der Pluralismus"; und 444ff.: "Theologie und Kultur".

Der Ausübung der Theologie unter der Belastung des Lehramtes steht Fries kritisch gegenüber, verteidigt jedoch den Bezug auf das Lehramt in der Theologie als Hilfe, um den "Perspektivismus" einer partikularistischen "Regionalisierung" der Theologie zu überwinden. Auf die Frage nach dem maßgebenden Kriterium der - laut Interpretation des Vf.s - sogenannten "strukturalen Übertragung ausgehend von neuen Beziehungspunkten", antwortet Fries, daß dieses Kriterium dasjenige der Verifizierung durch die christliche Gemeinde ist, der es gebührt, die Glaubensformulierungen geltend zu machen. Innerhalb der Kirche "drückt sich das Lehramt in einer materiellen Bindung an das Credo der Gesamtkirche und an die nach seinen Grundsätzen gelesenen Schrift aus" (444). Und hier jetzt der neuartige Beitrag von Fries: Auch innerhalb der Kirche hat die Theologie als "Charisma" ihren Platz, nicht als "Auftrag" des Lehramtes, aber auch nicht ohne Bezug zu ihm.

Erwähnenswert ist noch die positive Bewertung der Friesschen Betrachtung der Theologie als Anthropologie durch den Vf. und ihre Beziehung zur Kultur, ausgehend von den formalen Analysen, die in der transzendentalen Methode in Anwendung auf die Praxis der Fundamentaltheologie enthalten sind. Hinzuweisen ist zum Schluß auch auf die ökumenische Neubetrachtung des Begriffs der Offenbarung im wechselseitigen Bezug auf die Lehren des 1. und des 2. Vatikanischen Konzils.