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Ausgabe:

Oktober/2002

Spalte:

1125 f

Kategorie:

Religionspädagogik, Katechetik

Autor/Hrsg.:

Thomas, Günter [Hrsg.]

Titel/Untertitel:

Religiöse Funktionen des Fernsehens? Medien-, kultur- und religionswissenschaftliche Perspektiven.

Verlag:

Wiesbaden: Westdeutscher Verlag 2000. 297 S. m. 2 Abb. 8. Kart. ¬ 32,90. ISBN 3-531-13405-1.

Rezensent:

Christian Grethlein

Der Band dokumentiert eine internationale und interdisziplinäre Tagung, die 1999 im Internationalen Wissenschaftsforum der Universität Heidelberg stattfand. "Ziel der Begegnung war es, in medien-, kultur- und religionswissenschaftlicher Perspektive die Fragen zu diskutieren: Nehmen die elektronischen Medien im Allgemeinen und Fernsehen im Besonderen Funktionen wahr, die vor der Evolution der Medien von den Religionen wahrgenommen wurden? In welchen Formen und Weisen nehmen die elektronischen Medien gegebenenfalls Funktionen wahr?" (7).

In einer sehr instruktiven "Einleitung. Religiöse Funktionen des Fernsehens?" (9-25) stellen Günter Thomas und Michael Welker die einzelnen Beiträge kurz vor. Dabei arbeiten sie die in den folgenden 16 Aufsätzen näher dargestellten Grundsatzfragen heraus: die Frage nach dem Ritualcharakter des Fernsehens, seiner Analogie zu religiöser Vergewisserung, seinen (zivil-)religiösen Funktionen und vor allem nach der Rezeption durch die Zuschauerinnen und Zuschauer.

Praktisch-theologisch von besonderem Interesse sind die fünf unter der Überschrift "Wandlungen der Religion in einer Medienkultur" zusammengefassten Beiträge. Knut Hickethier stellt hier u. a. heraus: "Das Fernsehen hat [...] auf einer strukturellen Ebene [...] Funktionen der Religion übernommen: Sinnstiftung [...], Orientierungsvermittlung [...] und eine Ritualisierung des Alltagslebens durch die mediale Zeitstrukturierung" (43). James Carey führt aus US-amerikanischer Sicht in den Zusammenhang von politischer Organisation und technischem Wandel in den Medien ein. Die dabei von ihm konstatierte Deregulierung der nationalen Kommunikationssysteme beobachtet er auch auf religiösem Gebiet mit tiefgreifenden Veränderungen, deren Ergebnisse noch nicht offen zu Tage liegen. Dazu bieten Stewart Hoover und Günter Thomas jeweils Systematisierungsvorschläge an, um - so Hoover - den Wandel des Verhältnisses von Religion und Fernsehen zu periodisieren bzw.- so Thomas - die verschiedenen Beziehungen zwischen Fernsehen und Religion zu erkennen. Historische Tiefenschärfe steuert Burkhard Gladigow mit bis zur Antike zurückgreifenden religionswissenschaftlichen Perspektiven bei.

Im Weiteren kommen dann u. a. das Phänomen des "Medienereignisses" sowie die Frage nach der Produktivität der Zuschauerinnen und Zuschauer besonders in den Blick, wobei vielfältige Beispiele aus Fernsehsendungen die Ausführungen immer wieder sehr anschaulich machen.

Insgesamt gibt der Band - nicht zuletzt durch die zahlreichen Literaturhinweise - einen guten Einblick in den gegenwärtigen Stand der Diskussion zum Verhältnis von Fernsehen und Religion.