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Ausgabe:

Oktober/2002

Spalte:

1124 f

Kategorie:

Religionspädagogik, Katechetik

Autor/Hrsg.:

Porzelt, Burkhard, u. Ralph Güth [Hrsg.]

Titel/Untertitel:

Empirische Religionspädagogik. Grundlagen - Zugänge - Aktuelle Projekte. Hrsg. im Auftrag der Ständigen Sektion "Empirische Religionspädagogik" der Arbeitsgemeinschaft Katholischer Katechetikdozent/innen.

Verlag:

Münster-Hamburg-London: LIT 2000. 242 S. m. Abb. gr.8 = Empirische Theologie, 7. Kart. ¬ 20,90. ISBN 3-8258-4953-8.

Rezensent:

Michael Domsgen

Der vorliegende Band, der sich als "einführende Gesamtschau empirischer Religionspädagogik" (7) versteht, konzentriert sich auf den deutschen Sprachraum und hat vorrangig zwei Zielgruppen im Blick: Studierende möchte er ermutigen, religionspädagogische Probleme empirisch zu beleuchten. "Die fachliche Öffentlichkeit will er einladen, den Ansatz und die Erträge empirischer Religionspädagogik konstruktiv aufzunehmen" (ebd.). Die Verfasser der 15 Beiträge sind alle an katholischen Hochschulen, Universitäten bzw. Fakultäten in Deutschland, Österreich und den Niederlanden tätig.

Unter den Stichworten "Grundlagen" (9-44) und "Zugänge" (45-81) finden sich zu Beginn fünf Aufsätze, die grundlegende Informationen zur empirischen Religionspädagogik allgemein liefern. Anton A. Bucher zeichnet die Geschichte der empirischen Religionspädagogik nach, wobei er zwischen impliziter und expliziter empirischer Religionspädagogik unterscheidet. Erstere sei so alt, wie das Christentum selbst, denn fasst man den Empiriebegriff weit, war "Religionspädagogik schon immer (implizit) empirisch, sofern sie sich um Realitätsbezug bemühte und auf die Zeichen der Zeit achtete" (12). Den Beginn empirischer Religionspädagogik im engeren Sinn verortet Bucher am Anfang des 20. Jh.s, noch bevor sie ausdrücklich von Klaus Wegenast 1968 eingefordert wurde.

Ein Literaturbericht zur aktuellen empirischen Religionspädagogik von Anton A. Bucher sowie Überlegungen zur methodologischen Multiperspektivität angesichts religiöser Umbrüche von Hans-Georg Ziebertz schließen den ersten Teil ab.

Darauf folgen zwei Beiträge, die sich einerseits mit quantitativen Methoden der empirischen Sozialforschung beschäftigen (Andreas Schnider) und andererseits die qualitativ-empirischen Methoden näher beleuchten (Burkhard Porzelt).

Der dritte und umfänglichste Teil des Buches (82-238) widmet sich der Präsentation von zehn aktuellen Projekten empirisch-religionspädagogischer Forschung. Sie befassen sich mit ganz unterschiedlichen Themenfeldern. So untersucht Anton A. Bucher das Verhältnis deutscher Grundschülerinnen und -schüler zum Religionsunterricht, Ralph Güth gewährt Einblicke in Studienbiographien und Martin Jäggle fragt danach, wie Schulen in Wien kulturelle und religiöse Differenz wahrnehmen. Religiöses Lernen als Konstruktionsprozess (auf der Grundlage der Perikope von der Opferung Isaaks) untersucht Hand Mendl. Burkhard Porzelt analysiert jugendliche Intensiverfahrungen als Bedingungen der Möglichkeit religiöser Erfahrung, Andreas Prokopf erhebt, wie Jugendliche Gebrauch von Religion machen und Georg Ritzer stellt sich der Frage "Warum lassen Eltern ihre Kinder taufen?" Michael Scherer-Rath und Johannes A. van der Ven befragten Menschen in Suizidkrisen zu ihrer Einstellung zum Tod, um nach religionspädagogisch bedeutsamen Wegen in der Suizidprophylaxe zu suchen. Walter Vogel nimmt die Internetnutzung in den Blick und untersucht, welche Selektionsmotive User und Userinnen haben, wenn sie an einem moderierten religiösen Chat teilnehmen. Abschließend fragen Hans-Georg Ziebertz und Andreas Schnider nach dem Zusammenhang von Religiosität und Wertorientierung bei Jugendlichen in Deutschland, Österreich und den Niederlanden.

Bei aller Unterschiedlichkeit in der Thematik haben alle Beiträge gemeinsam, dass sie durch eine "vierfache Kernfrage in vergleichbarer Weise erschlossen" (8) werden. An diesen Einzeluntersuchungen soll "deutlich werden, (1) welche religionspädagogische Fragestellung (2) aus welchem Handlungsfeld durch die jeweils vorgestellte Untersuchung (3) in welcher (empirisch-method(olog)ischen Art und Weise (4) mit welchem religionspädagogischen Ertrag" (ebd.) bearbeitet werden konnte.

Der besondere Reiz dieser Beiträge besteht darin, dass hier nicht lediglich Ergebnisse präsentiert, sondern die Erkenntniswege nachgezeichnet und kritisch reflektiert werden. Auf diese Weise gewinnen die grundlegenden Artikel zur empirischen Religionspädagogik im ersten und zweiten Teil des Buches ihre forschungspraktische Verankerung.

Insgesamt gesehen handelt es sich um ein gut lesbares und sehr informatives Buch. Hier wirkt sich positiv aus, dass die Verfasser "höchsten Wert auf Verständlichkeit" (7) legten. Insofern ist zu wünschen, dass sich möglichst viele davon inspirieren lassen, um Ansätze und Erträge empirischer Religionspädagogik zu entdecken und aufzunehmen.