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Ausgabe:

Oktober/2002

Spalte:

1106–1110

Kategorie:

Systematische Theologie: Dogmatik

Autor/Hrsg.:

Dabrock, Peter

Titel/Untertitel:

Antwortender Glaube und Vernunft. Zum Ansatz evangelischer Fundamentaltheologie.

Verlag:

Stuttgart-Berlin-Köln: Kohlhammer 2000. 400 S. gr.8 = Forum Systematik, 5. Kart. ¬ 36,30. ISBN 3-17-016320-5.

Rezensent:

Philipp Stoellger

Angesichts der Lebensformpluralisierung seien Theologie und Kirche in eine kritische Lage geraten. Wo die Theologie sich "nur als Entsprechung zum Wort Gottes" verstehe (17), überhöre sie nicht nur die Gegenwartsprobleme, sondern auch für ihre Sache Wichtiges. D. versucht dagegen die Fundamentaltheologie zu rehabilitieren mit einem genealogischen und überkonfessionellen Konzept, das sie als "Verantwortung auf der Schwelle von theologischen und nichttheologischen Diskursen" loziert (17). Von diesem Topos her solle die Fundamentaltheologie "intrinsezistisch" vom Glauben ausgehend ihn nach außen hin plausibilisieren (19). D.s Formulierung der Aufgabe und seine Verortung der Fundamentaltheologie zeigen, dass er von Bernhard Waldenfels' Phänomenologie theologisch verantworteten Gebrauch zu machen sucht - und hierin liegt das nicht zu unterschätzende Verdienst dieser Arbeit.

Die drei Teile der Studie erörtern die Fundamentaltheologie (33 ff.), die responsive Rationalität (179 ff.) und schließlich evangelische Fundamentaltheologie als responsive Rationalität (300-374).

Sein Konzept entfaltet D. im ersten Teil "Fundamentaltheologie am Ort der Verantwortungsschwelle von Differenzerfahrungen" (33-178), skizziert eine Genealogie der Fundamentaltheologie entgegen deren Kritik von protestantischer Seite, umreißt die theologische Schwellenwissenschaft (55 ff.) und verteidigt das avisierte Konzept von Fundamentaltheologie gegen andere Einleitungstitulaturen (66-74). Im Anschluss an Seckler wählt D. mit 1Petr 3,15 "Verantwortungsbereitschaft theonomer Vernunftautonomie" als Programmformel, die den "Identitätspunkt" der Fundamentaltheologie artikuliere (75 ff., im Status eines "abduktiv gewonnenen regulativen Axioms", 90).

Diesen Ansatz prüft D. in Auseinandersetzung mit M. Seckler (91 ff.), Francis Schüssler-Fiorenza (102 ff), G. Ebeling (115 ff.), G. A. Lindbeck (145 ff.), R. Hütter (154 ff.) und I. U. Dalferth (159 ff.) (warum nicht auch Härle, Herms, Wagner, Pannenberg, Adriaanse, Bayer, Deuser, Phillips oder Brümmer etc.?).

An Seckler und F. Schüssler-Fiorenza exploriert D. den Stand katholischer Fundamentaltheologie und widerlegt das Vorurteil, sie verfahre noch immer extrinsezistisch. Vielmehr verfahre sie im Sinne Secklers intrinsezistisch, von innen nach außen. - Allerdings bleibt zu unbestimmt, wovon genau sie denn ausgeht, dem Fundament des Glaubens oder von dem davon (wie?) zu unterscheidenden Fundament der Theologie? Mehrdeutbar bleibt dabei die Figur von innen nach außen. Denn dieses metaphorische (59 ff.) Schema insinuiert eine deutliche Grenze, die aber weder deskriptiv noch präskriptiv klar ist. Das eigene Außen, das Außen des Fremden und das Außen Gottes sind so verschieden wie auch innen; und das Innen des Glaubens, der Kirche oder des Geistes ist ebenso verschieden wie auch außen (gleiches gilt für Eigenes und Fremdes). Dieses topographische Schema bleibt so lange unterbestimmt, als es nicht (mit Ricoeur resp. Merleau-Ponty) dialektisch, und zwar asymmetrisch-chiastisch, gefasst wird - was D. mit B. Waldenfels ausführen wird (vgl. 202.220 ff.297.306).

Zentraler Einwand gegen Ebeling ist, "die gesamte Wahrnehmung der Weltwirklichkeit wird dem Gesetz unterstellt, das [...] zu einem universalontologischen Transzendental und einem verheißungsleeren Existential transformiert wird", so dass "die Herausforderungen, die von außen über die Schwelle an den theologischen Diskurs herangetragen werden könnten, erst gar nicht zugelassen werden" (143, dto. 137) - was angesichts von Ebelings Aufnahme der außertheologischen Diskussionen seiner Generation klar zu widerlegen wäre. Hier von der "im Gesetz erstickte[n] Provokation des Wortes schlechthin" zu sprechen (143), ist m. E. abwegig und geht mit einem unnötig verkürzten Verständnis von Ebelings Gebrauch der Relation von Gesetz und Evangelium einher (137 ff., vgl. 317). Dass Ebeling (und Dalferth) durch die Figur von Gesetz und Evangelium dazu beitrügen, dass die Kirche Herrin im eigenen Hause wird entgegen dem fremden Anspruch des Wortes Gottes (so D., 362), ist etwas überraschend. Die Provokation des Wortes ist bei Ebeling christologisch bestimmt (wie D. auch notiert, 119 f.) und wird daher alles andere als im Gesetz erstickt. - Verständlich wird die Stoßrichtung von D.s (falsch adressierter) Kritik allerdings als Ausdruck seines (resp. B. Waldenfels) Rekurses auf den Anspruch des Fremden, der nicht unter das Gesetz zu subsumieren sei.

Die Diskussion des "fundamentaltheologische[n] Ansatz[es]" (!) von Dalferth - "das profilierteste der hier vorgestellten aktuellen Konzepte" (159) - orientiert sich (seltsamerweise) an dessen "epistemologische[m] Hauptwerk" (166), der Kombinatorischen Theologie. Einerseits erfülle Dalferth die Anforderungen an eine intrinsezistische Fundamentaltheologie (163), deren Integrativität werde von ihm aber nur versichert und nicht methodologisch eingelöst. Die Perspektivenkombination sei bestimmt von einer "unerschütterliche[n] Sicherheit" (172) in einer "scheinbaren Toleranzgeste", mit der Differentes nur nebeneinandergestellt werde, so dass "letztendlich nichttheologisch erfasste Begebenheiten bei Dalferth die Theologie nicht tangieren" (171). D.s Vorwurf eines "undialektischen Nebeneinanders als theologischer Selbstabschließung" (172) geht vielleicht doch über die Schwelle möglicher Kritik hinaus.

Nach einer tabellarischen Zusammenfassung der (selektiven) Forschungslage (174) formuliert D. als Fazit indirekt seine eigene Aufgabenstellung: die "mangelnde methodische und methodologische Aufarbeitung der Schwellensituation der Verantwortung" (175), der die erörterten Entwürfe durch Harmonisierung, Antagonisierung, Selbstabschließung oder Aggregation von theologischen und nichttheologischen Diskursen zu entgehen suchten (176). Diese massiven Vorwürfe wie die Auseinandersetzung mit den anderen Entwürfen gehört nicht zu den stärksten Passagen der Studie.

Im zweiten Teil "Register responsiver Rationalität - Waldenfels' Differenztheorie der Verantwortungsschwelle" (179-299) stellt D. Bernhard Waldenfels' Phänomenologie des Fremden dar und bearbeitet damit ein drängendes Desiderat gegenwärtiger Theologie und Religionsphilosophie. Denn B. Waldenfels' Phänomenologie ist sicher nicht weniger bedeutsam als die Ricoeurs, Blumenbergs oder Levinas, allerdings erheblich weniger bekannt und diskutiert.

Den Rekurs auf Waldenfels begründet D. mit der starken These, "die zu untersuchenden Entwürfe [beinhalten] keine hinreichenden analytischen Instrumentarien zur dezidierten Aufarbeitung der Schwellen- und Verantwortungssituation" (27, vgl. 293 ff.300). Sieht man diesen Generalvorwurf allein im Licht von Waldenfels' Hyperphänomenologie, versteht sich beinahe von selbst, dass die von D. erörterten Entwürfe nicht auf dessen Problemstellung antworten; sieht man ihn aber angesichts der bei diesen erörterten Problembeständen, wird fraglich, ob sie nicht durchaus in und an dieser Situation arbeiten. Fast scheint es, als ob die anderen Fundamentaltheologen nicht in ihrer Fremdheit anerkannt, sondern auf eine besondere Problemstellung bezogen werden, um ihnen gegenüber eine eigene These zu behaupten. Im Licht der Phänomenologie des Fremden jedenfalls ist D.s Umgang mit den Anderen (gerade in ihrer Fremdheit) widersinnig.

Ausgesprochen gelungen und hilfreich interpretiert D. Waldenfels' Phänomenologie als "Differenztheorie der Verantwortungsschwelle" (179 ff.). Kennzeichnend für dessen Methode ist, die eidetische in eine strukturale Reduktion zu transformieren, in der nicht nach einem Wesen, sondern nach den basalen Ordnungen (z. B. des Gesagten) zurückgefragt und zugleich das je Außerordentliche (das Sagen) am Phänomen wahrnehmbar wird. Die transzendentale Reduktion rekurriert dann nicht mehr auf ein egologisches Subjekt, sondern auf die Konstitution zwischen Eigenem und Fremdem. Dieses Zwischen als genetische Grundrelation der aus ihr hervorgehenden Differenzen ist im Anschluss an Merleau-Ponty die Figur, die D. als Schwelle anvisiert (z. B. zwischen Kirche und Welt). Entscheidend für Waldenfels ist, dass dieses Zwischen der Ort von Ansprüchen ist, auf die wir stets nur verspätet Anworten geben. Die responsive Differenz ist die von Was und Worauf einer Antwort, die als response stets mehr ist als eine Entsprechung oder answer. Wir sind vor jeder Intention Ansprüchen ausgesetzt, in denen der oder das Fremde in die Eigensphäre einbricht und sie verändert. Diesen Ansprüchen können wir nicht antworten. Jede Antwort bringt nicht den Überschuss des Anspruchs zum Verschwinden und jede Antwort geht nicht in einem Gesagten auf, sondern ist ihrerseits als ein eigenes Sagen ein Anspruch. So bei der asymmetrischen Relation von Anspruch und Antwort einzusetzen (statt etwa bei der Frage) ist der Grundgedanke von Waldenfels' Hauptwerk (Antwortregister). Auf diese Weise vermag er den Einsatz bei der Subjektivität oder Intersubjektivität zu unterlaufen auf eine diesseits dieser Relate liegende dynamische Relation, die er Prä-/Interferenz nennt. Prä- sofern Eigenes erst wird im responsiven Eingehen auf den mir vorausliegenden Anspruch, Inter- sofern das Anspruchsereignis stets schon in Ordnungen bzw. Strukturen auftritt.

D. erörtert Waldenfels' Phänomenologie unter sechs Aspekten: 1. "Methode der Responsivität" zur strukturalen und responsiven Reduktion (183 ff.); 2. die "Regionale Ordnung im Zwielicht" (196 ff., gemäß Waldenfels Ordnung im Zwielicht); 3. "Singuläre Zwischenereignisse zwischen Fremdem und Eigenem" (212 ff., gemäß der Topologie des Fremden Bd. 1); 4. "Grundvollzug der Responsivität" (233 ff., gemäß Antwortregister); 5. "Subjekte der Responsivität" (255 ff., dto.); 6. "Konsequenzen der Responsivität", zur Spur des Fremden in Schrift und Rede, zur Transpartikularisierung und zur Lebenswelt als Zwischenwelt (266 ff., gemäß In den Netzen der Lebenswelt); und 7. "Fazit: Responsivität als Verantwortung auf der Schwelle von Eigenem und Fremdem" (294-299).

Die Erfahrung des Fremden, die zur Fremdwerdung der Erfahrung führe, und die demgemäße Phänomenologie der Ordnung und des Außerordentlichen erörtert D. zum Zwecke einer "fundamentaltheologische[n] Applikation", in der er die Rechenschaft über die Hoffnung als Verantwortung des Wortes Gottes konzipiert, das der Welt fremd sei. In diesem Sinne könne die Phänomenologie des Fremden ein passendes analytisches Instrumentarium der Fundamentaltheologie bilden (196). - Die Qualität der Darstellung provoziert indes auch Rückfragen an Waldenfels, die man bei D. sucht - und nicht findet. Phänomenologisch formuliert: Waldenfels formuliert Ansprüche, die einen ansprechen und eigene Antworten provozieren. Daher wüsste ein Leser gern, wie D. seinerseits auf Waldenfels' Ansprüche antwortet. Die Responsivität der Erörterung von Waldenfels kommt zu kurz - allerdings zu Gunsten einer ausgesprochen erhellenden Darstellung.

Im dritten und letzten Teil "Evangelische Fundamentaltheologie als responsive Rationalität" (300-374) zieht D. sein Fazit aus Waldenfels' Phänomenologie (und kombiniert sie mit Seckler, Dalferth und Ebeling): "Fundamentaltheologie als theologische Schwellenwissenschaft [...], die im Spannungsfeld der beiden Differenzen Gott-Mensch und Kirche-Welt die Selbsterfassung nach innen mit der Selbstbehauptung nach außen verbindet. Diese doppelte Rechenschaft über den Logos der Hoffnung sollte sich als theonome Vernunftautonomie bewähren, indem sie das Wort Gottes als Wort schlechthin erweist" (300, letztere, von Ebeling übernommene These wird leider nicht weiter entfaltet). - Dieses Fazit entfaltet D. im folgenden (300-330): im Nachweis der Legitimität der Übernahme des Konzeptes responsiver Rationalität in die Fundamentaltheologie; als zentrale Modifikation der Responsorik insistiert er darauf, der Anspruch des Wortes Gottes sei als Zuspruch zu denken; er entfaltet "Impulse" der Responsorik für die Fundamentaltheologie; und bestimmt schließlich den Standort "zwischen Offenbarungs- und Erfahrungstheologie" (300 f.).

Als "entscheidendes Argument" für die Legitimität seines Vorgehens dient D., dass die responsive Differenz von Was und Worauf einer Antwort mit "einer dem Angesprochensein des Wortes Gottes nachdenkenden und sie verantwortenden Theologie" in der Orientierung am "Eingehen auf den vorgängigen Anspruch" übereinstimme (302). Die (formale!) Übereinstimmung werde in Waldenfels' Figur der responsio ex auditu deutlich (252 f.302). Waldenfels' Kritik daran, die Responsorik auf Gott zu beziehen, geht zwar auf ein von D. zu recht kritisiertes Gottes(un)verständnis zurück (305), provoziert aber dennoch die Rückfrage, ob diese Phänomenologie gegen ihre Intention theologisch appliziert werden kann. Auch wenn das m. E. möglich ist, wäre dieser Gebrauch eigens zu verantworten (und zwar nicht nur formal).

Gottes Anspruch sei als Zuspruch zu denken (302 f., mit Barmen II), so dass nicht nicht Antworten können Antworten dürfen heiße. Damit kehrt jedoch die Frage nach Gesetz und Evangelium wieder - auch wenn D. diese Figur (bei Ebeling und Dalferth) zurückgewiesen hatte (309 ff.). In seiner Interpretation des Doppelgebots der Liebe (mit Barth) scheint D. die Figur von Gesetz und Evangelium unterlaufen zu wollen im Rekurs auf das Wort Gottes als Zuspruch - nur tritt sie darin unvermeidlich von Neuem auf. Denn sie ist nicht eine Unterscheidung am Gesagten, sondern im Sagen Gottes; und ihr abusus (z. B. zur Restriktion der Philosophie auf das Gesetz) enthebt nicht von der Aufgabe, sie fundamentaltheologisch zu verantworten.

Seckler und Waldenfels kombinierend fasst D. theonome Vernunft als responsive Rationalität (316, vgl. 344.354.366), die ihren Grund im Anspruch des Wortes Gottes habe. Nur, die Vernunft der Antwort ist noch nicht durch die Responsivität gegeben, und auch nicht durch den Hinweis auf Begriff und Argument (315; wären auch andere Formen denkbar?).

D. intendiert, mit Waldenfels' These der Konstitution der Erfahrung im Zwischen von Eigenem und Fremden den Streit von Offenbarungs- und Vermittlungstheologie zu unterlaufen (30). Damit werde auch die Konkurrenz von Allgemeinem und Besonderem obsolet, weil die Universalisierung eines Konkreten als Transpartikularisierung (19.31) zu konzipieren sei (vgl. 324 ff.371). Der (noch aktuelle?) Gegensatz von Offenbarungs- und Erfahrungstheologie wird von D. allerdings nicht unterlaufen, sondern fortgeschrieben. Denn die "responsive Fundamentaltheologie" könne nicht anders, "als sich [...] zur Typik der Offenbarungstheologien zuzurechnen" (326). Warum wird hier ein Schibboleth formuliert, wo doch die Orientierung am Zwischen davon entlasten könnte? D. plädiert für die "Präferenz des In-Anspruch-genommen-Seins durch das Wort Gottes" (328), mit der Folge, dass die Prä/Interferenz Waldenfels' umbesetzt wird in die eindeutige Präferenz des einen Anderen. So scheint die Orientierung am Zwischen doch wieder sekundär zu werden (vgl. 328 f. u. ö.).

Überraschenderweise schlägt D. schließlich vor, Barths Prolegomena als "responsive Fundamentaltheologie" zu lesen, wenn auch "jenseits der originären intentio auctoris" (301.330 ff.; vgl. zu Jüngel, 302.326 ff.), so doch gemäß der intentio operis der KD (332 ff.). D. spürt in KD I Figuren der Responsorik auf, mit denen er das "Wort Gottes als Zwischenereignis" zu verstehen vorschlägt, dessen asymmetrischen Anspruch und Diachronie erörtert und die fides als "responsio ex auditu" (344) auslegt (336 ff.). D. bezieht Barths Religionskritik auf das Problem einer pluralistischen Religionstheologie mit der (durchaus überraschenden) These, gerade von Barth werde die Beteiligtenperspektive und die Fremdheit der Anderen gewahrt (365 ff.370f.). Trotz der Beschränkung des hermeneutischen Anspruchs behauptet D., "eindeutig nachgewiesen" zu haben, dass Barths "Prolegomena ganz und gar den Geist responsiver Rationalität atmen" (361).

Dass diese Lesart weniger eindeutig und zwingend als vielmehr möglich und sinnvoll erscheint, wäre deren (schwächere) Stärke. So zu lesen, ist nicht nur weiterführender als die gängige Kritik, sondern interessant vor allem als gelungenes Beispiel für die theologische Brauchbarkeit der responsiven Phänomenologie. Wenn sich allerdings Barth auf Spuren der Responsivität hin untersuchen lässt, wären von dieser hermeneutischen Praxis her die eingangs erörterten Entwürfe noch einmal anders zu lesen. Denn die Vorwürfe der "Selbstabschließung", Dichotomisierung oder der "bloßen Aggregation" (322 f.), verfremden mehr, als die Fremdheit der Anderen zur Geltung zu bringen. Demgegenüber fällt auf, dass D. Waldenfels und Barth gegenüber durchgängig wohlmeinend und konstruktiv interpretiert. Das provoziert die Rückfrage, ob denn an Waldenfels' Phänomenologie nichts problematisch ist? Erscheint beispielsweise dessen These Es gibt Ordnung und Außerordentliches nur in einer Ordnung nicht fraglich, sofern ihre deskriptive Plausibilität mit der axiomatischen Geltung dieses Satzes konfundiert und im Gegenzug Levinas eine obskure Orientierung am rein Außerordentlichen vorgehalten wird (vgl. 211.221. 234.245.253.258.260; aber auch 229.243.253.262.284.292.309 f.339)?

D.s konstruktive Barthinterpretation ist Arbeit an einer "theologische[n] Topographie des Fremden" (352), in deren Horizont die responsive Differenz des Menschen zu Gott wie der Kirche zur Welt neu sagbar werden. Aber ist Gottes Sagen ein rein fremder Anspruch (vgl. 362.368)? Geht sein Sagen nicht ganz und gar in das Gesagte ein? Andernfalls hätte die Theologie hinter den symbolischen Formen von Gottes Gegenwart stets noch nach einem Ungesagten zu suchen. Und wenn alles Sagen responsiv ist, sich zu unausweichlichen Ansprüchen verhält, hängt Entscheidendes an der Modalisierung (resp. Qualifizierung) der Ansprüche. Da D. auf den intrinsezistischen Umgang mit außertheologischen Ansprüchen insistiert, wären deren Ansprüche noch näher ins Verhältnis zu setzen zu denjenigen Gottes.

Diese Rückfragen sind aber nicht als Mängelliste misszuverstehen, sondern als Antworten auf die ansprechende Studie D.s. Mit der responsorischen Phänomenologie B. Waldenfels' hat er einen weißen Fleck in der Fremdwahrnehmung zeitgenössischer Theologie betreten und einen Anspruch artikuliert, auf den zu antworten sich lohnt.