Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

Oktober/2002

Spalte:

1063–1065

Kategorie:

Kirchengeschichte: Mittelalter

Autor/Hrsg.:

Hödl, L., u. W. Knoch [Hrsg.]

Titel/Untertitel:

Repertorium der lateinischen Sermones des Mittelalters für die Zeit von 1350-1500. Nach den Vorarbeiten von J. B. Schneyer.

Verlag:

Münster: Aschendorff 2001. CD-ROM Edition m. Begleitheft. ¬ 171,30. ISBN 3-402-03144-2.

Rezensent:

Anette Löffler

Wer sich mit Homiletik im Allgemeinen und lateinischen Predigten im Besonderen beschäftigt, wird unweigerlich früher oder später auf das von Johann Baptist Schneyer in den Jahren zwischen 1969-1979 bearbeitete und herausgegebene Repertorium der lateinischen Sermones des Mittelalters für die Zeit von 1150-1350 in insgesamt 11 Bänden stoßen. Der 1979 verstorbene Schneyer schloss kurz vor seinem Tode den 9. Band ab, die Drucklegung der beiden Initienregisterbände 10 und 11 erlebte er nicht mehr. Die Fortführung des Projekts bis zum Druck der beiden letzten Bände 1990 übernahm der Freiburger Theologe Charles Lohr. In Schneyers umfangreichem maschinenschriftlichen Nachlass lag das vorsortierte Material für ein geplantes Folgeprojekt, die Fortführung des Repertoriums für die Zeit von 1350-1500. Schneyers Planung sah dies in einem 10. Repertoriumsband vor, der ausgewählten Predigtreihen des Spätmittelalters vorbehalten sein sollte. Der Erwerbung dieses Nachlasses durch die Ruhr-Universität Bochum mit der Aufhängung am Lehrstuhl für Dogmatik unter der Ägide von Prof. Dr. em. Ludwig Hödl und Prof. Dr. Wendelin Knoch machte es möglich, dass seit kurzem dieses Werk auf CD-ROM vorliegt.

Der Aufbau der CD-ROM lehnt sich im Wesentlichen an den Aufbau der gedruckten Repertoriumsbände an. So beinhaltet die Suchmaske der CD-ROM folgende Recherche-Möglichkeiten: Gesucht werden kann nach dem Thema, also der Perikope, sowie nach der unmittelbar im Zusammenhang stehenden Bibelstelle, dem locus biblicus. An 3. Stelle erscheint die Suchfunktion Autor, die in alphabetischer Reihenfolge angelegt ist. Beim Anklicken eines konkreten Autors erscheint in dem Feld Hitlist alle diesem Autor zugeordneten Sermones unter dem Thema; wird dieses angeklickt, werden unter Topic Perikope, Initium und Handschrift einschließlich der von Schneyer verwendeten Siglen (die mit der Umschreibung des Datums unterlegt sind) aufgeführt.

Wenn der Benutzer anonyme Predigten sucht, die ja erfahrungsgemäß am interessantesten sind, klickt er auf den Button Autor und geht dort auf das Stichwort Anonyme Predigten. Es erscheint ein Zyklus mit 41 Predigten und dem Nachweis bei Ludwig Hain, Nr. 5691-5718, dem gängigen Nachschlagewerk für Inkunabeln. Mehr Quellenmaterial ist bei den anonymen Predigten nicht verzeichnet. Da der kundige Benutzer weiß, dass im gedruckten Repertorium nahezu 1 1/2 Bände mit anonymen Predigten gefüllt sind, ruft dieser einsame Zyklus Verwunderung hervor. Die legt sich jedoch schnell, wenn man weiß, dass sich Schneyer bei seiner Arbeit hauptsächlich auf die mitteleuropäischen Bibliotheken konzentrierte und hier vornehmlich auf die bayerischen und österreichischen. Sein inhaltlicher Schwerpunkt lag auf den Predigtsammlungen, nicht auf einzelnen Predigten.

Ähnliches widerfährt dem Nutzer auch unter dem Stichwort Ordenspredigten. Hier taucht die anonyme Münchener Predigtsammlung Clm 28210 auf, die aus Augustiner-Eremiten-Zusammenhang stammt, also eigentlich als Ordenspredigt (OESA) bezeichnet werden müsste, so wie die folgenden Handschriften als OM, OSB und OSSalv genannt werden. Jeweils ein meist Münchener Textzeuge wird hier benannt.

Ein vergleichbares Bild bietet sich auf der Suche nach den sogenannten Ps.-Autoren, Texten also, deren Zuordnung an einen konkreten Autor nicht eindeutig ist. Nur ein einziger Autor, Ps. Antonius Rampegoius de Janua, steht für diese Zuordnungsart und erscheint zudem nicht wie in den gedruckten Katalogen unmittelbar hinter dem sicher festgelegten Autor, sondern unter dem Buchstaben P.

Die Recherchiermöglichkeiten der CD-ROM sind jedoch noch lange nicht erschöpft. Weiterhin kann - natürlich - nach dem Initium recherchiert werden, dem locus liturgicus, damit sind die Schneyerschen Siglen gemeint, der die Festtage des Temporale-Teils mit einem T (für Temporale) und einer Ordnungszahl belegte, um die Feste platzsparend und eindeutig belegen zu können; Analoges gilt für die Feste des Sanktorale und aus dem Commune Sanctorum. Daneben ist die Suche nach einem Autor collateralis durchführbar, ebenso wie die Möglichkeit, unter der Suchfunktion Notabilia alle diejenigen Angaben recherchierbar zu machen, die Schneyer seinerzeit als bedeutsam notierte, z. B. Datum einer Predigt, Ort der Predigt etc. Sehr schön ist auch die Suchmöglichkeit nach den Bibliotheken, wenngleich hier eine etwas willkürliche Kommasetzung die Reihenfolge der Codices einer Bibliothek durcheinanderbringt. Ein Beispiel: Bei einer Suche nach Leipziger Handschriften erscheinen zuerst die Codices 725 und 745, dann 181-919, am Ende nochmals 181, denn es wird nach Kommasetzung sortiert. Bei mehr Materialien als den 18 Lipsiensia kann dies sehr schnell unübersichtlich werden. Letzter recherchierbarer Punkt sind die Editionen. Als abschließendes Feld bekommt der Benutzer die Volltextrecherche angeboten.

Vervollständigt wird die Datenbank durch Listen aller zur Verfügung stehenden Indices, dies sind im Detail Bibelstellen, die Siglenliste von Schneyer, ergänzt um jüngere Feste, eine Autorenliste sowie Abkürzungen und Literatursiglen.

In wesentlichen Zügen folgt der Aufbau der CD-ROM also dem der gedruckten Repertorien, wenn natürlich recherchierbedingt die CD-ROM hier mehr zu bieten hat. Derart grundlegende Werke sind bekanntlich Jahrhundertwerke, sie werden erfahrungsgemäß ein einziges Mal erstellt und bestenfalls an einigen Stellen ergänzt. Gerade vor diesem Hintergrund ist es natürlich für die Forschung mit Einschränkungen behaftet, dass die CD-ROM lediglich auf die in Schneyers Nachlass überlieferten Sammlungen und Autoren zurückgreift. Es wäre wünschenswert gewesen, in einer wie auch immer gearteten Form von Schneyer nicht erfasste Zyklen aufzunehmen. Vielleicht hätte sich auch eine Art Addenda et Corrigenda-Spalte für Nachträge und Verbesserungen zu den Bandkatalogen angeboten. Ein Werk von diesem Umfang kann keinen Anspruch auf Unfehlbarkeit besitzen, aber im Laufe der Jahre traten Ungereimtheiten zutage, die hätten bereinigt werden können. Es ist im Rahmen der Einheitlichkeit nicht ganz nachvollziehbar, weshalb in manchen Handschriften Folio-Angaben aufgeführt werden, bei anderen nicht. Fehlten sie immer, bleibt es den Forschungen des Benutzers überlassen, herauszufinden, ob es sich immer um den kompletten Codex handelt oder nicht bzw. ob alle genannten Sermones sich auch in dieser Handschrift befinden. An dieser Stelle sind die heute allgegenwärtigen Mittel- und Personalkürzungen besonders spürbar.

Diese Quisquilien sollen natürlich nicht den Wert der vorliegenden CD-ROM schmälern. Alle in einer Predigt erscheinenden Komponenten sind recherchierbar und dies mittels einer einfachen Handhabung. Dass eine Recherchierbarkeit der dispositiones den Rahmen des Machbaren sprengen würden, liegt auf der Hand. Die Integrierung von nicht berücksichtigten Handschriften und Initien bleibt zwar weiterhin ein Desiderat, hier könnte bei einer Neuauflage Abhilfe geschaffen werden.