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Ausgabe:

Oktober/2002

Spalte:

1037 f

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Greidanus, Sidney

Titel/Untertitel:

Preaching Christ from the Old Testament. A Contemporary Hermeneutical Method.

Verlag:

Grand Rapids-Cambridge: Eerdmans 1999. XVI, 373 S. gr.8. Kart. US$ 24,00. ISBN 0-8028-4449-9.

Rezensent:

Christoph Dohmen

Das Buch will sich anscheinend zuerst an den Praktiker, d. h. den christlichen Prediger wenden, denn das letzte Drittel des Buches ist konkreten Anleitungen und Anregungen zur Predigt gewidmet. Doch der Leser, der diese praktischen Anweisungen sucht, muss sich zuvor durch viele Seiten eines Referats der historischen und hermeneutischen Positionen zum Verhältnis von Altem zum Neuen Testament bzw. der christlichen Auslegung des Alten Testamentes arbeiten.

Der erste Teil des Buches (Kap 1-5), der dem Praktiker vielleicht zu lang erscheinen mag, enthält viele informative Details, wenngleich sie für denjenigen, der an hermeneutischen und historischen Fragen präziser interessiert ist, doch zu skizzenhaft ist, denn das Ganze ist enggeführt auf die Frage der Christusverkündigung vom Alten Testament her, was im vorliegenden Buch insgesamt unter der Frage eines christlichen Verständnisses des Alten Testamentes behandelt wird. Signifikant für die hermeneutische Engführung des Autors ist der mehrfach begegnende Gedanke, dass das Christentum das Alte Testament als Teil seines Kanons akzeptiert habe. Dieses historische und hermeneutische (Miss-) Verständnis bestimmt letztendlich Vorgehen und Ziel des vorliegenden Buches. Das historische Basisdatum, dass das Christentum fast zwei Jahrhunderte die Bibel Israels (Altes Testament) als die Heilige Schrift anerkannte und benutzte - und die neutestamentlichen Autoren Jesus auch nur auf der Basis dieser Schrift als Messias/Christus verkündigen konnten -, kommt bei G. nicht vor. Von einem Akzeptieren bzw. Aufnehmen in den Biblischen Kanon kann auf christlicher Seite also nur in Bezug auf die neutestamentlichen Schriften gesprochen werden, da kanonische Würde und Anerkennung als Wort Gottes für die Bibel Israels nie in Frage gestanden hat, was die Ablehnung als Häresien bei anderslautenden Positionen bestätigt. Die jüdischen Wurzeln des Christentums werden durch den Ansatz von G. eher verdeckt als aufgedeckt, denn der "theo-logische" Vorrang des Alten Testamentes in der christlichen Bibel, der eine Christusverkündigung, wie sie das Neue Testament bietet, erst ermöglicht, geht verloren, wenn man ausschließlich nach einer christlichen Auslegung des Alten Testamentes sucht, so als müsse der erste und größte Teil der christlichen Bibel erst christlich in Form gebracht werden.

Während das Neue Testament auf jeder Seite zeigt, dass es eine Christusverkündigung nur auf der Basis der Offenbarung Gottes (im Alten Testament) gibt, versucht G. auch in seinem praktischen Teil in verschiedensten Schritten den "Eigenwert" des AT, den es heute auch und gerade im jüdisch-christlichen Dialog notwendig zu erkennen gilt, zu Gunsten einer Art "Hinführung" des AT auf das NT aufzugeben. Die Predigtanleitungen des letzten Teils des Buches leiden letztendlich auch unter dieser Hermeneutik, denn sie nehmen lediglich einen historischen (sowohl in historisch-kritischer als auch heilsgeschichtlicher Ausrichtung) Wert der Texte wahr. Ansonsten schlägt immer die Zentralfrage des Buches nach der Christusverkündigung in und durch diese Texte durch. Muss und kann aber Predigt des Alten Testamentes auf der Basis der angedeuteten hermeneutischen Option nicht die einzelnen biblischen Texte als Texte des christlichen Kanons (aus AT und NT) selbst sprechen lassen, damit sie auf die Erfahrungen und Fragen christlicher (Predigt-)Hörer treffen können? Und findet Christusverkündigung nicht dort statt, wo christliche Hörer das Wort Gottes als Wort Gottes an sie hören und verstehen können?