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Ausgabe:

Oktober/2002

Spalte:

1034 f

Kategorie:

Allgemeines

Autor/Hrsg.:

[Sundermeier, Theo:]

Titel/Untertitel:

Mit dem Fremden leben. Perspektiven einer Theologie der Konvivenz. Theo Sundermeier zum 65. Geburtstag. Hrsg. v. D. Becker u. A. Feldtkeller. 1: Religionen- Regionen. 2: Kunst - Hermeneutik - Ökumene.

Verlag:

Neuendettelsau: Erlanger Verlag für Mission und Ökumene 2000. 284 S. 1 Porträt u. 287 S. m. Abb. 1 Porträt 8 = Missionswissenschaftliche Forschungen, N.F. 11 u. 12. Kart. je ¬ 29,00. ISBN 3-87214-341-7 u. 3-87214-342-5.

Rezensent:

Michael Bergunder

Die dem langjährigen Inhaber des Heidelberger Lehrstuhls für Missionswissenschaft und Religionsgeschichte Theo Sundermeier zum 65. Geburtstag gewidmete Festschrift ist ein voluminöses zweibändiges Werk mit über 50 Beiträgen. Die Autorinnen und Autoren entstammen zumeist der wissenschaftlichen Kommunikationsfamilie Sundermeiers und bezeugen das sehr breite Wirkungsspektrum des zu Ehrenden.

Für die Beiträge wurde von den Herausgebern, beides Schüler Sundermeiers, die Thematik "Mit dem Fremden leben" vorgegeben und damit eine der zentralen Ideen Sundermeiers ins Zentrum der Publikation gestellt: die Konvivenz. Konvivenz ist ein von S. in die deutschsprachige Theologie eingeführter Begriff, der weite Verbreitung gefunden hat und inzwischen auch in der neuen RGG4 als Stichwort geführt wird. Wie die Herausgeber in ihrem Vorwort hervorheben, ist damit zum einen das globale "Miteinander in ökumenischer Partnerschaft und Weltverantwortung" gemeint und zum anderen in Bezug auf den deutschen Kontext die Aufforderung "mit den religiös und kulturell Fremden zu einer Nachbarschaft zusammenzuwachsen, in der wir voneinander lernen, einander helfen und zusammen das Leben, das wir Gott verdanken, feiern".

Viele der Autoren nehmen S.s Konvivenz-Konzept explizit auf und versuchen es zu rezipieren und anzuwenden. Auch andere theoretische Entwürfe S.s, wie die Unterscheidung von primärer und sekundärer Religion (vor allem im Beitrag von J. Assmann), werden zum Teil ausführlich diskutiert. Damit ist eine gewisse innere Klammer gegeben, die viele der thematisch sehr unterschiedlichen Aufsätze zusammenbindet.

Um die Beiträge nach inhaltlichen Schwerpunkten zu ordnen wurde eine Gliederung des Buches in fünf Teile gewählt (Bd. 1: Teile 1-2; Bd. 2: Teil 3-5). Im ersten Teil geht es um "Interreligiöse Perspektiven". Hier liegt der Schwerpunkt auf der Situation in Deutschland und den Herausforderungen interreligiöser Begegnungen, wobei Praxisbeispiele und konzeptionelle Überlegungen zum interreligiösen Dialog gleichermaßen zu finden sind.

Der zweite Teil ist mit "Regionale Perspektiven" überschrieben. S. arbeitete über lange Jahre in Namibia und Südafrika, und so finden sich hier zunächst drei Beiträge afrikanischer Kollegen und Weggefährten (überdies wurde von Bischof Desmond Tutu am Anfang des Buches ein Grußwort abgedruckt), die dann von thematisch sehr unterschiedlichen Beiträgen ergänzt werden.

Einen besonderen Akzent setzt sicherlich der dritte Abschnitt, der "Künstlerische Perspektiven" behandelt. S. hat sich sehr nachdrücklich dafür eingesetzt, dass dem christlich-ikonographischen Schaffen aus den Kirchen Afrikas und Asiens auch in Deutschland besondere Aufmerksamkeit geschenkt wird. Es ist sicherlich zu einem beträchtlichen Teil auch sein Verdienst, dass derartige bildliche Darstellungen christlicher Stoffe aus nicht-westlichen Ländern innerhalb kirchlicher Kreise in Deutschland gut bekannt sind und sehr geschätzt werden. In der Festschrift werden die Werke von drei sehr prominenten Vertretern (Azaria Mbatha, Solomon Raj und I. N. Darsane) auf neun farbigen Bildtafeln und vier Schwarzweiß-Abbildungen vorgestellt und überdies in einem eigenen Beitrag eingehend interpretiert. Weiterhin finden sich in diesem dritten Abschnitt aber auch Beiträge zu von einem buddhistischen Mönch (H. Uttarananda) gemalten Bildern mit christlichen Motiven, zu christlichen Stoffen in der Literatur, zum Verhältnis von moderner Kunst und Religion etc.

Der vierte und fünfte Abschnitt sind "Hermeneutischen Perspektiven" und "Ökumenischen Perspektiven" gewidmet und befassen sich mit den verschiedensten Einzelproblemen. Dabei fällt der Beitrag von R. Friedli in gewissem Sinne heraus, der eine Verhältnisbestimmung von Religions- und Missionswissenschaft vornimmt, die derjenigen von S. widerspricht. Dieser Beitrag steht damit pars pro toto für die Tatsache, dass S. mit seinen Thesen nicht nur Zustimmung erfahren, sondern auch kontroverse Diskussionen ausgelöst hat, was sich naturgemäß in einer Festschrift nur bedingt widerspiegeln kann.

Die Festschrift wird beschlossen von einer Bibliographie Theo Sundermeiers (1960-1999), die von dem reichen und produktiven wissenschaftlichen Schaffen des Jubilars zeugt.