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Ausgabe:

Oktober/2002

Spalte:

1023–1027

Kategorie:

Allgemeines

Autor/Hrsg.:

[Dion, Paul-Eugène:]

Titel/Untertitel:

The World of the Aramaeans. Ed. by M. Daviau, J. W. Wevers, and M. Weigl. I: Biblical Studies in Honour of Paul-Eugène Dion. 323 S. m. 1 Porträt; II: Studies in History and Archaeology in Honour of Paul-Eugène Dion. 329 S. m. 1 Porträt u. zahlr. Abb.; III: Studies in Language and Literature in Honour of Paul-Eugène Dion. 311 S. m. 1 Porträt u. 4 Abb.

Verlag:

Sheffield: Sheffield Academic Press 2001. gr.8 = Journal for the Study of the Old Testament Suppl. Series, 324-326. Geb. je £ 55,00. ISBN 1-84127-158-6, 1-84127-178-0, 1-84127-179-9.

Rezensent:

Manfred Weippert

Die hier anzuzeigende monumentale Festschrift von insgesamt 963 Seiten ist dem Alttestamentler und Altorientalisten der University of Toronto, Paul-Eugène Dion, aus Anlass seines Eintritts in den Ruhestand gewidmet. Der Obertitel der drei Bände, The World of the Aramaeans, bezeichnet einen Schwerpunkt seiner Forschungsarbeit und Lehrtätigkeit, der ihn seit seiner Dissertation über das 'Samalische (La Langue de Yaudi: Description et classement de l'ancien parler de Zencirli dans le cadre des langues sémitiques du nord-ouest [Waterloo, Ontario, 1974]) begleitet hat. Neben zahlreichen Aufsätzen zu Inschriften, Sprache und Geschichte aramäischer Bevölkerungsgruppen des Alten Orients ist vor allem sein enzyklopädisches Werk Les Araméens à l'âge du Fer: Histoire politique et structures sociales (EtB NS 34; Paris 1997) zu nennen, das von der Kritik zu Recht als die moderne Darstellung seines Gegenstands begrüßt worden ist. Die Breite der wissenschaftlichen Interessen D.s wird jedoch erst in den Untertiteln der drei Bände deutlich, die auf Bibel (I), Geschichte und Archäologie (II) sowie Sprache und Literatur (III) Bezug nehmen.

Die Bände weisen eine identische Struktur auf. Sie enthalten sämtlich ein Porträt des Geehrten als Frontispiz, das Vorwort, eine Appreciation aus der Feder von J. W. Wevers und die Bibliographie D.s von 1963 bis 2000; diese Stücke haben in allen Bänden denselben Wortlaut. Je nach Band variabel sind die Liste der Abkürzungen und die der Mitarbeiter, die verschiedenen Indizes (moderne Autoren, Sachen, Personen- und Stammesnamen, geographische Namen) und natürlich die insgesamt 35 Aufsätze in vier Sprachen (Englisch [25], Französisch [7], Deutsch [2], Italienisch [1]).

Der florilegische Charakter einer Festschrift lässt es nicht zu, alle Beiträge einzeln zu besprechen, so wünschenswert dies auch wäre. Ich begnüge mich daher mit der Nennung der Aufsatztitel und kurzen Bemerkungen zu Aspekten des Inhalts.

Die Biblical Studies (Band I) handeln von der alttestamentlichen Kanonbildung, von der Genesis, dem Deuteronomium, dem Deuteronomistischen Geschichtswerk, den Psalmen und von Hiob, der Septuaginta und den Reflexen aramäischer Geschichte im Alten Testament: S. Dempster, From Many Texts to One: The Formation of the Hebrew Bible (19-56; Dreiteilung schon in den ältesten "Kanon"-Belegen vorausgesetzt); J. Loza Vera, La brît entre Laban et Jacob (Gen 31,43-54) (57- 69); E. J. Revell, Midian and Ishmael in Genesis 37: Synonyms in the Joseph Story (70-91; die lexikalischen und onomastischen Dubletten sind intentionell; Ablehnung der Verteilung auf "Quellen"); A. Rofé, The Organization of the Judiciary in Deuteronomy (Deut 16,18-20; 17,8-13; 21,22-23; 24,16; 25,1- 3) (92-112); A. Lemaire, Les Premiers Rois Araméens dans la Tradition Biblique (113-143; Überblick über die aramäische Frühgeschichte in Südsyrien; die "Edomiter"-Texte Gen 36,31- 39; 1Kön 11,14-22.25b beziehen sich auf aramäische Herrscher- m. E. nicht sicher beweisbar, aber überzeugend); F. J. Gonçalves, Les Prophètes Écrivains Étaient-ils des myaybn? (144- 185; Antwort: ursprünglich nicht; aber seit dem Deuteronomium konnten sie so genannt werden - d'accord!); B. Halpern, The Taking of Nothing: 2Kings 14,25, Amos 6,14 and the Geography of the Deuteronomistic History (186-204; über das Verhältnis der beiden Stellen zueinander, die geographischen Vorstellungen und den historischen Hintergrund; "Nothing" ist der Ortsname Lo Dabar in Am 6,13); R. C. Van Leeuwen, Psalm 8,5 and Job 7,17-18: A Mistaken Scholarly Commonplace? (205-215; ähnliche Formeln, aber unterschiedlicher Kontext); D. Frayne, In Abraham's Footsteps (216-236; historische Geographie des Gebiets zwischen Euphrat und Harran - "Abraham's homeland"); J. W. Wevers, Aram and Aramaean in the Septuagint (236-251; in der Regel Syria für "Aram" und "Aram- Naharaim", Syros für "Aramäer"); A. Pietersma, The Place of Origin of the Greek Psalter (252-274; wahrscheinlich Ägypten); F. Israel, L'arameo errante e le origini di Israele (275-287; 'arammi 'obedDtn 26,5 = "un nomade senza patria").

Die Studies in History and Archaeology (Band II) befassen sich vor allem mit Aramaica: B. Peckham, Phoenicians and Aramaeans: The Literary and Epigraphic Evidence (19-44; im 1.Jahrtausend v. Chr. kaum phönizisch-aramäischer Kulturkontakt); W. Röllig, Aramaica Haburensia V: Limu-Datierungen in aramäischen Urkunden des 7. Jh.s v. Chr. (45-56; "kanonische" und "postkanonische" assyrische Eponymen, dazu ein bisher unbekannter, in aramäischen Urkunden vom Tell es-Seh Hamad/Dur Katlimmu am Habur); C. S. Ehrlich, The Bytdwd Inscription and Israelite Historiography: Taking Stock after Half a Decade of Research (57-71; Überblick über Fund- und Publikationsgeschichte, die Diskussion über den historischen Kontext der altaramäischen Stele vom Tell el-Qadi/Tel Dan und den Ausdruck byt Dwd, wahrscheinlich "Haus (= Dynastie) Davids", mit dem Schlusssatz: "There is no doubt that the glories of David, his great deeds and his magnificent empire remain firmly ensconced in the realm of legend, but he himself has probably taken a first tentative step toward the realm of history"); G. Couturier, Quelques observations sur le Bytdwd de la stèle araméenne de Tel Dan (72-98; ausführliche Diskussion des Terminus byt Dwd = "maison de David"); S. Mazzoni, Tell Afis and the Lu'ash in the Aramaean Period (99-114; Siedlungsgeschichte des Tell von Afis, Fundort der Stele des Königs Zakkur von Hamath und Lu'as [KAI 204], und seines Umlandes in der Eisenzeit I/II; Afis = Hadrikk, biblisch Hadrach; Lu'as [ass. Luhuti, im 2. Jt. Nuhasse] = die Landschaft Gazr östlich des Orontes und nördlich von Idlib); Th. P. Harrison, Tell Ta'yinat and the Kingdom of Unqi (115-132; Kulturgeschichte des Tell Ta'yinat auf dem Hintergrund von Oberflächenuntersuchungen und Ausgrabungen im 'Amq; Transformation des luwischen Patina in das aramäische Unqi; Tell Ta'yinat = Kunulua [AT Kalne], die Hauptstadt von Patina/Unqi); M. Heltzer, A New Weight from Hamath and Trade Relations with the South in the Ninth-Eighth Centuries BCE (133-135); É. Puech, Un nouvel autel à encens de Palmyre (242-256); B. Porten/J. Gee, Aramaic Funerary Practices in Egypt (270-307; der wichtige Artikel behandelt Sarkophage und Grabstelen des 5./4. Jh.s mit bildlichen Darstellungen und aramäischen Inschriften aus Ägypten und zeigt, dass die in der Ikonographie und auf den Inschriften ausgedrückten religiösen Vorstellungen und Praktiken ägyptisch sind).

Ansonsten enthält der Band noch: J. S. Holladay, Jr., Toward a New Paradigmatic Understanding of Long-Distance Trade in the Ancient Near East: From the Middle Bronze II to Early IronI (136-198; Modell des mittelbronze- und eisenzeitlichen Fernhandels mittels alienated traders, d. h. Handelsposten und -kolonien im Partnerland; Skizze des altassyrischen Handels mit Kleinasien); P. M. M. Daviau, Family Religion: Evidence for the Paraphernalia of the Domestic Cult (199-229; archäologisches Material zum Hauskult der Eisenzeit); P. Xella, Les plus anciens témoignages sur le dieu Eshmoun: Une mise au point (230- 242; mögliche "vorphönizische" Vorläufer des Gottes Esmun); P. Bienkowski, Iron Age Settlement in Edom: a Revised Framework (257-269; revidierte Siedlungsgeschichte Edoms [zwischen dem Wadi l-Hasa und dem Golf von 'Aqaba] auf Grund neuer archäologischer Untersuchungen, m. E. zu sehr auf die Gegend von Fenan und das Wadi l-Hasa beschränkt; keine Spätbronzezeit, wenig Evidenz für Eisenzeit I).

Band III, Studies in Language and Literature, enthält Beiträge zum Ugaritischen, Alt- und Reichsaramäischen, Moabitischen, Phönizischen und Syrischen: D. Pardee, Ugaritic Science (223- 254; Überblick über die wissenschaftlichen Texte aus Ugarit [mit Bearbeitungen] aus den Gebieten Geburtsomina, Astrologie, Extispizin, Traumdeutung, Pferdeheilkunde, Lexikographie); J. Tropper, Dialektvielfalt und Sprachwandel im frühen Aramäischen: Soziolinguistische Überlegungen (213-222; Dialektgeographie und -soziologie des Altaramäischen unter Einschluss des Sam'alischen und der Sprache von Tell Der 'Alla; Protokanaanäisch als Sesshaften-, Protoaramäisch als Nomadensprache, insgesamt m. E. vielleicht einfacher als Sprachformen von Zentrum und Peripherie zu fassen, vor allem auf Grund der vom Vf. selbst beschriebenen späteren Entwicklung); W. Morrow, The Sefire Treaty Stipulations and the Mesopotamian Treaty Tradition (83-99; syntaktische Untersuchungen zur Klärung der Frage, ob die Sef-re-Texte [KAI 222-224] einfach assyrische Verträge in aramäischer Sprache seien; Antwort: nein, sondern ein Amalgam unterschiedlicher Traditionen); G. Frame, A Neo-Babylonian Tablet with an Aramaic Docket and the Surety Phrase put sep(i) ... nasu (100-133); M. Weigl, Compositional Strategies in the Aramaic Sayings of Ahikar: Columns 6-8 (22-82; eingehende Analyse der Kompositionstechniken der aramäischen Ahiqar-Sprüche); J. M. Lindenberger, What Ever Happened to Vidranga? A Jewish Liturgy of Cursing from Elephantine (134-157; interpretiert ansprechend Cowley, AP 30,16 f. par. 31,15 f. = Porten/Yardeni, TAD A4.7,16 f. par. A4.8,15 f. als Verfluchung Vidrangas und seiner Leute wegen der Zerstörung des Yhw-Tempels in Elephantine); P. Bordreuil, A propos de l'inscription de Mesha': deux notes (158-167; rhmt Z. 17 = "jeunes femmes", sdq Z. 34 = "heftig regnen" [Kontext die moabitische Version von 2Kön 3!]; Zweifel an der Lesung b[t] Dwd "Haus Davids" [E. Puech, A. Lemaire] in Z. 31); R. Th. Lutz, Phoenician Inscriptions from Tell el-Maskhuta (190-212; Beschreibung der Keramikscherben mit vermutlich phönizischen Inschriften; einige Photographien, ein Text in Umschrift [205 M81-226]); C. Leonhard, Observations on the Date of the Syriac Cave of Treasures (255-293; 5./6. Jh. n. Chr.); A. Harrak, Tales about Sennacherib: The Contribution of the Syriac Sources (168-189; in der Vita des hl. Eugenius wird Srgwg am "Ararat" als der Ort genannt, an den Sanheribs Sohn Sarezer nach der Ermordung seines Vaters geflohen ist; Quellenkritik und weitere syrische Erzählungen über Sanherib).

Die breitgefächerten Themen dieser umfangreichen Festschrift zeugen von der Weite der wissenschaftlichen Interessen Paul-Eugène Dions und von der Hochschätzung seines Werks. Die einzelnen Aufsätze sind gleichermaßen für Orientalisten wie für Theologen wichtig. Tollite legite!