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Ausgabe:

Oktober/2002

Spalte:

1003–1024

Kategorie:

Aufsätze

Autor/Hrsg.:

Bieler, Martin

Titel/Untertitel:

Gott und sein Ebenbild

Zur neueren Thomasforschung

Nicht nur die Schriften des Thomas von Aquin, sondern auch die Sekundärliteratur dazu sind bekanntlich ein Ozean. Selbst eine Momentaufnahme zur aktuellen Thomasforschung kann keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Das soll nicht heißen, dass in der Thomasforschung die reine Unübersichtlichkeit herrscht. Es lassen sich durchaus Tendenzen und Fortschritte ausmachen. Zu Letzteren gehört die erfreuliche Tatsache, dass bei der philosophischen Beschäftigung mit Thomas die von der historischen Forschung erarbeiteten Ergebnisse vermehrt in systematischer Absicht aufgenommen und erörtert werden. Als Beispiele dafür seien die Arbeiten von Leo J. Elders1, Jan A. Aertsen2 und John F. Wippel3 genannt. Allerdings bleibt in dieser Hinsicht - gerade auch im Hinblick auf Gegenwartsfragen4 - noch viel zu tun. Außerdem lohnt es sich, auf "ältere" Thomasliteratur des 20. Jh.s zurückzugreifen, die inzwischen z. T. neu aufgelegt worden ist. Auch in der Erforschung der Theologie des Thomas lassen sich Fortschritte verzeichnen. Die Grundlinien thomanischer Theologie treten immer klarer hervor. So zeigt sich die zentrale Bedeutung der Trinitätslehre für Thomas immer deutlicher, und eine genauere Betrachtung seiner Verhältnisbestimmung von Glaube und Vernunft zerbricht - wieder einmal5 - das Zerrbild von Thomas als dem Gegensatz zur reformatorischen Theologie.6

Das 20. Jh. war für die Thomasforschung außerordentlich fruchtbar. Die Erforschung des Kontextes, in dem Thomas gelebt und gedacht hat, die neuen Texteditionen, die historisch-kritische Erforschung der inneren Entwicklung des thomanischen Denkens und der Vergleich zwischen Thomas und modernen Denkern haben dazu geführt, dass heute das Profil thomanischen Denkens in seiner ganzen Originalität, Vielschichtigkeit und Tiefe in bisher noch nicht gekannter Deutlichkeit zu Tage tritt. Das Werk des Thomas erweist sich dabei zusehends als eine Leistung, deren Implikationen für das heutige Denken in ihrem ganzen Umfang erst noch zu entdecken sind. Die bahnbrechenden historischen Arbeiten von M.-D. Chenu7 und J. H. Weisheipl8 sowie die reich dokumentierte, inzwischen zum Standardwerk avancierte Arbeit "Initiation à saint Thomas d'Aquin" (Fribourg 1993) von Jean-Pierre Torrell vermitteln davon einen Eindruck.

Der vorliegende, einem Panoramablick auf zusammenhängende Bergketten gleichende Beitrag zum Stand der neueren Thomasforschung beschränkt sich auf zwei Themenbereiche: 1. Theologieverständnis und Gotteslehre; 2. Fragen thomanischer Metaphysik.

1. Theologieverständnis und Gotteslehre

Seit M.-D. Chenu auf die Bedeutung des ordo disciplinae als Widerspiegelung des ordo rerum bei Thomas aufmerksam gemacht hat,9 blieb umstritten, welches der von Thomas propagierte ordo sei. Allgemeine Anerkennung fand Chenus Vorschlag, dass Thomas seiner Summa theologiae (STh), in der er zur maßgeblichen Gestalt seiner Theologie gefunden hat,10 das neuplatonische Exitus-reditus-Schema zu Grunde gelegt habe.11 Allerdings wurde zu Recht betont, dass dabei keine sachfremden Kriterien in die Theologie eingeführt wurden, weil bereits die biblische Tradition mit ihrer Vorstellung von Gott als dem einen Ursprung und Ziel der Schöpfung "zyklisch" denkt.12 Es ist nicht sinnvoll, von vornherein Zyklik und Linearität gegeneinander auszuspielen. Vielmehr ist zu prüfen, welche Art der Zyklik von Thomas vertreten wird. Die Prima Pars würde dem exitus, dem Ausgang der Dinge aus Gott, und die Secunda Pars dem Rückgang der Schöpfung zum Ursprung entsprechen. Strittig blieb insbesondere die Funktion der Tertia Pars im Gesamtaufbau der STh. Ist sie bloßes Anhängsel oder zusammenfassende Quintessenz, die bereits für die beiden ersten Teile der Summa maßgeblich ist?13

In seiner Arbeit "Die Architektonik der Summa Theologiae des Thomas von Aquin. Zur Gesamtsicht des thomanischen Gedankens" (Hamburg 1998) stellt Wilhelm Metz die opinio communis hinsichtlich des Exitus-reditus-Gedankens in Frage: "Exitus und reditus werden ja wie zwei unselbständige Hälften vorgestellt, die sich zu einem Ganzen gegenseitig erst vervollständigen. Der Bau der STH ist jedoch gänzlich anders verfaßt, da er ein Ganzes aus Ganzheiten, eine Totalität von Totalitäten, gleichsam eine Summe von drei Summen zur Darstellung bringt ..." (20 Anm. 37). Es ist sicher richtig, dass bereits in der Prima Pars der Summa Themen des reditus aufgenommen werden, aber es geht in ihr zentral um das von Gott gesetzte Hervorgehen der Kreatur aus Gott, durch das insbesondere der Mensch auf Gott hin in Bewegung versetzt wird. Der exitus impliziert also notwendigerweise bereits den Ansatz zum reditus. Der Begriff des exitus, der die ganze trinitarische Gotteslehre voraussetzt (STh I, 32,1 ad 3), ist deshalb zur Charakterisierung der Prima Pars durchaus angemessen und greift keineswegs zu kurz. Die Secunda Pars will demgegenüber als "praktische Wissenschaft von der Bewegung des Menschen zu Gott" (185) die dem Menschen eigene, d. h. bewusst und willentlich vollzogene Rückkehrbewegung unter den von Gott gegebenen Bedingungen thematisieren. Der "Wendepunkt", der es notwendig macht, in Unterscheidung zum exitus von einem reditus zu sprechen,14 ist die menschliche Praxis in ihrer konkreten Zielausrichtung (STh I- II,1-5), die eben nur vom Herkunftsgeschehen des exitus aus zu verstehen ist und deren Sinn
in der Sendung von Sohn und Geist erschlossen wird (beatitudo)
. Die Ia-IIae (und in deren Gefolge die Ia-IIae) ist deshalb von Ghislain Lafont in seinem nach wie vor lehrreichen Buch über die Summa theologiae treffend als großangelegter Traktakt von der christlichen Freiheit beschrieben worden.15 Wenn man aber wie Metz die Differenz zwischen den ersten beiden Teilen der STh nur durch Spekulation einerseits (STh I) und Praxis andererseits (STh I-II; II-II) gegeben sieht (l. c., 202), dann verliert das Thema des antwortenden Gegenüberseins des Menschen zu Gott in der Einheit von verum und bonum, das im ewigen Empfangen des Sohnes vom Vater her vorgebildet ist,16 sein Gewicht. Es geht dann verloren, dass gerade die Ausrichtung auf Gott, d. h. auf das summum bonum hin, das sich offenbarend mitgeteilt hat (exitus) und dadurch das Geschaffene auf sich (den Schöpfer) zurückwendet,17 also die spezifische, durch den Gabecharakter menschlicher Freiheit geprägte Verschränkung von exitus und reditus, die menschliche Praxis bestimmt. Diese erweist sich entsprechend als reditus "nach vorwärts". Kurz: Das Exitus-reditus-Schema wahrt den responsorischen Charakter menschlicher Freiheit im Gegenüber zum Schöpfer.

Einleuchtend ist Metz' Auskunft, der dritte Teil der Summa durchdenke die Bestimmung, unter der die ganze Summa stehe und stelle "jenen für uns gebauten Weg [...] dar, der unserer Bewegung zu Gott voraus- und zugrundeliegt" (185). Das gilt um so mehr, als der Begriff der processio, auf der die ganze Konstruktion der Summa theologiae ruht,18 nur trinitarisch und mithin - da die Trinität eine Glaubenswahrheit ist - christologisch erschlossen wird.19 Zugleich ist aber auch zu sagen, dass die Tertia Pars mit dem Thema des Gott-Menschen, der als Gesendeter beide Bewegungen (exitus und reditus) zusammenbindet, auf den vorhergehenden Teilen der Summa aufruht und deshalb Christus zu Recht als krönenden "Schlußstein" (199)20 und als Kriterium der ganzen Summa darstellt, wie M. Corbin formuliert hat:

"La Tertia couronne la totalité de la Somme parce que et parce que seulement Jésus-Christ est le résumé de la Révélation: c'est l'union des deux natures, humaine et divine, dans l'unique personne du Verbe qui effectue la médiation du Dieux-exemplaire et de l'homme-image, médiation réelle en tant qu'elle est la Révélation."21

Metz will den einen Gedanken des Thomas, wie er im Aufbau der Summa theologiae zum Ausdruck kommt, ergründen (2). Als den Zentralgedanken, den die Summa entfaltet, betrachtet er richtig die communicatio boni (101; vgl. 196), die Gott mit seinem Ebenbild verbindet (33). Für das Verständnis der Architektonik des Werkes, die diesen einen Gedanken erschließen soll, zieht Metz verschiedene Triaden bei, so die neutestamentliche Triade Johannes-Paulus-Synoptiker (37-46), die Triade Neues Testament-Augustinus-Aristoteles (37-107) und die aristotelische Triade Theorie-Praxis-Poiesis (89-102). Diese Triaden sind gemäß Metz in der STh als tragende Stützen ins Gefüge des thomanischen Theologieverständnisses eingefügt, das der Beziehung zwischen Gott und Geschöpf entspricht (vgl. das Schaubild auf S. 47; zu den Triaden insgesamt vgl. 134 ff.). Ob diese Triaden - bei allem Erhellenden, das sie haben mögen- wirklich den Grundgedanken der Summa als solchen entschlüsseln, ist mir allerdings fraglich. Einleuchtender ist dafür m. E. nach wie vor Lafonts Ansatz bei der processio mit der damit verbundenen Kreisfigur, durch die Gotteslehre, Schöpfungslehre, Christologie und Soteriologie innerlich miteinander verbunden werden können (processio - communicatio - missio)22 und die Einheit von Seinsteilhabe und Eigenständigkeit des Geschöpfs besser zur Geltung zu bringen ist als durch das Modell der Gegenüberstellung von Schöpfer und Geschöpf, wie es Metz propagiert.23

Die Notwendigkeit einer Entfaltung der Struktur der Summa theologiae von der Trinitätstheologie her wird energisch von Hans Christian Schmidbaur betont,24 der in München eine umfangreiche Studie zur Trinitätstheologie des Aquinaten als Dissertation vorgelegt hat. Schmidbaur will den entschiedenen Personalismus des Aquinaten in der Trinitätslehre herausarbeiten. Die konsequente Unterscheidung der Erörterungen zum einen Wesen Gottes in der STh (die aber von vornherein die essentia trium personarum und keinen deus monopersonalis im Blick haben [29]!) von der Betrachtung der Dreiheit Gottes, die methodisch bei den geoffenbarten trinitarischen Hervorgängen ansetzt, signalisiert, dass das Faktum der Dreiheit der Personen nicht aus essentialen Attributen Gottes abgeleitet werden kann, wie dies z. B. Richard von St. Viktor versucht hat25: "Ursprung und Träger des Hervorgangs kann somit nie das Wesen als solches sein, sondern nur eine Person; konkret und uranfänglich ist also der Vater Ursprung der trinitarischen communio personarum" (33). Die Schwäche des thomanischen Ansatzes muss allerdings darin gesehen werden, dass das Wesen Gottes unter Absehung einer direkten Bezugnahme auf die Dreiheit Gottes erörtert wird, selbst wenn dies im Hinblick auf die philosophische Gotteserkenntnis eine gewisse Berechtigung hat.26 So wenig die Dreiheit der Personen aus einer philosophisch erschlossenen Einheit Gottes ableitbar ist, so wenig ist aber auch das konkrete Wesen Gottes letztlich unter Absehung vom trinitarischen Zusammenspiel der Personen zugänglich.27 Es lässt sich deshalb nicht einfach sagen, die Lehre von den Personen habe "in der Lehre vom göttlichen Wesen nichts zu suchen" (269). Denn dies führt dazu, dass - wie auch Schmidbaur konzediert - die "explizite soteriologische Relevanz des Trinitätsgeheimnisses" in der STh streckenweise verdunkelt wird (54).

Schmidbaur betont, dass Thomas mit anderen zusammen dem griechischen Gedanken des Ursprungs der göttlichen Personen im Vater zum Durchbruch verholfen habe (147), und zwar so, dass er - anders als die Griechen (152) - mit dem filioque einen vollständigen ordo processionis entwickelt hat: "Es ist also keineswegs so, daß es sich beim filioque nur um eine nebensächliche, spekulative Besonderheit des Wesens handelte; vielmehr ist das filioque ein integraler Bestandteil der Trinitätslehre, ohne den das Bekenntnis zur Trinität letztendlich nicht aufrechterhalten werden könnte" (155). So ist es.

In gewisser Spannung zu dieser Hervorhebung des ordo processionis steht aber Schmidbaurs Auffassung, die Prozession sei lediglich "die Akt-Dimension der Relation", die der Prozession logisch vorzuordnen sei (359). Um den durchgehend personalen Charakter der Trinität zu wahren, schreibt er unter Berufung auf Thomas: "Die Relationslehre ist das Herz der Trinitätslehre, nicht die Lehre von den Hervorgängen" (371). Wenn sich aber die Personen als subsistierende Relationen nur im ordo processionis voneinander unterscheiden lassen, dann kann hier nicht einmal von einer logischen Vorordnung der relatio vor der processio (und umgekehrt!) die Rede sein, wie H. Wipfler überzeugend dargelegt hat.28 Wenn Schmidbaur unter Verweis auf den Esse-in-Aspekt der Relation, den er vom Esse-ad-Aspekt abhebt (427 ff.), mit Thomas den logischen Primat der Relation vor der Prozession behauptet,29 dann gerät er in Gefahr, dem von ihm gefürchteten "vorpersonalen" Essentialismus zu verfallen, denn das spezifische Esse-in der jeweiligen trinitarischen Person ist nur in strenger Gleichzeitigkeit mit dem prozessualen Esse-ad zu haben, weil das Esse-in der Relation durch den Freiheitsvollzug der Person, d. h. im prozessualen Hin-Sein zu den anderen Personen und darin in bejahender Rückkunft auf sich selbst, spezifiziert wird. Andernfalls wird das spezifische Esse-in der Relation und damit die trinitarische Person zur neutralen Wesens-Vorgabe. Zugleich wird ein Ungleichgewicht zwischen Vater und Sohn statuiert, weil jener schon vor der Zeugung Vater sein soll. Weder ein primäres Esse-in, noch ein primäres Esse-ad, sondern das aktuose, eindeutig gerichtete "Zwischen" der Relation als prozessionaler Freiheitsvollzug, dessen Möglichkeit gewiss nicht ohne Verweis auf das eine göttliche Wesen zu klären ist, ist das Entscheidende. Statt auf den Primat der Relation gegenüber der Prozession muss mit Bonaventura auf die Innaszibilität des Vaters in dessen Einheit von Relationalität und Prozessualität verwiesen werden, um den Primat des Personalen - das Hauptanliegen Schmidbaurs - und den thomanischen Grundsatz "actus sunt suppositorum"30 zu sichern. Während für Thomas "Innaszibilität" ein negativer Begriff ist, der sich nicht zur Charakterisierung des Vaters als fontalis plenitudo eignet,31 soll er für Bonaventura eben dies leisten: "Innascibilitas in Patre dicit fontalem plenitudinem. Fontalis plenitudo autem consistit in producendo."32 Bonaventura, der mehr Gewicht auf die generatio und spiratio als auf die relatio legt, respektive diese ganz "generativ-spirativ" versteht,33 ist sich allerdings bewusst, dass die Innaszibilität durch die konkrete Vaterschaft des Vaters qualifiziert werden muss, weil sie sonst nichts über die Person des Vaters aussagt.34 Wenn sie aber vom zeugenden und hauchenden Vater her verstanden wird, markiert sie die unhinterfragbare Freiheitsfülle als die und zugleich aus der heraus35 der Vater in seiner spezifischen Weise gebend und empfangend auf Sohn und Geist bezogen ist. Bei Bonaventura handelt es sich also bei der Innaszibilität nicht um die abstrakte Fruchtbarkeit eines vorpersonalen göttlichen Wesens, wie von Schmidbaur unterstellt wird (257), sondern um die Freiheitsfülle des Vaters selbst - in dessen personaler Einheit von relatio und generatio-spiratio. M. E. wird man in dieser Frage in Zukunft eher Bonaventura als Thomas folgen müssen.

Nähe und Distanz des Thomas zu Bonaventura kommen auch in der auf den Sentenzenkommentar des Thomas konzentrierten Arbeit "La Trinité créatrice" von Gilles Emery (vgl. Anm. 14) zum Ausdruck, der die Darstellung des schöpferischen Wirkens Gottes im Kommentar untersucht. Emery zeigt, wie sehr gerade im Hinblick auf die Zentralität des Exitus-reditus-Schemas Thomas auf Vorgaben von Albert dem Großen und Bonaventura aufbauen konnte. Das Spezifikum des Thomas gegenüber den Sentenzenkommentaren dieser Vorgänger36 ist seine konsequente Entfaltung der trinitarischen Struktur des schöpferischen Wirkens Gottes. Noch deutlicher als in der Summa theologiae kommt im Sentenzenkommentar die trinitarische Begründung für die Kreisgestalt des Exitus-reditus-Schemas zum Ausdruck, und es fragt sich tatsächlich, ob der Sentenzenkommentar nicht ein sinnvoller Ausgangspunkt für eine neue Deutung der Summa theologiae sein könnte: "Ce personalisme de Thomas est indiscutable dans le commentaire sur les Sentences, et il pourrait bien offrir un point de départ de grande valeur pour une nouvelle approche de la théologie trinitaire de la Somme de théologie" (301).37 Die Linien, die Emery bei Thomas herausarbeitet, sind jedenfalls beachtlich. Er zeigt, dass das schöpferische Wirken Gottes von Thomas streng trinitarisch gefasst wird: "Ex processione personarum divinarum distinctarum causatur omnis creaturarum processio et multiplicatio" (1Sent 26,2,2 ad 2) (449 f.). Zwei Grundgedanken bestimmen von daher den Aufbau des Sentenzenkommentars: "La causalité des processions divines comme ratio de la procession des créatures, et la structure d'exitus-reditus" (412).

Besondere Bedeutung kommt dabei dem Vater zu, dem Angelpunkt der Theozentrik der thomanischen Argumentation. Die Quellhaftigkeit des Vaters ist Ursprung aller schöpferischen Quellhaftigkeit Gottes, wie bereits Bonaventura bekräftigt (276). Deshalb ist der Vater Ursprung und Ende der Schöpfung (300), zu dem wir zurückkehren (409), denn: "Eodem ordine res referuntur in finem quo procedunt a principio" (2Sent 38,1,1 c) (303). Die Allmacht des Vaters ist entsprechend "quasi fidei radix" (3Sent 25,1,2 ad 3). Aber die zentrale Stellung kommt dem Vater nur im Verbund mit den beiden anderen Personen zu. Er ist in keiner Weise früher als der Sohn (466). Er handelt deshalb immer in Verbindung mit Sohn und Geist, und zwar sowohl im exitus als auch im reditus der Schöpfung (384- 413). Wir kehren zum Vater als demjenigen zurück, von dem Sohn und Geist ausgegangen sind (409). Besonders bedeutsam ist die Beobachtung, dass Thomas im Hinblick auf den Menschen nicht nur von "reditus" spricht, sondern auch von "reductio" (404). Sohn und Geist werden uns gegeben, und die Dynamik dieser Gaben führt uns zum Ziel zurück, verbindet uns mit ihm: "Unde in receptione hujusmodi donorum habentur personae divinae novo modo quasi ductrices in finem vel conjungentes" (1Sent 15,4,1 c) (410). Fazit: "On ne peut donc guère mieux résumer le fondement et la structure trinitaire du reditus qu'avec ces mots de Thomas: quasi ductrices in finem vel conjungentes" (411). Weil diese reductio die Schöpfung nicht von außen bewegt, betont Emery zu Recht, die christologisch erschlossene (299) Strukturparallele zwischen Trinität, Schöpfung und Heilsökonomie, die allein ein angemessenes Verständnis des Lebens in Christus ermöglicht (7-11.409 f.480).

Bekanntlich können wir gemäß Thomas nur durch Offenbarung und Glaube von der Trinität wissen. Die "Dunkelheit" des Glaubens begleitet das menschliche Erkennen immer in diesem Leben, denn auch nach der Glaubenserkenntnis gibt es keine Möglichkeit, die Trinität durch notwendige Vernunftgründe zu beweisen. Die Offenbarung, die zeigt, was den menschlichen Verstand übersteigt, macht deshalb eine spezielle theologische Wissenschaft notwendig (STh I,1,1 c). Die Frage, wie die Theologie Wissenschaft sein kann, wenn sie auf "ea quae sunt altiora hominis cognitione" (ebd. ad 1) bezogen ist, wird mit der Subalternationstheorie beantwortet, gemäß der die Theologie aus den Prinzipien einer höheren Wissenschaft, der "scientia Dei et beatorum" (STh I,1,2 c), konstituiert ist, die uns als Glaubensartikel vermittelt werden (STh I,8 c). Der menschliche Verstand wird dadurch nicht ausgeschaltet, sondern in Dienst genommen:

"Non quidem ad probandum fidem, quia per hoc tolleretur meritum fidei; sed ad manifestandum aliqua alia quae traduntur in hac doctrina. Cum enim gratia non tollat naturam, sed perficiat, oportet quod naturalis ratio subserviat fidei ..." (ebd. ad 2).38

Der besondere Charakter der Theologie als Wissenschaft wird in einer wichtigen Arbeit von John I. Jenkins untersucht.39 Er hebt bei Thomas die Bedeutung der im Anschluss an Aristoteles (Analytica posteriora) gewonnenen These hervor, dass die Prämissen eines demonstrativen Syllogismus "besser bekannt" sein müssen als die Schlussfolgerung, wenn von scientia die Rede sein soll (42). Weil im Hinblick auf Gott diese Bedingung zuerst nur für Gott selbst, nicht aber für uns gilt, stellt sich natürlich die Frage, wieweit Theologie überhaupt scientia sein kann. Die Prinzipien der Theologie sind die Glaubensartikel, die wir nur auf Grund göttlicher Gnade erfassen können. "Thus sacred doctrine is a certain participation in [God's] cognition, and an assimilation to the divine cognition; it is an impression of divine scientia" (67). Jenkins präzisiert, dass Gott nicht nur das Materialobjekt dieser Wissenschaft sei, sondern auch in besonderer Weise ihr Formalobjekt: "That is, not only does sacred doctrine treat God, but God is that by virtue of which what can be known in this scientia is known" (74). Damit erfüllt die Theologie zwei Bedingungen der aristotelischen Wissenschaftslehre, die Thomas in subtiler Weise transformiert (77): "It moves discursively from causes to their effects, in accord with the priority condition; and (2) it strives to meet the doxastic causality condition" (68). Letzteres bezieht sich darauf, dass die Ursachen nicht nur früher, sondern auch besser bekannt sein müssen als ihre Wirkungen (43 ff.).

Für das menschliche Wissen sind die Ursachen aller Wissenschaft ursprünglich und keimhaft in der Erkenntnis der ersten Prinzipien zugänglich, und Jenkins hat sicher recht, wenn er gegen Lonergan die prima operatio intellectus nicht nur als Hypothesenbildung versteht und die Zuverlässigkeit der Prinzipienerkenntnis betont (107 ff.). Weil im Vermögen zur Prinzipienerkenntnis, im Intellekt, die Grundlage der scientia zu finden ist (125), muss schon in diesem Bereich die wesentliche Rezeptivität menschlichen Erkennens festgehalten werden, denn die Prinzipienerkenntnis erfolgt "naturaliter" (Summa contra gentiles II,83 [1678]), als Vorgabe göttlicher Zu-Sprache: "Et ideo hoc quod aliquid per certitudinem sciatur, est ex lumine rationis divinitus interius indito, quo in nobis loquitur Deus" (De veritate 11,1 ad 13). Es ist deshalb naheliegend, die Glaubenserkenntnis in Analogie zur Prinzipienerkenntnis zu sehen: "For, as I will try to show [...], the operation of the intellect in virtue of the light of faith is analogous to its operation by virtue of the natural light of the intellect" (128).

Jenkins wendet sich dann zu Recht gegen ein Glaubensverständnis, das Gnade nur als auf den Willen bezogen sieht und für den Intellekt die natürlichen Vorgaben als genügend erachtet (167), denn es ist klar, dass auch der Intellekt der übernatürlichen Erleuchtung bedarf, die es allen erlaubt, die Offenbarung mit einer Sicherheit zu erkennen, die diejenige philosophischer Argumente übertrifft (168.175). Aber auch der Versuch, fehlende Evidenz durch "Wunschdenken" zu kompensieren und die Zustimmung des Willens den "gap of evidence" überbrücken zu lassen, greift zu kurz (175-185). Gegenüber diesen beiden Verkürzungen des thomanischen Glaubensverständnisses vertritt Jenkins eine "supernatural externalist interpretation" (185), die in großer Nähe zu Alvin Plantingas "extended Aquinas/Calvin model"40 steht. Zusammenfassend charakterisiert Jenkins seine Sicht folgendermaßen:

"Faith must begin with a hearing of the Gospel, the essentials of which are contained in the Creed, which is proclaimed as divinely revealed. This requires no infused light. Subsequently, by virtue of the infused light of faith and with the theological virtue along with the Gift of Understanding, the prospective believer, by a non-discursive intuition, understands the articles of faith as propositions to be believed on divine authority and to which he should adhere in spite of considerations to the contrary. Finally, through a second operation of the infused light and with the theological virtue along with the Gift of Scientia, one immediately (i.e. not as the result of discursive reasoning) assents to the articles as divinely revealed. Unlike assent to principles naturally known, this assent requires a deliberate act of the will co-operating with grace, and so it is voluntary and meritorious" (196).

Aber wie funktioniert das mit dem eingegossenen übernatürlichen Licht in der Glaubenserkenntnis? Wird durch die Überhöhung menschlichen Erkennens nicht doch die innere Gesetzmäßigkeit dieses Erkennens übersprungen und damit eine prohibitive Heteronomie propagiert? Die selbstverständliche Evidenz, die mit der Prinzipienerkenntnis gegeben ist und dem Menschen eine reditio completa41 ermöglicht, ist der oben geschilderten Glaubenserkenntnis ja gerade nicht eigen. Inwiefern erreicht dann aber die Offenbarung wirklich den Menschen selbst, und welcher Art kann die Gewissheit der Glaubenserkenntnis sein?

Max Seckler hat zu Recht darauf hingewiesen, dass das Glaubenslicht "ein höchst merkwürdiges Phänomen" ist, denn "streng genommen" wird in diesem Licht "doch nichts gesehen".42 Kann dann die "Vorstellung alles dumpf Treibenden und Zwanghaften" tatsächlich aus der Glaubenserkenntnis ausgeschlossen werden?43 Eine Lösung des Problems ist wohl nur möglich, indem die Beteiligung von Vernunft und Wille in der Glaubenserkenntnis in der Einheit beider Vermögen in einer tieferen Dimension betrachtet wird, durch die die Balance der Vermögen im Glauben gewahrt werden kann: "Als zustimmendes Denken (cum assensione cogitare) bleibt er [sc. der Glaube] jedoch, ohne dass einer der beiden Pole das Übergewicht bekäme, beides: freie Bejahung und denkendes Erfassen."44 Was bei Jenkins diesbezüglich zu kurz kommt, ist die sapientia als cognitio per connaturalitatem, die direkt mit der voluntas verbunden ist.45 Insgesamt ist Thomas "voluntaristischer", als Jenkins zuzugeben bereit ist.46 Jenkins vermag deshalb m. E. nicht genügend deutlich zu machen, wie die Autorität Gottes konkret in der Offenbarung vermittelt wird, und was es heißt zu erkennen, dass Gott sich in Jesus Christus offenbart.

Entscheidend ist allerdings sein Hinweis darauf, dass Gott nicht nur das Materialobjekt der Theologie sei, sondern auch derjenige "by virtue of which" er selbst von uns erkannt wird. Was die Helligkeit des Glaubenslichtes ausmacht, ist die Gegenwart Gottes in uns, die uns zwar nicht in offener Schau zugänglich ist, wohl aber als transformierende Kraft,47 die den Beginn des ewigen Lebens in uns setzt.48 Wie H. U. von Balthasar bemerkt, geht es nach Thomas in der Glaubenserkenntnis "nicht um bloße religiöse Sensibilität, sondern um etwas viel Tieferes, um die seinshafte Ermächtigung des menschlichen Geistes durch quoddam spirituale esse (Virt. Comm. a 10 c), die innergöttlichen Mysterien zu fassen [...] Der Glaube ist dunkle inchoatio visionis, er ist mit Liebe und Hoffnung zusammen die Bewusstseinsseite der Gnade, wo diese die seinshafte Angleichung an das Wesen Gottes ist; er erkennt in seiner Weise auf Grund einer connaturalitas, einer Wesensverwandtschaft, die von Thomas selbst und stärker von Eckhart als die gnadenhafte Einsenkung der Kreatur in den trinitarischen Zeugungs- und Geburtsakt geschildert wird (co-naissance mit dem Sohn aus dem Vater)".49

Das Sein der Gnade in ihrer transformierenden Kraft verhindert, dass der Wille zum bloßen Lückenbüßer für fehlende Evidenz wird,50 denn auf Grund der umwandelnden Kraft der Gnade und dem damit verbundenen instinctus interior vermittelt der Wille als Reflex der vollzogenen Veränderung des Menschen der Vernunft den Zugang zu deren Gegenstand - so dass die Vernunft erkennen kann (auch sie kraft der Gnade!), dass es sich in der Offenbarung in Jesus Christus tatsächlich um von Gott Geoffenbartes handelt, ja letztlich um Gott selbst, und zwar in der Qualität des summum bonum. Dieses von der wirksamen Gnade ermöglichte Zusammenspiel von Wille und Vernunft, in dem der ganze vom Heiligen Geist begabte Mensch zum Instrument der Wahrnehmung Gottes wird, hebt den Modus der Verborgenheit der Glaubenserkenntnis und alles, was darin impliziert ist, nicht auf und gewährt dennoch eine Gewissheit, die höher ist als alles sonstige menschliche Erkennen - weil Gott selber sich im Menschen auf die geschilderte Weise "durchsetzt".51 Thomas betont, dass der Glaube mit seinem Erkennen letztlich nicht auf Sätze zielt, sondern auf Gott selbst.52 Dann heißt das aber, dass die Kategorie, die den Grundcharakter des Geschehens der Glaubenserkenntnis am angemessensten wiedergibt, diejenige der Begegnung ist, wie Thomas sie als Freundschaft schildert.53 Die konkrete menschliche Vollzugsform solcher Begegnung im Modus der Verborgenheit ist das Gebet.

Dass das Gebet "ein Vollzug der Freiheit des Menschen in der personalen Form freundschaftlichen Vertrauens" ist, hat Lydia Maidl in einer umfassenden Untersuchung im Einzelnen dargelegt und begründet.54 Maidl entfaltet eine Fülle von Aspekten der thomanischen Gebetstheologie, die hier nicht besprochen werden kann (Quellen seiner Gebetstheologie etc.). Zugleich zeigt sie sehr klar, welch zentrale Bedeutung das Gebet für Thomas insgesamt hat. Der Schlüssel für das Verständnis des Gebetes ist seine Charakterisierung als desiderii interpres (40), denn: "Das Sehnen ist das ontische Grundmovens für alle Vollzüge des Menschen; die Interpretation, ein geistiger Akt, zeichnet das spezifisch menschliche Handeln gemäß seiner Würde als geschaffen nach dem Bild Gottes aus" (125). Durch die Gnade und mit ihr ist das Gebet unmittelbar in der essentia animae verankert (187). "Der Ansatzpunkt der göttlichen Bewegung im Menschen liegt also weder im Verstand noch im Willen, sondern in der Wesensform des Menschen" (127).

Entsprechend der christozentrischen Orientierung des Gebetes bei Thomas (5) ist das grundlegende Modell für das Gebet das Vaterunser (28.34.214-219). "Das Gebet Christi ist für Thomas in der letzten Tiefe Offenbarung der Grundstruktur personalen Seins: es ist sich vom Vater empfangendes Sein, dem die Haltung des Dankens und Bittens entspricht" (299). Gerade als Bitte ist es der grundlegende religiöse Akt: "Durch sein Bitten übergibt der Mensch nicht irgendetwas Gott, sondern er vertraut ihm seinen höchsten Teil, seinen Geist (mens) und damit sich selber in seinem ganzen Sein an. Daher sei das Gebet auch der höchste aller religiösen Akte. Mit dieser Deutung des Bittens als Übereignung an Gott ist Thomas zur letzten Tiefe dessen vorgedrungen, was Gebet als Bitten meint" (47).55 Weil das Gebet auf Gott ausgerichtet ist, ist es eng mit der Hoffnung verbunden (193-204) und zielt auf Größeres (339). Es ist gemäß dem Beispiel Christi (306-314) Fürbitte - auch für die Feinde (246-266). Die zentrale Stellung des Gebetes gibt der thomanischen Tugendlehre einen "mystischen Grundzug", wie Maidl zu Recht sagt (232). Dieser Grundzug durchformt auch seine Theologie, für die das Gebet von herausragender Bedeutung ist (345-347). Auch Lafont stellt fest: "La Somme théologique est un livre plein de prière."56 Für Jean-Pierre Torrell sind Gebet und Spiritualität als Kontemplation bei Thomas so eng mit der Theologie verbunden, dass er die Spiritualität des Thomas schlicht mit dem Inhalt der Summa theologiae identifiziert sieht.57

Wenn die Theologie bleibend in Glaube und Gebet begründet ist, dann stellt sich die Frage, welcher Art die Rationalität der Theologie ist. Inwiefern ergibt sich aus der durch das Glaubenslicht vermittelten Einsicht eine eigentliche Theo-Logik? Dieser Frage geht Gilbert Narcisse in seiner gewichtigen Dissertation "Les raisons de Dieu" nach.58 Narcisse strebt einen Strukturvergleich zwischen dem thomanischen Theologieverständnis und der theologischen Ästhetik Hans Urs von Balthasars an. Den Treffpunkt beider sieht er im Begriff der Konvenienz, die auf die bonitas Dei in Christus bezogen ist: "Comme pour Balthasar, pour saint Thomas ces convenances s'unissent finalement et originairement dans la bonté de Dieu et la participation à cette bonté. C'est dans l'existence même du Christ que s'originent les convenances" (474). Narcisse arbeitet heraus, dass bei Thomas die Inkarnation der Ort für die Konvenienz ist (38.356). "Konvenienz" soll keine vage Angemessenheit bedeuten, sondern Notwendigkeit, die exaktes Denken ermöglicht (76). Die Notwendigkeit, die dem thomanischen Theologietypus entspricht, ist weder eine Naturnotwendigkeit noch eine Zwangsnotwendigkeit, sondern die Notwendigkeit eines Zielbezuges (STh III,46,1 c): "On découvre donc que la convenance serait une sorte de nécessité par rapport à une fin appropriée" (78). Auf Christus angewendet heißt dies konkret: "Le Christ a donc souffert volontairement en raison d'une haute convenance, qui est une nécessité théologique selon la fin de l'économie du salut" (79)59. Die Notwendigkeit von Inkarnation und Kreuz und entsprechend die Notwendigkeit von Glaubenserkenntnis und Theologie hängen an der praescientia und der praeordinatio Dei. "An sich" wäre zwar für Gott ein anderer Weg möglich, das Menschengeschlecht zu retten, aber rebus sic stantibus ist die gewählte Weise notwendig (STh III,46,2). Daran anschließend schlägt Narcisse vor, die Konvenienz als "un possible réalisé" zu definieren (109), als "l'unité du possible probable et du réalisé nécessaire" (137). Sehr schön expliziert Narcisse im philosophischen Kontext, wie die Möglichkeit des "notwendig", d. h. wirklich Seienden die positive Rückbindung des Seienden an den freien Schöpfer als Geber des Seins bedeutet (168-171) und deshalb eng mit dem Thema des Geheimnisses verbunden ist (282).

Weil die Sendung Christi in Entsprechung dazu ein Werk Gottes in seiner trinitarischen Freiheit ist, das weder auf irgendeine Naturnotwendigkeit noch auf ein zwingendes Gesetz rückführbar ist (sondern eben Freiheit ist, die auf uns zielt), ist sie schön - oder herrlich, um Balthasars Terminologie zu gebrauchen. Nur diese "Schönheitsnotwendigkeit", die wir nicht erfinden, sondern durch Offenbarung empfangen (397), kann uns wirklich von der Liebe Gottes überzeugen. Nur darauf kann Glaube bezogen sein,60 und es muss der Glaube sein:

"Cependant, le réalisé porte cette marque indélébile d'être tenu ici-bas par la foi et non dans la vision. Ce qui crée une espèce unique de subalternation. Le concept de possible manifeste cette constante dépendance de l'intelligence de la foi avec ses principes" (293). Die Glaubenserkenntnis geht nicht in Wahrheiten über, die unabhängig vom Glauben allgemein verfügbar wären (496). Die Konvenienzen, die den inneren Zusammenhang der durch Gottes Handeln in Christus geoffenbarten Glaubensartikel erschließen, sind auch gemäß Narcisse bei Thomas eng mit dem Exitus-reditus-Gedanken verbunden: "L'image du cercle (circulatio), impliquée par le schéma circulaire selon l'exitus et le reditus, devient une clé herméneutique omniprésente dans la sacra doctrina conçue et pratiquée par saint Thomas" (497; vgl. ebd. 492-562).

Ist dann aber ein Gespräch zwischen Glaubenden und Nicht-Glaubenden überhaupt möglich, wenn diese in der Offenbarung enthaltenen "rationes divinae"61 nur im Glauben zugänglich sind?62 Narcisse bietet dazu insofern einen Hinweis, als er auf die Seinsphilosophie des Aquinaten als "Fundament" der Schrift verweist: "C'est l'Ecriture qui permet la théologie mais la métaphysique de l'esse offre le fondement réaliste de l'Ecriture" (273). Dass Schöpfung Seinsmitteilung ist, ist für Thomas nicht nur eine Glaubenserkenntnis, sondern auch eine philosophisch zugängliche Wahrheit (2Sent 1,1,2 c). Allerdings bedarf es zur Anerkennung des Schöpfertums Gottes faktisch der Gnade, weil der Mensch von sich aus den Schöpfer nicht anerkennen will und deshalb für die Wahrheit Gottes in der Schöpfung unzugänglich bleibt (Röm 1,18 f.).63 Narcisse zeigt, dass zwischen der Seinsphilosophie und den Glaubenswahrheiten Konvenienzen bestehen (149-231), denn durch ihren Gabecharakter ist die Schöpfung als solche offen für die Gabe der Gnade (214). Das heißt nicht, dass sich die Offenbarung aus der Seinsphilosophie erschließen ließe, wohl aber dass die Gnade in Christus inkarnatorisch "auf dem Weg des Seins" kommt64 und so die Schöpfungsstrukturen durchdringt, wie es das vom einen Wesen des Menschen bedingte Zusammenspiel der Vermögen Vernunft und Wille in der Glaubenserkenntnis gezeigt hat. Das bedeutet gerade auch bei Thomas: "Das Formalobjekt der Theologie [...] liegt in der Herzmitte des Formalobjektes der Philosophie (mitsamt der ihr zugehörigen Mythologie); aus dessen Mysterientiefe bricht es als die Selbstoffenbarung des Mysteriums des Seins hervor, unableitbar aus dem, was der geschöpfliche Verstand aus dem Seinsgeheimnis von sich aus herauslesen kann ...".65 Die Seinsmitteilung vermittelt anfangshaft etwas von der bonitas Dei, denn das geschaffene Sein ist "Gleichnis göttlicher Güte" (De veritate 22,2 ad 2). Weil die Welt in Christus geschaffen ist, haben wir es in der Gabe des Seins immer schon mit dem trinitarischen Gott zu tun, ohne indessen die Trinität aus dem Sein deduzieren zu können.

Bei Thomas steht aber deutlich, dass eine natürliche Erkenntnis (Gottes) nicht zur Rechtfertigung des Menschen ausreicht.66 Außerdem scheint bei Thomas für das Gespräch mit Nicht-Glaubenden jedem positiven Bezug auf natürliche Gotteserkenntnis ein Riegel vorgeschoben zu sein, weil Thomas Nicht-Glaubenden schlicht den Bezug auf den wahren Gott abspricht, wenn jene die Existenz Gottes zu beweisen versuchen, denn wo auch nur ein Glaubensartikel verfehlt wird, haben wir es nicht mit Gott zu tun.67 Es gibt also keine "neutrale Basis", auf der man sich treffen könnte. Aber es verbindet uns alle die Teilhabe am Sein, und wir stehen immer schon im Wirkbereich der Gnade: "Der Mensch als natura pura existiert nicht."68 Das Sein ist immer schon auf die Gnade hin offen, und die auf dem Weg des Seins kommende Gnade durchdringt, erhebt und vollendet jenes. Das Sein als "prima rerum creatarum" (STh 45,4 ad 1) ist deshalb gegenüber der Offenbarung nicht neutral. Das bedeutet aber, dass - mit Thomas über ihn hinaus denkend - damit zu rechnen ist, dass auch im außerchristlichen Bereich Glaube zu finden ist (dem dann auch die Gestalt des Christlichen grundsätzlich zugänglich sein muss), weil das Glaubenslicht auf Gestalten treffen kann, die ihm zur Vermittlung des trinitarischen Gottes dienen. Solche Gestalten sind zwar - gemessen an der Offenbarung Gottes in Christus, wie sie in der Bibel bezeugt ist - nicht vollständig, brauchen deswegen aber nicht im Sinne eines verkürzenden Irrtums defizient zu sein, wie dies in der Häresie der Fall ist. Sonst wäre weder eine philosophische Gotteserkenntnis, wie sie Thomas vertritt, noch der alttestamentliche Glaube eine reale Möglichkeit. Außerdem würde dies dem Gedanken der Gottebenbildlichkeit des Menschen widerstreiten. So kommt Seckler "zu der scheinbar paradoxen Form eines übernatürlichen Glaubens, der sich am natürlichen Wissen konkretisiert".69 Daraus folgt, dass auch in anderen Religionen und Weltanschauungen etwas von der Freiheit der Kinder Gottes aufscheinen kann, das uns zur Bereicherung und Herausforderung wird. Klar ist dabei, dass das Glaubenslicht sein bleibendes Kriterium in der Gestalt Christi hat, an der sich jede Glaubensgestalt messen lassen muss. Klar ist auch, dass das Thema der Umkehr für alle seine Relevanz behält.

2. Fragen thomanischer Metaphysik

Weil das Formalobjekt der Theologie in der "Herzmitte des Formalobjektes der Philosophie" liegt, kann der Theologie die Philosophie nicht gleichgültig sein.70 Als menschliches Denken hat auch die Theologie zu zeigen, dass es in ihr "mit rechten Dingen", d. h. schlicht vernünftig zugeht.71 Die Tatsache, dass in einer gefallenen Welt faktisch nur durch die Glaubenserkenntnis ein angemessener Zugang zur Welt als Schöpfung möglich wird, entbindet die Theologie nicht von dieser Rechenschaftspflicht, sondern hält sie erst recht dazu an. Die Beschäftigung mit der Metaphysik war für Thomas in diesem Zusammenhang keineswegs nebensächlich, sondern schlicht notwendig. Er hat dabei die Theologie nicht an die Philosophie verkauft, sondern diese von der Glaubenserkenntnis her neu entwickelt, nicht Wein verwässert, sondern Wasser in Wein verwandelt, wie er sich selbst bildhaft ausdrückt.72

Helmut Hoping73 hat am Beispiel der Summa contra gentiles, die er einleuchtend als "umfassende Darstellung des Weisheitswissens des katholischen Glaubens" (64) im Gegenüber zum "Weisheitswissen der griechisch-arabischen Rationalität" (70) versteht, gezeigt, wie eng für Thomas die Verbindung von Philosophie und Theologie ist. "Die Philosophie hat innerhalb der theologischen Synthese die Funktion, den Teil am christlichen Weisheitswissen zu umgrenzen, der einer Erforschung durch die auf sich gestellte Vernunft zugänglich ist" (66). Diese philosophische Bemühung ist für die Theologie unverzichtbar, weil ohne sie der von der Schöpfung her notwendige Anspruch, dass Glaubens- und Vernunftwahrheiten in keinem Widerspruch zueinander stehen können (112), auf der Ebene der Vernunft nicht mehr einlösbar ist - zum Schaden menschlicher Freiheit, die wesentlich auf Vernünftigkeit beruht. "Eine Theologie, die meint, ihr hermeneutisches Selbstverständnis nicht in einer Reflexion auf einen transzendentalen Sprach- und Wahrheitszusammenhang hin überschreiten zu können, mag zwar die Wahrheit dessen, was von ihr jeweils neu zur Sprache zu bringen ist, voraussetzen können. Doch um die Wahrheitsfrage selbst angemessen stellen zu können, benötigt sie den Bezug auf das Weisheits- und Orientierungswissen transzendentalen bzw. metaphysischen Denkens" (462). Dass eine Theologie, die in diesem Sinne auf die Wahrheitsfrage verzichten will, sich nicht auf Thomas berufen kann (468), hat Hoping schlüssig gezeigt.

Welche Metaphysik vertritt also Thomas in seiner Entfaltung christlichen Weisheitswissens? Es hat sich in der neueren Forschung immer deutlicher herauskristallisiert, dass das Sein als actus omnium actuum74 den Kern der thomanischen Metaphysik darstellt,75 wobei sich die Auffassung, dass gemäß Thomas Gott selbst das esse commune sei, an dem alle Seienden partizipieren (J. de Vries; K. Kremer), als falsch erwiesen hat.76 Eines der Grundprobleme, die mit diesem Kern verbunden sind, ist die Frage nach dem Verhältnis zwischen Sein und Wesen.77 In seiner gediegenen Arbeit "Participation and Substantiality in Thomas Aquinas" nimmt Rudi A. te Velde eine Fragestellung auf, die vor allem L. Bruno Puntel in Auseinandersetzung mit G. Siewerth, L.-B. Geiger, C. Fabro78 u. a. entwickelt hat: Wie verhalten sich Sein und Wesen in ihrer Identität und Differenz zueinander?79 Damit ist die Frage nach dem Wesen von Schöpfung gestellt: "This book is about Saint Thomas's metaphysics of creation" (IX). Te Velde setzt ein mit der Frage nach der Vereinbarkeit von platonischer Partizipation und aristotelischer Substanz (X). In einem längeren Abschnitt begründet er, dass das Gute im Sein gründet (8-65). Vor dem Hintergrund des Seins als universaler Perfektion gewinne der Gedanke der Partizipation ihre wahre metaphysische Bedeutung beim Aquinaten (67), denn die Differenz zwischen esse und id quod est, kann dann keine Akzidentalität des Seins im Sinne eines äußerlichen Hinzukommens des Seins zur Substanz bedeuten (73-83). Wie ist dann aber die Differenz zwischen dem limitierenden Prinzip der essentia und dem Sein zu verstehen? Te Velde möchte den Gedanken einer doppelten Partizipation vermeiden, "one according to which the essence has actual being, and another which accounts for the formal determination of the created essence in itself as a partial likeness of the divine essence". Eine solche doppelte Partizipation würde die Einheit des Schöpfungsaktes zerstören (90). Die similitudo in der Schöpfung ist nach te Velde nicht in der formalen Hierarchie der Wesen zu situieren, sondern in der je verschiedenen Beziehung jedes Seienden zum Sein (109). Was te Velde völlig zu Recht vermieden wissen will, ist die Vorstellung präexistenter Ideen als "mental pictures in God's mind representing the possible essences of things" (113).80

Te Velde beobachtet, dass Thomas fast nie formuliert, das Sein werde durch das Wesen limitiert, sondern meist, dass es auf ein bestimmtes Wesen hin limitiert wird (152). Das Wesen existiert nicht im voraus als selbständiges metaphysisches Prinzip. Es kann also nicht von einem doppelten Schöpfungsakt gesprochen werden (158). Am Ende muss auf Gott selbst verwiesen werden, um den Ursprung der Limitation des Seins in den Seienden anzugeben (159). Das ist gewiss richtig, aber wie entgeht te Velde dann dem Einwand Puntels, ein simpler Rekurs
auf Gott zur Lösung der Frage nach der Einheit von Sein und Wesen in deren Differenz genüge nicht, denn gefragt sei die "Einholung der essentia auf der Ebene des esse, nicht erst auf der Ebene eines vorgestellten Gottes"?81 Te Velde weist darauf hin, dass das Wesen nur in der individuellen Substanz subsistiert (203). Das Wesen ist als Prinzip des Seienden nur "mitgeschaffen", wie Thomas sagt.82 Das heißt aber, dass das Wesen nur im und durch den Seinsakt im Seienden zur Subsistenz kommt (203). Zugleich ist aber nicht zu vergessen, dass das Sein nach Thomas aus den Prinzipien des Wesens resultiert83 und dieses somit doch in einem gewissen Sinn zur "Voraussetzung" für das Sein wird. Beide Momente werden von te Velde festgehalten: "The formula forma dat esse should be understood in the sense that the form determines and mediates being, but in such a way that this mediation itself is not unmediated" (220). Tatsächlich muss das Wesen auf der Ebene des Seins eingeholt werden, dem nichts äußerlich ist außer das Nichtsein,84 aber zugleich genügt es nicht, das Wesen nur auf das Sein zurückzuführen85: "What seems to me the crucial point here is that the form measures or mediates the perfection of being in such a way that it is itself measured by God" (232). Die Frage ist, wie beides gleichzeitig festgehalten werden kann, wie also die Einheit des Schöpfungsaktes zu wahren ist. Te Velde sagt richtig: "Participation is a way of conceiving a difference in unity" (206). Wie ist nun diese "difference in unity" vom Schöpfungsakt her zu fassen? Die beste Antwort auf diese Frage bietet m. E. nach wie vor Ferdinand Ulrich in seinem Buch "Homo abyssus", in dem er das Wesen als aus dem nicht-subsistierenden Sein hervorgehend beschreibt.86 Weil durch die Seinsmitteilung das nicht-subsistierende Sein immer schon in die Seienden hinein entäußert ist, sind mit dieser Entäußerung je schon von Gott her durch das Sein die essentiae der Dinge gesetzt. Das Verständnis des Seins als completum et simplex, sed non subsistens (De potentia 1,1 c) ermöglicht es, die Differenz von Sein und Wesen als eine dem Sein selbst eigene Differenz zu verstehen, ohne die von Gott her gesetzte Angewiesenheit des Seins auf das Wesen dadurch in Frage zu stellen. Man mag es bedauern, dass Thomas diese Zusammenhänge in ihrer Einheit nicht expressis verbis zum Gegenstand seiner Reflexion gemacht hat, aber wenn das Puzzle aus seinen Aussagen zusammengesetzt wird, ergibt sich durchaus ein klar erkennbares Bild seiner Metaphysik, die perfekt zur trinitarischen Struktur seiner Theologie passt, wie vor allem das genannte Buch von Ulrich zeigt.

Direkt ins Zentrum der thomanischen Metaphysik begibt sich auch Fran O'Rourke mit seiner Untersuchung "Pseudo-Dionysius and the Metaphysics of Aquinas", in der er zeigt, wie Thomas in Auseinandersetzung mit Dionysius sein Seinsverständnis entwickelt. Wie te Velde sieht er das Zentrum der thomanischen Metaphysik in der Partizipationslehre des Thomas (31), die sowohl die Lehre der Gotteserkenntnis als auch die Seinsphilosophie des Aquinaten bestimmt: "The key inspiration in Aquinas' theory of divine nomination is the fundamental theory, inherited from Dionysius, of the participation and pre-eminent presence of all perfection in God" (44-45). Was Thomas von Dionysius unterscheidet, ist die Seinslehre:

"With Aquinas the notion of being acquires an all-transcendent and infinite value. It is thus, he believes, the concept appropriate to denote the infinity of God. And as an analogous notion, revealed in each reality, it is furthermore, the key to our reflection leading from beings to God. It is precisely as Being Itself, transcendent and unlimited, Ipsum Esse Subsistens, that God is in himself radically unknown; by the same token it is also because he is Being that we have analogous knowledge of his existence, and relation with creatures. Thus, whereas for Dionysius it is a hindrance to our discovery of God that human knowledge is oriented towards finite beings, this for Aquinas is the very foundation of our natural disclosure of God" (56).87

Auch das Gute, dessen Kausalität sich auf das erstreckt, was noch nicht ist, kann nur als eine Weise des Seins begriffen werden: "The Good is Non-Being precisely because it is an excess or superabundance of Being" (79). Es gibt deshalb kein Überschreiten des Seins (95). O'Rourke zeigt sehr schön, wie Thomas den aristotelischen Aspekt des Guten als Finalursache mit dem dionysischen Aspekt der Wirkursache des Guten vereint (85-89). Er betont zu Recht, dass das Gute nicht gut ist, weil es angestrebt wird, sondern dass es angestrebt wird, weil es gut ist (85 f.), d. h. sich mitteilt (25). Wichtig ist auch der Hinweis, dass die Ungeformtheit der Materie, die die Zukunftsoffenheit materieller Wirklichkeit bedingt, der Überwesenhaftigkeit göttlicher Güte entspricht (94). Während das Gute Gott in erster Linie als Ursache bezeichnet, ist das Sein jeder Ursache vorweg (109) und bezeichnet so Gott in seiner Freiheit. Das Sein enthält folglich alle Qualitäten des Guten, wie es überhaupt jegliche Perfektion in sich enthält: "In an extension and penetration of esse as the value initially desired, esse is further revealed, not merely as the good which is first sought, but as the actuality of all acts and perfection of all perfections. This is the so-called intensive meaning of being" (113).

Von entscheidendem philosophischem Interesse ist die thomanische Lehre vom Sein als "creative medium by which God is present in and to all creatures" (137). Dionysius hebt den Primat des Seins für das Geschaffene hervor: "All perfections are perfections of Being and Being itself is the first perfection created. Thus it is in and through Being that all things participate in God. As its first gift the absolute and self-subsisting Good
brings forth Being itself" (ebd.). Thomas kennzeichnet nun darüber hinaus das geschaffene Sein als esse commune, das von Gott unterschieden ist und an dem alle Seienden teilhaben (141-142). Durch das Sein partizipieren alle geschaffenen Dinge an Gott, aber so, dass dieser zugleich "unpartizipiert" von jeglichem Geschöpf unterschieden bleibt. Das esse commune erlaubt es also, die Transzendenz Gottes und seine Immanenz in der Schöpfung zugleich zu denken (255-260).

"Everything is real through the actuality of esse: Necesse est participare ipsum esse. Esse is the primary and ultimate act, the actus ultimus, qui participabilis est ab omnibus; ipsum autem nihil participat. It can itself partake of none, since it is the universal act and plenary form of all. There is nothing more original in which it may share. Within creation, therefore, esse is the similitude par excellence of God. It is infinite in relation to the things which exist, their endless plenitude which can be shared in an infinity of ways. The paradox, however, is that it does not subsist in itself, but abides only in existing things. It is in turn itself contained in subsistent divine Being" (173).

Wenn Gott als esse subsistens Freiheit ist, dann ist die Schöpfung keine Notwendigkeit für ihn, sondern Ausdruck seiner Liebe (252), durch die die Schöpfung nicht nur von Gott ausgeht, sondern durch die sie auch zu ihm hin zurückkehrt, um zur Erfüllung zu finden (234-241). Mit der Behandlung dieses Themas schließt O'Rourke seine Arbeit, die einen eindrucksvollen Einblick in die Entwicklung des thomanischen Denkens bietet.

Welche Bedeutung das neue Seinsverständnis des Aquinaten für die Sicht von Wirklichkeit überhaupt hat, zeigt sich vornehmlich in seiner Transzendentalienlehre, die von Jan A. Aertsen zum Gegenstand einer größeren Untersuchung gemacht worden ist: "Medieval Philosophy and the Transcendentals". Aertsens Buch schließt eine Forschungslücke. Zwar gibt es hervorragende Studien zu einzelnen Fragen im Umkreis der Transzendentalienlehre wie z. B. "Ens et unum convertuntur" (1953) von Ludger Oeing-Hanhoff, aber eine historisch-kritisch ausgerichtete Gesamtsicht der Transzendentalienlehre des Thomas fehlte bisher. Ähnlich wie die große Arbeit von John F. Wippel "The Metaphysical Thought of Thomas Aquinas" (2000) begnügt sich Aertsen nicht mit dem Historisch-Kritischen, sondern will die Transzendentalienlehre als Hauptparadigma mittelalterlicher Philosophie auch mit der neueren Philosophie ins Gespräch bringen. Hilfreich sind vor allem seine Hinweise auf I. Kant, dessen Nähe und Ferne zu Thomas in der Transzendentalienlehre besonders gut zum Vorschein kommen, aber auch die kurzen Auseinandersetzungen mit M. Heidegger und E. Levinas.

Aertsen zeigt, wie Thomas die vom Akt des Seins geprägte dynamische Differenziertheit jedes Seienden denkt - in dessen innerer Einheit und in dessen Bezug zu anderem. Er zeigt dabei, dass dem Menschen eine besondere Stellung zukommt, wie sie vor allem in De veritate 1,1 expliziert wird (103 ff.430). "Thomas's important innovation in the doctrine of the transcendentals is the correlation he introduces between anima and being. He understands the transcendentals true and good in relation to the faculties of a spiritual substance, man. His doctrine, we might say, manifests an anthropocentrism" (257).88 Das bedeutet konsequenterweise, dass der Mensch zum eigentlichen Zugang zum Geheimnis des Seins wird. Vom Menschen her, der durch die Gnade zur Gestalt des simpliciter bonum (319-334) gefunden hat, wird erahnbar, inwiefern das Sein als completum et simplex, sed non subsistens Gleichnis der Güte Gottes ist (De veritate 22,2 ad 2), die letztlich trinitarische Einheit von Selbstsein ("completum et simplex") und "kenotischem" Hinsein zum anderen ("sed non subsistens") ist. Von der Realität der durch Gottes communicatio begründeten Freundschaft zwischen Gott und Mensch fällt ein Licht auf diese Welt, das den Gabecharakter des Geschaffenen und die auf die freie Antwort des Menschen zielende Bewegung der Schöpfung als Seinsmitteilung neu entdecken lässt. Das philosophische Fragen wird dabei nicht verdrängt, sondern neu freigesetzt. Besonders instruktiv dafür ist das von Aertsen erwähnte Beispiel, dass Thomas Vielheit als Ausdruck von Vollkommenheit verstehen kann: "Multiplicity proves to be a sign of perfection" (228).

"It is a good example of the stimulating influence of Christian revelation on philosophical reflection in the Middle Ages. Christian faith teaches not only the absolute unity of God, but also the unfolding of the one divine essence in three Persons, the Father, the Son and the Holy Spirit. In the divine itself there is thus a multitude, and it is precisely this aspect that demands clarification" (224).

Aertsen hebt hervor, dass das letzte Motiv der thomanischen Transzendentalienlehre theologischer Art ist. Die Transzendentalien erschließen die primären Namen Gottes, weil der Schöpfer für uns durch sein schöpferisches Wirken der Seinsmitteilung erkennbar ist (431). In Entsprechung dazu wird auch die Schöpfung durch die Transzendentalien als Gabe Gottes erkennbar, was der Orientierung des Menschen in seiner Welt dient und sein Selbstverständnis ermöglicht: "The triad being-true-good corresponds to the triad soul-intellect-will as its formal object. The doctrine of the transcendentals provides a metaphysical basis for a theory of knowledge and a theory of human action" (ebd.).89 So zeigt sich, dass der Transzendentalienlehre tatsächlich die fundamentale Relevanz zukommt, die ihr Aertsen zuschreibt.90 Diese Relevanz ließe sich noch dadurch verdeutlichen, dass gezeigt würde - wie dies bereits eindrücklich bei Ferdinand Ulrich, aber auch bei Hans Urs von Balthasar geschehen ist -, dass von der Transzendentalienlehre her der scheinbare Gegensatz zwischen dialogischem und (transzendental-)ontologischem Denken91 überwunden werden kann, weil die Seinsmitteilung ein Geschehen ist, in dem der freie Gott auf den freien Menschen zielt und dabei alle Geschöpfe miteinander verbindet. Mit Hilfe der Seinsmetaphysik lässt sich deshalb konkretisieren, inwiefern der Mensch Ebenbild des trinitarischen Gottes ist, das erst in der Teilnahme am inneren Leben Gottes seine Erfüllung findet. Zugleich kann uns nur die Offenbarung des trinitarischen Gottes in Jesus von Nazareth über den letztgültigen Sinn der Seinsmitteilung aufklären. Damit schließt sich der Kreis.

Summary

The article presents a critical survey on recent research on Aquinas. The focus lays on Aquinas's trinitarian theology, on his understanding of the relationship between faith and reason and on his metaphysics. Special attention is given to the circulation-motive in the Summa theologiae, which expresses God's selfgiving move towards the world. It is emphasized that Aquinas's trinitarian theology and his metaphysics of being are closely connected because both deal with God's gift. Aquinas's ontology fosters a model for a better understanding of how faith can be a certain knowledge of God. Aquinas's philosophy of the transcendentals is apt to show the relevance of metaphysics for theology, because it thematisizes creation as the giving of being, which aims at the response of human beings. This response is enabled by the sending of the Son and the Holy Spirit, who are "quasi ductrices in finem vel conjungentes".

Fussnoten:

1) Die Metaphysik des Thomas von Aquin in historischer Perspektive, I. und II. Teil, Salzburg-München 1985/87.

2) Aertsen, Jan A.: Medieval Philosophy & the Transcendentals. The Case of Thomas Aquinas. Leiden-New York-Köln: Brill 1996. 468 S. gr.8 = Studien und Texte zur Geschichte des Mittelalters, LII. Lw. ¬ 158,00. ISBN 90-04-10585-9.

3) The Metaphysical Thought of Thomas Aquinas. From Finite Being to Uncreated Being, Washington, D. C. 2000.

4) Vgl. hierzu z. B. die Arbeiten von Josef Pieper und Norris Clarke, vor allem aber die Arbeiten von Gustav Siewerth und Ferdinand Ulrich, die zunehmend an Beachtung gewinnen. Zu Siewerth vgl. Martin Bieler, Freiheit und Schöpfung bei Gustav Siewerth, in: Peter Reifenberg/Anton van Hooff [Hrsg.]: Gott für die Welt. Henri de Lubac, Gustav Siewerth und Hans Urs von Balthasar in ihren Grundanliegen, Mainz 2001, 121- 288. Für Ulrich vgl. Martin Bieler, in: Ferdinand Ulrich, Homo abyssus. Das Wagnis der Seinsfrage, Freiburg i. Br. 21998, XIII-LIV (Einleitung). Dieses Buch Ulrichs ist m. E. die beste weiterführende Interpretation der thomanischen Metaphysik, die wir zur Zeit besitzen.

5) Vgl. z. B. bereits Stephan Pfürtner, Luther und Thomas im Gespräch. Unser Heil zwischen Gewissheit und Gefährdung, Heidelberg 1961; Ulrich Kühn, Via Caritatis. Theologie des Gesetzes bei Thomas von Aquin, Berlin 1964; Otto Hermann Pesch, Die Theologie der Rechtfertigung bei Martin Luther und Thomas von Aquin, Mainz 21985.

6) Bruce Marshall, Faith and Reason Reconsidered: Aquinas and Luther on Deciding What is True, in: The Thomist 63, 1999, 1-48. Vgl. auch: Arvin Vos, Aquinas, Calvin and Contemporary Protestant Thought. A Critique of Protestant Views on the Thought of Thomas Aquinas, Grand Rapids 1985.

7) Marie-Dominique Chenu, Das Werk des hl. Thomas von Aquin, Graz-Wien-Köln 21982.

8) James Weisheipl, Thomas von Aquin. Sein Leben und seine Theologie, Graz-Wien-Köln, 1980. Vgl. auch die Korrekturen und Ergänzungen in der 2. Aufl. der amerikanischen Ausgabe: Friar Thomas D'Aquino. His Life, Thought and Works, Washington, D. C. 21983.

9) L.c., 351-365.

10) Wichtig für das Verständnis der Absicht, die Thomas mit der Summa theologiae verfolgt, ist John I. Jenkins' gut begründete These, dass die STh für "Anfänger" mit einer sehr guten Vorbildung gedacht ist (Knowledge and Faith in Thomas Aquinas, Cambridge 1997, 78-98). Die Summa wäre dann das elaborierte Modell dessen, was Thomas unter Theologie auf höchstem Niveau versteht: "The concern seems to be to set forth what is essential to the scientia in a concise and lucid a manner as possible. And this interest in clarity and economy of presentation seems particularly appropriate to second-level pedagogy ..." (ebd. 94).

11) Zur thomanischen "Korrektur" des neuplatonischen Schemas, die sich auf Dionysius Areopagita (Bernard Mc Ginn, The Presence of God: A History of Western Christian Mysticism, Vol. I: The Foundations of Mysticism, New York 1991, 157-182; Werner Beierwaltes, Platonismus im Christentum, Frankfurt a. M. 1998, 44-84) stützen konnte, vgl. Max Seckler, Das Heil in der Geschichte. Geschichtstheologisches Denken bei Thomas von Aquin, München 1964, 66-79; Walter Neidl, Thearchia. Die Frage nach dem Sinn von Gott bei Pseudo-Dionysius Areopagita und Thomas von Aquin (dargestellt anhand der Texte von PERI THEION ONOMATON und des dazu verfassten Kommentars des Aquinaten), Regensburg 1976. Vgl. auch O'Rourke, auf den noch zurückzukommen sein wird: O'Rourke, Fran: Pseudo-Dionysius and the Metaphysics of Aquinas. Leiden: Brill 1992. XVI, 300 S. gr.8 = Studien und Texte zur Geistesgeschichte des Mittelalters, 32. Lw. hfl. 147,00. ISBN 90-04-09466-0.

12) Torrell, l.c. 218-228; ders., Le savoir théologique chez saint Thomas, in: Revue Thomiste 96, 1996, 360: "On a trop peu souvent souligné que ce schème est moins néoplatonicien que biblique, et que son utilisation instrumentale lui permettait de rendre compte rationellement de la donnée de l'Apocalypse selon laquelle Dieu est l'Alpha et l'Omega de l'univers et de l'histoire."

13) Vgl. die Diskussion bei Per Erik Persson, Sacra Doctrina. Reason and Revelation in Aquinas, Oxford 1970, 242-266, und bei Otto Hermann Pesch, Um den Plan der Summa Theologiae des hl. Thomas von Aquin. Zu Max Secklers neuem Deutungsversuch (1965), in: Klaus Bernath, Thomas von Aquin, Bd. 1: Chronologie und Werkanalyse, Darmstadt 1978, 411-437.

14) Es erstaunt, dass Metz so wenig auf die These der tragenden Bedeutung des Exitus-Reditus-Gedankens für Thomas in ihrer elaborierten Fassung bei Seckler eingeht: Das Heil in der Geschichte. Auch wünschte man sich eine Auseinandersetzung mit der Darstellung des thomanischen Kreisdenkens bei Jan Aertsen, Nature and Creature. Thomas Aquinas's Way of Thought, Leiden 1988. Bereits im Sentenzenkommentar (Emery, Gilles: La Trinité Créatrice. Trinité et création dans les commentaires aux Sentences de Thomas d'Aquin et de ses précurseurs Albert le Grand et Bonaventure. Paris: Vrin 1995. 590 S. gr.8 = Bibliothèque Thomiste, 47. Kart. fFr 297,00. ISBN 2-7116-1239-2.) und in der Summa contra gentiles ist das Exitus-reditus-Schema (in engster Verbindung mit der Trinitätslehre, wie Emery für den Sentenzenkommentar eindrücklich zeigt!) das tragende Aufbauprinzip. (Für die Summa contra gentiles vgl. 48-70, in: Hoping, Helmut: Weisheit als Wissen des Ursprungs. Philosophie und Theologie in der "Summa contra gentiles" des Thomas von Aquin. Freiburg-Basel-Wien: Herder 1997. 500 S. gr.8. Geb. ¬ 39,00. ISBN 3-451-26234-7.) In der Summa theologiae ist Thomas davon nicht abgerückt. Didaktisch gut dargestellt wird das Exitus-reditus-Schema der STh in der nützlichen einleitenden Arbeit von Thomas F. O'Meara: O'Meara, Thomas Franklin: Thomas Aquinas Theologian. Notre Dame-London: University of Notre Dame Press 1997. XXI, 302 S. gr.8. Kart. US$ 36,00. ISBN 0-268-01898-7/0-268-04201-2.

15) Vgl. 480, in: Lafont, Ghislain: Structures et méthode dans la "Somme théologique" de Saint Thomas d'Aquin. Paris: Cerf 1996. VIII, 512 S. 1 Tab. 8 = Cogitatio fidei, 193. Kart. ¬ 43,00. ISBN 2-204-053-56-2.

16) STh I,33,3 ad 2.

17) In: De divinis nominibus 4,12.

18) Lafont, l.c., 80.

19) Vgl. aber Metz, der unter Berufung auf Martelet die These vertritt, dass bei Thomas die spekulative Christologie kein Eingangstor zur Trinitätslehre sei, sondern diese bereits voraussetze: l.c., 62, Anm. 160. Dagegen spricht, dass Thomas zur Behandlung der Frage nach der Dreiheit Gottes mit traditionellen christologischen und pneumatologischen Themen einsetzt und arianische und sabellianische Irrtümer abwehrt, um das Wesen der Prozessionen in Gott zu klären, für die Thomas auf die Heilige Schrift verweist: STh I,27,1 c. Hingegen lässt sich zu Recht fragen, wieweit bei Thomas der auferstandene Gekreuzigte wirklich zureichend bis in die letzten Fragen der Gotteslehre hinein wegweisend gewesen ist. Vgl. z.B. Lafont, l.c., VI.

20) "Erstens ist die STH so aufgebaut, dass unter dem medius terminus der revelatio zuerst eine spekulative Theologie (Prima Pars), sodann eine praktische Summe in der Summe (Secunda Pars) entfaltet wird, bevor der medius terminus zwischen scientia divina und theologia selber in seinem Grunde durchdacht wird (Tertia Pars)": Metz, l.c., 135.

21) Michel Corbin, Le chemin de la théologie chez Thomas d'Aquin, Paris 1974, 802. "Thomas holds, moreover, that the meaning of this Christological formula [sc. divinitas et humanitas Christi] is to be understood only by reference to a general statement about the laws which apply to every relation between uncreated and created, and therefore also to Christ's divinity and humanity. It is for this reason that he postpones any explicit discussion of Christology in the proper sense until Part III": Persson, l.c., 276. Jean-Pierre Torrell erklärt die Stellung der Christologie in der Summa mit einer primär trinitarischen Option des Thomas: Torrell, Jean-Pierre: Saint Thomas d'Aquin, maitre spirituel. Initiation 2. Freiburg/ Schweiz: Éd. Universitaires; Paris: Cerf 1996. VIII, 574 S. gr.8 = Vestigia, 19. ¬ 37,00. ISBN 2-8271-0745-7 u. 2-204-05481-X. Vgl. auch ebd. 498.

22) STh I,43-45. Wenn Metz schreibt, im Blick auf Gott könne "nicht einmal von einem reditus, einer Rückkehr zu sich selbst gesprochen werden", da "jeder reditus ein irgendwie geartetes Aussichherausgegangensein voraussetzt" (l.c., 212), dann hat er dafür Thomas nur bedingt auf seiner Seite, denn dieser versteht die innergöttlichen Prozessionen als Kreis, der sich in sich selbst schließt - im Unterschied zum Kreis des menschlichen Erkennes und Wollens, der sich nach außen hin schließt: De potentia 9,9 c. Gerade dadurch, dass der Kreis der Schöpfung auf Gott hin geschlossen wird, wird er nicht zum im negativen Sinne "geschlossenen" Kreis ohne Zukunft: "Quia eius bonitas [sc. Dei], ex qua omnia fluunt, nec exhauriri nec concludi potest": Prolog zu 3Sent. Vgl. auch den großartigen Prolog zum ganzen Sentenzenkommentar!

23) Zur systematischen Relevanz der Kreisfigur insgesamt vgl. auch Martin Bieler, Freiheit als Gabe. Ein schöpfungstheologischer Entwurf, Freiburg-Basel-Wien 1991, 350-356.

24) Schmidbaur, Hans Christian: Personarum Trinitas. Die trinitarische Gotteslehre des heiligen Thomas von Aquin. St. Ottilien: EOS 1995. 710 S. gr.8 = Münchener theologische Studien. II. Syst. Abt., 52. Lw. ¬ 50,00. ISBN 3-88096-252-9.

25) Vgl. dazu Hans Jorissen, Zur Struktur des Traktates "De Deo" in der Summa theologiae des Thomas von Aquin, in: Im Gespräch mit dem dreieinen Gott. Elemente einer trinitarischen Theologie. Festschrift zum 65. Geburtstag von W. Breuning, Düsseldorf 1985, 231-257.

26) Ein eindrucksvolles neueres Beispiel für einen philosophischen Zugang zu den Eigenschaften Gottes im Anschluss an den Aquinaten bietet Norman Kretzmann: Kretzmann, Norman: The Metaphysics of Theism. Aquinas's Natural Theology in Summa contra gentiles I. Oxford: Clarendon Press 1997. XII, 302 S. gr.8. Kart. £ 35,00. ISBN 0-19-823660-3. - Allerdings zeigt sich gerade bei Kretzmann die Grenze einer "rein philosophischen" Gotteslehre sehr deutlich, wenn dieser behauptet, als bonum diffusivum sei Gott gezwungen, irgendetwas zu schaffen (224- 225; 253-254). Dass dies nicht der Fall ist, zeigt nach Thomas die Trinitätslehre: STh I,32,1 ad 3. Vgl. dazu oben Seckler (Anm. 4).

27) Vgl. z. B. Karl Barth, KD II,1, 28-31, und Wolfhart Pannenberg, Systematische Theologie, Bd. 1, Göttingen 1988, 416 ff.

28) Grundfragen der Trinitätsspekulation. Die Analogiefrage in der Trinitätstheologie, Regensburg 1977, 127-148. "Daher muss die erste trinitarische Person nicht erst Vater (= relatio subsistens) sein, um dann erst Genitor sein zu können. Und sie muss nicht erst Genitor (= actio subsistens) sein, um dann erst Vater (= relatio subsistens) sein zu können": ebd. 137.

29) "Und zwar muß die aus dem Inhärenzcharakter der Relation stammende Proprietät logische Priorität haben, da die Relation als esse-ad die jeweils in ihrem Für-sich-Sein konstituierten Personen voraussetzt": Personarum Trinitas, 486.

30) STh I,39,5 ad 1; 40,1 ad 3.

31) STh I,33,4 ad 1.

32) 1Sent d 27, p1, a unic, q 2 ad 3.

33) "Somit ist die Alternative - origo oder relatio - eigentlich falsch. Dies grundsätzlich eingesehen zu haben, ist das Verdienst Bonaventuras": Klaus Obenauer, Summa Actualitas. Zum Verhältnis von Einheit und Verschiedenheit in der Dreieinigkeitslehre des heiligen Bonaventura, Frankfurt a. M. 1996, 107.

34) 1Sent d 28, a unic, q 3 ad 2.

35) Vgl. Bieler, Freiheit als Gabe, 204-208.

36) Wie umfassend die Darstellung des trinitarischen Schöpfungshandelns Gottes im Gesamtwerk Bonaventuras vorliegt, hat Alexander Gerken gezeigt: Theologie des Wortes. Das Verhältnis von Schöpfung und Inkarnation bei Bonaventura, Düsseldorf 1963.

37) Dass sich die Linie im Gebrauch des Exitus-reditus-Gedankens vom Sentenzenkommentar bis zur Summa theologiae durchzieht, betont auch Torrell, Initiation à saint Thomas d'Aquin, 223-224. Vgl. ebd. 226 die aussagekräftigen Thomas-Texte zum Thema.

38) "Die Vernunft kann nicht die Wahrheit der Gehalte des Glaubens demonstrieren, sie ist jedoch unabdingbar, um diese zu verstehen": Rolf Schönberger, Thomas von Aquin. Zur Einführung, Hamburg 1998, 41.

39) Knowledge and Faith in Thomas Aquinas, Cambridge 1997.

40) Alvin Plantinga, Warranted Christian Belief, New York-Oxford 2000, 241 ff.

41) Vgl. dazu Reto Luzius Fetz, Ontologie der Innerlichkeit. Reditio completa und Processio interior bei Thomas von Aquin, Freiburg/CH 1975; Estanislao Arroyabe, Das reflektierende Subjekt, Frankfurt a. M. 1988; François-Xavier Putallaz, Le sens de la réflexion chez Thomas d'Aquin, Paris 1991. Eine kurze und gute Erläuterung der reditio completa bietet Albert Zimmermann, in: Thomas von Aquin, Von der Wahrheit/De veritate (Quaestio I), hrsg. von Albert Zimmermann, Hamburg 1986, XXX-XXXIII.

42) Max Seckler, Instinkt und Glaubenswille, Mainz 1961, 158.

43) Eberhard Schockenhoff, Bonum hominis. Die anthropologischen und theologischen Grundlagen der Tugendethik des Thomas von Aquin, Mainz 1987, 375.

44) Ebd. 365. Vgl. auch Plantinga, l.c., 303: "So which is primary in faith and regeneration: intellect or will? I say neither."

45) "Sic igitur circa res divinas ex rationis inquisitione rectum iudicium habere pertinet ad sapientiam, quae est virtus intellectualis: sed rectum iudicium habere de eis secundum quandam connaturalitatem ad ipsa pertinet ad sapientiam secundum quod donum est Spiritus Sancti: sicut Dionysius dicit, in 2 cap de Div. Nom., quod Hierotheus est perfectus in divinis non solum discens, sed et patiens divina. Huiusmodi autem compassio sive connaturalitas ad res divinas fit per caritatem, quae quidem unit nos Deo [...] Sic igitur sapientia quae est donum causam quidem habet in voluntate, scilicet caritatem: sed essentiam habet in intellectu ...": STh II-II,45,2 c. Vgl. zum Thema: Jorge Rivera, Konnaturales Erkennen und vorstellendes Denken, Freiburg-München 1967; Rafael-Tomas Caldera, Le jugement par inclination chez saint Thomas d'Aquin, Paris 1980.

46) "Ipse autem credere est actus intellectus assentientis veritati divinae ex imperio voluntatis a Deo motae per gratiam": STh II-II,2,9 c. "Intellectus enim assentit veritati fidei, non quasi convictus ratione, sed quasi imperatus a voluntate": STh I,111,1 ad 1.

47) Vgl. die glückliche Formulierung bei Pesch, Die Theologie der Rechtfertigung, 641: "Weil Gott sich unmittelbar in ewiger Liebe dem Menschen zuwendet, kann es [...] nicht ausbleiben, daß sich im Menschen bis in die Wesenswurzel hinab etwas verändert, so daß die gratia-qualitas nichts anderes meint als das machtvoll-wirkliche Ankommen der ewigen Liebe Gottes in der Wesensmitte des Menschen."

48) Fides est habitus mentis, qua inchoatur vita aeterna in nobis, faciens intellectum assentire non apparentibus": STh II-II,4,1 c.

49) Hans Urs von Balthasar, Herrlichkeit. Eine theologische Ästhetik, Bd. 1, Einsiedeln 1961, 154. Vgl. STh I-II,69,3 ad 1: "Et conformari Deo quadam filiatione adoptiva, pertinet ad donum sapientiae." Zu den Bedingungen einer "seinshafte[n] Angleichung an das Wesen Gottes" vgl. Martin Bieler, Befreiung der Freiheit. Zur Theologie der stellvertretenden Sühne, Freiburg i. Br. 1996, 387-407.

50) Ebd. 159.

51) "Ille qui credit habet sufficiens inductivum ad credendum: inducitur enim auctoritate divinae doctrinae miraculis confirmatae, et, quod plus est, interiori instinctu Dei invitantis. Unde non leviter credit": STh II-II,2,9 ad 3.

52) "Actus autem credentis non terminatur ad enuntiabile, sed ad rem": STh II-II,1,2 ad 2.

53) Holger Dörnemann, Freundschaft als Paradigma der Erlösung, Würzburg 1997, 176 ff. "Im Glauben [...] wird die Gottesfreundschaft konstituiert": Ebd. 178.

54) Vgl. 156, in: Maidl, L.: Desiderii interpres. Genese und Grundstruktur der Gebetstheologie des Thomas von Aquin. Paderborn: Schöningh 1994. 400 S. Kart. ¬ 39,00. ISBN 3-506-79438-8.

55) Vgl. dazu auch Hans Schaller, Das Bittgebet. Eine theologische Skizze, Einsiedeln 1979.

56) Lafont, l.c., 494.

57) "Si la théologie est bien cette réalité que nous venons de décrire [...] on comprend qu'il n'y ait eu pour lui aucune nécessité d'élaborer une spiritualité à côté de sa théologie": Jean-Pierre Torrell, Saint Thomas d'Aquin, maître spirituel. Initiation 2, Fribourg 1996, 22.

58) Gilbert Narcisse, Les raisons de Dieu. Argument de convenance et Esthétique théologique selon saint Thomas d'Aquin et Hans Urs von Balthasar, Fribourg 1997. Wichtig im Hinblick auf das Anliegen Anselms von Canterbury ist seine Zielsetzung: "Toute l'étude sur la convenance vise à déterminer la spécificité d'une nécessité vraiment théologique. Il en ressort donc le sens propre de la rationalité théologique": ebd. 297.

59) "Le salut accompli par la passion du Christ est présenté selon une certaine nécessité qui relève du meilleur moyen pour parvenir à une fin ...": Ebd. 330.

60) Vgl. Hans Urs von Balthasar, Glaubhaft ist nur Liebe, Einsiedeln 1963.

61) Vgl. STh II-II,45,2 c.

62) "Ex his autem principiis ita probatur aliquid apud fideles sicut etiam ex principiis naturaliter notis probatur aliquid apud omnes. Unde etiam theologia scientia est ...": STh II-II,1,5 ad 2 (Hervorhebung M. B.).

63) Thomas von Aquin, Super primam epistolam ad Corinthios lectura 1,3 (55); 3,3 (179). "There is indeed a knowledge of God per creaturas (that is, through suae sapientiae signa exteriora), but it is incapable of standing on its own; it can exist at all only insofar as it is integrated into the knowledge of God per seipsum": Bruce D. Marshall, Thomas Thomisms, and Truth, in: The Thomist 56, 1992, 514-515.

64) Ulrich, Homo abyssus, 333.

65) Balthasar, Herrlichkeit, Bd. 1, 137.

66) "Per cognitionem naturalem homo non convertitur in Deum inquantum est obiectum beatitudinis et iustificationis causa: unde talis cognitio non sufficit ad iustificationem": STh I-II,113,4 ad 2.

67) Vgl dazu: Bruce D. Marshall, Aquinas as Postliberal Theologian, in: The Thomist 53, 1989, 379 ff.

68) Seckler, Instinkt und Glaubenswille, 245. Vgl. auch Hoping, Weisheit als Wissen des Ursprungs, 345.

69) Ebd. 247. Vgl. dazu den wichtigen Text bei Balthasar, Herrlichkeit, Bd. 1, 160 f.!

70) "In den - nicht erst bei Thomas - angestellten Untersuchungen darüber, ob die Theologie eine Wissenschaft ist, wenn ja, in welchem Sinne, ist bereits allenthalben die Aristotelische Begrifflichkeit präsent": Schönberger, Thomas von Aquin, 37.

71) Vgl. z. B. Plantinga, Warranted Christian Belief.

72) Expositio super librum Boethii De trinitate 2,3 ad 5 (96).

73) Weisheit als Wissen des Ursprungs.

74) De potentia 7,2 ad 9. Wichtig ist die Klarstellung von Aertsen, Medieval Philosophy and the Transcendentals, 392: "Esse commune is not a logical concept but a metaphysical principle."

75) "Esse is both the root and the branch of St. Thomas's thought because in esse we find the root and branch of all reality, its breadth and its depth, its intension and its extension": Kenneth L. Schmitz, The Root and Branch of Thomas's Thought, 10, in: Gallagher, David M. [Ed.]: Thomas Aquinas and His Legacy. Washington: The Catholic University of America Press 1994. XVI, 230 S. gr.8 = Studies in Philosophy and the History of Philosophy, 28. Lw. £ 47,95. ISBN 0-8132-0790-8. - Vgl. zum Thema: Johannes. B. Lotz, Der Mensch im Sein, Freiburg-Basel-Wien 1967, 52-66; Fernando Inciarte, Forma formarum. Strukturmomente der thomistischen Seinslehre im Rückgriff auf Aristoteles, Freiburg-München 1970; M.-D. Philippe, Une philosophie de l'être est-elle encore possible? Faszikel III: Le problème de l'ens et de l'esse. Avicenne et Saint Thomas, Paris 1975; Josef Stallmach, Suche nach dem Einen. Gesammelte Abhandlungen zur Problemgeschichte der Metaphysik, Bonn 1982, 198-208.

76) Vgl. z. B. O'Rourke, Pseudo-Dionysius and the Metaphysics of Aquinas, 148-155; Aertsen, Medieval Philosophy and the Transcendentals, 387-395; Wippel, The Metaphysical Thought of Thomas Aquinas, 111 ff.; ders., Thomas Aquinas and Participation, in: Studies in Medieval Philosophy, ed. by John F. Wippel, Washington, D. C. 1987, 117-158.

77) Für eine erste Orientierung zu dieser Frage vgl. Wolfgang Kluxen, Thomas von Aquin: Das Seiende und seine Prinzipien, in: Grundprobleme der großen Philosophen. Philosophie des Altertums und des Mittelalters, hrsg. von Josef Speck, Göttingen 1972, 177-220.

78) Velde, Rudi A. te: Participation & Substantiality in Thomas Aquinas. Leiden-New York-Köln: Brill 1995. 290 S. gr.8 = Studien und Texte zur Geschichte des Mittelalters, XLVI. Lw. ¬ 111,00. ISBN 90-04-10381-3. - Vgl. Gustav Siewerth, Gesammelte Werke, Bd. 2: Der Thomismus als Identitätssystem, Düsseldorf 1979 (neubearbeitete 2. Aufl.); L.-B. Geiger, La participation dans la philosophie de S. Thomas d'Aquin, Paris 1942; Cornelio Fabro, Participation et causalité, Louvain-Paris 1961.

79) "Aber wie geschieht des näheren die Diremtion, d. h. der Bezug von Potenz und Akt, der Bezug von esse und essentia? Wie ist überhaupt die Differenz möglich? Anders gefragt: Wenn das Sein das Allumfassende ist (nicht nur begrifflich, sondern auch ontologisch als die perfectio omnium perfectionum), wie ist dann die Essenz aufzufassen, woher stammt sie? Bleibt sie nicht dem esse äußerlich, da sie es eben beschränken muß?": L. Bruno Puntel, Analogie und Geschichtlichkeit, Freiburg i. Br. 1969, 37. Puntels Arbeit ist auf weiten Strecken eine Thomas-Interpretation in malam partem, die insofern verdienstvoll ist, als sie Fragen aufwirft, die den Blick für ein besseres Verständnis der Schöpfung als Seinsmitteilung schärfen. Die von M. Heidegger und M. Müller herkommende Kritik Puntels, Thomas habe Subsistenz und die Differenz von esse und essentia als Differenz nicht zureichend bedacht (194 f.) und deshalb das Sein nicht als Ereignis deuten können (240), was mit einem Verfehlen der Geschichtlichkeit und des "Voll-Zug[s] des totalen Aktes des Menschen" (261), dem die "(inter-)personale Welt" entspricht (265), einhergehen muss, wird in den USA von John D. Caputo fortgeführt: Heidegger and Aquinas. An Essay on Overcoming Metaphysics, New York 1982.

80) Vgl. Boland, Vivian: Ideas in God According to Saint Thomas Aquinas. Sources and Synthesis. Leiden-New York-Köln: Brill 1996. XII, 353 S. gr.8 = Studies in the History of Christian Thought, 69. Lw. ¬ 135,00. ISBN 90-04-10392-9. - Boland hat in dieser reichhaltigen Studie gezeigt, dass der Gedanke göttlicher Ideen bei Thomas die Funktion hat, die Frage nach dem Verhältnis von Einheit und Vielheit im Kontext göttlichen Wissens zu klären (9). "The plurality of ideas in the divine mind is a plurality of objects of knowledge [ut intellectae ab ipso], not a plurality of principles of knowledge [(formae) faciens intellectum in actu], and so the divine simplicity is not threatened. God knows his essence perfectly, in every way in which it can be known, in itself and in whatever ways it may be imitated by participation by creatures [...] Every single creature [...] has a unique species because it participates in a particular way in a likeness of the divine essence. God knows his essence as thus imitable by this particular creature and so knows his essence as the proper ratio and idea of that creature. This is true for all creatures and so God knows the rationes proprias of many things which means plures ideae" (ebd. 212). Vgl. auch ebd. 231 zur Frage der "Possibilien" in Gott. Außerdem: James Ross, Aquinas's Exemplarism; Aquinas's Voluntarism, in: American Catholic Philosophical Quarterly 64, 1990, 171-198; ders., Response to Maurer and Dewan, in: American Catholic Philosophical Quarterly 65, 1991, 235-243.

81) Analogie und Geschichtlichkeit, 197.

82) Die Prinzipien des Seienden sind eher "concreata" als "creata": STh I,45,4 c. "Creatio non dicit constitutionem rei compositae ex principiis praeexistentibus: sed compositum sic dicitur creari, quod simul cum omnibus suis principiis in esse producitur": STh I,45,4 ad 2.

83) "Esse enim rei quamvis sit aliud ab eius essentia, non tamen est intelligendum quod sit aliquod superadditum ad modum accidentis, sed quasi constituitur per principia essentiae. Et ideo hoc nomen Ens quod imponitur ab ipso esse, significat idem cum nomine quod imponitur ab ipsa essentia": In duodecim libros Metaphysicorum Aristotelis exposititio 4,2 (558). "Et est actus entis resultans ex principiis rei": 3Sent 6,2,2 c. Zur Frage, wie sich dies zum Verhältnis von Form und Materie und der Möglichkeit der Evolution verhält, vgl. Bieler, Freiheit als Gabe, 299-317.

84) "Nihil autem potest addi ad esse quod sit extraneum ab ipso, cum ab eo nihil sit extraneum nisi nonens, quod non potest esse nec forma nec materia": De potentia 7,2 ad 9.

85) Als "divinum quoddam" (Summa contra gentiles III,97 [2725]) wird die Form zwar durch das esse commune vermittelt, ist aber nicht auf dieses allein rückführbar. Gerade die Nicht-Rückführbarkeit des Wesens auf das esse commune macht den Schritt zum esse subsistens notwendig. Vgl. Hans Urs von Balthasar, Herrlichkeit, Bd. III,1: Im Raum der Metaphysik, Einsiedeln 1965, 949 ff.

86) Homo abyssus, 72-74. Ebd. 147-150 nimmt Ulrich Stellung zum Partizipationsverständnis von Geiger und Fabro. Vgl. auch: Ferdinand Ulrich, Sein und Mitmensch, in: Salzburger Jahrbuch für Philosophie 19, 1974, 116-117: "Hervorgang des Wesens aus dem Sein und Voraussetzung des Wesens für das Sein in seiner Verendlichung dürfen nicht geschieden werden."

87) Die Seinsphilosophie des Thomas ist als Ganze sein bester "Gottesbeweis" und nicht so sehr die berühmten fünf Wege in der Summa theologia, die sich nicht auf diese Seinsphilosophie beziehen, wie bereits Etienne Gilson festgestellt hat: Le Thomisme, Paris 51986, 97. Vgl. zum Thema: Fernand Van Steenberghen, Le problème de l'existence de Dieu dans les écrits de saint Thomas d'Aquin, Louvain-la-neuve 1980. Eine eingehende Analyse der fünf Wege als der Versuch einer Antwort auf eine wissenschaftliche Frage bietet Christopher F. J. Martin: Martin, C. F. J.: Thomas Aquinas. God and Explanations. Edinburgh: Edinburgh University Press 1997. XX, 212 S. gr.8. Lw. £ 40,00. ISBN 0-7486-0901-6. - Grundsätzlich sind die fünf Wege eine "demonstratio causae per effectum" (ebd. 85-93).

88) Mit seinem "Anthropozentrismus" verlässt Thomas aber nicht die Ebene des Metaphysischen, wie Aertsen richtig betont: Medieval Philosophy and the Transcendentals, 259!

89) Damit korrigiert Aertsen Wolfang Kluxens einseitige Betonung der Autonomie der Moralphilosophie im Gegenüber zur Metaphysik: Ebd. 319. Vgl. Wolfgang Kluxen, Philosophische Ethik bei Thomas von Aquin, Hamburg 21980, 51 ff.

90) Wie von der thomanischen Transzendentalienlehre her ein Gespräch mit den Humanwissenschaften und außereuropäischen Traditionen geführt werden kann, zeigt Ferdinand Ulrich exemplarisch in seinem bemerkenswerten Buch "Leben in der Einheit von Leben und Tod. Schriften II" (Freiburg i. Br. 1999).

91) Vgl. Michael Theunissen, Der Andere. Studien zur Sozialontologie der Gegenwart, Berlin-New York 21981 (wichtige Vorrede zur 2. Auflage).