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Ausgabe:

September/2002

Spalte:

969 f

Kategorie:

Systematische Theologie: Ethik

Autor/Hrsg.:

Körtner, Ulrich H. J.

Titel/Untertitel:

Freiheit und Verantwortung. Studien zur Grundlegung theologischer Ethik.

Verlag:

Freiburg-Wien: Herder; Freiburg/Schweiz: Universitätsverlag 2001. 220 S. gr.8 = Studien zur theologischen Ethik, 90. Kart. ¬ 24,50. ISBN 3-7278-1322-9; ISBN 3-451-27576-7.

Rezensent:

Wolfgang Erich Müller

Unter dem das Charakteristikum zeitgenössischer evangelischer Ethik gut erfassenden Titel "Freiheit und Verantwortung" hat der Wiener Systematiker Ulrich H. J. Körtner einen Aufsatzband mit 14 Beiträgen veröffentlicht, von denen bereits neun an anderen Orten publiziert worden sind. Diese Aufsätze umfassen die Bereiche von Freiheit (eines Christenmenschen), rücken die Positionen von Niklas Luhmann, Albert Schweitzer oder Oswald Spengler in den Mittelpunkt des Interesses, untersuchen die Aufarbeitung gegenwärtiger Konflikte in theologischer Reflexion oder widmen sich anthropologischen Fragen, wie denen der potentiellen Christlichkeit der Menschenrechte, der Bedeutung theologischer Anthropologie im Gespräch mit medizinischer Ethik, der christlichen Deutung des Leidens oder der Reflexion der Angst vor dem ganz Anderen. Die fünf bislang unveröffentlichten Beiträge fragen nach dem gegenwärtigen Verhältnis von Dogmatik und Ethik, nach der heutigen Bedeutung reformatorischer Theologie, der Relevanz des Dekalogs für eine theologische Ethik, sie bestimmen das Verhältnis von Schöpfungsglauben und Verantwortungsethik und untersuchen schließlich an dem Verhältnis von Krieg und Offenbarung die Möglichkeit einer Theologie der Geschichte.

Diese 14 Studien decken ein breites Spektrum ab, und zeichnen sich durch ihre präzise Problemerfassung ebenso aus, wie sie dem Leser die theologische Auffassung des Autors exakt vermitteln. Als Beispiel dafür möchte ich im Folgenden kurz auf den wichtigen und bislang unveröffentlichten Beitrag "Ethische Theologie oder theologische Ethik" hinweisen, in dem K. die Relation von Dogmatik und Ethik grundlegend bestimmt. Dem Modell einer ethischen Theologie, wie er es durch Trutz Rendtorff, Herbert Braun oder Fritz Buri vertreten sieht, gilt Gott "nicht länger als Bezeichnung einer besonderen Entität oder Substanz, sondern als Prädikat einer besonderen Weise der Mitmenschlichkeit" (35). Der Mensch impliziert Gott also in seiner Mitmenschlichkeit. Hier ist nach K. von Gott nur in der "Selbstbezüglichkeit des gläubigen Subjekts" (36) die Rede, während die eigentlich christliche Gotteserfahrung ausgeblendet bleibe, dass dem Menschen Liebe widerfahre. Gerade von 1Joh. 4, 19 aus sei die Liebe Gottes die Konstitutionsbedingung menschlicher Liebe - und Mitmenschlichkeit deren Konsequenz. Aus diesen Überlegungen folgt die Unmöglichkeit einer Transformation von Dogmatik in eine ethische Theologie, da es der Dogmatik - gerade um der Ethik willen - unverzichtbar zukommt, den Satz von der Existenz Gottes zu explizieren. Damit ist beispielhaft die Besonderheit einer theologischen Ethik bei K. dargelegt. - Abschließend bleibt, auf das Fehlen mindestens eines Namensregisters bedauernd hinzuweisen.