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Ausgabe:

September/2002

Spalte:

945 f

Kategorie:

Kirchengeschichte: Neuzeit

Titel/Untertitel:

Zeitschrift für Bayerische Kirchengeschichte. 69. Jahrgang 2000: Endzeiten - Wendezeiten? Chiliasmus in Kirche und Theologie. Viertes Symposium der deutschen Territorialkirchengeschichtsvereine Rothenburg o. d. Tauber 25. bis 27. Juli 1999.

Verlag:

Nürnberg: Verein für Bayerische Kirchengeschichte 2000. X, 370 S. m. Abb. gr.8 = Studien zur deutschen Landeskirchengeschichte, 4.

Rezensent:

Franz Graf-Stuhlhofer

Die Vorträge des Endzeiten-Symposiums wurden als Teil eines Jahrgangs der ZBKG (und gleichzeitig als Band der SDLK) veröffentlicht. Meine Buchbesprechung beschränkt sich auf diese sechs Vorträge (1-96), geht also auf die übrigen, außerhalb des Themas liegenden Aufsätze sowie auf die zahlreichen Rezensionen dieses Zeitschriftenbandes nicht ein.

Zwei der sechs Vorträge befassen sich mit der gesamten Kirchengeschichte, während die anderen zeitlich oder personell eingeschränkt sind - diese befassen sich mit: Literaturbelegen bei Spener zur Unterstützung seiner Pia desideria von 1675, Oetingers Zukunftserwartung (um 1760), Heinrich Gebhards 1622-24 pseudonym erschienenen Büchern zu Chronologie und Apk, dem jährlichen "Bericht über den Zustand der evang. luth. Landeskirche im Kgr. Sachsen" (1875-1910), der uns jeweils am Beginn Informationen über die anderen Religionsgemeinschaften gibt, wodurch wir ein Bild von den Anfängen verschiedener, z. T. eschatologisch ausgerichteter Gruppen in Sachsen erhalten (1870 war das Dissidentengesetz für Sachsen erlassen worden), insb. der Neuapostolischen.

Ein Gesamtüberblick über die Auswirkungen der Johannes-Apokalypse in der Kirchengeschichte wird von Otto Böcher versucht. Nachdem dieses letzte neutestamentliche Buch im Altertum zeit- und regionsweise umstritten war, gewann es an Bedeutung: "Bis weit ins 18. Jh. hinein war die Joh.-Apk. das beliebteste und am meisten illustrierte Buch der Bibel" (1). Erst danach kommt es zur Übertragung des Begriffs "Apokalypse" auf ähnliche Schriften. Böcher meint, dass "alle Auswirkungen" der Apokalypse auf die Geschichte auf der Absicht beruhen, den von Johannes prophezeiten Geschichtsablauf zu beschleunigen (8). Das ist zu stark verallgemeinert, denn auch derjenige, dem das Ende für ein bestimmtes Jahr festgelegt erscheint, kann Auswirkungen zeigen (indem er z. B. auf Zukunftsvorsorge verzichtet). Bemerkenswert ist das Fortwirken des chiliastischen Hoffens (zuerst Endkampf, dann Paradies) auch in nichtchristlichen revolutionären Ideologien wie Sowjetkommunismus oder Nationalsozialismus (18).

Raymond Dittrich behandelt die Eschatologie in der Musikgeschichte (70-96) als einen dort - verglichen mit Passion und Weihnacht - weniger bedeutsamen Aspekt. Im Mittelalter wurden - fassbar seit etwa 1100 - zwei Motive verarbeitet: Weltgericht (Mt 25) sowie Antichrist (Apk 20). Für die Neuzeit werden Oratorium (z. B. Franz Schmidt), instrumentale Apokalypse (z. B. Jean Langlais) und modernes eschatologisches Bühnenwerk (Carl Orff) beschrieben (der Anhang bringt eine Werkliste).