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Ausgabe:

September/2002

Spalte:

936 f

Kategorie:

Kirchengeschichte: Neuzeit

Autor/Hrsg.:

Kauffmann, Christopher J.

Titel/Untertitel:

Patriotism and Fraternalism in the Knights of Columbus. A History of the Fourth Degree.

Verlag:

New York: The Crossroad Publ. Company 2001. XIX, 174 S. gr.8 = A Herder & Herder Book. Geb. US$ 19,95. ISBN 0-8245-1885-3.

Rezensent:

Hans-Jürgen Prien

Der Vf. lehrt als Kirchenhistoriker an der Katholischen Universität Amerikas in Washington und ist durch eine Reihe von Studien über den US-Katholizismus im 19. und 20. Jh. hervorgetreten. Die vorliegende Arbeit zur Religions- und Kulturgeschichte der USA im 20. Jh. stützt sich auf umfangreiche Archivstudien und Sekundärliteratur und nicht zuletzt auf seine eigene Studie von 1982 Faith and Fraternalism: The History of the Knights of Columbus.

Die 1882 gegründeten Kolumbusritter finden in den einschlägigen Handbüchern kaum Beachtung. Der Bezug auf Kolumbus soll an den katholischen Beitrag zur Entwicklung Amerikas gemahnen, der von starken Strömungen im US-Protestantismus, die die US-amerikanische Identität rein protestantisch bestimmten und den Patriotismus des wachsenden katholischen Bevölkerungsanteils in Frage stellten, verkannt wurde, so dass der Antikatholizismus noch 1910 eine Neuauflage erleben sollte.

Bis 1905 hatten die Kolumbusritter sich in allen US-Bundesstaaten etabliert. Am Kolumbustag und am Geburtstag von George Washington, also den Hauptfesttagen der Civil Religion, treten die Kolumbusritter öffentlich in Erscheinung. Die Kolumbusritter des 4. Grades sind 1892 zum 400. Jahrestag der "Entdeckung" Amerikas als uniformierte patriotische Gesellschaft erstmals stärker in der Öffentlichkeit sichtbar gewesen, als 6000 von ihnen an einer Parade in New Haven teilnahmen. Sie wollten damit der Öffentlichkeit zeigen, dass sie stolz sind, katholische Bürger zu sein, dass sie zu "unserem" Land gehören und nicht wie Josia Strong in "Our country: Its Progress and its Crisis" meinte, Symbol seiner Krise seien. So wie Kolumbus seinen Vornamen Christoph verstand, wollen Sie Christus-Träger sein. Sie sind stolz auf den Beitrag, den Katholiken in der Geschichte ganz Amerikas geleistet haben. Sie entstanden als direktes Gegenstück zur American Protective Association, die seit der Gründung der Katholischen Universität 1889 und der Ernennung Erzbischof Francesco Satollis zum apostolischen Delegaten 1893 verstärkt gegen die Katholiken agitierte, ihnen die bürgerliche Loyalität zum Staat absprach und generell gegen die Katholische Kirche polemisierte.

Dem Orden geht es allgemein um die Förderung von Wahrheit, Gerechtigkeit und Wohltätigkeit, des Staatswohls und des Gedeihens der Kirche. Er versteht sich als eine philanthropische Gesellschaft, die sich nicht in Parteipolitik einmischen will. Die Ritter bilden die Ehrenwache und Eskorte bei großen kirchlichen Ereignissen, etwa dem Missionskongress 1908 in Chicago. Der uniformierte Grad des Ordens zählte 1909 schon über 200 000 Mitglieder, worin der Vf. einen Ausdruck seiner Volkstümlichkeit sieht. Man kann hierin freilich auch einen Ausdruck von römisch-katholischem Triumphalismus sehen, der jedem ad oculos demonstrierte, dass man die inzwischen größte Kirche der USA nicht mehr ignorieren konnte. Jedenfalls bildete diese gewaltige Kirchentruppe ein willkommenes Ziel für die anti-katholische Presse, die hier den päpstlichen Imperialismus auf dem Vormarsch sah. Es bildete sich eine seltsame Mischung von nativistischer Fremdenfeindlichkeit, Antikatholizismus und Antisemitismus. Die von Wilbur Franklin Phelps herausgegebene Wochenzeitschrift The Menace schürte ständig die Emotionen gegen die "romanistische" Bedrohung von Gewerkschaften, Sozialreform, wahrem Patriotismus und Demokratie, während die große Mehrheit der protestantischen Presse kosmopolitisch ausgerichtet war und religiöse Intoleranz vermied.

The Menace behauptete, die Ritter kämpften gegen alle Ideale der revolutionären Väter der USA, der Verfassung und gegen die Trennung von Kirche und Staat. Als Beweis diente ihnen eine gefälschte Fassung des geheimen Eids (bogus oath) der Ritter. 1917 beim Kriegseintritt der USA war für die Kolumbusritter die Stunde gekommen, um ihren Patriotismus zu beweisen. Der oberste Ritter James Flatherty versicherte Präsident Wilson brieflich der absoluten Loyalität der inzwischen 400 000 Ritter zum Schutz der Ehre der Nation und ihrer Ideale von Menschlichkeit und Recht. Zur Abwehr der erneuerten nativistischen, anti-katholischen Kräfte nach dem Ersten Weltkrieg standen 1923 schon 800 000 Ritter bereit. Es galt den Katholizismus auch gegen den wieder auflebenden Ku-Klux-Klan (1920 mit 1 Million Mitgliedern) zu verteidigen, der sich trotz der Opposition vieler Pfarrer auch aus protestantischem Milieu rekrutierte und Dutzende von bundesstaatlichen Parlamenten beherrschte. Ein besonderes Ziel aller antikatholischen Kräfte war die Parochialschule. In Oregon brachte eine Allianz von Klan-Leuten und Freimaurern ein Gesetz zur zwangsweisen öffentlichen Schule durch.

Seit 1929 unterstützten die Ritter die Katholische Aktion, zu der Pius XI. aufgerufen hatte. Nachdem Franklin D. Roosevelt im Wahlkampf seine Enzyklika Quadrogesimo Anno zustimmend zitiert hatte, fand er die Untersützung vieler Katholiken und auch der Ritter, die seinen New Deal unterstützten. Am Ende des 20. Jh.s unterstützten die Ritter eine Kampagne gegen die Entweihung der Nationalflagge durch Gruppen, die sie als Symbol kapitalistischer Unterdrückung und US-Ausbeutung globaler Märkte betrachten. Sie vertreten weiterhin den Idealismus der "Nation unter Gott", die sich auf die ihr vom Schöpfer verliehenen Rechte stützt.

Das Buch verhilft zum besseren Verständnis der US-Gesellschaftsgeschichte und zur Zivilreligion, der gegenüber der Vf. weitgehend unkritisch ist, wohl weil er stolz darauf ist, dass die Katholiken es geschafft haben, sich nach einer langen Zeit der Marginalisierung in der Mitte der Gesellschaft zu verorten.