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Ausgabe:

Juli/August/2002

Spalte:

788–793

Kategorie:

Philosophie, Religionsphilosophie

Autor/Hrsg.:

Hübner, Kurt

Titel/Untertitel:

Glaube und Denken. Dimensionen der Wirklichkeit.

Verlag:

Tübingen: Mohr Siebeck 2001. XVI, 625 S. gr.8. Lw. ¬ 74,00. ISBN 3-16-147521-6.

Rezensent:

Jörg Dierken

Der Philosoph Kurt Hübner hat sich eines bedeutsamen, aber unzeitgemäßen Themas angenommen. Er schreibt gegen die gängige Meinung, dass "Glaube und Denken" nicht mehr zu den vornehmsten Themen von Philosophie und Theologie gehören. Dies betrifft nicht nur Harmonisierungsversuche im Zeichen gemeinsamer Ausgriffe auf Grundfragen des Lebens. Sondern auch über die Konflikte zwischen Glaube und Denken, die aus gegensätzlichen Rationalitätsformen resultieren, scheinen die Akten geschlossen zu sein. Der Glaube gilt als Relikt vergangener Zeiten, weniger indes als ernsthaftes Thema gegenwärtigen Denkens. Doch auch der Glaube, dessen christliche Gestalt immerhin als Denkglaube charakterisiert wurde (Ratschow), hat an gedanklicher Ausstrahlungskraft eingebüßt.

H. konfrontiert den "Logos der Offenbarung als Essen vom Baum des Lebens" (1-340) mit dem "Logos der Metaphysik als Essen vom Baum der Erkenntnis" (341-614). Diese Konfrontation wird mit den Mitteln des Denkens angegangen. Gleichwohl fällt sie für das Denken prekär aus. Denn schon in seinen ehrwürdigen metaphysischen Gestalten, vor allem aber in seinen skeptisch-szientifischen Schwundstufen muss es sich eine hybride Bemächtigung über das eigentlich allein Gott vorbehaltene Wissen um gut und böse, wahr und falsch vorwerfen lassen - eine Bemächtigung mithin, für die der Glaube das Prädikat des Sündhaften bereithalte. Dieser einheitliche Grundton prägt das Buch. Gleichwohl variiert es ihn durch ein breites Feld von Themen. Sein erster Teil beinhaltet nichts weniger als Grundzüge einer christlichen Religionsphilosophie, Dogmatik und Ethik mit ästhetischen, geschichts- und naturtheologischen Ausblicken. Der zweite Teil bietet eine Auseinandersetzung mit der europäischen Metaphysiktradition von der griechischen Antike bis zur Gegenwartsphilosophie. Während hier der philosophiehistorische Gang die Darstellung gliedert, fügt sich die Abfolge der Kapitel im ersten Teil nicht immer klassischen Schemata.

So wird schon das für den Gedankengang des gesamten Buches methodisch grundlegende Kapitel (1-24) dem dem "Logos der Offenbarung" gewidmeten Hauptteil eingeordnet. Tatsächlich bietet es jedoch eine "allgemeine Metatheorie" der Differenzierung von "Wissenschaft, Mythos und Religion" (1 ff.). Ausgehend von der zu einem "ontologischen Grundsatz" verdichteten Einsicht in den stets "aspektivische[n] Charakter" der "Wirklichkeit" wird die Kontingenz aller Ontologien als apriorischer Fundamente jeglicher Wirklichkeitssichten herausgestellt (6). Hieraus folge als "erstes [...] Toleranzprinzip" (5) ein Pluralismus gleichberechtigter Ontologien, mögen sie nun als metaphysische bzw. wissenschaftliche dem begriffsontologischen Schema von abstraktem Allgemeinbegriff und singulärer Tatsache folgen oder als mythische bzw. religiöse auf numinosen Erfahrungen beruhen, in denen sich Einzelnes und Allgemeines, Menschliches und Göttliches untrennbar verbinden. Ontologisch seien diese letzteren Wirklichkeitssichten aber nur insoweit, als sie sich für eine wissenschaftliche Außenbetrachtung in Begriffsontologien übersetzen lassen. Für ihre "objektsprachliche Innenbetrachtung" (7) freilich gelte solche Transformierbarkeit mitsamt dem darauf fußenden ontologischen Charakter keineswegs. Da nun der Grundsatz der Ontologienkontingenz seinerseits ontologisch sei, sei auch er kontingent - mit der Folge, dass die ihrem Selbstverständnis nach nichtontologischen Wirklichkeitssichten von Mythos und Religion ontologisch unwiderlegbar seien. Der Zugewinn dieses "zweite[n] Toleranzprinzip[s]" (7) gegenüber dem ersten der Ontologiengleichberechtigung besteht darin, nur das ontologische, also nach begrifflicher Erkenntnis strebende und an die Außenperspektive gebundene Denken der Ontologienrelativität zu unterstellen, das in seiner Binnensicht nichtontologische aber hiervon auszunehmen. Folglich könnten die skeptischen Einwände der Metaphysik und ihrer szientifischen Nachfolgegestalten den Mythos und die Religion nicht ernsthaft treffen. Mit dem Wechsel in die für sie selbst nichtontologische Binnenperspektive werden Mythos und religiöse Offenbarung vor ontologischer Relativierung gefeit. Deshalb stehe die für sie charakteristische "absolute Erfahrung" auch in "absolute[r] Geltung" (22; 9). "Wo das Wort mit absoluter Autorität im Menschen wirkt, ihn durchdringt und von göttlicher Substantialität erfüllt, [...] da verliert auch die quaestio juris, also die für die Metaphysik so entscheidende Frage nach Begründung und Rechtfertigung ihren Sinn ..." (22).

Die folgenden Kapitel (II-VI: 25-117) beinhalten einen kleinen dogmatischen Traktat aus philosophischer Feder, dessen Bogen von der Schöpfung über Sünde, Erlösung, Gnade bis zur Trinität und zum Gottesgericht gespannt ist. Neben knappen Auseinandersetzungen mit den wissenschaftsgläubigen Einsprüchen der Moderne umkreist H. v. a. das mythische Denken und seine religiöse Beanspruchung. Während der Mythos kosmische Gegensätze verschränke und Göttliches im Welthaften präsent mache - weshalb er ein unverzichtbares Darstellungsmittel der Religion sei -, kenne die Religion noch eine von mythischer Darstellung differente reine Transzendenz des Göttlichen. Zuordnung und Unterscheidung von Mythos und Religion gehen in H.s Deutung des Sündenfalls ein. Dieser beinhalte nicht nur die mythische Ursprungsgeschichte der Verschränktheit von Leben und Tod, sondern er habe auch eine frevlerische Distanzierung von Gott im erkennenden Ausgriff auf den 'Baum des Lebens' in die Welt gesetzt. Sünde ist "hybride Gottesferne" (67), für H. der Kern aller menschlichen Selbständigkeit gegenüber Gott. Die Erlösung bringe dann das mythische Opfer solcher Gottesferne, und Auferstehung bedeute schließlich das "Ende der Welt" als "von Gott getrennte[r] Schöpfung überhaupt" (88). Diese Aufhebung aller Differenz zu Gott werde endgültig im jeden Mythos transzendierenden Gottesgericht vollzogen. Doch vorweggenommen sei sie schon in der sakramentalen Gegenwart des göttlichen Geistes und der Teilhabe an der "mythischen Substantialität" des Leibes Christi (94).

Die weiteren Kapitel des ersten Teils (VII-XIII: 118-340) kreisen um christliche Existentialität, Ethik und Ästhetik. Ein weiterer metatheoretischer Grundsatz sieht jede Ontologie, insbesondere aber das nichtontologische Offenbarungsdenken mit existentiellen Befindlichkeiten verschränkt. Dessen existentielle Lebensgestimmtheit sei - mit Heidegger - Weltangst als Todesangst; die sich darin manifestierende Grund-Losigkeit sei aber - gegen Heidegger - nicht entschlossen zu übernehmen, sondern von der Transzendenz der "kognitiv faßbaren und erkennbaren Gegenstände" des Offenbarungsdenkens her zu begreifen, also von dem "Numinose[n] und [von] Gott" her (133). Das durch Erkenntnisperspektivität eingeführte Offenbarungsdenken lernt sich in der Innenperspektive "von Gott her" zu verstehen (133); es scheint so seinen Blickwinkel zu Gunsten Gottes ontologieüberhobener und übergeschichtlicher Superperspektive zu tauschen.

Weniger spektakulär fallen H.s Reflexionen zur Ethik aus; sie führen auf eine "Lebenshaltung", in der der Wille im "Umkreis des je geschichtlich Gegebenen" dem Liebesgebot folge (176). Zugespitzt hingegen sind die Darlegungen zum Freiheits- und Geschichtsbegriff. Freiheit könne allein die Freiheit von der Sünde meinen, gewährt durch die in ihrer letzten Herkunft und Gerechtigkeit unerforschliche Gnade der Erlösungstat; demgegenüber stehe die moderne Lehre von der in seiner eigenen Freiheit begründeten Würde des Menschen als solchen "in krassem Gegensatz zur christlichen Offenbarung" (269). H.s Geschichtsbegriff übersteigt die bloße Historie auf der Stufenfolge ihrer begrifflichen Bestandteile - Zufall und Schicksal - zur Heilsgeschichte hin; hierin werde mythisches Zyklen-Denken in die christliche Vorstellung einmalig-endgültiger Zeit aufgehoben. In den folgenden Überlegungen zum Naturbegriff wünschte man sich den im Geschichtskontext verhalten eingeführten Begriff der Deutung (vgl. 271) als Gegengewicht zu dem Kontrast von religiöser Naturästhetik und einer durch Aufklärung und Wissenschaft markierten Verfallslinie. Den Deutungsbegriff vermisst man auch in H.s weiträumigen ästhetischen Betrachtungen. Doch die mitunter überraschend in den Gedankengang eingeflochtenen Meditationen zu einzelnen Kunstwerken sollen die sachliche Nähe von Kunst und Mythos illustrieren. Vielfach herber Töne zur sündhaften Nichtigkeit des Menschen zum Trotz schließt der erste Teil des Buches mit einem Lob des Humors als christlichem Existential; hier verkörpert das Komische, zum Lachen Reizende eine entspanntere Form der Selbst- und Weltdistanz.

Der zweite Teil des Buches beschreibt die auf ganzer Linie scheiternde Geschichte der Metaphysik, deren allgemeine Seinslehre früh in philosophische Theologie eingemündet sei (XIV- XVII: 341-614). Als selbständiges Denken des Menschen wurzele die Metaphysik in einer "Wiederholung des Sündenfalls" (341). In der Fluchtlinie der dort begonnenen Entzauberung der Welt durch die Rationalität des um sich selbst besorgten Daseins liege schließlich das heutige wissenschaftlich-technische Zeitalter. Während aber Platon im sokratischen Thema des Wissens um das menschliche Nicht-Wissen noch die Unausweichlichkeit des Scheiterns von Metaphysik thematisiert habe, dokumentiere schon die theologiké epistéme des Aristoteles die "Selbstherrlichkeit" des metaphysischen Denkens (356). Dieser Grundzug habe in mannigfachen Variationen die weitere Antike (356-372), das Mittelalter (373-377) und unter zunehmenden Umformungen vor allem das mathematische, natursezierende und subjektzentrierte Denken der frühen Neuzeit (377-404) geprägt. "Gescheitert" sei auch Spinozas Versuch, "durch seine theologiké epistéme fundamentale Gegenstände [...] der christlichen Offenbarung in rationale Gewißheit zu verwandeln" (416).

Man wird H. hier zustimmen - sofern dies Spinozas Programm gewesen sein soll. In überraschend warmem Ton wird ausführlich Goethes Spinozismus dargestellt (418-449); sein naturphilosophischer Pantheismus komme ob seiner intellektuellen Anschauung einer "Form der visio Dei" nahe und sei ob der "Unmittelbarkeit" seiner poetischen Darstellung gar "eine Form der Offenbarung" (428). Goethes Dichtung wird als "Brücke" zum Glauben unter den Bedingungen der Moderne verstanden (448), so sehr auch die Distanz zu den christlichen Motiven der Sünde, Gnade und Erlösung notiert wird. Doch die Nähe seiner Poesie zum Mythischen habe ihn vor dem "Irrweg" bewahrt, das Christliche mit den "untauglichen" begrifflichen Mitteln des "Logos der Metaphysik" zu fassen (449). Dieser Irrweg habe seinen Gipfel im Deutschen Idealismus gefunden - dort vor allem im Denken Hegels.

Die Darstellung des Idealismus als zweiter, nur der griechischen Antike vergleichbarer Höhepunkt beschließt H.s umfangreiche Geschichte der Metaphysik, sofern sie "Wissenschaft von Gott" ist (XIV: 341-529). Während der zum Idealismus gezählte Leibniz mit seiner Unterscheidung von Tatsachen- von Vernunftwahrheiten noch der "strukturelle[n] Schwäche der Vernunft" ansichtig geworden sei (458), sei mit Kants Erfahrungslehre dem Ontologienpluralismus Abbruch getan, und mit der menschlichen Freiheit als begrifflichem Fundament von praktischer Philosophie und Religionstheorie sei nicht der Gottesglaube, sondern der "Quell der Sünde" (467) zum konstruktiven Grundstein erwählt. Bei Hegel gehe es um einen "Nachvollzug" des "sich selbst denkenden Denkens Gottes" (479), welches indes in eine dialektische Begriffsontologie eingefangen sei. Vor allem Letzteres dürfte H.s Distanz zu dem objektivistisch gelesenen Hegel evozieren, sucht doch gerade H.s Offenbarungsdenken sich von Gott her zu verstehen. Zeigten sich bei Hegel "Hybris" und "Gottesferne" der Metaphysik in höchster Klarheit, aber auch tragischem "Scheitern" (492), so sei zumindest der späte Schelling der Philosophie der Offenbarung der "absolute[n] Grenze" ansichtig geworden, die der Offenbarungslogos für den der Metaphysik bedeute (528).

Während unbeschadet aller Einzelkritik Goethe, Hegel und Schelling darin H.s Zustimmung finden, dass sie das "geistige Grundproblem des modernen Menschen" - wenn auch mit falschen Mitteln - erfasst hätten (529), sei die von Nietzsche, Sartre und Fichte repräsentierte "Metaphysik der Gottlosigkeit" (XV: 530-575) die radikalste Wiederholung des Sündenfalls, indem sich der Logos der Metaphysik endgültig gegen den der Offenbarung kehre. Implizite Selbstdämonisierung sei die Konsequenz. Bei Nietzsche werde sie darin sichtbar, dass seine "dem kultischen Weihelied auf Dionysos entnommene Sprache" zu einem Gegenmythos führe, der bei aller dichterischen Kraft nur ein Pseudo-Mythos bleibe, fehle es diesem bloß "erdacht[en]" Mythos doch daran, das Göttliche in seiner den Menschen "in die Knie zwingen[den]" "majestas" gesehen zu haben (557; 560). Und bei Sartre - und dem beiläufig behandelten Fichte - werde der Mensch sich selbst vollends zum Absoluten, freilich im Zustand nihilistischer Verzweifelung (vgl. 575).

Einen Nachklang zu H.s Auseinandersetzung mit diesem Höhepunkt antitheologischer Metaphysik bilden seine Darlegungen zum "Zerfall der Metaphysik in der Philosophie der Gegenwart" (XVI: 576-605). Sprach- und Handlungsphilosophie, Diskursethik, Postmoderne, logischer Positivismus und empiristische Wissenschaftstheorie werden knapper, aber heftiger Kritik unterzogen. Als deren "Ergebnis" hält H. fest, dass im wissenschaftlichen Zeitalter Mythos und Offenbarung allenfalls "praktisch, niemals aber theoretisch verdrängt werden konnten" (605). Das letzte Kapitel (XVI: 608-614) umkreist eine mögliche Einheit des heutigen Pluralismus gegensätzlicher Weltsichten in der "Ordnung der Offenbarung"; sie liegt für H. letztlich in deren Hamartiologie (606; vgl. 608). Abschließende Reflexionen bündeln den "schroffe[n] Gegensatz", den metaphysisch-wissenschaftliches Denken auch nach dem Verlust der philosophischen Theologie und das Denken von Mythos und Offenbarung bildeten (613). Er hat das letzte Wort - auch wenn H. schließlich auf ein vom Logos der Offenbarung gespeistes Denken verweist, das "die einzelnen Elemente des geistigen Lebens wie Scherben wieder in einen sie wechselseitig erhellenden, umfassenden und in seiner Erkenntnis beglückenden Zusammenhang bringt" (614).

Dieses Denken fände man gern entfaltet. Deshalb hinterlässt das Buch auch bei dem Leser einen zwiespältigen Eindruck, der sich seiner "Grundthese" nicht verschließen möchte, "daß derjenige, der in einer Welt des Mythos oder der Wissenschaft lebt, sich ohne Widerspruch zum Glauben bekennen kann" (504). Fraglich ist aber, ob die Hierarchisierung von Glauben, Mythos und Wissenschaft, nach der dem ersten ein "absolut höhere[r] Rang" gebührt (ebd.), dem Thema Glaube und Denken gerecht werden kann.

Vom Glauben her wird das philosophische Denken konsequent im Zeichen der Sünde identifiziert, und H.s Durchgang durch die Geschichte der abendländischen Metaphysik ist ganz auf den Klang von Hybris, Scheitern und Verfall gestimmt. Doch ist nicht auch der Glaube selbst ein Thema des Denkens, mithin auch des Denkens in dessen angestammter Begriffsform? Und wie ist es um einen Glauben bestellt, dem vom Medium des philosophischen Gedankens her nur Verluste drohen? Umgekehrt, was treibt einen Philosophen zu einer solch voluminösen Gedankenarbeit, wenn ihn das Thema des Glaubens nicht auch im Feld des philosophischen Denkens faszinierte? So sehr manche Interpretation zur Diskussion reizt, so sehr finden sich subtile und engagierte Reflexionen, insbesondere im Umkreis existentialer und ästhetischer Themen - bis hin zu Nietzsches Dichtung. Zu ihnen passt das hölzerne Resultat nicht recht. So dürfte wohl H.s starrer Glaubensbegriff der Wahrnehmung derjenigen Transzendierungsvorgänge im Wege stehen, die dem reflektierenden Denken immanent sind. Die zum religiösen Denken herausfordernden Ambivalenzen des bewussten Lebens in ihrer eigentümlichen Schwebelage zu beleuchten wird erschwert, wenn im Glauben "jedes Selbstsein" um der durch "Gnade" eröffneten Teilhabe am göttlichen Willen "erlischt" (534) - und wenn das Göttliche, wo es sich im Wort ausspricht, eine "absolute Erfahrung" provoziert, von der gilt, dass sie "nicht unter subjektiven Bedingungen stattfindet" (493). Der solcherart in substanzhafter Selbstgleichheit gefasste Offenbarungslogos steht in Spannung zum eingangs betonten Pluralismus aspektivischer Wirklichkeitssichten. Und er ist von den subjektiven Erkenntnisbedingungen geschieden, die mit H.s grundlegender Reflexion auf die perspektivische Brechung zwischen Außen- und Innensicht verbunden sind. Mit der hamartiologisch gebannten Freiheit verfällt schließlich alles Für-sich menschlicher Subjektivität der Kritik. Es wird jedoch im Gedanken der Perspektivität beansprucht. Hiernach ist der standpunktrelative Blickwinkel dafür entscheidend, als was etwas für mich oder für einen anderen erscheint. Deshalb möchte man fragen, ob H. tatsächlich alle Perspektivität aus der perspektivischen Innensicht des Glaubens tilgen will. Denn dass der Glaube ohne Perspektive sein soll: Kann das die Intention eines Denkens sein, welches sich ganz dem Glauben verschreibt?