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Ausgabe:

Juli/August/2002

Spalte:

772 f

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Brox, Norbert

Titel/Untertitel:

Das Frühchristentum. Schriften zur Historischen Theologie. Hrsg. von F. Dünzl, A. Fürst, F. R. Prostmeier.

Verlag:

Freiburg-Basel-Wien: Herder 2000. 443 S. gr.8. Geb. ¬ 44,00. ISBN 3-451-26279-7.

Rezensent:

Christfried Böttrich

Die Arbeiten von Norbert Brox zur Literatur und Geschichte des frühen Christentums bedürfen keiner inhaltlichen Vorstellung. Seit Jahren sind sie auf jenem Forschungsgebiet präsent, das die Übergänge von den neutestamentlichen Zeugen hin zur Theologie der Alten Kirche bearbeitet. Neutestamentliche Wissenschaft und Kirchengeschichte haben davon gleichermaßen profitiert - im Blick auf innovative Detailstudien ebenso wie im Blick auf umfassende Gesamtdarstellungen. Die Kommentare des Autors zum "Ersten Petrusbrief" (41993) oder zu den "Pastoralbriefen" (51989) sowie die "Kirchengeschichte des Altertums" (61998) etwa sind längst zu Standardwerken geworden, die Übersetzungen in andere Sprachen erfahren haben. Aus diesem breiten Spektrum bietet die vorliegende Aufsatzsammlung eine repräsentative Auswahl, die nun einen bequemen Zugang zu bekannten und dennoch nicht immer leicht erreichbaren Arbeiten gestattet.

Das Vorwort haben die Herausgeber dem Autor selbst überlassen, der darin mit Bezug auf einen Text F. Dürrenmatts die Spannung zwischen der "Memoria Jesu" und "Denkmälern der Ideologie" programmatisch voranstellt. Insgesamt 20 Beiträge gliedern sich sodann in drei große Blöcke. Der erste Teil Zur Hermeneutik der Historischen Theologie führt mit drei Arbeiten in grundsätzliche methodologische Probleme ein: 1. "Kirchengeschichte als Historische Theologie", 2. "Fragen zur Denkform der Kirchengeschichtswissenschaft" und 3. "Kirchengeschichte und (Sprach-)Handlungstheorie". Ein zweiter Teil Zur altkirchlichen Amts- und Verfassungsgeschichte stellt fünf Arbeiten zu strukturellen Entwicklungen der ersten beiden Jahrhunderte zusammen: 1. "Amt, Kirche und Theologie in der nachapostolischen Epoche. Die Pastoralbriefe", 2. "Altkirchliche Formen des Anspruchs auf apostolische Kirchenverfassung", 3. "Tendenzen und Parteilichkeiten im Osterfeststreit des zweiten Jahrhunderts", 4. "Rom und jede Kirche im 2. Jahrhundert. Zu Irenäus, adv. haer. III 3,2" und 5. "Probleme einer Frühdatierung des römischen Primats". Der dritte und umfänglichste Teil versammelt schließlich 12 Arbeiten Zur frühchristlichen Theologiegeschichte: 1. "Tendenz und Pseudepigraphie im ersten Petrusbrief", 2. "Situation und Sprache der Minderheit im ersten Petrusbrief", 3. "Die biblische Hermeneutik des Irenäus", 4. "Selbst und Selbstentfremdung in der Gnosis. Heilsaussicht durch Erkenntnis. Die Religion Gnosis", 5. "Zur Berufung auf Väter des Glaubens", 6. "Hugo Rahner - ein christlicher Humanismus", 7. "Der einfache Glaube und die Theologie. Zur altkirchlichen Geschichte eines Dauerproblems", 8. "Zur christlichen Mission in der Spätantike", 9. "Pascha und Passion. Eine neugefundene Exegese des Origenes (De Pascha 12,22-16,4)", 10. "Mehr als Gerechtigkeit. Die außenseiterischen Eschatologien des Markion und Origenes", 11. "Spiritualität und Orthodoxie. Zum Konflikt des Origenes mit der Geschichte des Dogmas", 12. "Gott - mit und ohne Artikel. Origenes über Joh 1,1". Ein vollständiges Schriftenverzeichnis, das nach Themen geordnet ist (15 Themengruppen, gefolgt von einer Auflistung der Lexikonartikel und Herausgeberschaften), führt noch einmal die ganze Breite des Arbeitsgebietes von B. eindrucksvoll vor Augen.

Durchgängig ist es die Frage nach Anfängen, nach der Zuordnung von Ereignissen gemäß den Kategorien "früh" oder "spät" bzw. nach den ursprünglichen Kontexten von später bedeutsam gewordenen Aussagen, die sich in den vorliegenden Beiträgen niederschlägt. Entstanden in dem Zeitraum von 1969 bis 1998, haben sie an Aktualität nichts verloren. In ihrer Eigenheit, scheinbar längst erschöpfte Texte oder Themen noch einmal in das Licht eines neuen Ansatzes zu rücken, haben sie im Gespräch um die Fragen der urchristlichen Ämterentwicklung, des literarischen Mittels der Pseudepigraphie, der Bedeutung der römischen Kirche oder der Anfänge eines christlichen Pluralismus weithin beachtete, prägnante Positionen markiert. Den Herausgebern gebührt für die Zusammenstellung dieses Bandes Dank!