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Ausgabe:

Juli/August/2002

Spalte:

729 f

Kategorie:

Religionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Dormeyer, Detlev, Mölle, Herbert, u. Thomas Ruster [Hrsg.]

Titel/Untertitel:

Lebensgeschichte und Religion.

Verlag:

Münster: LIT 2000. VI, 309 S. gr.8 = Religion und Biographie, 1. Kart. ¬ 20,90. ISBN 3-8258-4226-6.

Rezensent:

Wilhelm Gräb

Der Band stellt eine Sammlung von Aufsätzen dar, die Lehrende der Evangelischen und Katholischen Theologie ihren aus dem aktiven akademischen Dienst scheidenden Kollegen Wolfgang Esser und Roland Kollmann gewidmet haben. Die Hgg. haben den Sammelband unter das Thema "Lebensgeschichte und Religion" gestellt, das in den vergangenen Jahren zu Recht vielfache und gründliche Behandlung gefunden hat. Außerdem hat diese Thematik wohl auch an den Arbeiten von Wolfgang Esser und Roland Kollmann gewissen Anhalt.

Das belegen im vorliegenden Band zumindest die beiden ersten Texte, mit denen den in den Ruhestand wechselnden Dortmunder Kollegen noch einmal Gelegenheit gegeben wurde, ihre Position, ihre theologische und religionspädagogische Vorgehensweise, darzustellen. Wolfgang Esser liefert einen schönen Beitrag über "Religiöse Selbsterneuerung in den Lebensgeschichten der Volksmärchen" (7-22). Er legt die Märchen als religiös tiefgründige Symbolgeschichten aus, die zur "religiösen Selbsterneuerung" ihrer Leser und Zuhörer beitragen bzw. führen können. Es ist der beste Beitrag im ganzen Band, obwohl sich auch in ihm keine gründliche theologische Rechenschaftsgabe hinsichtlich des spezifischen Verhältnisses von "Lebensgeschichte und Religion" findet.

Der ebenfalls das Ganze einleitende Beitrag von Roland Kollmann geht auf neuere entwicklungspsychologische Theorien über den Einfluß religiöser Prägungen auf die individuelle Lebensgeschichte ein und versucht "entwicklungsfördernde und entwicklungshemmende Aspekte von Religion" zu unterscheiden (23-55), ohne dabei allerdings zu der notwendigen begrifflichen und kriteriologischen Klarheit durchzudringen. Recht interessant ist, wenn auch im theoretischen Anspruch überzogen, dann noch der Beitrag von Friedhelm Munzel über "Bibliotherapie als Lebenslektüre" (56-70).

Alle übrigen Beiträge des Bandes finden sich in demselben vermutlich allein auf Grund der Tatsache vor, dass die Autoren, mit Ausnahme von Rudolf Englert, Essen, zum Kreis der Dortmunder Kollegen und Mitarbeiter von Esser und Kollmann gehören. Ein Autorenverzeichnis ist dem Band leider nicht beigegeben, was angesichts der in ihm versammelten Autoren und Autorinnen mehr als angebracht gewesen wäre.

Nur mühsam wird, wenn überhaupt, in den Beiträgen ein Bezug zum Thema des Bandes hergestellt. Wer an Fragen der Konstruktion und der Kritik des Zusammenhangs von "Lebensgeschichte und Religion" interessiert ist, wird sich hier kaum über Einsichten hinausgeführt finden, wie sie beispielsweise bereits in dem einschlägigen Studienbuch von Friedrich Schweitzer (Lebensgeschichte und Religion. Religiöse Entwicklung und Erziehung im Kindes- und Jugendalter, München 1987) zusammengefasst sind.

Was die Buchtechnik betrifft, so lässt der Band die nötige Sorgfalt vermissen. Die Texte sind recht laienhaft formatiert und in formaler Hinsicht, was die Anmerkungen usw. anbelangt, nicht vereinheitlicht. Es wäre - von der Form wie vom Inhalt her gesehen - wohl besser gewesen, die Herausgeber hätten ihren scheidenden Kollegen einen mit dem hauseigenen Kopierer erstellten Gruß zukommen lassen, statt mit heißer Nadel diese Publikation zu stricken. Von ihr muss leider gesagt werden, dass sie kaum als Würdigung der wissenschaftlichen Arbeit der scheidenden Kollegen, noch als eine dem Thema angemessene Eröffnung einer neuen Publikationsreihe zu "Religion und Biographie" gelten kann.