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Ausgabe:

Juni/2002

Spalte:

661 f

Kategorie:

Christliche Kunst und Literatur

Autor/Hrsg.:

Boespflug, François

Titel/Untertitel:

1) La Trinité dans l'art d'Occident (1400- 1460). Sept chefs-d'uvre de la Peinture.

2) Trinität. Dreifaltigkeitsbilder im späten Mittelalter. Aus dem Franz. übers. von W. M. Stock.

Verlag:

1) Strasbourg: Presses Universitaires 2000. 216 S. mit 8 farb. u. 44 schw.-weiße Abb. 8 = Sciences de l'Histoire. ¬ 15,24. ISBN 2-86820-156-3.

2) Paderborn-München-Wien-Zürich: Schöningh 2001. 220 S. m. 8 farb. u. 27 schw.-weiß Abb. gr.8 = ikon. Bild und Theologie. Kart. ¬ 35,80. ISBN 3-506-73785-6.

Rezensent:

Hans Georg Thümmel

B. publiziert eine Vorlesungsreihe, in der sieben Werke der Malerei besprochen werden. Er ist für das Thema bestens gerüstet und schöpft aus dem Vollen, handelte doch bereits seine Dissertation über die Trinitätsdarstellung (Dieu dans l'art, 1984). B. liefert ausführliche und exakte Bildbeschreibungen mit Verweis auf ein reiches Vergleichsmaterial, bemüht sich, die Frage nach Künstler und Auftraggeber zu beantworten, den Sinngehalt des Werkes zu erheben, in den ikonologischen Kontext einzuordnen und die Funktion des Bildes zu bestimmen. Immer wieder wird auf die devotio moderna Bezug genommen.

Die Einleitung bietet eine Übersicht über die theologische Entwicklung der Trinitätslehre und über Darstellungen der Trinität bes. im Mittelalter. Die besprochenen "theologisch kühnen" (197, dt. Ausgabe 200: "theologischer Wagemut") Darstellungen gehören zu den Typen Synthronos oder Gottvater mit Kruzifixus oder mit Schmerzensmann, wozu jeweils die Geisttaube kommt. Gern wird diese so dargestellt, dass sie mit den Flügelspitzen den Mund von Vater und Sohn berührt, was doch wohl zum Ausdruck bringt, dass der Geist von beiden ausgeht. Oder aber die Trinität wird triandrisch wiedergegeben, d. h. durch drei männliche Gestalten, die entweder völlig gleich oder nach Alter oder Attribut differenziert sind. B. hat meist Werke ausgewählt, die darüber hinaus ikonographische Besonderheiten aufweisen.

Die vorgestellten Werke entstammen einem begrenzten Zeitraum und haben alle teil an den bildnerischen Problemen der 1. Hälfte des 15. Jh.s. In einer neuen Phase der Wiedergabe sichtbarer Wirklichkeit werden im Vordringen von Genremotiven Materialien spezifisch wiedergegeben, ebenso andere realistische Details, ohne dass alles (etwa Körperhaltungen) einsichtig wäre, perspektivische Elemente, ohne dass schon alles durchkonstruiert wäre, Licht-Schatten-Wirkungen, ohne dass es eine einheitliche Lichtquelle gäbe, etc. - Andererseits sind die Tendenzen des 14. Jh.s fortgesetzt, das Dogma in ahistorischen Kompositionen (wie dem Schmerzensmann) zu versinnlichen. Die Unzuträglichkeiten, die sich aus der naturalistischen Darstellung von etwas ergeben, das eigentlich nur symbolhaft bezeichnet werden kann (etwa zwei der Personen der Trinität), hat diese Zeit vielleicht doch noch nicht empfunden. Sie theologisch auszudeuten, heißt manchmal, zuviel erklären zu wollen. Die gotische Tendenz zur Sichtbarkeit und Versinnlichung rechnet natürlich mit Betrachtern, was am deutlichsten im Andachtsbild in Erscheinung tritt. Doch sollte dies nicht zu schnell katechetisch überinterpretiert werden. B. verweist darauf, dass das großformatige und inhaltlich sehr komplexe Bild des E. Quarton, Marienkrönung durch die Trinität, von 1454 für die abgeschlossene Grabkapelle von Innozenz VI. bestimmt war, wo es praktisch niemand sah (129, dt. Ausg. 132 f.). Weitere Beispiele aus anderem Kontext könnten angeschlossen werden.

Die deutsche Ausgabe bietet einige redaktionelle Anpassungen, kleine Änderungen, auch Kürzungen, nicht an der Substanz, aber bei der Zahl der erläuternden Abbildungen und den Indizes, wobei der Fortfall des ikonographischen Index zu bedauern ist.

T. 5 ist leider seitenverkehrt wiedergegeben, was die deutsche Ausgabe (T. 4) korrigiert.