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Ausgabe:

April/2002

Spalte:

421 f

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Titel/Untertitel:

Lutherjahrbuch. Organ der internationalen Lutherforschung im Auftrag der Luther-Gesellschaft. Hrsg. von Helmar Junghans. 67. Jahrgang 2000.

Verlag:

Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2000. 252 S. 8. Geb. ¬ 34,00. ISBN 3-525-87432-4.

Rezensent:

Ernst Koch

Der Jahrgang wird eröffnet mit vier Nachrufen auf Forscher, die für die Lutherforschung im 20. Jh. in jeweils ihrer Weise große Bedeutung gewonnen haben: Leif Grane (St. Kjellgaard-Pedersen), Lewis W. Spitz (Scott H. Hendrix), Vilmos Vajta (G. Posfay) und Ernest George Schwiebert (R. Kolb).

Veranlasst u. a. durch die "Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre" und die "Gemeinsame offizielle Feststellung" zu ihr vom 31.10.1999 befasst sich Eilert Herms mit dem Thema "Gewißheit in Martin Luthers ,De servo arbitrio'". Von der These ausgehend, dass in ihrem positiven Gehalt Luthers Theologie eine Theorie der Gnadengewissheit ist, kommt die Untersuchung zu dem Ergebnis, "daß der Gesamtzusammenhang der Hintergrundseinsichten von ,De servo arbitrio' sein organisierendes Zentrum in Luthers Gewißheitstheorie hat und daß deshalb die soteriologischen Einsichten des Reformators nur im Zusammenhang seiner ontologischen (kosmologischen und anthropologischen) und damit seiner fundamentaltheologischen Einsichten zu verstehen sind" (50).

Hans Kurig widmet dem seit der Übersetzung durch Johann Stoltz umstrittenen Sinn einer Passage im Brief Melanchthons an den kursächsischen Rat Christoph von Karlowitz vom 28.4. 1548 eine erneute Analyse, um Melanchthons Aussage über sich selbst und über Luther hinsichtlich ihrer verschiedenen Anlagen angemessener zu verstehen. Grammatische und rhetorische Beobachtungen führen zu dem Schluss, dass der kurfürstliche Hof Melanchthons Brief keineswegs als Unterwerfung verstehen konnte, sondern als Hinweis darauf deuten musste, froh sein zu können, "es mit ihm und nicht mit Luther zu tun zu haben" (60).

Noch vor seinem Tod hat Hans Düfel seine Darstellung der Geschichte der Luther-Gesellschaft (vgl. zuletzt LuJ 64, 1997, 47-86) bis zum Jahre 1948 fortsetzen können. Der Aufsatz (61-94), mit dem Jahr 1936 einsetzend, befasst sich mit einer Zeit, die in ihrer Deutung noch immer heiß umstritten ist, und möglicherweise wird auch die Rolle der Luther-Gesellschaft von anderen Autoren in mancher Hinsicht anders gedeutet werden als von Düfel. Sein Verdienst bleibt es, den historiographischen Zugang zu den Ereignissen in Aufarbeitung des Archivs der Luther-Gesellschaft eröffnet zu haben.

In einem umfangreichen 1. Teil eines kritischen Berichts über die Aktivitäten und Publikationen des Melanchthonjubiläums von 1997 (95-162) geht Helmar Junghans auf Quelleneditionen, Biographien, Ausstellungen, Reiseführer, Medaillen und Tagungen ein und stellt - gelegentlich kritisch weiterführend und zustimmend pointierend - Ergebnisse und Erträge der besprochenen Äußerungen zu Melanchthon vor (am Schluss des vorletzten Absatzes von 142 ist wohl statt "Lutherkritik" das "Lutherbild" bzw. die "Melanchthonkritik" des Matthäus Ratzeberger gemeint).

Rezensionsteil und Lutherbibliographie des Herausgabejahrs beschließen den Band.