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Ausgabe:

April/2002

Spalte:

395 f

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Hüneburg, Martin

Titel/Untertitel:

Jesus als Wundertäter in der Logienquelle. Ein Beitrag zur Christologie von Q.

Verlag:

Leipzig: Evang. Verlagsanstalt 2001. 287 S. gr.8 = Arbeiten zur Bibel und ihrer Geschichte, 4. Geb. ¬ 35,00. ISBN 3-374-01852-1.

Rezensent:

Migaku Sato

Dieses Buch stellt im Wesentlichen die Doktorarbeit des von dem jüngst verstorbenen Prof. W. Vogler betreuten Verfassers dar. Darin versucht der Vf., einen Beitrag zu einer bisher vernachlässigten Frage zu leisten, nämlich wie in der Logienquelle ("Q") der wunderwirkende irdische Jesus verstanden wurde. In der Q-Forschung ist es geradezu opinio communis, dass die Quelle - die vor allem eine Sammlung von Logien sein soll - kaum ein positives Interesse an den Wundern Jesu pflegt, sondern sie der entscheidenden Wortverkündigung Jesu subsumiert.

Der Vf. beobachtet jedoch, dass in der Quelle, besonders in ihrem "ersten Teil" (bis Q 11,36), die Gestalt Jesu als Wundertäter eine wesentliche Rolle spielt. Die von Jesus gewirkten Heilungswunder erscheinen dort als "Ereignisse des Reiches Gottes" (227) und sind somit der Inhalt der von Jesus verkündigten eschatologischen Basileia schlechthin. Um diese These zu beweisen, unterzieht der Vf. die folgenden drei Komplexe einer gründlichen Exegese: Q 3-7 ("die Taten des erchomenos"), Q 9,57-10,24 ("Wunder und Nachfolge") und Q 11,14-36 ("der Streit um den Wundertäter"). Dadurch wird festgestellt: Q weist keinerlei kritische Haltung gegenüber den Wundern auf (vgl. bes. Q 4,1-10); ganz im Gegenteil werden die Wunder Jesu als "Erfüllungsgeschehen" der alttestamentlichen Verheißungen (227) und als erfahrbare Heilsgegenwart der Basileia verstanden. Nur die Art und Weise der Darstellung ist anders als diejenige etwa im MkEv: "Die Vorstellung von Jesus als Wundertäter wird nicht durch die Kumulation von Erzählungen entfaltet, sondern gerade umgekehrt durch ihren exemplarischen Einsatz an kompositionell entscheidenden Stellen" (228). Dort wird auch immer wieder deutlich, dass "Jesus nicht nur im Auftrag Gottes" handelt, sondern "selbst an seiner Stelle agiert" (227). Dieser Vollmacht Jesu gegenüber wird die Ablehnung von seinen Wundern und Worten mit dem Widerstand gegen seine Person gleichgesetzt, welcher ein verhängnisvolles Gericht nach sich ziehen wird.

Es ist die Leistung des Vf.s, dass der bisher wenig beachtete Aspekt der Q-Christologie profilierter dargestellt worden ist. Bewundernswert ist auch die exegetische Sorgfalt in Einzelheiten unter Berücksichtigung aller wichtigen Literatur. Gerade deshalb ist es schade, dass der Vf. nur den "ersten Teil" der Quelle behandelt; sollte wirklich von der Bedeutsamkeit der Wunder in der Logienquelle die Rede sein, so müsste der "zweite Teil" der Quelle (Q 12-17 bzw. 19) unter dem gleichen Gesichtspunkt geprüft werden. Wäre die oben genannte These des Vf.s in diesem Teil nicht ohne weiteres durchzusetzen, so müssten die Gründe dafür explizit angeführt werden. Dass der Vf. bewusst den entstehungsgeschichtlichen Gesichtspunkt auslässt und den gegenwärtigen Q-Text lediglich "synchron", d. h., so wie er sich jetzt findet, behandelt, erscheint gerade in diesem Zusammenhang problematisch.

Dennoch stellt dieses solide exegetische Werk gewiss eine in der zukünftigen Q-Forschung nicht zu ignorierende Arbeit dar.

Will man den Standpunkt des Vf.s in einer noch kompakteren Form kennenlernen, so lese man einen seiner letzten Aufsätze: M. Hüneburg, Jesus als Wundertäter. Zu einem vernachlässigten Aspekt des Jesusbildes von Q, in: A. Lindemann [Hrsg.], The Sayings Source Q and the Historical Jesus (BEThL 158), Leuven 2001, 635-648.