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Ausgabe:

April/2002

Spalte:

394 f

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

1) Dahl, Nils Alstrup 2) Jeal, Roy R.

Titel/Untertitel:

1) Studies in Ephesians. Introduction Questions, Text- and Edition-Critical Issues, Interpretation of Texts and Themes. Eds.: D. Hellholm, V. Blomkvist, and T. Fornberg.

2) Integrating Theology and Ethics in Ephesians. The Ethos of Communication.

Verlag:

1) Tübingen: Mohr Siebeck 2000. XII, 548 S. m. 1 Porträt. 8 = Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament, 131. Geb. ¬ 99,00. ISBN 3-16-147197-0.

2) New York: Mellen Press 2000. XIV, 249 S. gr.8 = Studies in Bible and Early Christianity, 43. Geb. $ 89,95. ISBN 0-7734-7741-1.

Rezensent:

Petr Pokorny

Das Buch von N. A. Dahl enthält neuere und ältere Studien zum Epheserbrief. Von den schon veröffentlichten sind die meisten der Fachwelt schon gut bekannt, eine davon ("The Concept of Baptism in Ephesians") wird hier allerdings zum ersten Mal auf Englisch zugänglich gemacht. Sie betont besonders die Beziehung zwischen dem Konzept der Kirche (ekklesia), die im Epheserbrief im Unterschied zu den paulinischen Homologumena als eine weltweite Größe betrachtet wird, und der Taufe als dem die Einheit der Kirche demonstrierenden Initiationsritus.

Für die Besprechung sind vor allem die bisher unveröffentlichten Studien bedeutend, von denen die "Einleitungsfragen zum Epheserbrief" eine kleine Monographie repräsentiert (3- 105). Der Beitrag informiert verlässlich über die bisherige Forschung zum Epheserbrief und widmet der literarischen Analyse viel Raum mit dem Ergebnis, dass es sich um einen Text handelt, der rhetorisch am ehesten dem "demonstrativen" oder "epideiktischen" Typ der antiken Rhetorik zuzuordnen ist. Im Ganzen bestätigt er nach sachlicher Auswertung der Diskussion die vorherrschende Meinung: deuteropaulinisch, den Kolosserbrief voraussetzend, der Text ohne Ortsangabe in Eph 1,1 könnte ursprünglich sein, religionsgeschichtlich schwer einzuordnen, jedenfalls ist es wahrscheinlich, dass die präsentische Eschatologie des Epheserbriefes durch einen Anspruch auf Offenbarung höherer Weisheit in der geistigen Umwelt hervorgerufen worden ist. Im Unterschied zu Paulus wird das mosaische Gesetz abgelehnt ebenso wie die Spannung zwischen dem in Christus schon verwirklichten Heil und der Weltwirklichkeit. - Die anderen neueren Studien sind dem Thema "Ephesians and Qumran" gewidmet und ziehen einen sehr behutsamen Schluss, was die Möglichkeit direkter Beziehungen betrifft. "The 'Euthalian Apparatus' and the 'Affiliated Argumenta'" untersucht die Angaben zum Epheserbrief in einer Übersicht zu den Paulusbriefen, die in mehreren mittelalterlichen Minuskelhandschriften enthalten ist. Sie kann älter sein und indirekt die christologischen Kontroversen des 4. oder 5. Jh.s widerspiegeln. Eine Liste der Manuskripte und der Text der Angaben zum Epheserbrief sind als Anhang publiziert. Eine weitere Studie ist den Kleidungsmetaphern gewidmet, und der letzte Beitrag entfaltet literarische Untersuchungen: "The Letter to the Ephesians: Its Fictional and Real Setting". Die meisten anderen Studien hat D. neu bearbeitet und erweitert.

Der Band, der ein schönes Bild des 90-jährigen norwegischen Gelehrten und eine Ergänzungsbibliographie enthält, kann als Gipfel seiner ekklesiologischen Studien betrachtet werden, von denen die erste, "Das Volk Gottes", vor 60 Jahren (1941) erschien.

Anderer Art ist die Monographie von R. R. Jeal. Nach einer Übersicht zu den Motivationen der Ethik bei Paulus, wie sie die einzelnen Forscher formuliert haben, und nach einer kurzen Beschreibung der Stellung des Epheserbriefes im paulinischen Korpus wird ein großer Teil der Monographie der literarischen Untersuchung des Epheserbriefes gewidmet. Dabei knüpft J. an die literarische Theorie von G. A. Kennedy an.

Die Frage, die J. zu beantworten versucht, lautet: Wodurch ist die Ethik im Epheserbrief motiviert, wenn dort die Argumentation fehlt, die sonst rhetorisch direkt an die narratio anknüpft (65)? Was die Gattung des Epheserbriefes betrifft, definiert er sie ähnlich wie Dahl als epideiktisch (wenn er auch von dem deliberativen Typ spricht) - praktisch als sermo. Die vor allem emotionale Motivierung der ethischen Handlung ist in der Paränese (exhortatio) enthalten. Der Brief ist keine Abhandlung, sondern vor allem eine Aufforderung, die eine positive Reaktion der Leser voraussetzt und zur Einheit der Kirche beitragen soll. Der umfassendste Teil der Studie ist der Analyse der beiden Hauptteile des Briefes (exordium und narratio in 1,3-3,21 und Paränese in 4,1-6,20) gewidmet.

Das Ergebnis ist überzeugend, die Argumente sind klar und die nur nebenbei erwähnten Angaben zur Diachronie des Briefes (Verfasser, Entstehungszeit usw.) entsprechen dem Konsens der europäischen Forschung. Weniger überzeugend ist die Einzelanalyse der Texteinheiten, in der Wiederholungen vorkommen und die ein wenig langweilig wirkt, was bei konsequent synchroner Analyse der Makrotexte immer die Gefahr ist.