Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

Februar/2002

Spalte:

208–210

Kategorie:

Dogmen- und Theologiegeschichte

Autor/Hrsg.:

Peter, Rodolphe , Jean-François Gilmont

Titel/Untertitel:

Bibliotheca Calviniana. Les uvres de Jean Calvin publiées au XVIe siècle. II: Écrits théologiques, littéraires et juridiques 1555-1564. VI, S. 553-1165 m. Abb.; III: Écrits théologiques, litteraires et juridiques 1565-1600. 679 S. m. Abb.

Verlag:

Genève: Droz 1994/ 2000. gr.8 = Travaux d'Humanisme et Renaissance, 281 u. 339. ISBN 2-600-00013-5 u. 2-600-00427-0.

Rezensent:

Wilhelm H. Neuser

Der erste Band mit der Bibliographie 1532-1554 erschien bereits im Jahr 1991. Der Eindruck, den bereits dieser Band hinterließ, bestätigt sich: Das Werk verdient höchstes Lob; die Darstellung grenzt an Perfektion. Die Jahreszahl mit angehängter Numerierung, beginnend mit "55/1", macht die Bibliographie übersichtlich und leicht zu handhaben. Die Bilder der Titelseiten sind durchgehend von hoher Qualität. Der Inhalt jeder Schrift mit Seitenzählung wird geboten, auch Signatur, Schriftart und Buchformat. Die Liste der Bibliotheken, die das Werk besitzen, ist durchweg sehr lang. Die Bibliographien, die es nennen, werden alle genannt. Es folgt eine zumeist ausführliche Geschichte der Entstehung; die angeführten Zitate aus dem Briefwechsel werden allerdings alle französisch wiedergegeben. Zumindest der lateinische Originaltext wäre wünschenswert gewesen. Am Ende der einzelnen Artikel stehen Nachweise über neuere Nachdrucke. Einige Anmerkungen seien gemacht.

Gerne wüsste man von allen französischen Übersetzungen, ob sie von Calvin stammen, zum Beispiel bei der Antwort an Westphal (55/2). Sind sie (wie die Institutio) von Calvin selbst, dann müssen sie in die neue Ausgabe Calvini Opera Recognita aufgenommen werden. Briefliche Hinweise, Stil und gedanklicher Inhalt entscheiden über seine Autorenschaft, nicht die wörtliche Übersetzung aus dem Lateinischen. In den Ioannis Calvini opera omnia (COR) III/1 (Über die Prädestination) entschied sich der Editor der französischen Fassung für die Übersetzung durch Calvin; beide Texte wurden synoptisch abgedruckt. Es ist bezeichnend, dass Calvin dort in der Volkssprache mehr Bilder gebraucht und durch sie den Stoff anschaulicher macht und wohl auch schwierige Gedankengänge weglässt.

Die gelegentliche Nennung der Sekundärliteratur im ersten Band hat der Hg. aufgegegeben. Neuere Übersetzungen werden nach wie vor nur selten genannt. Wer sie kennenlernen will, greife nach M. Bihary, Bibliographia Calviniana. Calvins Werke und ihre Übersetzungen 1850-1997, dritte, verbesserte Auflage, Prag 2000. Leider fehlen darin noch der Nachweis der niederländischen Übersetzungen.

Die Bibliographie führt dem Leser anschaulich vor Augen, welche Schriften Calvins oft nachgedruckt wurden und welche sogar ins Deutsche, Englische, Niederländische, Italienische usw. übersetzt wurden. Er kann dies mit einem Blick aus dem Index S. 1127-1136 ersehen, dem ein Index aller Drucker folgt.

Umfangreich sind die Errata et Addenda zu Band 1, Seite 1107-1120. Unter den Addenda sind die beiden Neuentdeckungen 41/5 und 41/6 wichtig. Es sind zwei Ausgaben des "Concilium admodum paternum Pauli III. pontificis Romani ... pro Lutheranis. Anno. 1540" mit der "Explicatio" des Eusebius Pamphili, deutsch und lateinisch. Sleidan nennt den Autor, Calvin, der das Pseudonym in Anlehnung an Euseb von Cäsarea gewählt hat. Auch der Straßburger Drucker versteckt sich hinter einem Pseudonym (41/6) oder er bleibt ungenannt (41/5).

Verwirrend ist die Notiz zu dem Separatdruck einiger Kapitel der Institutio "De praedestinatione et providentia Dei, libellus" von 1550 (50/8), der auch den Abschnitt De libertate christiana enthält. Der Verfasser geht dort dem Streit zwischen Bern und Genf um die falsche (?) französische Übersetzung von Sprüche 16,4 nach, die statt "l'inique" (Gottloser) "l'iniquité" (Gottlosigkeit) setzt. Er geht der Geschichte im Jahr 1555 nach. Am Schluss stellt er selbstkritisch fest, dass sich der Fehler nicht in dieser lateinischen Schrift findet. Es müsse eine französische Institutio-Ausgabe gemeint sein. In der Tat steht er in der Ausgabe 1541 und 1545 (s. OS IV, 400, Zeile 52). Genannt wird von den Bernern CO 15,544 "le livre de la predestination et providence de Dieu". Doch kann damit auch die Schrift De aeterna Dei praedestinatione ... item de providentia 1552 gemeint sein. Sie ist gegen Bolsec gerichtet, der die Anklage gegen die fal-sche Übersetzung von Sprüche 16,4 erhob; siehe dazu die Ausführungen in der neuen Calvinausgabe COR III/1 Seite IX ff.

Der dritte Band, unter Mitarbeit von Christian Krieger erstellt, enthält die nach Calvins Tod erschienenen Neu- und Nachdrucke. Die Ansage des Titels ist damit erfüllt, die Drucke des 16. Jh.s darzubieten. Dem Calvinforscher wäre es lieber gewesen, wenn als dritter Band die gedruckten Texte erschienen wären, die Calvin zu Schriften anderer beigesteuert hat, z. B. die Bibelvorreden. Auf diesem Gebiet besteht immer noch Unsicherheit und ein großer Nachholbedarf. So muss auf den vierten Band gehofft werden.

Der dritte Band enthält nicht nur die Wirkungsgeschichte der Schriften Calvins. Der lateinische Kommentar zu Hesekiel erscheint erst 1565 zum ersten Mal (65/6). Im folgenden Jahr ist in den französischen "Opuscules" erstmals die Schrift gegen Cathelan enthalten (66/3). Im Jahr 1567 erscheinen erstmalig die 200 Predigten über das Buch Deuteronomium, gehalten 1555 (67/3).

Den größten Teil der Bibliographie 1565 bis 1600 nehmen die Übersetzungen ein. Gleich nach Calvins Tod erscheinen im Druck viele Kommentare und kleinere Schriften in französischer Sprache. Sein Mutterland wird zuerst mit den noch fehlenden Werken des Genfers versorgt. Erst zehn Jahre später setzten die englischen Übersetzungen ein und schwellen zu einer wahren Flut an. Nicht viele Schriften Calvins bleiben unübersetzt. Ins Deutsche werden hingegen relativ wenige übertragen. In den Jahren 1571 und 1572, das heißt, noch zur Zeit des reformierten Kurfürsten Friedrich des Frommen, werden in Heidelberg der Kommentar zur Apostelgeschichte und die Institutio nebst Katechismus veröffentlicht (71/1, 72/4, 72/5). Es folgt 1583 ein Straßburger Druck des Traktats über die Reliquien (83/3), dem noch zwei weitere Nachdrucke durch denselben Drucker folgen (84/4, 85/3). Diese Schrift Calvins ist über die Konfessionsgrenzen hinaus beliebt gewesen. Der Herborner Drucker Rab bringt mit Hilfe der Hohen Schule in den Jahren 1586 bis 1589 weitere deutsche Übersetzungen heraus. Die reformierten Druckereien in Neustadt a. d. Hardt und Hanau folgen bis zum Jahrhundertende. Die Gesamtzahl der Übersetzungen ist, wie erwähnt, nicht hoch.

Olevian und Piscator in Herborn sind an einer neuen Art des Nachdruckens beteiligt. Es sind die Auszüge oder Kommentierungen der Institutio. Ihnen voran gehen E. Bunny, G. Delaune; ihnen folgt W. Rolichius bis 1600. Die Eingriffe in Calvins Hauptwerk hatten gewichtige Gründe. Einerseits war man mit Calvins Theologie nicht mehr einverstanden, andererseits war die Autorität des Genfers so groß, dass man ihn nicht übergehen konnte. So entstanden die Bearbeitungen. O. Fatio, Presence de Calvin à la fin du 16e et au 17e siècle (Calvinus Ecclesiae Doctor, hrsg. W. H. Neuser, Kampen 1980, 171-207), beschreibt sie näher.

Alle Übersetzungen in europäische Sprachen sind aufgelistet im systematischen Index S. 639-654.

Die Errata nennen zwei fehlende Drucke. Der eine ist die italienische Übersetzung der Anklage gegen die falschen Nikodemiten aus dem Jahr 1551; der andere vom selben Jahr eine bisher unbekannte, anonyme Schrift Calvins gegen den Pariser Advokaten Pierre Seguier, der das königliche Dekret vom 27. Juni 1551 gegen die Ketzer verteidigt hatte.

Es bleibt zu erwähnen, dass diese wissenschaftlich wertvollen Bände zugleich in ästhetisch schöner Form vorliegen.