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Ausgabe:

Januar/2002

Spalte:

71 f

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Autor/Hrsg.:

Eberlein, Paul Gerhard

Titel/Untertitel:

Ketzer oder Heiliger? Caspar von Schwenckfeld: der schlesische Reformator und seine Botschaft.

Verlag:

Metzingen: Franz 1999. 243 S. m. Abb. 3 Ktn. 8 Farbtaf. 8 = Studien zur Schlesischen und Oberlausitzer Kirchengeschichte, 6. Kart. ¬ 14,30. ISBN 3-7722-0300-0.

Rezensent:

Gottfried Seebaß

Die Schrift von Paul Gerhard Eberlein über Caspar von Schwenckfeld möchte den Mann und seine Botschaft weiteren Kreisen bekannt machen. Das Vorhaben wäre durchaus zu loben, wenn die Durchführung nicht so problematisch wäre. Der Vf. möchte "einer kritisch-realistischen Darstellung Raum" geben, sieht aber selbst, dass am Ende die Kritik etwas kurz geraten ist, weil er ihn eben dezidiert vom "Odium des Sektierers und Schwärmers" befreien wollte. Ob das freilich angesichts der vielen neueren Literatur zu Schwenckfeld wirklich nötig ist, kann man fragen. Problematisch sind bereits Ober- und Untertitel, denn weder die Alternative "Ketzer oder Heiliger?", die glücklicherweise auch nicht beantwortet wird, ist überzeugend, noch die Bezeichnung Schwenckfelds als "der schlesische Reformator" will überzeugen, übrigens auch nicht die Behauptung, dass der Schlesier "der geborene religiöse Grübler" sei.

Die Darstellung selbst ist sehr ungleichgewichtig: Der Jugend und ersten Wirksamkeit wird viel Raum gewidmet, die späteren Jahre ab 1541 dagegen werden sehr summarisch behandelt. Dennoch ist der reich bebilderte sympathetisch beschriebene Lebensweg gut zu lesen, wenn man von gelegentlich doch störendem Superlativgebrauch, Übertreibungen und unschönen Anachronismen absieht. Man kann sich deswegen auch nicht wundern, dass die Gegner Schwenckfelds sehr einseitig betrachtet und gezeichnet werden. Leider fehlt dem Büchlein aber darüberhinaus der Versuch, die seinerzeitigen Auseinandersetzungen - sei es die über inneres und äußeres Wort, über Abendmahl oder Christologie - wirklich verständlich zu machen. Dass der Vf. in diesen Punkten selbst kein klares Verständnis mitbringt, zeigt die Behauptung, dass der entscheidende Differenzpunkt in der Abendmahlslehre zu Luther darin bestehe, dass keine "Verwandlung von Brot und Wein im Abendmahl" stattfinde. "Brot bleibt Brot und Wein bleibt Wein" - nur ist das eine Behauptung, die Luther ebenso aufgestellt haben könnte. Insofern ist auch das Kapitel über "Erkenntnisse und Lehre" wenig fruchtbar. Dafür wird man weiterhin besser zu Marons Darstellung der Theologie Schwenckfelds greifen. Wenig überzeugend ist aber auch das Kapitel über die "Nachwirkungen". Man kann ja wohl kaum daraus, dass Arndts Bücher vom Wahren Christentum von den Schwenckfeldern gern gelesen wurden, folgern, dass Arndt selbst Schwenckfeld nahestand - ebensowenig kann man Frank Buchmanns ,Moralische Aufrüstung' auf Grund von Geburt und Schulzeit in Pennsburg mit Schwenckfeld in Verbindung bringen.

Dass sich der Vf. intensiv mit den Schriften Schwenckfelds befasst hat, soll nicht verschwiegen werden. Das beweisen die ständigen Verweise auf die Edition der Werke Schwenckfelds im Corpus Schwenckfeldianorum. Aber man hätte sich insgesamt doch eine weniger voreingenommene, und vor allem Schwenckfeld verständlich machende Schrift für den weiteren Leserkreis gewünscht. Insgesamt kann man deswegen das Büchlein nicht empfehlen, sondern muss weiterhin auf ältere Literatur verweisen.