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Ausgabe:

Januar/2002

Spalte:

54–56

Kategorie:

Neues Testament

Titel/Untertitel:

Theologisches Begriffslexikon zum Neuen Testament. Neubearb. Ausgabe. II: I-Z. Hrsg. von L. Coenen u. K. Haacker.

Verlag:

Wuppertal: Brockhaus; Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag 2000. XVIII, S. 1017-2030. 4. ¬ 89,00. ISBN 3-417-24842-6 u. 3-7887-1614-2.

Rezensent:

Andreas Lindemann

Die drei Bände der 1. Aufl. des Theologischen Begriffslexikons zum Neuen Testament erschienen in den Jahren 1967 bis 1971; drei Jahre nach dem Erscheinen von Band 11 liegt nun mit Band 2 die Neubearbeitung im Text vollständig vor; freilich fehlen die Register und die sonstigen Verzeichnisse, die laut Vorwort "als handliches Beiheft nachgeliefert werden" sollen. Band 2, der anders als Band 1 kein Autorenverzeichnis enthält, bietet 74 Begriffsartikel; deren Aufbau entspricht demjenigen in Band 1: So enthält z. B. der Artikel "Kennzeichen/Siegel" die Worte stigma, sphragis/sphragizo, charagma und charakter (1115-1121), der Artikel "Wahrheit/Lüge" (1834-1855) behandelt auch amen; etliche Einzelbegriffe sind wieder unter umfangreichere Stichworte subsumiert worden ("Presbyter" jetzt unter "Kirche", "Schatten" jetzt unter "Licht/Finsternis", "Sklave" unter "Freiheit/Abhängigkeit", besonders auffallend: "Sünde" jetzt im Artikel "Schuld/Sünde", statt des bisherigen Artikels "Zucht/ Unzucht" wird einerseits auf "Erziehung", andererseits auf "Ehe" verwiesen).

Da grundsätzliche Aspekte der Neubearbeitung schon in der Rez. zu Band 1 dargestellt wurden, brauchen jetzt nur noch Hinweise auf wiederum zufällig ausgewählte Artikel in Band 2 zu folgen. Im Artikel "Kreuz" ist der erste Teil (xylon) von B. Siede praktisch unverändert, der Teil stauros nicht mehr von E. Brandenburger, sondern von H. W. Neudorfer und K. Haacker. Jesu Wort vom Kreuztragen gilt jetzt als authentisch, da "Kreuzigungen von Jesusjüngern für die Zeit der Sammlung der synoptischen Jesustradition nicht bezeugt sind", es sich also nicht um vaticinia ex eventu handeln könne (1221; aber für welche frühere Zeit sind sie bezeugt?); auch bei den Leidensankündigungen "mehren sich seit einiger Zeit die Stimmen", die für Echtheit plädieren, denn für Jesus "ergab sich angesichts der zu erwartenden Beschuldigungen und der politischen Situation eigentlich nur der Weg ans Kreuz" (ebd.). Der in der 1. Aufl. fast vier Seiten umfassende Abschnitt "Zur Verkündigung" von H.-G. Link begann mit der Bemerkung, das Wort vom Kreuz sei "heutzutage in eine Krise geraten"; jetzt fehlt der Abschnitt "Hermeneutische Überlegungen" ganz (der Verweis im Artikel "Versöhnung" geht insofern ins Leere, 1781). Der Artikel "Mensch" (T. Pola und K. Haacker) ist zu aner erheblich präzisiert worden, vor allem auch zum Thema "Mann und Frau" (vgl. auch "Frau" in Band 1), der Abschnitt anthropos ist stark erweitert und ebenfalls präzisiert; anstelle von H. H. Eßer hat jetzt U. Körtner die hermeneutischen Überlegungen geschrieben (1354-1357, mit schöner Einbeziehung wichtiger Einsichten der theologischen Tradition). Umgekehrt ist der Artikel "Natur" (G. Harder) mit nur geringfügigen redaktionellen Änderungen aus der 1. Aufl. übernommen worden, freilich mit aktualisierten Literaturangaben. In der gegenwärtigen theologischen und speziell kirchlichen Diskussion spielt die Frage nach dem Segen eine große Rolle. Der Artikel "Segen/Fluch" beginnt mit anathema; der Abschnitt zu eulogeo ktl. ist zum AT und zum nachbiblischen Judentum mit wenigen Modifikationen übernommen worden (H.-G. Link), u. a. mit dem Hinweis, der Jahwist werde "inzwischen meist nachexilisch" datiert (1630, in anderen Artikeln wird dies anders gesehen); der NT-Teil ist jetzt stark erweitert (U. Heckel). Die hermeneutischen Überlegungen (K. H. Asbrock) beschreiben eindringlich das seit den 1980er Jahren gewachsene "Verlangen" nach Segen und verweisen auf den "ethischen Aspekt" (1646); der gottesdienstliche Segen wird aber nicht wirklich interpretiert, sondern es wird primär auf die vielfältigen Möglichkeiten hingewiesen. Der Artikel "Taufe" (G. Beasley-Murray) ist mit nur kleinen Modifikationen unverändert, einschließlich der nicht weiter reflektierten Verwendung des Begriffs "Proselyten-Taufe" (aber mit einer instruktiven Erweiterung im Blick auf die Debatte zur Wendung eis to onoma, 1697); der Abschnitt zum Problem der Kindertaufe ist erweitert (1701 f.), insbesondere durch Hinweise auf das Lima-Dokument von 1982 (freilich eher bei den hermeneutischen Überlegungen zu erwarten; diese, nach wie vor von H. C. Hahn, sind gegenüber der 1. Aufl. erheblich kürzer geworden). Der Artikel "Versöhnung" ist jetzt im Wesentlichen von C. Breytenbach verfasst, mit sehr hilfreichen Auslegungen der entsprechenden Textstellen; die hermeneutischen Überlegungen (H.-G. Link) sind kürzer als bisher, dabei nicht aktualisiert, so dass nach wie vor die EKD-Denkschrift von 1965 und das Antirassismusprogramm des ÖRK von 1970 als "hoffnungsvolle erste Schritte" bezeichnet werden (1783), denen Weiteres offenbar nicht gefolgt ist. Der Artikel "Wunder" (O. Hofius und W. Kahl) ist klarer strukturiert als in der 1. Aufl.; anders als bisher gibt es jetzt "hermeneutische Überlegungen" (R. Deichgräber), die allerdings von der Frage der Auslegung neutestamentlicher Wundererzählungen sehr rasch zu erfahrenen Wundern (oder "Wundern") hinüberwechseln, so dass das eigentliche hermeneutische Problem kaum diskutiert wird.

Nimmt man beide Bände des TBLNT zusammen, so verstärkt sich der schon zu Band 1 ausgesprochene Eindruck, dass sich die Arbeit mit diesem Lexikon künftig eher lohnen wird als bisher; die Neubearbeitung hätte allerdings gerade auch in den eher systematischen Abschnitten mancher Artikel noch konsequenter ausfallen dürfen.

Fussnoten:

1) S. meine Besprechung in ThLZ 123, 1998, 599-602.